Ach Fargo, das hat wenig mit Moral zu tun, es ist eine Frage des gesunden Menschenverstandes.
Das hätte ich dann doch gern näher erklärt. Das genau war nämlich mein Punkt: dass das moralhehre Anklagepathos gegen die Methoden der USA sich wenig mit dem Pragmatismus verträgt, der zur Bewältigung und Beurteilung von Ausnahmesituationen nötig ist.
Aber von hier aus läßt sich natürlich vortrefflich darüber reden. Die Betroffenen dürften das ganz anders sehen.
Sehr richtig, aber in anderem Zusammenhang. Mit einem gewissen Abstand zu Ground Zero lässt sich offenbar trefflich kleinreden, welche Gefahr von islamistischen Terrornetzwerken ausgeht. Und damit lassen sich Notwhermaßnahmen zu totalitärer Willkür umdeuten.
Die Betroffenen dürften das ganz anders sehen. Zum Beispiel die in den USA ohne Haftbefehl und Anfangsverdacht Inhaftierten, denen selbst das Gespräch mit einem Anwalt nicht ermöglicht wird und deren Familien anfangs nicht einmal wußten wo sie inhaftiert waren.
Es kommt in Einzelfällen zu Einschränkungen der Bürgerrechte. Das ist in jedem Fall bedauerlich. Aber gegen konspirative Netzwerke lässt sich unter den Bedingungen akuter Bedrohung nicht anders vorgehen. Die Verantwortung für die Verletzung der Bürgerrechte liegt nicht bei den Ermittlungsbehördern, sondern bei den Attentätern. Wer unschuldig in Untersuchungshaft genommen und gar noch von Kontaktsperre betroffen wird, ist wie die Ermordeten des 11.September ein Opfer der Terroristen. Der unvermeidlich entstehende Unmut wird von den Mördern als erwünschter Erfolg ihres Handelns verbucht - siehe RAF und Rasterfahndung.
Nicht umsonst haben sie sich gegen die Schaffung eines internationalen Gerichts gestellt. Sie möchten eben nicht das der saubere GI-Joe wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt wird.
Das ist noch einmal ein ganz gesondertes Problem, das Du wieder nur sehr verkürzt darstellst. Ja, hier geht es um die Angst, dass tatsächliche Kriegsverbrechen international angeprangert würden, aber auch um die Sorge, dass jede erfolgreiche Militäraktion, egal, unter welchem Mandat, in einer Propagandaschlacht in irh Gegenteil verkehrt wird. Außerdem hat die amerikanische Weigerung tiefe historische Wurzeln - keiner fremden Gerichtsbarkeit zu unterstehen, ist ein heiliges Gut in einer Nation, über deren Bürgern sehr lange die Drohung schwebte, sei unterstünden sher wohl noch einer anderen Gerichtsbarkeit, in deren Augen sie nichts als Aufrührer und Hochverräter seien. Ich denke zwar auch, dass die Supermacht USA sich aus diesem Kollektivbewusstsein des 18.Jahrhunderts lösen müssen, aber diese Debatte bräuchte einen eigenen Thread.
Folter als Mittel gegen Terrorismus ist nun wirklich das dümmste, was ich seit langem gelesen habe. Da läßt das Mittelalter grüßen.
Es geht um Folter als Mittel zur Informationsbeschaffung zur Abwehr drohender Gefahren. Fast alle Sicherheitskräfte der Welt können Dir - leider - bestätigen, dass die Folter dazu ein äußerst probates Mittel ist. Die Frage ist, was als Folter zu definieren ist, und ob liberale Gesellschaften gewissen Formen der Folter in Extremsituationen anwenden dürfen und welche Rückwirkungen auf diese Gesellschaften solche Methoden haben.
Terror kann man nur da bekämpfen, wo er ensteht. In den Köpfen der Unterdrückten und Rechtlosen.
Spätestens aus dem 11.September hättest Du lernen müssen, dass solche spraybaren Plaitüden nichts mit der Wirklichkeit des aktuellen Terrors zu tun haben. Nicht die Unterdrückten und Rechtlosen, sondern die Privilegierten und Wohlhabenden attackieren die westlichen Gesellschaften. Und es liegt auch nicht an einem Mangel an Dialog: es ist der Dialog selbst, den sie hassen. Es ist der Prozess der Aufklärung, den sie beenden möchten. Liberalität ist nicht, was sie fordern, sondern was sie vernichten wollen. Die Attentäter haben in unseren Gesellschaften gelebt. Sie waren nicht ausgeschlossen von interkulturellen Dialog. Sie haben sich ganz bewusst entschieden, ihn zu missachten und für eine andere Welt zu kämpfen. Eine, in der es keinen Dialog, in der es aber noch sehr viel mehr Unterdrückte und Entrechtete geben soll.
Die USA haben den Terror produziert, der sie nun einholt.
Ja, aber nicht durch ihr Weltmachtgebaren, sondern durch ihre liberalen Werte. Und die Terroristen haben den Krieg produziert, der sie nun einholt.
Fargo