Hallo zusammen,
man liest ja häufig von so Aufrufen zu persönlichem Engagement, zu politischen Stellungnahmen, und das ganze wird dann immer sehr schön aufbereitet, mit so Schlagwörtern wie "Farbe bekennen", "Zivilcourage" u.a.
Ich frage mich dabei immer, was menschlich wirklich hinter diesem Aktionismus steckt.
Offensichtlich handelt es sich hier um Aufforderungen, etwas zu verändern, bzw. zu verbessern. Tut man das nicht, ist man entweder zu passiv, oder destruktiv; d.h. hier wird ein moralischer Druck aufgebaut, etwas zu tun, und man wird moralisch herabgesetzt, wenn man sich dem verweigert.
Tatsächlich ist diese Art von Engagement auch keineswegs harmlos: vereinnahmt sie doch die ganze Person, die freie Zeit, das Denken und Tun der Beworbenen.
Anderswo hab ich schonmal drauf hingewiesen, dass diese Aktionen IMHO faktisch nichts bringen. Die Welt ist und bleibt schlecht, man selber mag sich dadurch besser fühlen, aber letztlich doch nur, weil man sein Gewissen beruhigt hat, nicht weil es in der Welt nun besser zugehen würde. Ich denke hier ist der Ansatz schon falsch.
Was mir aber besonders missfällt ist nicht die Sinnlosigkeit des Unterfangens, sondern das, was ich eine Seelenfängerei nenne. So fehlt dem Aktionismus meist jegliche tiefere Auseinandersetzung mit den Ursachen des Übels, sondern es wird nur die einfachste politische Schine betrachtet, sozusagen das Übel an seiner Oberfläche. Daraus werden dann die besagten Patentrezepte abgeleitet. Tatsächlich aber liegen Misstände tief im menschlichen Dasein verwurzelt, und sind durch politische Aktionen an der Oberfläche kaum zu beeinflussen.
Gerne werden Leute mit passivem Widerstand, wie Ghandi oder so zitiert, selber bleibt man aber kaum in dieser Passivität, und gerade hier liegt IMHO der Schlüssel.
Das Problem, was man nämlich mit der Welt hat, ist in erster Linie ein eigenes. Nicht die Welt kann ich verbessern, sondern mich. Natürlich ist es einfach zu sagen: alles ist schlecht, nur ich bin besser, wenn alles so wäre, wie ich es mir vorstelle, u.s.w.
Tatsache ist, dass das nie eintreffen wird, und dass ich die Komplexität der Zusammenhänge gar nicht so überblicken kann, um zu sagen, dass alles tatsächlich besser wäre, wenn ich mich durchsetzen könnte.
Was man hier nie erkennt ist, dass man sich mit Änderungsversuchen an der Welt über diese und die Betroffenen stellt. Man fürht seine Art der Diktatur ein. Etwas zu verändern, auch bei vermeintlichen Verbesserungen berührt andere, und das unabhängig von deren Willen. Wenn man von sich selber sagt, es sei doch zum Wohle, ohne dass man das wirklich beurteilen kann, unterscheidet man sich strukturell nicht von dem bekämpften.
In Anlehnung an lange Traditionen in allen grossen Kulturen und nicht zuletzt im Christentum plädiere ich also dafür, Demut zu üben. Sich nicht über andere und anderes zu stellen, und bei sich selber und seinem persönlichen Umfeld zu beginnen, für Frieden zu sorgen. Mit sich selber ins Reine zu gleangen ist schwierig genug, und für viele unerreichbar. Der einfachere Weg, nach aussen was zu ändern, macht dieses innere Problem noch viel schwieriger.
Ein liebender Mensch zu werden, heisst u.a. auch, andere so zu lieben, wie sie sind. Nicht, wie ich sie haben will. Die Welt mit allen Schwächen ist sicher verbesserungswürdig, aber man selber ist nie die moralische Instanz, die das vermag: und aus Hass und Ärger (der ureigene Gefühle sind, und auch an sich selber bekämpft werden muss) ist noch nie was Gutes entstanden.
Gruss,
Thod