Sprachverfall

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Marc Effendi
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Mo 5. Aug 2002, 18:18 - Beitrag #41

Oh, ich bin ja bei einer Versicherung tätig. Das erste was man dort lernt ist die Definition von Versicherung. Diese mußten wir auswendig lernen und ich bin sicher, wenn ich die hier hinpinsle, versteht die niemand.


Generell. Ich schreib sie hier mal hin. Kannsch Dir ja mal Deine Meinung drüber bilden....

Versicherung ist die planmäßige Deckung eines im einzelnen unbekannten, insgesamt aber schätzbaren Geldbedarfs auf der Grundlage eines durch einer genügend großen Anzahl von Einzelrisiken herbeigeführten Risikoausgleichs.

Alles klar?

Held der Nation
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Mo 5. Aug 2002, 21:17 - Beitrag #42

Hmm...also ich finde solche Definitionen auch nicht gut. Das ist bei uns in der Schule schon schlimm, wenn wir irgendwelche Mathedefinitionen lernen müssen. Man lernt es zwar auswendig, aber man versteht trotzdem nicht, was man da grade erzählt.

Whesley.Xvi
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Di 6. Aug 2002, 11:17 - Beitrag #43

ja genau, besonders so'ne Sätze die man auswendig lernen muss, wie der von Marc Effendi.

Ich meine ich muss doch nur wissen, wie ich ihn anwenden kann und nicht, wie der Satz, der meist vom Lehrer ausgedacht, auf das Wort genau heißt.

Ratte
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Di 6. Aug 2002, 13:16 - Beitrag #44

Um mal wieder zum eigentlichen Thema zurückzukehren ;) :
Ich möchte hier auch einmal meine Meinung zu den bereits oft erwähnten Anglizismen kundtun. Denn nicht nur die Anglizismen sind ein Problem, da sie ja teilweise eine echte Erleichterung darstellen; mindestend genauso schlimm wie übertriebener Gebrauch (oder sollte ich sagen: MISSbrauch?) der englischen Vokabeln ist die falsche Zurückübersetzung. Nehmen wir z.B. das Wort
"Technik" ,
das ins Englische übersetzt wird als
"technology" (was ja auch stimmt),
aber dann wieder ins Deutsche transferiert wird mit dem Kunstwort
"Technologie" ,
das es so ursprünglich gar nicht gibt!

Derartige Beispiele gibt es in großer Zahl, aber dieses ist dasjenige, mit dem ich persönlich es von Berufswegen oft zu tun habe!

Marc Effendi
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Di 6. Aug 2002, 19:27 - Beitrag #45

Übrigens: ich hab den Satz damals auch nicht verstanden....

Padreic
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Di 6. Aug 2002, 19:47 - Beitrag #46

Effendis Satz geht doch noch, da hab ich schon schwierigeres gelesen. Manche Philosophen sind da weitaus schlimmer...

Allgemein finde ich es eine Unsitte (der ich aber ab und zu auch fröne ;)), Sachen komplizierter zu schreiben als notwendig. Das hat wohl verschiedene Gründe. Einerseits ein gewisser Exaktheitswahn (der ab und zu aber auch begründet ist), dann die Schwierigkeit, etwas wirklich einfach darzustellen, aber auch, dass man durch Unverständlichkeit das scheinbare intellektuelle Niveau erhöhen will. Es ist nicht schwer, ein paar halb-trivialitäten so zu formulieren, dass kaum jemand sie verstehen wird, aber es klingt, als ob man da etwas wirklich kluges von sich gegeben hätte.

Padreic

Traitor
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Mi 21. Aug 2002, 13:14 - Beitrag #47

@Ratte: "Technik" und "Techonologie" haben im Deutschen aber andere Bedeutungen, so dass dieses neue Wort durchaus SInn macht.
Eine weitere Unsitte sind die sogenannten "Bandwumsätze", die ich allerdings auch selber viel zu oft verwende. Oft kann man die Lesbarkeit eines Textes deutlich steigern, in dem man einfach ein paar mehr Punkte setzt.

Seeker
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Mi 21. Aug 2002, 14:08 - Beitrag #48

Warum eigentlich immer Punkte? Es gibt ja schließlich noch andere Satzzeichen!
- , ; : :D

Wie sehen denn Deine Definitionen zu Technik und Technologie aus? Und wie heißen die jeweiligen Begriffe auf Englisch?

Gruss,
Seeker

Ratte
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Mi 21. Aug 2002, 14:14 - Beitrag #49

technology:
1. Technik f (Gesamtheit der Tätigkeiten und Arbeitsmittel in der Produktion)
2. [allgemeine, vergleichende] Technologie f (Wissenschaftszweig); [spezielle] Technologie f (der Herstellung bestimmter Produkte)

(c) 1997: Langenscheidt Fachverlag, Berlin

Findest Du das wirklich sooo differenziert? Natürlich sind da gewisse Nuancen - aber da gibt es meines Erachtens andere Begriffe der deutschen Sprache, die einer Reform bedürfen! Wie wäre es z.B. mit einigen der klassischen "Teekesselchen"?
Für Menschen, die mit der deutschen Sprache aufgewachsen sind, ist das unter Umständen schon schwierig - wie sieht das dann erst für Ausländer aus, bei denen Deutsch eine Fremdsprache unter vielen ist?

Padreic
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Mi 21. Aug 2002, 14:19 - Beitrag #50

@seeker
Semikola werden viel zu selten benutzt. Da sieht man mal wieder, wie viele leichte Nuancen die deutsche Sprache verliert...

@Ratte
Es sind m. E. nicht nur gewisse Nuancen. Von der Bedeutung gibt es eine gewisse Ähnlichkeit, aber man gebraucht es an anderen Stellen. Technologie ist ein Stück abstrakter als Technik. Ich bin froh, dass wir beide Begriffe haben. Gepriesen seien die feinen Nuancen!

Padreic

Traitor
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Mi 21. Aug 2002, 14:23 - Beitrag #51

Es gibt ja schließlich noch andere Satzzeichen
Bis auf das Semikolon (und auch das teilweise) sind es aber alles nichtabschließende Zeichen, die die erwähnten Bandwurmsätze noch fördern ;)
@Ratte: Genau definieren ist schwierig, aber wie Padreic sagt, Technologie ist etwas abstrakter und wird auch an anderen Stellen verwendet. Und eine Sprache kann eigentlich niemals genug Nuancen haben, das sehe ich ebenfalls so.

Ratte
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Mi 21. Aug 2002, 14:28 - Beitrag #52

Original geschrieben von Traitor
Bis auf das Semikolon (und auch das teilweise) sind es aber alles nichtabschließende Zeichen, die die erwähnten Bandwurmsätze noch fördern ;)
@Ratte: Genau definieren ist schwierig, aber wie Padreic sagt, Technologie ist etwas abstrakter und wird auch an anderen Stellen verwendet. Und eine Sprache kann eigentlich niemals genug Nuancen haben, das sehe ich ebenfalls so.


Und an die armen Deutsch-als Fremdsprache-Nutzer denkt Ihr nicht?? *schnief* Na gut!

Ihr habt ja irgendwo auch Recht, ich seh's ja ein!

Aber noch was zum Semikolon: das verlängert einen Satz nicht zwingend, aber man kann ihn besser lesen; bzw. man kann Nuancen, denen man sonst mithilfe der Stimme Ausdruck verleiht, besser ausdrücken!

Padreic
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Mi 21. Aug 2002, 14:33 - Beitrag #53

@Ratte
Das gute ist ja gerade, wenn man nuanciert sprechen kann, es aber nicht muss. Die nicht-Deutschen müssen die Nuance nicht gebrauchen und beim Lesen eines Textes, kommt es ja auch nicht unbedingt auf die feinen Nuancen an. Wenn wir auf die Nuancen verzichten würden, müssten wir bei jedem Satz noch ein paar Nebensätze einfügen, die alles genauer spezifizieren ;).

@Traitor
Leider macht nur das Schreiben von Bandwurmsätzen Spaß und nicht das Lesen ;). In Deutscharbeiten passiert es mir manchmal, dass ich bei Bandwurmsätzen den Anfang des Satzes wieder vergesse und deshalb grammatischen Unsinn mache. Man sollte seine 40-Wörter-Sätze eben nochmal durchlesen ;).

Padreic

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Mi 21. Aug 2002, 14:39 - Beitrag #54

Die Diskussion um Technologie oder Technik fällt für mich auch in den Bereicht des eigendynamischen Sprachwandels, und es ist müssig, hier Normen zu setzen, weil die ohnehin nichts verhindern können. In der Sprachgeschichte gibt es unzählige Beispiele von Bedeutungsverschiebungen (oft auch unter fremdsprachlichen Einfluss), warum also jetzt ein Fass aufmachen? Ein populäres Beispiel: früher hiess "Zeitung" Nachricht oder Neuigkeit. Es ist nur die Bedeutung sinnvoll, die die Mehrheit damit assoziiert, über das andere können sich Gelehrte aufregen und damit ihre Zeit verschwenden!

Traitor
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Mi 21. Aug 2002, 14:53 - Beitrag #55

@Padreic: Bei mir passiert sowas meistens in Geschichte, wo ich eh allgemein immer viel zu viel und zu lang schreibe *g*
@Krautwiggerl: Gerade diese Eigenänderungen geben Sprachen für mich so etwas interessantes.

Krautwiggerl
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Mi 21. Aug 2002, 17:31 - Beitrag #56

Eben, für mich auch. Und würde sich nix ändern, gäb's bald nichts mehr zu untersuchen... ;)

Ratte
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Mi 21. Aug 2002, 17:38 - Beitrag #57

Original geschrieben von Krautwiggerl
Die Diskussion um Technologie oder Technik fällt für mich auch in den Bereicht des eigendynamischen Sprachwandels, und es ist müssig, hier Normen zu setzen, weil die ohnehin nichts verhindern können. In der Sprachgeschichte gibt es unzählige Beispiele von Bedeutungsverschiebungen (oft auch unter fremdsprachlichen Einfluss), warum also jetzt ein Fass aufmachen? Ein populäres Beispiel: früher hiess "Zeitung" Nachricht oder Neuigkeit. Es ist nur die Bedeutung sinnvoll, die die Mehrheit damit assoziiert, über das andere können sich Gelehrte aufregen und damit ihre Zeit verschwenden!


Ich denke, wir sind hier im Diskussions-Forum? Da darf man doch diskutieren; bzw. da SOLL man es doch! ;)

Marc Effendi
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Mi 2. Jul 2003, 21:46 - Beitrag #58

Ich grad diesen Thread hier mal wieder aus. Letztens habe ich mal wieder ein Anglizsimus gehört, da ziehen sich mir die Schuhe aus, wenn man drüber nachdenkt. Ist sogar zeimlich bekannt: Come in and find out (komm rein und finde (wieder) raus???) Was soll denn das?

Bei uns in der Firma gibts jetzt einen Change-Berater. Wobei to berate beschimpfen heißt.... unsere englischen und amerikanischen Kollegen müssen uns für total bescheuert halten....

Und warum heißt ein Manuskript jetzt nicht mehr Manuskript, sondern hand-out (Hand raus ???)

Traitor
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Mi 2. Jul 2003, 23:00 - Beitrag #59

Also "find out" heißt im englischen schon "etwas herausfinden", so wie es der Slogan sagen will: Komm herein und entdecke etwas neues, frei übertragen.
Das mit to berate ist aber wirklich gut ;)
"Hand-Out" kenne ich eher für das, was man früher Thesenblatt oder Stichpunktblatt nannte, nicht für ein Manuskript. Weiterer unnötiger Anglizismus in dieser Kategorie: "Abstract" statt Zusammenfassung oder Kurzfassung bei Vorträgen und Artikeln.

syco23
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Do 3. Jul 2003, 02:08 - Beitrag #60

Immer wieder nett so ein ausgegrabener Thread :)

Also Handout war in unserer Schule das Wort für "Hand-Outs", also Kopien die der Lehrer "hand-outet" = austeilt.

"Come in and Find out" ist doch ein Werbesolgan, ich glaub von Tschibo, oder?

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