Brauchen wir Gesetze?

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Traitor
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Mi 22. Sep 2004, 16:09 - Beitrag #21

Und jetzt die Spielverderberfrage: "Und wie genau soll das funktionieren?"
Was du da erzählst von wegen von allen festgelegten und getragenen Regeln klingt ja sehr nett. Und für ein 50-Einwohner-Dorf mag es sogar funktionieren. Aber wie willst du auf dieser Grundlage eine moderne, hochkomplexe Gesellschaft aus Millionen von Menschen organisieren?
Nein, die Prinzipien von Staatlichkeit, Gesetzen etc haben durchaus ihre Berechtigung.

Bowu
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Mi 22. Sep 2004, 19:58 - Beitrag #22

Ich sagte ja nicht das Gesetze abgeschafft werden sollen. Auch sagte ich nicht das mit einem Fingerschnipsen die Scheinheiligkeit ausgeschaltet werden kann.

Aber in einer Gesellschaft in der Gesetze und die damit verbundenen Strafen fest einkalkuliert werden, scheinen die Gesetze überholt.
Daher muss zuerst ein Bewusstsein für Recht, und damit eine Zustimmung für Regeln aufgebaut werden, bzw. sie muss wieder verstärkt werden, bevor Gesetze sinn machen.

Auch in einer Gemeinschaft von 50 Leuten macht es keinen Sinn Gesetze zu haben, gegen die eine vielzahl verstößt ohne sich einer Schuld bewusst zu sein.

Der Unterschied zw. dem was als Regeln hier dargestellt werden , und den "Gesetzen" scheint ja einzig und allein die Beteiligung des mündigen Bürgers zu sein, der bei der Verabschiedung/Entwerfung von Gesetzen nahezu keinen Einfluss hat.

Das ganze lässt sich relativ einfach auf einen Punkt bekommen. Warum gibt es keine Volksabstimmungen über Gesetze? ( also welche Gründe hatte CDU/CSU und andere für eine Ablehnung einer Gesetzesvorlage die dieses erleichtert/ermöglicht hätte).

Traitor
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Mi 29. Sep 2004, 13:02 - Beitrag #23

Aber in einer Gesellschaft in der Gesetze und die damit verbundenen Strafen fest einkalkuliert werden, scheinen die Gesetze überholt.
Es ist exakt andersherum. Ersteinmal muss es Gesetze geben, damit eine Gesellschaft überhaupt funktioniert. Dann kann man dafür sorgen, dass die Bürger die Gesetze nachvollziehen können, und dann kann man beginnen, die Gesetze auf bessere Nachvollziehbarkeit hin zu verändern, mit soviel Mitsprache der Bürger wie sinnvoll und möglich.
Es ist kein Zufall, dass sich die moderne, zumindest teilweise aufgeklärte Gesellschaft erst nach langer Zeit reinen Despotismusses entwickelt hat, ein direkter Übergang von ungeregeltem Leben zur bewussten Gesellschaft ist nicht möglich, da letztere nur in Gemeinwesen funktionieren kann, die eine gewisse Entwicklungsstufe erreicht haben. Das ist der Punkt, bis zu dem Hegel und Marx durchaus recht haben.

Das ganze lässt sich relativ einfach auf einen Punkt bekommen. Warum gibt es keine Volksabstimmungen über Gesetze? ( also welche Gründe hatte CDU/CSU und andere für eine Ablehnung einer Gesetzesvorlage die dieses erleichtert/ermöglicht hätte).
Weil das Volk dumm ist, populistisch ausgedrückt. Bzw nicht nur dumm, sondern vor allem egoistisch. Das klassische Beispiel, um die Volksabstimmungsidee auszuhebeln, ist die Steuerpolitik. Bei der Abstimmung "Sollen alle Steuern auf 0 gesenkt werden?" würde eine überwältigende Mehrheit für ja stimmen und der Staat bräche sofort zusammen. Man kann einfach nicht von der Masse erwarten, dass sie alle Konsequenzen einer Entscheidung absehen kann - das ist der Sinn einer repräsentativen Demokratie: die Entscheidung den Fachmännern überlassen, aber diese weiterhin der zumindest indirekten Volkskontrolle zu unterstellen.
Auch in einer perfekt aufgeklärten Gesellschaft ginge es nicht anders, denn wenn ich etwa ein hochgebildeter, intelligente und verantwortungsbewusster Professor der Physik oder Anglistik bin, kann ich immer noch nicht wissen, wie genau sich eine Veränderung von Steuersatz X um Y Prozent auswirken wird, da das einfach nicht mein Fachgebiet ist.
Darüber, wie fachmännisch die Politiker de facto sind, will ich übrigens nichts aussagen...

Bowu
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Do 30. Sep 2004, 01:57 - Beitrag #24

Ich wage zu bezweifeln, dass ausser den direkt dafür zuständigen, viele in den Parteien socleh Abschätzungen alla "wie genau sich eine Veränderung von Steuersatz X um Y Prozent auswirken wird" auch nur ansatzweise beherrschen. Allerdings werden sie Grundsätze der Steuerpolitik je nach Erfahrung auch so kennen.
Die Abschätzung von Auswirkungen wird ja auch stark aus dem Arbeitsbereich der Abgeordneten ausgegliedert. Deren Arbeit liegt häfig nur in der Asuwahl der Prognose... ob die von "unabhängigen" oder staatlichen Stellen erstellt wurden ist dafür ja erstmal weniger wichtig.

Desweiteren hat ein engagierter Politiker durchaus die Möglichkeiten seine kompetenten Urteile zu vermitteln.
Dazu sind vor allem die in der Bevölkerung fest verankerten Parteien im Stande.
Die Mittel die für Information, und Abstimung aufgebracht werden müssten, wären sicher deutlich höher, als jetzt ein Gesetz das den "normalen" Weg durch die verschiedenen Ausschüsse Kammern usw geht.
Aber solch ein durch Volksabstimmung gesichertes Gesetz, wäre in seiner Wirksamkeit schon allein durch die Debatte darum gestärkt.

Selbst wenn man zu dem Schluss kommen sollte, dass das Volk dumm sei, so sollte eine verantwortliche Politik Konzepte vorlegen das zu ändern. Durch politische Bildung beispielsweise... es muss ja kein Projekt sein das in den nächsten 10 Monaten die Welt umwirft.

So dumm , alle Steuersätze auf 0 zu fahren, und die Konsequenzen daraus nicht zu sehen ist denke ich keiner der sich 5 Minuten lang drüber Gedanken gemacht hat.

Selbst wenn alle Konzepte dem ungebildeten Volk nur abstrakt vermittelt werden könnten, so wäre das kein Rückschritt in verbindung mit einer direkten Demokratie, denn wir treffen die jetzigen politischen Entscheidungen genauso auf unzureichenden Grundlagen.
Im Gegenteil, man könnte meinen, dass das wählen einer gesamten Partei mit all ihren Programmpunkten eine kompetente Entscheidung unmöglich macht, weil man so gezwungener Massen über alle Themen abstimmt, auch wenn man nur in manchen kompetent ist.
In einer Volksabstimmung muss man auch nicht zur Wahlurne gehen, wenn man keine oder eine unzureichende Meinung hat.

Maurice
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Do 30. Sep 2004, 09:14 - Beitrag #25

Ich glaube wir werden ot, dann jetzt sind wir mit einem Fuß schon beim Thema "Volksabstimmungen".

Selbst wenn man zu dem Schluss kommen sollte, dass das Volk dumm sei, so sollte eine verantwortliche Politik Konzepte vorlegen das zu ändern. Durch politische Bildung beispielsweise... es muss ja kein Projekt sein das in den nächsten 10 Monaten die Welt umwirft.

Der deutsche Bürger ist an sich frei, sich zu bilden oder Talkshows zu schauen. Wenn ein Bürger dumm ist, dann liegt das in erster Linie an ihm selbst. Sollen die Menschen dazu gezwungen werden sich zu bilden? Wenn nein, dann werden solche Kampagnen noch weniger bringen, wie die Anti-Raucher-Kampagnen. Wie solle das auch aussehen? Wie wäre es, wenn gesetzlich verordnet werden würde, dass vor jeder Talkshow ein Programmhinweis läuft mit etwa dem Wortlaut von "Vorischt diese Sendung, kann bei regelmäßigen Konsum verdummen, für Folgeschäden nimmt der Sender keine Verantwortung". ^^
Ne mal im ernst wie stellst du dir das vor und glaubst du wirklich, dass das Erfolg haben könnte?

So dumm , alle Steuersätze auf 0 zu fahren, und die Konsequenzen daraus nicht zu sehen ist denke ich keiner der sich 5 Minuten lang drüber Gedanken gemacht hat.

Oh doch ich denke davon gäbe es ein paar... allein weil sich manche nicht mal 5 Minuten Zeit nehmen sich über etwas Gedanken zu machen und selbst wenn, dabei nicht viel rauskommt. Sorry mein Menschenbild ist nicht sehr besonders. ;)

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