Der Ärger mit dem Begriff "Wirklichkeit"

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Sa 21. Aug 2004, 17:07 - Beitrag #1

Der Ärger mit dem Begriff "Wirklichkeit"

Wie soll man den Begriff "Wirklichkeit" definieren?

Meine ursprüngliche Idee war folgende:
Wirklichkeit = Welt an sich
Welt = Gesamtheit alles seins

Bei Begriffsdefinitionenb in ich darum bemüht, diese an unseren alltäglichen Sprachgebrauch zu orientieren.

Nun aber die Probleme die sich mit dieser Definition ergeben:

Wir sagen Halluzinationen oder Träume entsprechen nicht der Wirklichkeit. Aber diese Dinge sind auch ein Teil der Welt, weil sie unserem Denken entspringen, welches ein Teil der Welt sind. Wie kann also etwas Teil der Welt sein, aber nicht in "Wirklichkeit" existieren? Außerdem kann man sagen "was er phantasiert ist nicht real", aber auch "er phantasiert wirklich". Natürlich sind das zweilei Aussagen, aber verwischen die Grenzen imo hier auch schon etwas.
Anmerkung: Nach meiner Definiton Wirklichkeit = Realität.

Anderes Problem: Wir alle kennen die Frage "was ist wenn ein Baum umfällt und niemand war dabei, gibt es dann ein Geräuch?".
Wenn ein Baum umfällt entstehen Schwingungen und diese Schwingungen werden im Ohr zu Geräuchen (@Janw oder Töne, wie man will ;)). Ohne ein hörendes Subjekt gibt es also keine Geräuche, sondern nur Schallwellen.
Mit der obenstehenden Defintion von Wirklichkeit bedeutet dies also, dass es in Wirklichkeit keine Geräuche gibt.
Für unseren alltäglichen Sprachgebrauch wirkt das paradox.

Also die Frage, welche Definiton ihr von "Wirklichkeit" am sinnvollsten haltet. Ich würde mir wünschen, dass diese wenn möglichst so weit wie möglich widerspruchsfrei zu unserem alltäglichen Gebrauch ist. Ich bin auf eure Ideen gespannt. :)

Monostratos
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Sa 21. Aug 2004, 18:47 - Beitrag #2

Erstma hätte das gut in den "Begriffsdefinition nach Sokrates"-Thread gepasst. ;)

Wirklichkeit, finde ich, ist ein so fundamentaler Begriff, dass wendern Synonyme ihn umschreiben könnten: IMO ist "Wahrheit" schon sehr passend als Umschreibung.

Zu Deinem oberen Absatz: Ich glaube, da hast Du den Schluss falsch gezogen: Zwar stimmt es, dass Hallus, Träume, Gedanken nicht der Wirklichkeit entsprechen, doch dann schliesst Du daraus:
Wie kann also etwas Teil der Welt sein, aber nicht in "Wirklichkeit" existieren?
Oben genanntes sind nur das wahrgenommene, verzerrte Abbild dessen, was Wirklichkeit ist, aber warum sollen sie nicht real sein? Gewagtes Gleichnis zu Deinem Schluss: Das Bild einer Landschaft entspricht nicht der Landschaft, da [Hier Aufzählung], und somit sein das Bild nicht real/Realität?


Was hat der umfallende Baum, den niemand hört, mit der Wirklichkeit zu tun? Ich deute es mal so, dass der Mensch und seine Wahrnehmung was damit zutun haben sollte. Warum? Wenn es den Menschen nicht mehr gibt, gibbet zwar auch die Wahrnehmung, die Empfindung "Geräusch" nicht mehr, es ändert aber nichts. Sonst sind es, wie gesagt, nur Schallwellen.

Fanum
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Sa 21. Aug 2004, 23:09 - Beitrag #3

Maurice, wie ich lese guckst du auch AlphaTV :s1: So soll das auch sein. Die Definiation von Realität ist schwer, du hast schon genug Grund in deinem Post dazu gegeben. Aber lass mich trotzdem mal versuchen. Realität ist für mich da wo mein "ICH" ist. Für Christen ist die Realität der Himmel. Das Leben sehen sie in anderen Augen und wollen so schnell möglichst weg, wie von einem bösem Alptraum. Für mich ist Realität, dass was mein Überleben bestimmt. Im Traum kann man nicht sterben. Jetzt hier und heute, im echten Leben schon. Wenn man nicht arbeitet, kommt kein Geld ins Haus und man verhungert buchstäblich. Das ist meine persönliche Definition dazu. Ist jemand geisteskrank, dann ist die Realität für ihn etwas anders. Sie spielt für ihn nämlich keine Rolle. Also, wenn der eine in unserem Fall so geisteskrank ist, dass er kaum was wahrnimmt. Alles ansichtssache. Ich muss selber noch überlegen und für mich Definitionen finden, habe selber noch kein Plan.

Maurice
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Sa 21. Aug 2004, 23:15 - Beitrag #4

Was ist Alpha TV? :confused:
Das du noch keinen Plan hast habe ich gemerkt. Wenn das eine Definiton sein sollte, dann wurde mir ihr Inhalt nicht ganz klar. ^^*
Hast ja leider nichts zu meinen Defs gesagt.

Ich warte noch auf einen Post von Janw und schreibe dann erst wieder was ausführlicher, weil der Thread ursprünglich eien Idee von uns beiden war und wir das Thema durch das Forum auf eine größere Teilnehmerzahl erweitern wollten. :s11:

Yux
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Sa 21. Aug 2004, 23:30 - Beitrag #5

also die "wirklichkeit" an sich ist für mich durch die gesetze der natur (also der physik, der chemie etc.) bestimmt. d.h. die wirklichkeit entspricht der ungelogenen realität :)

bei vielen sätzen im alltäglich kann man das wort "wiklichkeit" durch "von natur aus" ersetzen (zumindest bei mir :D).

soviel von meiner definition... die kann aber sicher noch ausfeilen.

und @Maurice: anfangs dachte ich an einen tippfehler, aber es scheint wohl etwas anderes dahinter zu stecken, dass du "Geräusch" ohne "s" schreibst :P

Rosalie
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Sa 21. Aug 2004, 23:41 - Beitrag #6

nun könnte ich mit Platon (ich denke, er war es doch ?) und dem Höhlengleichniss kommen ... können wir Menschen, die Wirklichkeit überhaupt richtig wahrnehmen? Aber Deine Frage bezieht sich ja auf: was ist die Wirklichkeit.

Wenn man schaut, wie verschieden die Menschen in unsrem Kulturkreis die Wirklichkeit sehen und wenn man dann die verschiedenen Möglichkeiten aller Weltkulturen und -völker betrachtet ... da gibt es einige Übereinstimmungen, aber auch große Differenzen. Nun müßte die Wirklichkeit ja konstant sein, d.h. identisch - also in Deutschland bei Herrn Mayer die gleiche wie im australischen Busch bei den Aborigines - nur die Wahrnehmungen (geprägt durch Erziehung, Religion ...) sind verschieden.

Wirklichkeit = Realität = Wahrheit.... nur was ist die Wahrheit?? Ist die Wahrheit,die Realität, die Wirklichkeit das, was sich ein schöpferisches Wesen bei der Erschaffung des Universums gedacht und damit gleichzeitig geschaffen hat? Als Atheist sagt Du natürlich : nein, das gibt es (höchstwahrscheinlich) nicht! Nur wenn es keine vorgegebene, eine außerhalb unsrer Wahrnehmung (die ja von Mensch zu Mensch differenziert) gegebene Instanz gibt ..... was ist dann die Wirklichkeit? Kann es dann eine solche geben?

Mit Träumen, Halluzinationen, Drogenerfahrungen ... usw. ist es dann ähnlich, entspringen diese rein unsrer Phantasie, unsrem Unterbewußtsein (nur von wem oder was wird dies gelenkt) oder steckt dahinter vielleicht u.U. und gelegentlich eine größere Kraft????

Naja, dies mal ein paar Gedanken meinerseits zum Thema

Gruß Rosalie

Maurice
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Sa 21. Aug 2004, 23:44 - Beitrag #7

Haha jeder kann sich ja mal vertippen. :P

Den Standpunkt mit dem Baum und den Schallwellen, nennt man auch "wissenschaftlicher Essentialismus". Bist du auch dieser Ansicht? Kommst du dann auch auf den Schluß, dass es "in Wirklichkeit" keine Töne, keine Farben und keine Gerüche gibt?
Aber wir haben doch diese Empfindungen und weil wir Teil der Welt sind, sind es auch diese Empfindungen und wären sie deshalb nicht auch ein Teil der Wirklichkeit?
Gibt es nun "in Wirklichkeit" diese Sinneswahrnehmungen oder nicht? Wenn diese Sinneswahrnehmungen nicht Teil der Wirklichkeit sind, denn nehmen wir ja mehr war, als es in Wirklichkeit gibt und klingt das nich auch wiedersprüchlich?

Mir kommt es so vor, dass irgendwo ein Fehler in meiner Def sein muss. Aber wie sähe nun eine funktionierende aus, die auch nicht ganz gegen unseren alltäglichen Sprachgebrauch gerichtet wäre? :confused:


Edit:
@Rosalie: Nein ich Frage nicht, was die Wirklichkeit IST, sondern wie man diesen Begriff möglichst sinnvoll definieren SOLLTE. Das ist ein Unterschied. ;)
Außerdem spielt die Erkennbarkeit der Wirklichkeit hier erstmal keine Rolle, sondern es ist allein die Frage, was wir uns unter diesem Begriff vorstellen sollten.

Rosalie
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Sa 21. Aug 2004, 23:58 - Beitrag #8

? Kommst du dann auch auf den Schluß, dass es "in Wirklichkeit" keine Töne, keine Farben und keine Gerüche gibt?
die Frage war zwar nicht an mich gerichtet, doch ich antworte mal aus meiner Perspektive: es gibt ja Töne die wir gar nicht wahrnehmen können (da zu hoch...), nicht jedermanns Nase funktioniert gleich gut und nicht alle Gerüche können wahrgenommen werden (es gibt Tiere z.b.Hunde, die könne das viel besser als unsre Spezies) .... aber trotzdem, würde kein Mensch sagen, diese Dinge sind nur Einbildung. Sie gehören zur Wirklichkeit .

zu DEinem Edit: hängt nicht beides zusammen? Auch habe ich eine Begriffsdefinition die mir pausibel erscheint, mit einer Frage verbunden (einfach um zum Nachdenken anzuregen) oben gepostet:
Ist die Wahrheit,die Realität, die Wirklichkeit das, was sich ein schöpferisches Wesen bei der Erschaffung des Universums gedacht und damit gleichzeitig geschaffen hat?

Gruß Rosalie

Maurice
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So 22. Aug 2004, 00:06 - Beitrag #9

@deine Frage: Ich glaube nicht, dass es was bringt, wenn ich darauf antworten würde, oder? ;)

@Farben & Co.: Das ist nun mal die Frage wie man Wirklichkeit definiert. Nach dem wissenschaftlichen Essentialismus, der mir einleuchtend ist, gibt es ja in der Welt an sich keine Farben, keine Töne usw. weil diese ja nur die Interpretation von Daten und Reizen von Subjekten sind. Aus dieser Sicht wäre deine Aussage falsch, dass es Töne gibt, die wir nicht hören, oder Gerüche die wir nicht riechen, sondern dass es Informationen gibt, die wir nicht zu solchen Sinneswahrnehmungen verarbeiten können, andere Tiere aber sehr wohl dazu in der Lage sind. Schallwellen und Töne sind nicht dasselbe.
Es ist ber eine berechtigte Frage, ob wir Farben und andere Sinneswahrnehmungen dieser Art als "Einbildung" verstehen sollten. Von da kommt man leicht zu einem Erkenntnistheoretischen Problem, dass im Grunde alles "Einbildung" sein könnte, weil sich ja die ganze Welt in unserem Kopf abspielt. Aber wir wollen hier ja auch nicht über solch einen Skeptizismus oder gar Solipsismus diskutieren, sondern denken gemeinsam über eine passende Definition von "Wirklichkeit" nach. :)

Rosalie
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So 22. Aug 2004, 00:19 - Beitrag #10

...gemeinsam über eine passende Definition von "Wirklichkeit" nach.
dann ergänze ich Deine Definition mit dem oben bereits aufgeführten Wörtlein :
Wirklichkeit = Realität = Wahrheit
aber wie Du schon sagtest, lassen wir doch mal Janw zu Wort kommen ;) und um Deine erste Frage zu beantworten: nein, die Antwort Deinerseits ist klar :s11: Rosalie

Maurice
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So 22. Aug 2004, 01:56 - Beitrag #11

@deine Ergänzung:
Imo ist das keine ausreichende Defintion, weil es bloß Synoynme sind. Bei Definitonen hatte ich mehr an Inhaltsbeschreibungen gedacht. ^^*

Und was Janw angeht, so benutzt er die Begriff "Wirklichkeit" und "Realität" mit vorliebe auf verschiebene Arten, nach seiner Definition sind es also keine Synonyme. Aber wir werden versuchen müssen, uns auf die Namen der Ideen, die wir zu beschreiben versuchen, zu einigen, weil es sonst ziehmlich chaotisch zugehen wird. :D

the hui
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So 22. Aug 2004, 15:05 - Beitrag #12

Wirklichkeit ist eigentlich ja das , was da ist,sprich die Natur, der Mensch (ohne Piercings oder was weiß ich für schnickschnack).Für die meisten ist die Wirklichkeit nur das ,was sie auch wirklich sehen was vorhanden ist, was ja totaler schwachsinn ist eigentlich. Da man zwar mit den Augen sieht, das wesentliche jedoch für die Augen unsichtbar ist-jeder definiert den Begriff Wirklichkeit oder Realität anders, und das ist für mich Realität-so wie sie jeder für sich sieht ist es doch richtig, man ist zwar sehr subjektiv aber egal,so sind die menschen

Maurice
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So 22. Aug 2004, 15:14 - Beitrag #13

Mir geht es hier aber nicht um die Anhäufung verschiedener rein subjektiver Begriffsdefinitionen, sondern ich suche eine Definition, die mit unserem alltäglichen phänomenologischen Denken und Sprechen möglichst konform geht.

Wirklichkeit ist eigentlich ja das , was da ist,sprich die Natur, der Mensch (ohne Piercings oder was weiß ich für schnickschnack).

Das klingt für mich so, als seien Piercings & Co. kein Teil der Wirklichkeit. Wenn sie kein Teil der Wirklichkeit sind, sind sie dann "unwirklich"? :confused:

Für die meisten ist die Wirklichkeit nur das ,was sie auch wirklich sehen was vorhanden ist, was ja totaler schwachsinn ist eigentlich.

Das ist jetzt die Frage nach der Erkennbarkeit der "Wirklichkeit", aber darum soll es ja wenn möglich nicht gehen, sondern darum wie man eben "Wirklichkeit" möglichst sinnvoll definieren kann.
Amüsant ist auch, dass wir das Wort "Wirklichkeit" ständig im Alltag benutzen, aber allen Anschein nach keine griffige Definition davon haben. Wie sollen wir überhaupt die "Wirklichkeit" erkennen können, wenn wir keine sinnvolle Definiton davon haben?
Wie gesagt über die Erkennbarkeit soll hier erstmal nicht diskutiert werden, die Ausführung gerade eben sollte nur nochmal deutlich machen, warum ich nach einer passenden Defintion von "Wirklichkeit" frage. :)

the hui
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So 22. Aug 2004, 15:18 - Beitrag #14

Ok, also definiere ich Wirklichkeit mal mit meinem Wortschatz.
Für mich gibt es keine Wirkliche Definition, weil ich eh in meiner eigenen Wirklichkeit lebe und mir ist es auch eigentlich ziemlich egla was andere davon halten.
Ich denk nicht gern über sowas nach, weil für mich damit alles nur noch sinnloser wird, als es so schon ist.

janw
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Mo 23. Aug 2004, 17:48 - Beitrag #15

Na, dann will ich mal die Wartenden mit meiner Definition beglücken...und das Board mit dem Mil-Beitrag :P
Für mich sind Wirklichkeit und Realität zwei fundamental unterschiedliche Dinge, ich glaub da gabs auch schon mal einen thread zu...
Unter dem Begriff der Wirklichkeit würde ich alle in der Welt vorhandenen Dinge, Prozesse und Beziehungen zwischen diesen zusammenfassen, egal, ob wir sie wahrnehmen oder nicht.
Der Begriff der Realität ist für mich den von uns wahrnehmbaren Dingen, Prozessen und Beziehungen vorbehalten, die oft genug nur Konstrukte und Modelle von Dingen der Wirklichkeit sind. So gesehen gibt es so viele Realitäten, wie es Betrachter der Welt gibt.
In dem diese Realitäten unser Sein und Handeln bestimmen, werden sie zum Teil der Wirklichkeit.
Zum Problem Halluzinationen: Sie sind Teil unsrer persönlichen Realität, und indem sie unser Sein und unser Handeln bestimmen, werden sie zum Teil der Wirklichkeit.

Insofern, weil wohl alle Teile unserer persönlichen Realität in irgendeiner Weise unser Sein und Handeln beeinflussen, würde ich näherungsweise ein Schachtelmodell konstruieren: Die Realitäten sind Teil der Wirklichkeit, jedoch geht die Wirklichkeit noch darüber hinaus, weil sie auch Dinge und Vorgänge umfaßt, die sich unserer Erkenntnis entziehen.

Maurice
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Mo 23. Aug 2004, 18:10 - Beitrag #16

Existieren rosa Elefanten?

Was du "Realität" nennst, nenne ich jetzt (erstmal provisorisch) die "phänomenologische Welt", also die Welt "wie sie uns erscheint". Den Begriff "Realität" werde ich hier weiterhin als Synonym für "Wirklichkeit" benutzen. Ich bennene die Ideen halt anders, ich hoffe das führt nicht zu Verwirrung. ^^

Deinen Ausführungen kann ich mich so erstmal anschließen, habe ich das denke ich in etwa auch schon ähnlich beschrieben, oder?

Das Problem bei dne Halluzinationen ist, dass bei diesen etwas z.B. gesehen wird, dass "in Wirklichkeit gar nicht da ist". Sieht nun einer einen rosa Elefanten und wir beurteilen dies als Halluzination, existiert dieser rosa Elefant nun "in Wirklichkeit" oder nicht? Das Denken des Halluzinierenden ist ein Teil der Welt, also somit ein Teil der Wirklichkeit, aber wir sagen auf der anderen Seite, dass Halluzinationen nicht der Wirklichkeit entsprechen. Ist das nicht paradox?
Ist nun der rosa Elefant Teil der Wirklichkeit oder nicht? Wenn er dies ist, können wir dann noch sagen, dass er "in Wirklichkeit nicht existiert"?

Ich glaube der Kern des Problems ist eine zu undifferenzierte Verwendung der Begriffe, aber wie könnte man das Problem am sinnvollsten lösen?

janw
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Mo 23. Aug 2004, 18:50 - Beitrag #17

Du fragst etwas ungenau, Maurice.
Statt "Existiert der rosa Elefant in Wirklichkeit?" frag einfach "Existiert der rosa Elefant?"

Nein, er existiert nicht, aber er ist eine Halluzination, die irgendwer mal gehabt hat.
Solange dieser irgendwer sich des Hallu-Charakters im Klaren ist, ist der rosa Elefant irrelevant, er wird keine Wirkungen entfalten. Für mich wird er in dem Moment zum Teil der Wirklichkeit, wo jemand ihn für real hält und deshalb irgendetwas macht, was er sonst nicht getan hätte.
Es gibt ein historisches Vorbild hierfür, nämlich el Dorado. Dieses mythische Goldland hat nie und nirgends existiert, aber es sind Leute losgezogen, es zu suchen, und haben dabei einiges umgekrempelt. Der Mythos ist also Teil der Wirklichkeit geworden, wie er auch Teil der persönlichen Realität der Menschen in der Zeit war.

Maurice
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Mo 23. Aug 2004, 19:36 - Beitrag #18

Des Rätzels Lösung?

Statt "Existiert der rosa Elefant in Wirklichkeit?" frag einfach "Existiert der rosa Elefant?"

Stelle ich die Frage so, wie du vorschlägst ist meine Antwort eindeutig JA!
Warum? Der Elefant existiert eindeutig. Zwar nur im Kopf der Person, aber er existiert.

Wo der Elefant aber nicht existiert, ist als materielles entsprechendes Objekt unabhängig der Person.... *nachdenk* da kommt mir eine Idee...

Wie löst man also dieses Problem? Wie haben gesagt die halluzinierende Person sieht einen Elefanten, aber das ist eine ungünstige Formulierung. Besser ist, wenn wir sagen, er sieht das BILD eines Elefanten. Ein BILD eines Elefanten ist nicht das selbe wie ein Elefant. Die Erscheinung kann zwar die gleiche sein (wenn er jetzt mal nicht rosa ist), aber es gibt eben kein materiell entsprechende Objekt zu der Vorstellung.
Der Elefant existiert nun nicht wirklich, sondern ist nur Phantasie. Was aber in Wirklichkeit existiert ist das Bild des Elefanten.

Damit wären aber immer noch nicht ganz die Probleme der Defininition von Wirklichkeit gelöst. Denn wie soll man nun antworten auf die Frage "gibt es rosa Elefanten"? Die Antwort müsste jetzt "nein" heißen, denn es gibt nur Bilder von rosa Elefanten.

Juhu damit scheine ich ein Problem, quasi im Selbstgespräch gelöst zu haben. :D

Sätze wie "PC-Spiele sind nicht die Wirklichkeit" sind also nicht wegen der Definition von "Wirklichkeit" falsch, sondern sind in ihrem Inhalt falsch formuliert. Richtig müsste der Satz heißen "das im PC-Spiel abgebildete ist nicht die Wirklichkeit". z.B. ein Baum in einem PC-Spiel ist kein wirklicher Baum, sondern nur ein wirkliches Bild eines Baumes. Das Problem lag also in der Ungenauigkeit unserer alltäglichen Sprache. ^^

Maurice
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Mo 23. Aug 2004, 22:21 - Beitrag #19

Nachtrag:
Ich hatte jetzt zwar imo schon das Problem mit den Halus in dne Griff bekommen, aber die Frage nach den Tönen und den Farben hatte ich noch nicht beantwortet. Ich habe jetzt noch weiter nachgedacht und bin zu folgenden Lösungsversuch gekommen.

Ich habe bei meinen Überlegungen mit den Begriff "Wirklichkeit" etwas experminentiert und bin zu einer neuen Definiton gekommen.

Wirklichkeit = Welt = Gesamtheit alles seins
Welt an sich = die vom Subjekt uninterpretierte Form der Welt

Nun zu den Tönen:
Töne sind nicht gleich Schallwellen. Töne sind interpretierte Schallwellen. Es gibt in Wirklichkeit Töne, aber nicht in der Welt an sich. In Wirklichkeit gibt es an sich keine Töne und Farben, sondern nur Schall- und Lichtwellen, die wir interpretieren. Diese Interpretationen sind aber auch Teil der Welt und somit wirklich, also gibt es Töne und Farben in Wirklichkeit. Die "Welt an sich" ist damit nicht mehr die Wirklichkeit, sondern nur ein Teil der Wirklichkeit. Die Interpretationen der Welt sind ebenfalls ein Teil der Welt und somit Teil der Wirklichkeit.

Bis jetzt ist mir kein Problem aufgefallen, was aus dieser Sicht entstehen würde. Wenn euch aber was einfällt, stellt es ruig zur Diskussion. :)

BioKom
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Di 24. Aug 2004, 14:10 - Beitrag #20

Wirklichkeit = Welt = Gesamtheit alles seins

Ist für mich wie: natürliche Zahlen N=Menge aller Natürlichen Zahlen

Welt an sich = die vom Subjekt uninterpretierte Form der Welt

Von der wir nichts wissen, weil wir sie nicht Wahrnehmen (beinhaltet interpretieren) können. :P

Jetzt zu meiner Definition von Wirklichkeit:
Eine wichtige Frage die man sich im Hinblick auf so große Begriffe vielleicht stellen sollte ist immer: Warum sind sie so groß/wichtig?

Außerdem muß ich sicherlich nicht mehr sagen, dass eine genaue Definition unmöglich ist, da jede Definition auf anderen Definitionen aufbaut und man ihrgendwann in einem konsitenten System zu den Grundannahmen kommt, die dann sicherlich unscharf sind. Was übrigens in diesem Zusammenhang noch zu interessanten Verbindunge zur Wirklichkeit/Realität führt.

Ich verwende wie man sieht Wirklichkeit und Realität auch Synonym, denn was wirklich ist auch real und andersherum.

Nun zu meiner Definition der Wirklichkeit/Realität: Die Wirklichkeit einer Gruppe ist der Durchschnitt der Informationen, die man in dieser Gruppe annimmt.
Eine primitive Gruppe aus einem Wesen ist in diesem Zusammenhang auch eine Gruppe. (Für mich ist alles(/all meine Informationen) wirklich.)

Warum ist Wirklichkeit ein so großer Begriff?
Nun wir brauchen ihn als Grundannahmen auf der wir in der Gruppe (inter-)aggieren. Für alle unsere Handlungen müßen wir Grundannahmen treffen warum sie "sinnvoll" sind. Wenn wir z.B. mit anderen Menschen sprechen, müßen wir annehmen, dass sie die ähnliche (wirkliche) Dinge hinter den Wörtern sehen. (Das gleiche gilt natürlich auch für alle Wörter, die wir hier schreiben.)

Die übliche öffentliche Definition die Menschen für "Wirklichkeit" angeben würden, wäre natürlich anders. Aber ich denke, meine Definition entspricht dem, wie man mit der "Wirklichkeit" umgeht.
Ich sehe es so, dass Menschen je nachdem in welcher Gruppe sie sind, manchmal unterschiedliche Dinge als wirklich Bezeichnen würden.
Beispiel: Wenn jemand "die Wirklichkeit" in einer Wissenschaftlichen Gruppe sieht, glaubt er meist das das was "wirklich" in der Welt ist, also die "wahren" (noch zum teil unentdeckten) Gesetze des Universums, die "Wirklichkeit" definieren und sonst nichts. Wenn er aber zu seiner "Geliebten" kommt und sich in dieser Gruppe sieht, sieht er diese "Liebe" als "Wirklichkeit" an und die "waren Gesetze des Universums" müßen sich auf einmal ihr beugen.

Ich hoffe unsere Wirklichkeiten sind ähnlich genug, damit ihr damit was anfangen könnt. ;)

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