So... da ist es:
Spielen wir mal ein Beispiel aus dem täglichen Leben durch: Nach einer kultivierten Freßorgie vor dem Flimmerkasten stellt sich ein dezentes, aber doch persistentes Drücken in der Untermagengegend ein. Du begibst dich also in die hausinterne Bedürfnusanstalt und entledigst dich, deinem Darm keinen Zwang antuend, der abstoßungswürdigen Biomasse.
Kurz darauf bist du mit dem entspannenden Ausatmen beschäftigt, betrachtest wie jeden Tag seit Eh und Jeh interessiert die WC-Bodenfliesen, und kreierst aus ihnen in Gedanken immmer neue, in den Variatiosmöglichkeiten schier unbergenzete Kombinationen von Mustern und Strukturen.
Just in diesem Moment wirst du durch das klingelnde Telefon mit seinem mehr oder weniger modernen Alarmton aus deinen tiefsinnigen, konstruktiven Gedankengängen gerissen. Plötzliche Panik erwacht in Dir: Was tun? Nur wegen des Telefons aufstehen und das entspannende Entleeren unterbrechen? Aber andererseits - wer kann bei einem solch unabläßligen Mahnton schon cool sitzenbleiben? Über das hin und her deiner Gedanken klingelt der Apparat nun schon zum zweiten Male. Dein Rückenmark hätte fast den aus der Urzeit überlieferten Fluchtreflex aktiviert! Beim dritten Klingeln ist die Entscheidung gefallen: Das Individuum am anderen Ende der Leitung muß vom monotonen "Tuut" und Du vom Psychoterror deines verlangenden Telefons erlöst werden!
Alles klar, Abseilen einstellen. Gleichgewichtssinn aktivieren und aufstehen. Verflucht, Klovorleger in seiner Griffigkeit glatt überschätzt! Mit einer zwar anmutig wirkenden, aber in Wahrheit völlig unkontrollierten Bewegung plumpst Du (nachdem dein Kopf eine temporäre aber dennoch intensive Tangierung des Waschbeckens erfahren hat) auf den gefliesten Badezimmerboden. Leicht weggetreten und unterbewußt handelnd raffst Du Dich wieder in Richtung Klotürklinke auf.
Ein erneutes, energisches Klingeln des durch die kurzzeitige Betäubung fast in Vergessenheit geratenen Apperates erinnert dich unsanft wieder an das eigentliche Ziel deines bisher doch recht konzeptlosen Agierens. Den in ihrer Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkten Beinen fällt es etwas schwer, deinem durchaus gutgemeinten Willen in angemessener Form Folge zu leisten. Mit noch heruntergelassener Hose hoppelst Du nun - aufgrund der sich nur langsam lichtenden Benommenheit in eher zufälligen Bahnen - dem schrillenden Fernsprecher entgegen.
Das Hoppeln mutiert zum hecktischen Gehhüpfe, als die Fernkommunikationsvorrichtung zum fünftem Male klingelt.
Der ereignis- und hindernisreiche Weg nähert sich dem absehbaren Ende, und der Apparat rückt in greifbare Nähe. Der erste Griff nach dem Hörer verfehlt im Eifer des Gefechts sein Ziel und hat einen dumpfen Einschlag der gestreckten Finger in der zementierten Mauer zur Folge. Der zweite Versuch, dem Hörer habhaft zu werden (diesmal mit der noch intakten Hand) ist erfolgreich.
Zu mehr als zu einem in die Muschel geröchelten "Ja!?!?" bist du nicht mehr in der Lage. "Hallo, kann ich bitte mit Herrn Meyer sprechen?" fragt jemand am anderen Ende der Leitung. "... Äh... äh... [grübel!] Meyer?... Welcher Meyer?" - "Hubs, da hab' ich mich dann wohl verwählt." *KLICK!*
Sowas kann verdammt ärgerlich sein... ^^
Mousy Dark