Die erste Stimme zählt, also kommt hier nur die abgespeckte Version rein. Aber damit mein Lösungsanstatz verständlich wird muss auch ein Teil vom Anfang mit rein. Ich hoffe ich teile es sinnvoll ein.
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Das sich aber aus meiner rein naturwissenschaftlichen Sicht der Dinge ein Problem ergibt, werde ich jetzt erläutern. Wir sagen also, dass ein Mensch, auch wenn sich seine Persönlichkeit ändert, immer derselbe bleibt. Da aus meinem vorangegangenen Essay hier auf dem Standpunkt aufgebaut wird, dass wir allein Körper sind und keinen "Geist" besitzen, wie ihn Descartes beschreibt, kann man sagen, dass der Mensch immer derselbe bleibt, weil es sich immer um dasselbe körperliche Objekt handelt, und die Psyche hierbei durchaus zu vernachlässigen sei, da sie nur eine Funktion dessen ist. Es ist aber eine wohlbekannte medizinische Tatsache, dass sich das Gewebe des menschlichen Körpers regelmäßig selbst erneuert und somit grundsätzlich alle sieben Jahre einen völlig neuen Körper schafft. Wenn also durch die Erneuerung des Körpers ein völlig neuer Körper geschaffen ist, dann kann man auch nicht mehr vom selben Menschen sprechen, weil er aus materieller Sicht nichts besitzt, was bestand hat. Für all diejenigen, die meinem Gedankengang gerade nicht ganz folgen konnten, hier ein passendes Beispiel: Wir nehmen zwei gleiche Puzzles und bauen davon eins zusammen. Dieses zusammengebauter Puzzle symbolisiert den Menschen in seiner Körperlichkeit. Nun nehmen wir ein Puzzlestück weg und ersetzen dies durch das gleiche aus dem anderen Puzzle. Dies führen wir nach und nach mit allen Puzzleteilen durch, bis wir dann letzen Endes noch das gleiche Puzzle liegen sehen, es aber nicht mehr dass selbe ist, weil es aus anderen Teilen besteht. Dieser Austauschprozess ist also alle sieben Jahre bei einem Menschen abgeschlossen, wie kann man also spätestens nach sieben Jahren noch von demselben Menschen sprechen? Dieses Problem möchte ich im weiteren Verlauf des Textes kurz als "Puzzle-Problem" bezeichnen.
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Ich habe nun verschieden Ansätze angeführt, aber keiner hat mich zufrieden gestellt. Ich setzte also erneut dort an, wo ich die Quelle unseres Selbst vermute, im Gehirn. Wie schon erwähnt, ist unsere Psyche eine Funktion des Gehirns, aber wie sehen die Prozesse im Gehirn aus? In unserem Gehirn interagieren ständig unendlich viele Zellen durch elektrische Impulse miteinander, erzeugen ein bestimmtes Muster und bringen somit unser Bewusstsein hervor. Diese elektrischen Impulse sind uns nicht bewusst, wie auch das hervorgebrachte Unterbewusstsein, aber dies dürfte hier keine Rolle spielen. Die Frage ist, wo das Konstante in diesem System ist, dass unser Selbst-Gefühl schafft. Ohne die Zellen gäbe es keine Impulse, und ohne die Impulse wäre das Gehirn tot. Die Zellen bringen die Impulse hervor, und die Impulse beeinflussen andere Zellen, wobei die Impulse nur das Medium der Zellen ist zu interagieren. Wird nun eine Zelle durch eine neue ersetzt, so nimmt diese den Platz der alten ein. Der Austausch einer Zelle fällt bei der Anzahl an Zellen in unserem Gehirn nicht ins Gewicht. Nur besondere Ereignisse (z.B. ein Unfall) können das System plötzlich radikal verändern. Dies wird aber unter gewöhnlichen Bedingungen kaum der Fall sein. Eine neue Zelle übernimmt also den Platz der alten und fügt sich in das System ein. Angenommen das Muster der Impulse bleibt gleich, so müsste trotz der neuen Zellen die Persönlichkeit identisch bleiben. Verändert sich das Muster hingegen, ändert sich auch die Persönlichkeit. Wie bei meinen anfänglichen Beispielen zu den Begriffen "selbe" und "gleiche" kann man auch bei einer Änderung der Persönlichkeit nicht eindeutig zwischen einer alten und einer neuen Persönlichkeit unterscheiden, in Bezug auf ihre Gleichheit. Die Persönlichkeit wird aber immer dieselbe sein, weil sie immer aus demselben System entsteht. Ausnahme bilden dabei gespaltene Persönlichkeiten, weil es sich hier allen Anschein nach um zwei Persönlichkeiten handelt. Das Konstante in der Persönlichkeit, das Selbst-Gefühl des Ichs, wird also ein konstanter Wert des Impulsmusters sein. Solange dieser entscheidende Wert konstant bleibt, erleben wir uns beständig, als uns selbst. Schizophrenie wäre somit eine Störung dieses Musters. Was aber tun mit dem Puzzle-Problem? Wenn der Prozess der Zellerneuerung nur schrittweise vonstatten geht, sich jede Zelle in das alte System integriert und dadurch die Grenze zwischen alten und neuen System nicht definierbar ist, weil ein "neues" System nie vollständig sein kann, weil es auch immer schon wieder alte Komponenten enthält, dann stellt sich das Problem hier nicht mehr.
Um meine Vorstellung vereinfacht bildlich darzustellen, vergleiche ich das Muster der Hirnaktivitäten mit dem eines Fingerabdrucks. Der Fingerabdruck verändert sich zwar mit der Zeit, weil Kinder kleinere Finger als Erwachsene haben, aber ist es dennoch derselbe Fingerabdruck, auch wenn es nicht der gleiche ist. Der Fingerabdruck wäre nur nicht mehr derselbe, wenn man sein Muster verändern würde.
Ich möchte aber noch einmal betonen, um nicht vielleicht missverstanden zu werden, dass unsere Persönlichkeit nicht allein das Impulsmuster ist, sondern vor allem das dem zugrunde liegende Muster der Gehirnzellen, da die Impulse nur das Medium sind. Wenn ich von Impulsmustern spreche, muss man sich diese immer auf Grundlage der Gehirnzellen vorstellen und nicht getrennt von diesen.