Selber schuld, wer nicht passt, soll er sich doch ändern!

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Maurice
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Mi 8. Sep 2004, 20:00 - Beitrag #1

Selber schuld wer nicht passt, soll er sich doch ändern!

Jemanden der anders ist wird ständig gesagt "änder dich".Auf der anderen Seite heißt es "sei du selbst" und "bleib so wie du bist". Als ob man sich auch immer einfach so ändern könnte. Charakterliche Veränderungen können genauso leicht oder schwer wie äußerliche sein. Manche Angewohnheiten kann man ohne große Probleme ändern, so wie es wenig Aufwand ist seine Haarfarbe zu wechseln. Aber selbst hier macht es manchen mehr Mühe als anderen. Als ob alles so einfach wie haarefärben wäre.
Du hörst nicht die Musik, die die anderen hören? Änder dich!
Du schaust nicht die Filme, die die anderen schauen? Änder dich!
Du liest nicht die Bücher, die die anderen lesen? Änder dich!
Du magst nicht die Dinge, die die anderen mögen? Änder dich!
Wo ist da noch der Ratschlag "bleib du selbst"? Du sollst nicht du sein, sondern jemand der dem Vorstellungen anderer entspricht. Wer sich nicht daran hält ist nicht von Interesse und selber schuld.

Monostratos
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Mi 8. Sep 2004, 20:16 - Beitrag #2

"Bleib so, wie Du bist!" ist nur zu einfach gesagt. Aber wer sagt das? Genau dieselben, die Dir das aufzwingen wollen, was sie selbst gucken, wie Du schon schriebtest, Maurice. Und wer sind nun diese Leute? Ich kenne nur eine Gruppe Leute, die das betreibt, und zwar Teenies in ihren Cliquen (Ihr wisst schon, homogenität und so...). Mag sein, dass auch andere Leute diesen Druck nach Homogenität auf einen ausüben, aber sagen sie wirklich immernoch "Bleib Dir selbst treu!"? Die Werbung will ich hier mal aussenvor lassen, von der kann man nichts anderes erwarten.
Nein, dieser Satz "Bleib so, wie Du bist!", ist nur noch eine hohle Phrase, die Kiddies auf ihren Websites oder unter ihr Motto in Chatrooms schreiben. Er verliert sich in in seinem inflationären Gebrauch...

Ob dieser Satz Ritual ist, oder nicht, keiner erwartet ernsthaft, dass Du Dir selbst treu bleibst. wayne interessierts denn?

Mole
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Mi 8. Sep 2004, 20:30 - Beitrag #3

Ja der Weg dessen, der nur tut was ihm passt kann einsam sein. Findet man jedoch jemanden, der einen so akzeptiert wie man ist, ist man sicher 100 mal glücklicher als die Leute, die nur ihre Rolle spielen und sich im Grunde nur selbst belügen. Ich hab mich in der Grundschule auch nach anderen, "Ranghöheren" Kindern meiner Klasse gerichtet. Aber inzwischen hab ich bemerkt, dass ich so auf die dauer nicht glücklich werde, also gehe ich meinen Weg lieber alleine, bevor ich anderen nachrenne. Da ist man vieleicht nicht immer glücklich, aber besser als wenn man sich und anderen nur was vormacht. Meine Meinung...

Padreic
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Mi 8. Sep 2004, 21:00 - Beitrag #4

@Maurice
Mir hat noch niemand im Bezug auf die von dir genannten Dinge gesagt, dass ich mich ändern, mich anpassen sollte, jedenfalls nicht so direkt. Es ist, denke ich, auch eher so, dass man nicht nicht anders sein darf, sondern vielmehr nicht anders erscheinen darf, sprich seine Andersartigkeit in einer Gruppe, die damit nichts anfangen kann, nicht deutlich zeigen sollte. Das steht höchstens radikal verstanden mit dem Satz, dass man sich selbst treu bleiben soll, in Widerspruch. Man soll man selbst sein, aber sich trotzdem in gewissen Maßen (wie stark, kommt auf die jeweilige Gruppe an) mit der Gruppe arrangieren. Leute ohne jede Individualität werden im Allgemeinen auch nicht als toll empfunden. Jedenfalls ist das mein Erleben, es mag andere Gruppen geben, wo das anders ist.

"Bleib dir selbst treu!" ist aber auf jeden Fall das wichtigere Prinzip, auch wenn es, wie Mono erwähnt, oft fast zur hohlen Phrase verkommt.
Bei mir persönlich wird es wohl dazu, dass ich für mich im Stillen versuche ich selbst zu sein, mein Anderssein in der Gesellschaft aber nicht zu sehr betone. Damit bin ich bisher nicht allzu schlecht gefahren (obwohl sicherlich auch nicht perfekt); dabei besteht aber natürlich die Gefahr, dass dieses Zurückstellen des Andersseins in der Gruppe auch zur Anpassung der Gedankenwelt für sich alleine führt.

Padreic

Traitor
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Mi 8. Sep 2004, 21:00 - Beitrag #5

Ich denke mal, die Diskussion beinhaltet hauptsächlich das, was wir schon im Schwarze-Klamotten-Thread debattiert haben.
Meine Position von dort, kurz zusammengefasst: Die totale Selbstaufgabe und Anpassung an die Gruppenideale ist ein schwerer Fehler und großes Problem unserer Gesellschaft, aber der totale Individualismus ist auch kein Rezept und führt ebenso zu Problemen. Die beste Mischung aus Individualitätsbehauptung und sozialem Zusammenleben findet sich eben in einer Mischung. Man sollte keine wesentlichen Punkte seiner selbst aufopfern, aber ruhig mal ein paar Dinge, die kein allzu großer Verlust sind, für einen Gewinn an zwischenmenschlichen Beziehungen eintauschen.

Die Sprüche "sei du selbst" und "bleib so, wie du bist" werden sicher so oft verwendet, dass sie schon fast zu leeren Worthülsen geworden sind, aber das lässt sich auch nicht vermeiden, so elementar sie sind. Die enthaltenen Mini-Aussagen sollte eh jeder kennen, dafür braucht es keine solchen Hülsen.

aleanjre
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Mi 8. Sep 2004, 21:08 - Beitrag #6

"Sei du selbst" - das beinhaltet Bewunderung für den Individualisten. Wer sich nicht verbiegen läßt, stark ist, eigene Entscheidungen trifft, unbeeinflusst. Und einsam. All die Helden in Buch und Fernsehen, die aus der Masse hervorstechen, sind einsam, müssen sich selbst genügen, sind unverstanden.

Der Mensch ist ein Herdentier. Alles Fremdartige ist bedrohlich. Vorurteile, Misstrauen, sogar Gruppenzwang sind alles Programmierungen, die prinzipiell zum Schutz dienen. Wer nichts und niemandem misstraut, wird jung sterben. Wer den Schutz der Gruppe verläßt, ist gefährdet. Alles soweit gut und schön, das funktioniert schon seit Jahrmillionen. Es ist sogar bewiesen, dass Individualismus als gesellschaftliches Ideal krankmachend wirkt. Noch nie gab es soviele Selbstmorde wie heute, Depressionen sind Volksseuche, Singles, von der Werbung als fröhliches junges Volk stilisiert, sind in den meisten (natürlich nicht allen!) Fällen unglücklich über ihren einsamen Zustand.

Aber: Der Mensch hat den Verstand als Werkzeug, um zu reflektieren. Misstrauen kann abgelegt, Vorurteile revidiert werden. Dies will die breite Masse aber gar nicht, denn Vorurteile sind bequem. Und es ist ein triumphales Gefühl, auf der "richtigen" Seite zu stehen, zu den Starken, Anerkannten zu gehören. Infolgedessen werden Außenseiter traktiert, denn sie sind schwach und wehrlos, sie haben die Gruppe verlassen. Dann gibt's noch die Besorgten, die wollen, dass die Außenseiter zurückkehren, damit sie nicht so einsam darben müssen.
"Ändere dich!" Ist ein gutgemeinter Rat. "Nun ändere dich schon, mach es dir nicht selbst so schwer, da draußen ist es grausam, kalt..."

Monostratos
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Mi 8. Sep 2004, 21:22 - Beitrag #7

Letzten Endes geht es doch nur wieder um die Freiheit, und was Leute damit verbinden: Für die Einen (Die Herdenmenschen) bedeutet sie Langeweile, Unsicherheit, Einsamkeit, für die Anderen... ist sie ein Ideal, Entscheidungen nach Lust und Laune zu fällen (Individualisten), und fällen zu können. Was ich wohl bin...?


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