Original geschrieben von Traitor
wenn man einmal lesen mit einmal Film anschauen vergleicht, so dauert das Lesen doch ein ganzes Stück länger.
Leider.
Was nun "Once Upon A Time In America" angeht - ich glaube, Du tust der DVD Unrecht.
Als Leone den Film zu Ende gebracht hatte, wurde das Werk in seiner Schnittfassung von 226 Minuten Lauflänge auf dem New York Film Festival präsentiert. Und prompt von vielen Kritikern zum Meisterwerk erklärt.
Die Studiobosse bekamen trotzdem kalte Füße. Sie ließen gegen Leones Willen für die Kinoauswertung eine neue, sehr viel kürzere Schnittfassung erstellen - von nur noch 140 Minuten Länge. Der Film entwickelte sich nun ohne Rückblenden simpel chronologisch. Dies ist die berühmte verstümmelte Studiofassung, die Leone das Herz brach.
Der Aufschrei in der Presse und der Protest der Filmfreunde brachte das Studio aber dazu, einige Monate später doch eine Langfassung herauszugeben. Die lief 224 Minuten. Zwei Minuten waren gegenüber Leones Langfassung geschnitten, um eine niedrigere Altersfreigabe zu erhalten. Die hat es in Amerika uner anderem auf Video geschafft und war auch die Fassung, die an die meisten europäischen Kinos ging. Eventuell ist die in unterschiedlichen Ländern noch jeweils ein bisschen anders beschnippelt worden, ja nach örtlichen Jugendschutzauflagen.
Im US-Fernsehen ist dann ab und an eine wiederum gekürzte Fassung ausgetrahlt worden - von 190 Minuten, bei der zwecks einführender Erklärung beim zweiten Teil und hie und da vielleicht auch wegen der Werbeblockplatzierung die Reihenfolge einiger Szenen von TV-Redakteuren geändert worden war.
Und dann gibt es da noch eine legendäre italienische TV-Fassung - und ich war mir nicht sicher, ob Dein Verdikt 'geschnitten' die als Maßstab heranzog. Die Italo-TV-Fassung soll 265 Minuten gelaufen sein - wobei ich mir nicht sicher bin, ob es diese Fassung heute noch gibt oder ob sie wirklich je so gezeigt worden ist. Die zusätzlichen Szenen dieser Fassung sollen nur auf italienisch greifbar gewesen sein, keine englischen Fassungen dieser Szenen ließen sich je finden.
Falls es also überhaupt von Leone gedrehtes Material gewesen sein sollte, dann hatte der Mann es selbst für die Kinofassung verworfen. Vielleicht war es schlicht Produktionsabfall, vielleicht waren es Szenen der Second Unit, die ihm nicht gefallen hatten, vielleicht war es Füllmaterial, das er zur Auspolsterung einer möglichen späteren TV-Mehrteiler-Variante zurückbehalten hatte. Ob das durch ihn ans Italo-TV gelangte, ist nicht ganz sicher.
Leone soll jedenfalls immer mal wieder verbittert und vom Filmgeschäft isoliert mit Material, das er einst an sich gebracht hatte, an einer weiteren Schnittfassung gearbeitet haben, die vom ursprünglichen Director's Cut abgewichen wäre. Das mag reine Legende sein oder als Beschäftigungstherapie eines tief Unglücklichen gesehen werden. Fertig geworden ist da nie etwas. Leones Frau, die von dieser Arbeit ihres Mannes erzählt, kann nicht bestätigen, dass die Italo-TV-Langfassung unter den Händen ihres Mannes entstand.
Die DVD bringt jene Fassung, die Leone in USA fürs Kino erstellt hatte. Sie hat nur durch den PAL-Speedup - also durch die Beschleunigung von 24 auf 25 Bilder pro Sekunde - eine etwas kürzere Lauflänge.
Man kann sie also wohl kaufen.
Fargo