Der Begriff Existentialismus hat Sartre als Beschreibung seiner eigenen Philosophie benutzt und damit wohl auch in das öffentliche Bewusstsein gebracht. Ich hab den Begriff bei ihm eigentlich immer als die Aussage, dass die Existenz der Essenz voraus geht, dass wir Menschen (im Gegensatz zu allem anderen) uns also selbst planen können, verstanden [Im Gegensatz zu herkömmlichen Theorien, beispielsweise christlicher Prägung, die das Existente mehr als konkrete Ausprägung eines Wie-Seins (beispielsweise ein Bild im Geiste Gottes) betrachtet]. Allgemeiner kann man vielleicht Existentialismus als eine Philosophie (obwohl es natürlich auch literarische existentialistische Strömungen gibt) betrachten, die ihren Fokus auf die menschliche Existenz legt und leugnet, dass diese durch rein naturwissenschaftliche Gesetze erklärt werden kann. Wichtig für wohl alle Existentialisten ist auch die Norm, dass man man selbst sein soll, wie es ja auch schon bei Kierkegaard im Extrem ausgesprochen wird.
Camus war nicht der einzige, der den Terminus Existentialismus für seine Philosophie ablehnte; Heidegger tat das gleiche. Kierkegaard und Nietzsche hatten zu dieser Ablehnung mangels Kristallkugel keine Gelegenheit, aber sie werden meist ja auch nur als Vorläufer der Existentialisten genannt.
Ein wenig zweifelhaft finde ich den Begriff zugegebenermaßen aber auch. Es wird innerhalb des Existentialismus eine für einen eine Strömung bezeichnenden Begriff unglaubliche Vielfalt von Aussagen vertreten, was sich am deutlichsten wohl darin manifestiert, dass ihm sowohl Theisten als auch Atheisten zugehören. Andererseits kann man nicht leugnen, dass es schon wesentliche Gemeinsamkeiten gibt, vielleicht weniger in den konkreten Aussagen, sondern vielmehr in den Betrachtungsweisen, dem Gefühl, dass bestimmte Anschauungen ungenügend sind, die menschliche Existenz zu beschreiben. Und man muss auch sagen, dass sich die Existentialisten, auch die mit wesentlich verschiedenen Aussagen, gegenseitig beeinflusst haben. Sartre wurde von Heidegger beeinflusst (den er seltsamerweise als Atheisten bezeichnete, was dieser jedoch stets leugnete), dieser wieder von Kierkegaard.
Hinzu kommt, dass der Existentialismus eigentlich die mir sympathischste Strömung in der modernen Philosophie (d.h. der nach Hegel) ist, sowohl die theistischen als auch atheistischen Richtungen. Da wäre es doch jammerschade, wenn man diesen Begriff auseinanderfallen ließe
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Padreic