Aus für Metrorapid

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Marc Effendi
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Sa 28. Jun 2003, 07:31 - Beitrag #1

Aus für Metrorapid

Metrorapid vom Tisch

Düsseldorf - Die Magnetschwebebahn Metrorapid zwischen Düsseldorf und Dortmund wird nicht gebaut. Ministerpräsident Peer Steinbrück sagte am Freitag überraschend, dass Nordrhein-Westfalen auf das Milliarden-Projekt verzichtet. Zur Begründung verwies der SPD-Politiker auf Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und unzureichende Finanzzusagen seitens der Industrie und der Bahn AG. Stattdessen solle eine S-Bahn zwischen Dortmund und Köln gebaut werden.

Steinbrück sagte in Düsseldorf, er hätte die Investitionen von drei Milliarden Euro gern im Land gehabt. Man müsse sich aber gegen das Wünschenswerte und für das Mögliche entscheiden. Er habe schon kurz nach seinem Amtsantritt im November 2002 an einen Verzicht auf den Metrorapid gedacht, sagte der Ministerpräsident. Da der Weg dahin - neben den Finanzierungsproblemen gab es ständigen Streit mit dem grünen Koalitionspartner - so steinig sei, sei Realitätssinn angesagt. "Lavieren macht keinen Sinn." Es sei "der richtige Zeitpunkt für einen kleinen Paradigmenwechsel", meinte Steinbrück.

Der Verzicht der nordrhein-westfälischen SPD auf das Magnetbahnprojekt findet sich in einem umfassenden Papier, mit dem die laufenden Verhandlungen mit den Grünen über die seit Mitte Mai schwelende Koalitionskrise abgeschlossen werden sollen. Steinbrück und SPD-Landeschef Harald Schartau deuteten an, dass sie noch im Laufe des Freitags die Entscheidung über die Koalition erwarten. Steinbrück erklärte, er habe mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe verabredet, dass der Bund die für den Metrorapid vorgesehenen rund 1,7 Milliarden Euro für den Bau einer Metro-S-Bahn zwischen Dortmund und Köln zur Verfügung stellt.

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte, man sei "prinzipiell offen" für eine Umschichtung der Metrorapid-Fördermittel zu Gunsten einer schnellen S-Bahn. Er verwies aber darauf, dass die Mittel zweckgebunden seien und nicht so einfach umgeschichtet werden könnten. Stolpe erklärte bei der Eröffnung des neuen Münchner Flughafen-Terminals, dass die dortige Transrapid-Strecke gebaut werde.

Auch die bayerische Staatsregierung sah gestiegene Chancen für die Strecke vom Flughafen zum Hauptbahnhof der bayerischen Landeshauptstadt. Ministerpräsident Edmund Stoiber begrüßte das und sagte, es bestehe über Parteigrenzen hinweg Einigkeit, dass Deutschland eine Referenzstrecke für das Projekt brauche. Laut Bundesverkehrsministerium ist die Förderung des Münchner Transrapid-Projekts von der Düsseldorfer Entscheidung nicht betroffen. Der Bund will den bayerischen Transrapid mit insgesamt 675 Millionen Euro fördern. Die Gesamtkosten werden auf 1,6 Milliarden Euro beziffert.

Bei der Thyssen Transrapid System GmbH in Kassel herrschte unterdessen Angst um die Jobs der 306 Beschäftigten. Die Belegschaft stehe unter Schock, sagte Betriebsratschef Hendrik Jordan. Die Entscheidung habe katastrophale Auswirkungen auf den Standort Deutschland. Er hoffe, dass der Transrapid wenigstens noch in München gebaut wird, sagte Jordan.


Schade. Ich kann mir des Eindrucks nicht erwehren, das hier nur ein Opfer an die NRW-Grünen gebracht wurde. Das finanzielle Risiko wäre hoch gewesen, okay, aber die Frage drängt sich dennoch auf: der Metrorapid sollte ein Technologie-Träger werden und damit auch beweisen, das Deutschland im Bereich High-Tech vorne mitmischen kann. Nun wird er beerdigt. Aus wirtschaftlichen Gründen. Wie sollen dann potentielle Kunden von dem Projekt überzeugt werden? Da lob ich mir China. Die bauen dat Ding einfach.....

Padreic
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Sa 28. Jun 2003, 10:44 - Beitrag #2

Ich kann da das finanzielle Argument durchaus verstehen. Der Transrapid hätte sich wahrscheinlich nie gerechnet und die Gegend ist verkehrsmäßig eigentlich schon ganz gut erschlossen. Es ist sowieso eine seltsame Idee, den Transrapid nur für Nahstrecken zu verwenden. Würde man eine München-Frankfurt-Hannover-Hamburg-Strecke machen, dann würde sich auch eine gute Alternative zu den Inlandflügen für diejenigen, die es sehr eilig haben, ergeben und das wäre auch eine wirklich gute Werbung für den Transrapid. In einer normale Nahverkehrsstrecke sehe ich dagegen wenig Sinn, da kaum jemand für die paar Minuten soviel Geld ausgeben würde. Bei einem Flughafenzubringer macht es vielleicht noch ein wenig mehr Sinn und dass wir eine vernünftige Transrapid-Strecke haben, ist auch wichtig, deswegen finde ich gut, dass sie es in München weitermachen.

Padreic

Shockk
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Sa 28. Jun 2003, 11:23 - Beitrag #3

Der These des Opfers an die Grünen stimm ich zu...scheint wirklich so. Und das Argument der verkehrmässigen Erschlossenheit des Ruhrgebietes...nun ja, dem ist nicht wirklich so. Regionalexpresse, S-Bahnen und Nahverkehrszüge jeder Art gibt es zwar reichlich, ebenso Autobahnen und Konsorten ohne Ende, aber erstere sind gerne zu spät, zweitere gerne verstaut bis zum gehtnichtmehr. Mit dem Auto von Düsseldorf nach Dortmund zur Rush Hour zu fahren ist quasi unmöglich, und mit der S-Bahn dauert das ganze eine halbe Ewigkeit, leider auch, weil S-Bahnen die niedrigsten Prioritäten hier geniessen. Sprich wenn mal ein ICE Vorrang braucht, dann kriegt er den - auch wenn das bedeutet, das man dann in der Bahn sitzt und 10 Minuten warten darf.

Auch sollte der MR ja eine repräsentative Funktion im Ruhrgebiet übernehmen, zB für die WM...

Traitor
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Sa 28. Jun 2003, 12:14 - Beitrag #4

Wie Padreic sagt und im alten Thread mehrfach geschrieben, halte ich Kurzstrecken wie die im Ruhrgebiet für absolut unsinnig. Sie lohnen sich finanziell absolut nicht, und der Gedanke, ein technisches Pilotprojekt durchzuführen, ist genausogut mit Testanlagen machbar. Sinnvoll wären nur Langstrecken.

@Shock: Stell dir mal vor, wie sauber das konventionelle Nahverkehrs-Bahnnetz im Ruhrgebiet funktionieren würde, wenn man dafür die 2Mrd Euro oder so investieren würde, die der Metrorapid gekostet hätte.
Und von wegen Repräsentativität... kann man das nicht mit einer sinnvollen Strecke tun? Ok, die wäre teurer, aber sie könnte auch Gewinn abwerfen und verkehrstechnisch wirklich etwas verändern. Nur, um zu zeigen, dass wir soetwas bauen können (was eh längst bewiesen ist, wir haben die Teststrecke in Friesland und den Transrapid in China bauen auch großenteils deutsche Unternehmen), kann man doch nicht solche Geldbeträge verschleudern.

Feuerkopf
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Sa 28. Jun 2003, 16:29 - Beitrag #5

Außerdem ist jetzt eine Schnell-S-Bahn Dortmund-Köln im Gespräch. Das wäre doch mal was, mit 200 km/h durchs Revier!
Offenbar soll die vorgesehene Metrorapid-Trasse genutzt werden.

Nein, fürs Ruhrgebiet war der Metrorapid immer Unsinn. Abgesehen von den immensen Kosten - NRW ist so gut wie pleite! - waren es mal gerade 15 Minuten Zeitersparnis gegenüber dem ICE. Das rechnet sich nicht, zumal etwa die Hälfte der Leute im Metro hätten stehen müssen! Und ein Klo war auch nicht vorgesehen!

Aber wenn sich die Verkehrsverbünde endlich mal zusammenschließen würden, wenn es ein besser ausgebautes Nahverkehrssystem gäbe, dann wäre Nordrheinwestfalen mehr als vorbildlich.

Und der ICE - auf der Strecke Mainz-Dortmund hatte ich letzten Sonntag zwei Stunden Verspätung...

Transrapid in der Fläche, als "Schnellverbinder" über große Entfernungen: gerne!


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