woraus liest du denn sowas?
Aus diesen beiden Sätzen von Padreic: "Wenn man ein Selbst sein will (und das ist das allerentscheidenste) muss man in einem Akt der Selbstaufgabe..." - dies ist also die einzige Art des Selbstseins - und "Das Selbst ist es, was den Menschen ausmacht, man könnte sagen, es ist der Kern des Menschen oder gar der Mensch selbst." - im Umkehrschluss, ohne Selbst ist kein Mensch. Wenn ich die Voraussetzung des Selbstseins und die Notwendigkeit des Selbstseins für das Menschsein verknüpfe, heißt das für mich eindeutig, dass man, wenn man diese Voraussetzung nicht durchführt, kein Mensch ist.
du verwechstelst da übrigends ontologie mit erkenntnis. das haben eines selbst ist an sich schon falsch. es geht ja darum, dass man dieses selbst nicht hat, sondern ist. und ausserdem kann aus einer sicht auf etwas keine ontologisches faktum folgen. da verwechselst du die ebenen.
Ich sehe nichts falsches an der Aussage "ein Selbst haben". Das Selbst ist für mich eine (besonders komplexe) Funktion eines menschlichen Wesens, man hat sie also. Im philosophischen Sinn meint "Ich" meist nur den geistig-bewussten Teil, also wäre man gleichzeitig ein Selbst, wenn man eines besitzt, da es nur ein anderer Begriff ist (eine Tautologie, wie du so gerne sagst)
Ich setze auch kein ontologisches Faktum, ich beschreibe das, was aus meiner Interpretation von Padreics Sichtweise folgt - eine Aussage über Andere aus der Sicht eines Vertreters dieser Theorie.
ich denke, das ist eine äusserst unfaire art zu argumentieren. du reimst dir da was zusammen, und da das nicht dem entspricht, was du dir vorstellst (kann es ja nicht, weil du dir ja absichtlich eine gegenposition zu der deinigen zusammenreimst) nennst du es arrogant. nennst du das etwa eine faire art der auseinandersetzung mit einer position?
Wie oben geschrieben, sehe ich darin die einzige logische Schlussfolgerung aus dem Gelesenen.
padreic hat versucht, den begriff selbst in seiner relativität zu erläutern. wenn man etwas, was man sieht, versucht zu beschreiben, ihm also einen namen gibt: dann daraus zu schliessen, man würde menschen, die eine andere position vertreten nicht als menschen zu bezeichnen, das ist eine unterstellung, die wohl ihres gleichen sucht.
Er geht über das Beschreiben hinaus. Er nennt den seiner Sichtweise entsprechend einzigen Weg, das Beschriebene zu erreichen. Die Schlussfolgerung dieses Weges aus der Voraussetzung, dass es etwas "Höheres" gibt, das das Selbst setzt, ist durchaus nachvollziehbar. Die Differenz liegt in der Wahl der Voraussetzung und in der Bewertung der Folgen.
der beschriebene sachverhalt ist doch ganz einfach. wenn man sagt, sein selbst sei nicht von ausen gesetzt, sagt man, man habe es selber gesetzt. padreic nennt das laut kierkegaard 'verzweifelt man selbst sein wollen'. man will nicht zugestehen, dass man gesetzt ist, also setzt man sich selbst als einsetzender.
Selbst sein Selbst zu setzen, ist offensichtlich ein Paradoxon, da dann ja schon ein Selbst vor dem Setzen des Selbst dagewesen sein müsste. Dies behaupte ich aber auch gar nicht. Sondern, dass das Selbst sich aus dem Körper heraus entwickelt, oder, um ein Modewort zu benutzen, "emergiert". Die Dinge, aus denen das Selbst entsteht, bleiben dabei Teil des Selbst bzw der ihm zugrundeliegenden Funktionen, sind also nichts Äußeres. Das Selbst wird nicht in dem Sinne von etwas oder jemandem gesetzt, es setzt sich zusammen.
dies ist doch tatsächlich ein akt des selbst sein wollen, des *sich an sein selbst so stark klammern*, das man es auch ohne weiteres verzweifelt nennen kann. ein derartiges sich allein fühlendes geschöpf, welches sich selber setzen muss, ist doch im höchsten grade vereinzelt und allein. allein aus dieser perspektive kann man doch verstehen, wenn man sagt, die selbst-setzung seines eigenen selbst sei etwas verzweifeltes.
Verzweifelt ist dies nur aus der Perspektive des Theisten. Für diesen ist jede Sicht, die keinen Gott berücksichtigt, von vornherein unvollständig und somit ist es ein verzweifeltes Irren, anderes anzunehmen. Als Atheist dagegen ist es nur das natürliche Besinnen auf einen Sachverhalt, daran ist nichts verzweifeltes.
Und auch vereinzelt und allein ist so ein Mensch nicht. Schließlich gibt es viele andere Menschen, deren Selbst auf die gleiche Weise erwachsen ist. Diese und der Rest der Menschheit haben ebenfalls gewisse Einflüsse auf die Selbstbildung, aber die Hauptimpulse kommen vom jeweiligen Menschen selbst.
das allein würde ich schon als sehr gewagt bezeichnen. in der aussage ist nicht gesagt, was ein geist ist, es klingt eher danach, auf eine von dir nicht verstandene gegenposition eingehen zu wollen, die du dir konstruierst. diese menschenzerreisserei in geist, materie und so finde ich eh sehr gewagt.
Der "Geist" steht in diesem Satz, wie schon dort geschrieben, für das gesamte Denken eines Menschen. Was seine Ursache ist, rein materiell oder in Verbindung einer Seele, ist an diesem Punkt noch nicht relevant. Es folgt im nächsten Satz. Ich habe auch den Begriff "kompatibel" gewählt, nicht identisch - Padreic sagt später, dass der Mensch, mit dem er das Selbst gleichgesetzt hat, eine Synthese aus Körper und Geist ist, was nicht das Gleiche ist wie "das Selbst ist der Geist", aber wie oben geschrieben, umfasst das Selbst auch für mich die ihm zugrundeliegenden Körperfunktionen.
"Menschenzerreisserei" betreibe ich nicht, ich betone ja, dass der Geist aus materiellen Funktionen hervorgeht bzw, noch deutlicher, aus diesen besteht.
dieser, ich nenne es mal extrem-empirismus widerspricht sich doch schon von vorn herein, oder? wenn geist etwas körperliches ist, warum benennt man ihn nochmal separat?
Weil es sich um eine herausragend komplexe körperliche Funktion handelt. Es ist vollkommen normal, soetwas einzeln zu benennen - es gibt ja auch den Begriff "Atmung" für etwas weit simpleres.
und das, was du dann *selbst* nennst unterscheidet sich nicht mehr von dem begriff "einzeln". wir hätten es demnach überhaupt nicht, wie dein "somit" sprachlich vermuten lässt mit einem *eigenen* zu tun, sondern nur mit einem spezifischen teil des ganzen. wie sollte sich dieses auch aus der materie erheben, und sowas wie reflexivität erhalten? wie könnte es sich überhaupt zu sich selbst verhalten? dies ist doch rein stofflich gar nicht denkbar. diese eindimensionalität kann man zwar sprachlich verschleiern, aber sie bleibt letztlich immer in ihrer inneren starrheit gefangen.
Von einer außenstehenden Perspektive aus wären Wesen mit einem Selbst nur Teil des "Ganzen", dieses Selbst muss ja nicht einmal äußerlich erkennbar sein. Aber durch ihre Reflexivität nehmen sie sich eben selbst wahr, unterscheiden sich vom Rest der Welt. Ein spezifischer Teil des Ganzen, von sich selbst wahrgenommen, ist etwas Eigenes, da er sich im Gegensatz zum Rest sieht.
Eine Unmöglichkeit dieser Reflexivität sehe ich nicht. Das Selbst nimmtt einfach die Dinge, die es gerade tut, wahr und bearbeitet dies wiederum.
das ist ja wohl tautologisch. so nach dem motto: ist glaube falsch, dann ist er schlecht. dass deine grundannahme dem menschen und seinem selbst nicht gerecht werden kann, ist eigentlich evident. jede zwischenmenschliche begegnung zeigt, dass die prämisse so nur einen kleinen ausschnitt menschlichen daseins streift, wenn überhaupt.
Nein, das ist ganz und gar nicht evident. Alles, was mir "jede zwischenmenschliche Begegnung zeigt", kann ich mir mit dieser Prämisse genausogut bis besser als mit einer Seelentheorie erklären.
auf so windige thesen quasi dogmenhaft von selbstaufgabe im negativen sinn zu sprechen mutet mir schon sehr komisch an, vor allem, da es als konsequenz deiner sicht gar kein selbst gibt. natürlich kann man ohne selbst auch nicht von ihm loslassen..
Dass es aus meiner Sicht kein Selbst gibst, folgerst du, genau wie ich folgere, dass es aus eurer in meinem Sinne nicht existiert. Damit sind wohl beide Seiten gleich "windig" und "komisch".
du meinst, wenn es keinen empirismus gibt, gäbe es auch kein selbst? dieser schluss ist sicher nicht zwingend, wenn überhaupt nachvollziehbar. wenn ich den satz nochmal zitieren darf: 'verzweifelt man selbst sein wollen', so zeigst du mit deiner haltung in deutlichster weise, was er meint. die angst, wenn man erkennt, dass das eigene selbst durch ein anderes gehalten wird, das eigene aufgeben zu müssen. somit klammerst du dich verzweifelt an dieses deine selbst, deren grundlage du ihm dadurch entziehst, und die aus absoluter oberflächlichkeit und trostlosigkeit zur tiefsten einsamkeit führt.
Der Schluss lautet: Wenn es kein Selbst gibt, das sich selbst entwickelt, so gibt es gar kein Selbst, denn ein Selbst, das gesetzt wird, ist kein Selbst. Mit diesem Abschnitt drehen wir uns aber im Kreis. Zu den Ausführungen zu dem Zitat siehe oben.
der materialismus lässt dich wohl nicht los, gell? als wäre das alles nur teig zum kuchenbacken: hiervon was nehmen, da was hinklatschen ...
hast du nie die erfahrung gemacht, dass ein anderer mensch dich tragen kann, und du dadurch, dass du von dir loslässt, mehr persönlichkeit gewinnst? wenn gott das selbst setzt heisst das nicht, dass er von sich was abschneidet, und daraus das deine selbst wächst, sondern es heisst, dass du in deinem inneren getragen bist.
Ein "gehaltenes" Selbst entspricht nicht mehr meinem Begriff des Selbst, da es nicht mehr eigenständig ist, sondern grundsätzlich von einem Anderen abhängt. Das Setzen des Selbst durch Gott entspräche dem Fall, dass der andere Mensch, den du als Beispiel anbringst, für den Rest meines Lebens absolut unentbehrlich für mein Selbst wäre. Ich stünde in völliger Abhängigkeit von etwas Anderem, und egal, ob das etwas Gutes oder Schlechtes wäre, ich könnte nichts Eigenständiges mehr tun, sondern der Andere hätte immer den entscheidenden Anteil an jeder Entscheidung.
Von absoluter Trennung von allem anderen spreche ich auch gar nicht, wie oben gesagt. Die restliche Welt hat starken Einfluss auf die eigene Entwicklung. Aber es bleibt eine eigene Entwicklung, sie ist nicht von innen heraus von Anderem gesteuert.
als ob freiheit darin bestände, keine aussenwelt zu haben, keine determinianten, etc. dieser naive freiheitsbegriff scheitert doch schon, wenn man die augen öffnet. freiheit kann doch nur sein, wenn man sich von all den zwängen, seinen trieben nachkommen zu wollen, sich an sein selbst zu klammern und nicht loslassen zu können, aufzugeben, und sich in liebe zu öffnen...
Einmal streite ich, wie gerade gesagt, nicht die Außenwelt und alle Determinanten ab. Außerdem denke ich auch nicht unbedingt, dass es eine Freiheit im klassischen Sinn gibt, wenn man meiner Ansicht folgt, sondern bezweifle sie nur mindestens genauso bei einem theistischen Modell.
Diese Freiheit käme aber aus dem Einsatz des Selbst, nicht aus seiner Unterwerfung. Nochmal zu dem Beispiel mit dem anderen Menschen: den Gewinn für meine Persönlichkeit erziele ich hierbei nicht durch Selbstaufgabe, sondern dadurch, dass ich den positiven Einfluss des Anderen mit meinem Selbst aufnehme und Erfahrungen daraus in es einbaue.