Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden. Der Regen prasselte leise gegen das Fenster, das Flackern einer Werbetafel von ausserhalb lies weiche Schatten über die Wände des kleinen Zimmers tanzen. Kai spürte den warmen Körper Sarah's an seinem. Das Licht lies sie bleich erscheinen, als wäre sie ein Teil des längst verloren gegangen Mondes. "Liebst du mich?" Er war ein wenig irritiert von dieser Frage gewesen, denn sie hatten noch nie über Liebe gesprochen, und Kai hatte auch noch nie über diese Frage nachgedacht. Die Gegenwart von Sarah war ihm angenehm, er mochte sie, und mochte ihren Körper. Aber was war schon Liebe?
Kai wacht mit einem Ruck auf. Immer noch flackerte das fahle Licht der Werbereklame, immer noch huschten die Schatten über die Wände, verdichteten sich zur Dunkelheit, zogen ihre Kreise immer enger um ihn. Er konnte spüren, wie ihm die Luft abgeschnürt wurde, als die Schatten sich zu einem einzigen vereinigten, enger wurden, das Licht mehr und mehr verdrängten, und er mit einem Schrei endgültig aufwachte.
Fahles Licht erfühlte den Raum, erhellte die Sillhouette, die an der Wand vor dem Bett stand von der Seite, so, dass sie zu mehr, als einem Schatten wurde. Kai's Herz machte einen Sprung, als er die Gestalt sah. Sie trug einen langen Mantel, von dessen Seiten immer noch der Regen tropfte, auf den Boden fiel.
Die Gestalt machte einen Schritt nach vorne. Licht fiel in die Kaputze, die nahtlos an den Mantel anschloss, und Kai sah das Gesicht der Gestalt. Er sah ein altes, vernarbtes Gesicht.
Dort wo die Augen sitzen sollten, starrten Kai nur zwei schwarze Löcher an.
Die Gestalt langte unter ihren Mantel, Kai dachte schon, es wäre um ihn geschehen, als die Gestalt einen Briefumschlag aus ihrer Tasche holte. Im nächsten Moment lag der Briefumschlag vor Kai auf dem Bett, und die Gestalt verschwand ohne ein Wort in der Dunkelheit.
|