Elbereth schrieb:
Willst du dich dein ganzes Leben lang mit der Schuld quälen, die nichts mit dir persönlich zu tun hat?
Viele Menschen freuen sich, wenn eine deutsche Mannschaft eine internationale Fußball-Meisterschaft gewonnen hat, viele gewinnen so etwas wie Stolz daraus, daß eine Reihe wichtiger Philosophen und Wissenschaftler Deutsche waren.
Auch ein so begründeter Nationalstolz hat nichts mit dem Menschen persönlich zu tun, der darauf stolz ist, aber er wird unredlich, wenn derjenige gleichzeitig ausblendet, welche Verbrechen von Deutschen begangen wurden.
Jede Generation übernimmt das Handeln der vergangenen Generationen, die Geschichte, als eine Art Erbschaft. Erben aber kann man immer nur ganz, Schulden ausblenden geht nicht.
Und die Folgen dieser Verbrechen wirken bis heute fort.
Ihr seid alle relativ jung, ihr habt Eltern und ihr habt Großeltern, Onkel, Tanten usw. Sehr viele, wenn nicht ein großer Teil an jüdischen Israelis hat dies nicht, viele sind als einzige Überlebende aus ihrer Familie nach Israel gekommen, und ihre Kinder haben damit keine Oma und keinen Opa, auch keine Fotos aus der Zeit damals.
Einer ganzen Bevölkerungsgruppe über Generationen hinweg die Mehrzahl der Menschen und die manifeste Geschichte zu rauben, das ist das Merkmal des Völkermordes, der von Deutschen angezettelt und von einer großen Zahl Deutscher begangen wurde, Menschen die gewußt haben was passiert und Menschen die einfach zugesehen haben.
Feuerkopf schrieb:
Du beschreibst Juden pauschal als Volk.Das stimmt so nicht. Zunächst mal ist Judentum eine Religion, so wie Katholizismus oder Shintoismus oder was weiß ich.
Dann gibt es den Staat Israel, der per Definition ein jüdischer Staat ist. Und auch dort gibt es Menschen anderer Religionszugehörigkeit.
Dieser Punkt ist in der Tat interessant, denn es gibt zwei Wahrheiten die gleichermaßne richtig sind.
Zunächst einmal gibt es aus dem Alten Testament her die Kategorie "von Gott auserwähltes Volk" für die damals lebenden Menschen die an Jahwe als einzigen Gott glaubten (Israeliten). Innerhalb dieser Gruppe gab eine starke Bestimmung der Zugehörigkeit nach der Abstammung, die sich auch im alten Testament in einer Abstammungslitanei niedergeschlagen hat. Der Name für das Volk Israel in diesem Sinne war Erez Israel. Das heißt, Angehöriger des auserwählten Volkes konnte man nur durch Geburt werden.
Dies hatte Folgen auch für das Christentum, wo es nämlich eine Zeit lang den Streit gab, ob, weil die Jünger vorher alle Juden gewesen waren, man auch anderweitig Christ werden konnte, oder ob Jesus sich nicht ausdrücklich nur auf das auserwählte Volk Israel bezogen habe. (Am Ende hat man beschlossen, daß Jesus die gesamte Menschheit im Blick gehabt hatte).
Dies hat auch Folgen bis heute, denn nach einer Auslegung der Bibel ist es Angehörigen des Erez Israel veboten Steuern an einen Staat zu zahlen, wie auch ein Staat überhaupt abgelehnt wird.
Und so leben heute in Israel Menschen zusammen, die sich unterschiedlichen "Volks-definitionsgruppen" zuordnen: moderne aufgeklärte Menschen mit mehr oder weniger stark gelebtem jüdischem Glauben und dem Zugehörigkeitsgefühl zu einem israelischen (nicht: israelitischen!) Staatsvolk und Orthodoxe, die sich einzig einem Volk im Sinne des auserwählten Volkes (Erez Israel) zugehörig fühlen und weder Steuern zahlen noch wählen.
Und der Staat Israel fühlt sich beiden verpflichtet, eines seiner Gründungsdogmen ist, aus der Erfahrung der Nazizeit heraus, für alle Juden auf der Welt eine sichere Zuflucht zu bieten.