Original geschrieben von Elbereth
Welchem Stoff? Gibt es etwa andere schriftliche Überlieferungen von dem Trojanischen Krieg?
Der Trojanische Krieg war einer der großen Erzählstoffe der Antike. So wie der Zweite Weltkrieg mal einer der großen Stoffe in Deutschland war. Es gab Ammenmärchen, Vollkssagen, Jahrmarkstschwänke und jede Menge dichterischer Verarbeitungen. Die Volkszeugnisse sind uns kaum, viele dichterische Texte nur in Bruchstücken und Zitaten überliefert. Insofern bilden Homers Dichtungen die intakte Ausnahme. Wir kennen aber genügend Varianten zu dem, was Homer erzählt - vieles ist andernorts ganz anders dargestellt und ausgemalt.
Diese alternativen Quellen meinte ich aber gar nicht mit dem Begriff Stoff, da haben wir uns missverstanden.
Wann immer jemand etwas erzählt, ob er/sie was ganz Neues erfindet oder ob er/sie etwas Vorhandenes variiert, bekommen wir einen Stoff angeboten, der uns zwar in einer bestimmten Ausformung und Gestaltung angetragen wird, aber doch nicht identisch mit dieser Gestaltung ist.
Einfaches Beispiel: Nick Hornby schreibt in "High Fidelity" über einen Mann, der einen kleinen Plattenladen hat, über die Liebe zur Musik, die Macken der Sammler, etc. Das ist sein Stoff, unabhängig davon, ob es andere Texte darüber gibt oder nicht. Und Du kannst Dir an jader Stelle überlegen, ob er dem Stoff gerecht wird, was er besonders betont und was er weglässt, was er wie beleuchtet, etc.
Original geschrieben von Elbereth
Achilles und Patroklos hatten eine homoerotische Beziehung??
Es gab immer wieder Zeiten und Gesellschaften, in denen diese Interpretation heftig bestritten wurde. Aber vielen Lesern scheint das die schlüssigste Interpretation dessen, was Homer da schildert, vor allem auch die beste künstlerische Ausbalancierung der Motive.
Im alten Griechenland war Männerliebe, bzw., Bisexualität, das Führen einer Ehe aus praktischen und dynastischen Gründen, begleitet von einem Verhältnis unter Männern als Refugium körperlicher Lusterfahrung und großer Emotion, völlig normal, das wurde offen gelebt. Homer musste also gar nicht dazu sagen, dass Patroklos und Achilles Liebhaber waren, das erschien seinen Zuhörern damals ganz schlüssig - erst das Gegenteil, ein derart inniger Umgang und ein solcher Gefühlsrausch ohne gelebte homoerotische Komponente wäre das Erwähnenswerte gewesen.
Frühere Verfilmungen waren da extrem prüde und retuschierten dieses Element weg. Allerdings gibt es in "Helen Of Troy" von Robert Wise aus dem Jahr 1956 ein paar versteckte Anspielungen.
Auch Petersen zeigt den Übungskampf der
beiden Freunde nicht als brutales Sparring, sondern als etwas Geschmeidiges, eine Art Tanz, ein Einander-Umgarnen, ein hitziges Vorspiel zu einem ganz anderen Miteinander der Körper. Aber er belässt es bei der Andeutung. Das ist mir zu wenig, der heterosexuelle Achilles, dessen Lust an Frauen in der Folge sehr betont wird, ist mir zu bieder.
Fargo