nunja, den herrn moore lasse ich zwar als authorität nicht gelten, aber natürlich hast du recht, wenn du sagst : "Ich kriege das kalte Kotzen, wenn ich Typen darüber schachern höre, ob es denn nun 6 Mio. oder weniger Tote in den KZs gegeben hat."
ich bin ja auch nicht für eine wie auch immer geartete rechtfertigung. ebenso halte ich nichts von aufrechnen von toten. fakt ist, dass der mensch schon immer versucht hat, sich möglichst grausames anzutun. ich denke auch unter den leuten hier auf dem board, die sich da moralisch oft so wahnsinnig erhaben fühlen, gibt es genügend, die wissen, was es heisst zu hassen. die triebfeder für nur menschenmögliche greule tragen wir alle in uns.
vielleicht kann ich am beispiel erklären, was ich meine:
nicht weit von uns entfernt ist die gedenkstätte des kz dachau. natürlich muss jeder, der sich für kulturell interessiert hält, da hin. und dann gibt es da immer auch diejenigen, die sich besonders damit beschäftigt haben, und quasi als "führer" durch die geschichte dort auftreten. nicht ganz ohne stolz (über eigenes wissen, etc) wird dann gefachsimpelt, immer mit dem hinweis darauf, wie schlimm das ganze *war*. ich finde dabei i.d.r.diese führungen schlimm. nicht, dass das geschichtliche ereignis die tiefsten abgründe des menschen darstellt, sondern dass der heutige kulturmensch sich moralisch denkt davon distanzieren zu können, indem er es, wie er nennt, "verarbeitet". mich beschleicht oft der gedanke, dass viele von denen, die heute in dachau führungen machen und bücher schreiben, genauso auch vor häftlingen gestanden hätten, und halt was anderes gepredigt hätten. auch die enge intolerante art, wenn man argumentativ nicht ins schema passt, und die grenzenlose härte, wenn man kritik übt, zeigt in diese richtung.
wir sind heute keine anderen menschen. auch wir begehen menschenmöglichste greuel. und wenn wir so immer in die eine richtung schauen, aus der böses nie wider kommen soll, holt es uns vom rücken her ein. das finde ich das schlimme.
dass man denkt, durch schulunterricht, durch museen, durch vorträge etc. könne man die welt besser machen, das finde ich pervers. wir haben in der geschichte viele beispiele für menschliche verhaltensmöglichkeiten: verantwortung und liebe lernen wir daraus sicher nicht. und darum finde ich dieses ganze drumherum abstossend. gefühlsduselei habe ich das genannt, weilman sich gar zu gern ein gutes gewissen verschafft, indem man sich hinstellt und den betroffenen heuchelt. dieses heucheln kann durchaus vor sich selber stattfinden, so dass man sich selber ergreifen lässt und sich emotional hineinsteigert. in meinen augen ist das durchaus gefühlsduselei.
kritisch stellung nehmen heisst für mich erst einmal abstand gewinnen, sehen was vorgefallen ist, und was der eigentliche kern davon im menschen ist. nur so kann man es dann auch auf die eigene situation münzen und begeht nicht gleich den fehler, das so arg verteufelte in anderem gewand als lösung zu preisen.
gruss,
thod
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