Dröseln wir das Knäuel verschiedener Stränge mal auf, aus denen dieser Thread bereits besteht...
Einfluss der Kirche im Erziehungssystem: Siehe für Details dazu am besten diverse Threads im Beruf&Bildung-Forum.
Sonntagsruhe: Ist einen
eigenen Threadwert, da es hier ja nicht nur um den Einfluss der Kirche, sondern auch um praktische Erwägungen geht.
Kirchenglocken: IMHO ein klassischer Fall eines überkommenenen Privileges, siehe unten.
Hauptthema: Generelle Frage nach der Trennung von Kirche und Staat
Hier muss man unterscheiden zwischen drei Punkten:
-der Einfluss christlichen Gedankenguts im allgemeinen Weltanschauungsgrundkonsens, auf dem unsere Gesellschaft aufbaut
-die Verquickung der Organisation Kirche mit dem Staat
-die Sonderrechte der Organisation Kirche
In ersterem Punkt muss man auch als Atheist zugestehen, dass das Christentum einer der entscheidenden, Einflüsse ist, auf denen unser heutiges Weltbild und damit auch unsere Staats- und Gesellschaftsordnung fusst. Somit muss eine gewisse Verbundenheit zu diesen Elementen erhalten bleiben, um unsere Gesellschaft nicht zu destabilisieren.
Was die Verquickung der Organisationen angeht, ist die Säkulaisrisierung in Deutschland meiner Meinung nach bereits sehr gut fortgeschritten. Die Kirche hat quasi keinen direkten Einfluss auf Handlungen des Staates. Der durchaus starke Einfluss, den sie de facto hat, kommt lediglich dadurch, dass viele Politiker persönlich der Kirche zugeneigt sind und andere sich ihrer faktischen Macht als (selbsternannter) Vertreter eines großen Bevölkerungsteils zu bereitwillig beugen.
Das große Problem tut sich im dritten Bereich auf. Da keine juristisch saubere Trennung von Kirche und Staat vorliegt, können sich die Kirchen in vielen Bereichen auf überkommene Privilegien berufen, die sie gegenüber konkurrienden Religionen oder nichtreligiösen Organisationen mit dreister Ungerechtigkeit bevorzugt. Dazu gehören das "Recht auf öffentliche Ruhestörung" (Kirchenglocken), das "Recht auf dreiste Werbemethoden" (Straßenpredigten, die bei politischen Inhalten sofort verfolgt würden - das trifft zwar eher auf Freikirchen und Halb-Sekten zu, die dieses "Recht" aber anscheinend vor allem ihrer schweren Trennbarkeit von den großen Kirchen verdanken) oder das "Recht auf Symbolzurschaustellung" (entgegen anderen Glaubensgemeinschaften)
Meiner Meinung nach sollten evangelische und katholische Kirchen von ihren Priviliegien her auf der gleichen Stufe stehen wie jede beliebige andere Religionsgemeinschaften, und die Privilegien der Organisationsform "Religionsgemeinschaft" allgemein sollten ebenfalls noch weiter zurückgefahren werden.