Wann ist Liebe mehr als das Projizieren von Wünschen?

Erlebnisse und Erfahrungen aus den schönsten und den traurigsten Stunden des Lebens. Träume von der perfekten Liebe und ein Kummerkasten für ihr Scheitern.
Maurice
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Sa 14. Aug 2004, 18:51 - Beitrag #1

Wann ist Liebe mehr als das Projizieren von Wünschen?

Nach Jung ist es bei der Liebe so, dass man in den anderen die Liebe zu sich selbst hineinprojiziert. Das heisst, die Persönlichkeit des anderen ist eigentlich egal. Er dient nur als Leinwand, worauf die eigenen Wunschbilder und Sehnsüchte projiziert werden.

Hiroki Endo - Short Stories ("Vielleicht, weil sie ein süßes Mädchen ist")


Schon bevor ich in dem Manga über diese Theorie von Jung gelesen hatte, war mir der Gedanke gekommen, dass "Liebe" in manchen Fällen, vor allem wenn sie nur Schwärmerei ist, bloß die Projektion von Wünschen auf eine Person sein kann. Mir selbst ist es imo schon mehrmals passiert. Ich denke deshalb, dass an Jungs Theorie auf jeden Fall etwas dran ist. Ich kenne den Autor aber nicht näher, deshalb weiß ich nicht, ob er der Ansicht ist, dass Liebe generell nur Projektion von Wünschen ist, oder nur in bestimmten Fällen. Dem zweiten jedenfalls möchte ich nicht zustimmen.

Was mich aber nun interessiert ist, wann man sich sicher sein kann, dass die Gefühle für jemanden nicht nur die Projektion der eigenen Wünsche ist, sondern man die Person ihrer selbst wegen mag.

aleanjre
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Sa 14. Aug 2004, 19:10 - Beitrag #2

Sicher sein - wahrscheinlich nie.
Wenn die erste Verliebtheit vorbei ist und man bereit ist sich auf die Fehler und Makel des Partners einzulassen, ihm seine Ecken zu lassen ohne ihn verändern zu wollen, dann ist man auf einem guten Weg.
Gerade das ist so schwierig... Viele Erwartungen und Hoffnungen spielen da mit rein. Ich werde darüber noch nachdenken.

Maurice
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Sa 14. Aug 2004, 19:49 - Beitrag #3

Zu dem "Verliebtheit" sage ich jetzt mal nichts, weil ich mir da im Moment selbst zu unsicher bin. ^^*

Die Makel des anderen akzeptieren? Prinzipell würde ich da nicht zustimmen. Man muss imo natürlich auch die Schwächen des anderen akzeptieren können, aber warum soll man nicht versuchen diese, wenn es möglich zu sein scheint, zu beseitigen um den anderen in den eigenen Augen zu einem besseren Menschen zu machen. Warum soll man z.B. akzeptieren, wenn der andere ständig überall seine Sachen liegen lässt, wenn man ihn auch vielleicht dazu "erziehen" kann, dass er ordentlicher wird? Spricht das etwa gegen die Liebe zu dem anderen?
Natürlich sollte das nicht nur des selbst wegen gemacht werden, sondern genauso um den anderen zu helfen.

Rosalie
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Sa 14. Aug 2004, 22:07 - Beitrag #4

dass "Liebe" in manchen Fällen, vor allem wenn sie nur Schwärmerei ist, bloß die Projektion von Wünschen auf eine Person sein kann.
mit der Betonung auf Schwärmerei, trifft dies imo zu. Aber wie aleanjre meint, in einer längerfristigen Beziehung wird man wohl oder übel mit der Realität und dann eben auch mit den Schwächen des Partners konfroniert. Wenn man dann diesen Menschen immer noch genauso liebt - oder vielleicht sogar noch mehr - denke ich, kann man sich sicher sein, dass es um die Person geht und nicht um irgendeine Fiktion.

Mit dem "Verbessern" der Schwächen eines Menschen ist es so eine Sache. Je jünger die entsprechende Person ist, desto leichter dürfte es u.U. sein. Aber ganz und grundsätzlich ändern, kann man einen Menschen nie. Um zu Deinem Beispiel zurückzukehren: aus einem schlampigen Menschen wird auch die größte Liebe keinen Pedanten machen. Er oder sie wird dann aus Liebe zum Partner, etwas ordentlicher werden. Aber man soll sich keinen Illusionen hingeben .... irgendwann und irgendwie kommen die ursprünglichen Anlagen wieder zum Vorschein. Wenn man es aber akzeptiert - obwohl es störend ist - als Teil dieser Person, die ich liebe ....ja dann... ist es wohl Liebe :)

Gruß Rosalie

Maurice
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Sa 14. Aug 2004, 23:47 - Beitrag #5

Und was ist, wenn man schon die Schwächen des anderen schon vorher kennt? Vergisst man diese dann wieder, wenn man sich verliebt? :confused:

@Ändern: Wer spricht davon aus einen Chaoten, einen Pedanten zu machen? Wer eine Änderung des anderen um 180° will, der ist imo schon an den falschen geraten.
Aber was soll daran falsch sein, zu versuchen den anderen etwas zum positiven zu verändern? Ist es denn etwas schlechtes, wenn man z.B. versucht einen Pessimisten zu einer etwas positiveren Denkart zu bewegen? Darf man das bei allen Menschen versuchen, die man mag, nur nicht bei dem, den man liebt? Was ist denn das für eine Logik. :confused:
Hälst du es wirklich für sinnlos einen Menschen positiv zu verändern? Wenn jeder Mensch laut dir seine Macken nicht auf Dauer hinter sich lassen kann, dann kann sich ein Mensch doch nie psotiv verändern. Also ne :shy: ...

aleanjre
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So 15. Aug 2004, 00:39 - Beitrag #6

Das habe ich so nicht gemeint. Natürlich kann man seinen Partner positiv beeinflussen, dass er z.B. das Rauchen aufgibt und Essensreste nicht zum verschimmeln zwei Wochen stehen läßt. ;) Jeder Mensch verändert sich in einer langfristigen Beziehung, man macht Kompromisse, passt sich an, verbiegt sich ein wenig. Der ursächliche Charakter aber bleibt. Und kleine Marotten, Angewohnheiten, Tics darf man auch beim Partner auch nicht immer bemäkeln, solange sie sich nicht negativ auswirken. Eben das ist Liebe.

Maurice
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So 15. Aug 2004, 01:13 - Beitrag #7

Und wo hören die Marotten und Angewohnheiten auf und fängt der ursächliche Charakter an? :confused:
Das klingt für mich nach einer Auffassung, dass der Charakter eines Menschens ein sehr starres Gebilde sei. :s4:

aleanjre
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So 15. Aug 2004, 02:00 - Beitrag #8

Und woraus liest du das? :D

Nägelkauen bei starker Nervosität ist eine Marotte. Es ist unschön, aber solange es einer nicht so exzessiv betreibt, dass das Blut die Knöchel runterläuft, Nervosität schon bei der Frage aufkommt, ob man die passende Briefmarke vorrätig hat oder traumverloren auf einer Party vor sich hinnagt und alles heimlich lacht, tut es niemanden weh. Der Partner baut in einer schwierigen Situation Spannung ab und kann dadurch besser funktionieren, und alles ist gut. Muss man keinen Aufstand wegen reißen. Sollte es doch überhand nehmen, ist immer noch Zeit, liebevollen Einfluss zu nehmen.

Ursächlicher Charakter: Zum Beispiel ob jemand gerne aufmerksam zuhört statt unentwegt zu quatschen, gerne gemütlich vor dem Fernseher sitzt statt jedes Wochenende Party zu machen...
Natürlich kann man seinen Partner dazu bringen, auch mal rauszugehen statt das ganze Jahr die Tapete von der Wand zu gucken, aber aus einem passiven Typ wird nie der Partylöwe werden, während die Discoqueen vielleicht etwas ruhiger werden kann, aber in ihrer Persönlichkeit eben der gesellige Typ bleibt.
Jeder Versuch, so etwas mit Gewalt zu ändern kann nicht gut enden. Die wahre Natur müsste dafür unterdrückt werden, eine Rolle eingenommen, die dem Menschen zuwider läuft, Depressionen und schlimmeres wäre die Folge.

Maurice
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So 15. Aug 2004, 02:32 - Beitrag #9

So formuliert stimmt ich dir auch zu. ^^
Wie schon geschrieben Wendungen um 180° sind (in den meisten) Fällen kaum zu erwarten und sich solche zu wünschen sollten imo auch nicht notwendig sein.
Ich denke die Übergänge zwischen ursächlichen Charakter und Angewohnheit sind nicht immer eindeutig zu trennen, aber deine Ausführungen haben deine Ausführungen haben diese beiden Bereiche imo gut umrissen. :)

Was die Fehler angeht: Ich denke, dass keine Punkte geben sollte, die der andere auf keinen Fall akzeptieren könnte. Dazu bedarf es imo, dass man sich erst etwas besser kennenlernt und dann zusammen kommt, statt umgekehrt. Sich Hals über Kopf in jemanden zu verlieben um dann festzustellen, dass man überhaupt nicht zusammenpasst, finde ich lächerlich.

Wir sind aber irgendwie ein wenig vom Kern des Themas abgekommen, wie es mir scheint. ^^*

aleanjre
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So 15. Aug 2004, 10:39 - Beitrag #10

Nun ja, es geschieht recht oft, dass zwei Leute sich Hals über Kopf verlieben und nach Abzug der rosa Wölkchen feststellen: nööö, das war's jetzt wirklich nicht! Und dann trennt man sich eben wieder. Aber was ist daran lächerlich? Man hatte 3, 4 schöne Wochen, 2, 3 weniger gute und dann eben denn Trennungsstrich. Zurück bleibt die Erinnerung an die schöne Zeit, die keineswegs verloren ist, man ist eine Erfahrung reicher und vielleicht lernt man, sollte man tatsächlich einen Fehler begangen haben.

Wenn einer der Partner einen Zug an sich hat, den der andere auf gar keinen Fall tolerieren kann, wird die Beziehung kaputt gehen. Wenn es etwas ist, was der andere nicht so besonders mag, aber hinnehmen kann, gibt es zwar Reibungspunkte, aber das kann durchaus gut gehen. Mein Mann z.B. hat einige Lebenseinstellungen, die nicht zu meinen Überzeugungen passt. Wir kennen unsere Standpunkte und diskutieren nicht darüber. Fertig.

Hmm, gibt es zum Orginalthema noch was zu diskutieren?

coolkittycat
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Mo 16. Aug 2004, 12:26 - Beitrag #11

Liebe

Wenn ich das richtig verstanden habe ist die Frage wann man aufhört im anderen nur die eigenen Wünsche hineinzuprojizieren und das Liebe zu nennen?Vielleicht ist es gerade der Moment, indem man bereit ist von den eigenen Wünschen abzusehen und sich für den Anderen zu ändern.Vielleicht dann wenn dein Verstand sagt, dass kann mit euch nichts werden es wird nicht gut gehen aus tausend rationalen Gründen. Dein Instinkt-dein Urinstinkt sich aber dagegen wehrt,weil es dich mit jedem Teil deines Körpers nach ihm verzehrt und dein Herz in seiner Abwesenheit leiser und langsamer zu schlagen scheint. Weil deine Seele keine Ruhe findet, wenn du nicht neben ihm einschläfst.

Wombat
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Di 17. Aug 2004, 14:26 - Beitrag #12

Alles nur Projektion?

Die Theorie von Jung überzeugt mich nicht wirklich.
Wenn es danach geht, könnte man ja jeden X-beliebigen Menschen lieben, wenn man nur - vorrausgesetzt - eigene Wünsche projektzieren kann. Das Rezept: Man sucht sich eine PErson aus, wobei hier schon die ersten Probleme kommen. Nach welchen Kriterien fällt unsere Wahl? Da beginnen wir doch schon die andere Person zu sehen, oder nicht?

Liebe beginnt für mich mit Interesse und kann eine Person interessant sein, wenn man nur sich selber in dieser Person sieht? Und selbst wenn die Person interessant wirkt, heißt es nicht, dass man sich in diese verlieben wird. Aber das Interessant finden ist Grundlage dafür. Jetzt könnte der Einwand kommen, dass die eigenen Wünsche ja in diesen Faktor mit einfließen ... aber ... ich weiß nciht, wie es bei euch ist ... ich muss nicht immer eine Person interessant finde, wenn sie mir ähnelt. Genau das Gegenteil kann mich auch sehr neugierig machen. Also hat dies doch nichts mit meinen Wünschen zu tun!

@Menschen verändern
Wie schon erwähnt, lassen sich Menschen nie um 180° ämdern, wenn diese es nicht selber wollen. In einer (langfristigen) Beziehung passiert es aber immer, dass sich die Partner angleichen, und sich immer ähnlicher werden.
Das könnte man so gesehen auch als ein Projektion von Wünschen betrachten ... aber es ist nicht so, dass die andere Person dann völlig unwichtig ist, denn schließlich paßt man seine Wünsche an diese an.

Maurice
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Di 17. Aug 2004, 15:19 - Beitrag #13

Ich kenne Jung wie gesagt nicht weiter, aber wenn er meint, dass Liebe nicht mehr als das Projizieren von Wünschen ist, halte ich seine Ansicht auch für viel zu übertrieben.
Dennoch denke ich, dass an dem Projizieren an sich was dran ist. Es heißt doch immer so schön "Liebe macht blind". Da sieht jemand in dem Partner Treue, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, während ein Betrachter von außen schon richtig vermuten kann, dass er den anderen betrügt. Hier projiziert der eine seine Wünsche von Treue in den anderen hinein und übersieht, dass es nicht der Wahrheit entspricht. Etwas ähnliches kenne ich auch von dem Ex meiner Schwester. Während wir (die Personen die in diesem Haus wohnen) ihren Freund schon schnell als Macho eingestuft haben und zweifelten, ob die beiden zueinander passten, entgegnete meine Schwester darauf, dass er sehr liebevoll sein kann. Mag sein, dass er das auch sein konnte, aber für uns überwog seine Ar*******-Seite, die immer stärker wurde. Ich denke dieses Verhalten meiner Schwester kann man auch als eine Projektion ihrer Wünsche sehen. Die beiden sind jetzt schon seit einiger Zeit wieder getrennt, aber waren sie trotz seines Fehlverhaltens recht lange zusammen.

Wie es zu der Auswahl der Person kommen soll? Wie gesagt imo kann Projektion eine Rolle spielen, muss sie aber natürlich nicht und wenn sie der Fall ist, dann steht sie natürlich nicht am Ursprung. Die Wahl wird wohl auf jemanden fallen, der einem interessant erscheint, sei es im Charakter oder im Aussehen. Die fehlenden Kenntnisse von der Person werden denn in manchen Fällen mit solchen Projektionen kompensiert. Ein Musterbeispiel dafür sind die Teenieschwärme an Fans die Boybands haben. Die Kiddies kennen die Jungs nicht mehr, als das Image, was sie nach außen hin präsentieren und dennoch sind sie für viele "die große Liebe". Also wenn das keine Projektion von Wünschen ist...

Ich glaube aber nicht, dass ein solches Projizieren zwangsweise auftritt und imo wenn möglich auch nicht auftreten sollte. Richtige Liebe sollte, denke ich, ganz ohne solche unnötige Projektionen auskommen.

judithschl
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Mi 18. Aug 2004, 01:23 - Beitrag #14

Ich denke man kann das nicht einfach so voneinander trennen.
Ich zum Beispiel projiziere immer wieder aufs Neue :D
und falle damit auch fast immer so oft *auf die Schnauze* damit. :P
Und das immer beim gleichen "Kerl".
Auch wenn sich die REalität meist anders gestaltet als *vielleicht* wünschenswert für mich wäre ist es dann doch noch O.K. so, wie es eben dann passiert.
Aber völlig die Hoffnung über Bord werfen :confused:
Naja, also ich denke eben das solcherlei Projektionen einfach dazugehören.
Wer ist denn schon wirklich zufrieden mit dem Bestehenden.
Und solange man sich nicht in eine Scheinwelt einlebt ... und schaden tut es ihm ja auch nicht, wenn man mehr von ihm hält als er wirklich ist, zumindest wenn man nicht aus allen Wolken fällt, wenn sich mal zeigt das auch er nur ein Mensch ist ;-)
Naja, so abgedreht nun auch wieder nicht. :D

Wombat
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Mi 18. Aug 2004, 01:54 - Beitrag #15

Das Beispiel von den Teenies finde ich nicht passend, denn das hat mit Liebe rein gar nichts zu tun. Es ist nur Schwärmerei. Bei Jung ging es doch um Liebe. Wobei man das Wort Liebe ja auch nicht richtig definieren kann. Bei manchnen fängt die Liebe früher an, bei manchen dauert es etwas länger.

Maurice
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So 29. Aug 2004, 13:07 - Beitrag #16

Deshalb hab ich "die große Liebe" bei den Kiddies auch in Klammer gesetzt.
Wie man aber "Liebe" und "Schwärmerei" im Augenblick des Angezogenfühlens zu einer Person unterscheiden kann, wäre aber auch eine interessante Frage. Kann man das überhaupt in dem Augenblick unterscheiden oder erst im nachhinein bewerten?

Ich weiß ja leider nicht, was Jung mit "Liebe" genau meinte. "Liebe" ist ja ein sehr vielseitiger Begriff. Ich denke auch, dass Jung eher das meinen könnte, was wir unter dem Begriff verstehen (ich denke wir haben da nicht grundverschiedene Ansichten),a ber er könnte natürlich auch das was wir als "Schwärmen bezeichnen, auch miteingeschlossen haben. Ich habe Jung nicht gelesen, deshalb kann ich das nicht sagen, vorstellen kann ich mir beides, obwohl ich natürlich ersteres für näherliegend halte.

Wobei man das Wort Liebe ja auch nicht richtig definieren kann.

Also kann man den Begriff nur falsch definieren? Entschuldige meine Haarspalterei, aber imo müsste in dem Satz (wenn ich ihn richtig deute) statt "richtig" "exakt" stehen, aber das nur am Rande. Weiß schon was du meinst, bzw glaube ich das. ;)
Aber eine Definition müssen wir von dem Begriff haben, egal wie schwammig er auch sein kann, denn ohne eine Definition eines Wortes, kann man es nicht benutzen. Da wir das Wort "Liebe" aber sehr unterschiedlich benutzen, werden wir keine endgültige Definiton spontan formulieren können.

Traitor
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So 29. Aug 2004, 19:06 - Beitrag #17

Sowohl die Position von Jung als auch die von Maurice halte ich für zu radikal.
Dass Liebe nicht nur Projektion ist und es sehr wohl in vielen oder je nach Begriffsdefinition sogar fast allen Fällen so ist, dass weit mehr mithineinspielt, wurde ja bereits ausführlich beschrieben.
Aber folgendes halte ich für zu idealistisch:
Ich glaube aber nicht, dass ein solches Projizieren zwangsweise auftritt und imo wenn möglich auch nicht auftreten sollte. Richtige Liebe sollte, denke ich, ganz ohne solche unnötige Projektionen auskommen.
So tief und wahrhaftig eine Liebe auch sein mag, komplett ohne Projektion wird sie nie sein. Das beginnt schon bei der Erkenntnistheorie - in alles, was wir wahrnehmen, also auch in unseren Partner, projizieren wir etwas von uns - und ist im Falle einer noch so idealen Liebesbeziehung IMHO noch stärker ausgeprägt als bei neutralen Dingen. Denn wenn man mit einem Partner zusammenlebt, wird dieser zu einem Teil des eigenen Lebens und man selbst zu einem Teil des seinigen, so dass man ihn nie ohne Einbringung eigener Elemente betrachten kann.
Dies ist aber kein schlechtes Zeichen oder gar Beweis einer zu schwachen Liebe, es ist einfach unvermeidlich und zeigt sogar in zuletzt beschriebener Ausprägung positiv, wie sehr man an diesem Menschen hängt.

Maurice
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So 29. Aug 2004, 19:41 - Beitrag #18

Dein Zitat beschreibt ja ein Ieal meinerseits, aber keine Voraussetzung für richtige Linie. Ein Rest Projektion wird wahrscheinlich (fast?) immer noch mit dabei sein, aber das ist ja auch nicht weiter tragisch, finde ich.
Wo diese Projektionen am deutlichsten auftreten sind ja diese genannten Schwärmereien. In die Person der Begierde werden die eigenen Wünsche und Sehnsüchte projiziert ohne die Person näher zu kennen. In einer Beziehung weichen mögliche Illusionen mit der Zeit der Wirklichkeit und ein Projizieren wird allein dadurch erschwert. Wenn z.B. Person X in Person Y einen Romantiker sehen wollte, dieser sich aber absolut nicht als ein solcher herausstellt, dann wird es eben schwer diesen Wunsch noch in Person Y zu projizieren.

Dass du diese eine Stelle von meinen Aussagen in dne Mittelpunkt gestellt hast, verzerrt imo auch das, was ich ausgesagt habe. Ich vertrete ja weder Jungs Position noch die genau gegenteilige vollkommen, sondern sowohl als auch.
Das Bild des anderen kann von Wunschvorstellungen geprägt sein, sollte es aber nicht und wird auch immer unwahrscheinlicher umso intensiver man einander kennt.
Kannst du mir jetzt vielleicht eher zustimmen, nach diesem erneuten Darstellungsversuch meines Standpunktes? ;)

Traitor
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So 29. Aug 2004, 19:57 - Beitrag #19

Das Herauspicken dieses einen Zitates stellte keinen bewussten Verzerrungsversuch dar, die anderen Punkte habe ich nur als bereits ausdiskutiert und/oder korrekt betrachtet und somit nur zu diesem noch etwas zu sagen gehabt ;)

Ich kann dir insofern eher zustimmen, dass du vollkommen recht hast: extrem realitätsferne Wunschvorstellungen kann man in einer langen und tiefen Beziehung nicht mehr projizieren.
"Projekion" ist nur halt kein Synonym zu "Wunschvorstellung" oder "Illusion", sondern umfasst auch deutlich schwächere Formen. Dass letztere nie abschaffbar sind und das auch gar nicht nötig ist, da sind wir uns dann wohl auch einig.

Pachouli
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Mo 20. Sep 2004, 20:20 - Beitrag #20

das Wort Liebe benutzen um zu beschreiben wie man die eigenen Wünsche auf jemand anderes projeziert finde ich ist missbrauch des Wortes und seiner bedeutung. Liebe ist schwer zu erklären aber was sicher ist, sie ist alles andere als bloße Projektion. Liebe entsteht aus Verliebtheit oder aus Freundschaft ... ich weiß das ich meinen Engel liebe ohne sie je als "leinwand" benutzt zu haben. Ich habe sie von anfang an als das akzeptiert, was sie ist...ein mensch, ein mensch der atmet und denkt, seine eigenen Sichtweisen hat seinen eigenen Kopf... und aus meiner anfänglichen vernarrtheit in die Faszination die vonihr ausging, ist ein sehr viel stärkeres Gefühl gewachsen, was ich Liebe nenne... alles andere trifft für mich nicht meine persönliche Definition von Liebe... udn Lieb und Projektion im selben satz ist grotesk... ich würde es auch nie als Liebe bezeichnen wenn ich mich toll finde... Liebe hat für mich mit zwei Menschen zu tun...nicht mit einer!

Pach

p.s: ich bitte allerdings die Art Projektion von der ich spreche von Traitors Definition des "ein Teil des anderen"-werdens zu unterscheiden... vielen dank


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