Selbst Todesstrafe hält nicht vom Doping ab
München - "Zu 100 Prozent den Kampf gegen Doping gewinnen ist leicht", verkündete Juan Antonio Samaranch kurz vor den Olympischen Spielen 2000. Schließlich könne man "alle Drogen entdecken, die heute verwendet werden."
Da irrte der IOC-Präsident. "Samaranch weiß nicht, was er redet", erwiderte der Chef der australischen Doping-Behörde, Brian Corrigan. "Nur Trottel" lassen sich erwischen.
War schon der nur auf einem Umweg mögliche EPO-Nachweis umstritten, gilt mehr denn je die Tatsache, dass nur gefunden werden kann, wonach auch gesucht wird. Die Sportler sind den Fahndern immer um Längen voraus.
Hemopure schon 1999 auf der "Tour"
So wie im Falle eines 1999 entdeckten EPO-Ersatzes. Führende Doping-Experten fürchten, dass die neue Wunderdroge für Ausdauersportler den Markt überschwemmen wird. Das so genannte Hemopure könnte für das gängige Erythropoietin (EPO) in die Bresche springen. Bisher wird es auf keiner Dopingliste geführt.
"Das wäre ein Knaller für den Hochleistungssport", sagte Professor Wilhelm Schänzer vom Kölner Anti-Doping-Labor dem Fachmagazin "Leichtathletik".
Noch einen Schritt weiter geht der Leiter des dänischen Anti-Doping-Verbandes Bengt Saltin: " Ich bin sicher, dass Hemopure schon bei der Tour de France 1999 angewendet wurde."
Kurzfristige Wirkung
Wie bei EPO- wird durch Hemopure-Doping die Anzahl der roten Blutkörperchen erheblich erhöht. Vorteil Hemopure: Es ist keine wochenlange Behandlung nötig. "Einfach zehn Minuten vor dem Start eine Spritze ins Bein", so Saltin und Ausdauersportler laufen, radeln, schwimmen schneller.
Zum Beweis, wie sich Blut-Doping auf die Leistung auswirkt, führt der Däne ein Beispiel aus dem Radsport an. Der Stunden-Weltrekord wurde zwischen 1973 und 1992 gerade mal um 473 Meter verbessert. Zwischen 1993 und 1997 steigerte sich der Stunden-Weltrekord dagegen um sagenhafte 4779 Meter.
Risiko wie bei einer Organtransplantation
Professor Klaus Müller vom deutschen IOC-akkreditierten Doping-Labor in Kreischa warnt vor unkalkulierbaren Nebenwirkungen des neuen Mittels: "Ich habe grundsätzliche Bedenken, Hämoglobin direkt ins Blut zu spritzen. Wenn das so einfach wäre, warum hat dann die Natur den Umweg über die roten Blutkörperchen gewählt?"
Die mögliche Folge: Eine Immunreaktion gegen das körperfremde Protein bis zum Schock. "Es besteht das gleiche Risiko wie bei einer Organtransplantation", warnte Saltin in einem Gespräch mit dem "SPIEGEL".
Eine Gefahr, die auch Schänzer sieht. "Es müssen große Mengen injiziert werden." Um den Sauerstoffgehalt des Blutes nur um ein Prozent zu erhöhen, wäre nach Schänzers Rechnung eine Infusion von 50 Milliliter nötig.
2002 auf dem deutschen Markt
Zu Beginn des kommenden Jahres will die US-Firma Biopure die ersten Lizenzen für den europäischen Mark besitzen. Bereits im Herbst 2001 soll Hemopure in den USA zum Einsatz kommen. Mit einer Zulassung in Deutschland rechnet Biopure für das Jahr 2002.
Mit den bislang üblichen Urinproben ist der Nachweis des Mittels kaum möglich. Allerdings hält Schänzer dies mit Bluttests für relativ unproblematisch: "Das künstliche Hämoglobin unterscheidet sich eben chemisch stark vom natürlichen und wäre mit Bluttests leicht nachweisbar."
Auch Todesstrafe hält nicht vom Doping ab
Noch einen Schritt weiter geht sein Kollege Martin Bidlingmaier: Gegen Hemopure "könnten wir in einem halben Jahr einen Test entwickeln."
"Könnten", aber Vorteil für die Sportler: So schnell reagieren Sportverbände wie das IOC nicht, wie die Geschichte zeigt.
Und auf eine Selbstbeschränkung der Sportler hoffen, ist vergebliche Liebesmüh', ist sich Deutschlands oberster Doping-Fahnder, Helmut Pabst sicher: "Man könnte für Doping auch die Todesstrafe verhängen, sie würden es trotzdem tun."
Jürgen Blöhs
Es ist echt eine Schande für den Sport, dass "Sportler" auf Drogen und Doping zurückgreifen müssen, um Leistung zu bringen. <IMG SRC="smilies/frown.gif" border="0"> <IMG SRC="smilies/frown.gif" border="0">
[ 05 Juni 2001: Beitrag editiert von: Held der Nation ]