Dennoch poste ich hier nochmal den entscheidenden Abschnitt, wo ich an einem Beispiel versucht habe zu erklären, wo der Unterschied zwischen Determiniertheit und Kausalität liegt:
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Da ich das Bewusstsein und Denken als Funktionen unseres Körpers definiert habe, und dieser aus Materie besteht, könnte man mir vorwerfen, nach dieser Sichtweise müsste der Wille unfrei sein, da ja unser Körper, wie alles Materielle, der Kausalität unterworfen sei. Unser "Geist" sei demnach determiniert und dies schließt Freiheit aus.
Zuerst möchte ich hier erstmal den Begriff "Geist" aus dem Feld der benutzten Wörter streichen, da dieser ein Synonym für "Gespenst" ist, und ihm demnach auch etwas "gespenstiges" anhaftet, und darüber hinaus von manchen Personen mit dem Begriff "Seele" assoziiert wird. Ich werde deshalb den Begriff "Psyche" verwenden. Es sei noch mal betont, dass die Psyche eine Funktion des Körpers ist und nichts von ihm zu unterscheidendes, was sie von ihm trennen würde. Jedes Organ hat seine Funktion und die des Gehirns ist die Psyche.
Fragen wir nun nach der Freiheit der Psyche, so muss man vorher beantworten, was Freiheit bedeutet. Freiheit kann man spontan erst einmal als "Möglichkeit zur Selbstbestimmung" bezeichnen. Es ist also Freiheit, selbst zu entscheiden, was man macht. Ein Gefangener ist unfrei, weil er an einem Ort festgehalten wird und nicht selbst entscheiden kann, wohin er gehen kann. Wird er aus dem Gefängnis entlassen, ist er nicht mehr an diesen Ort gebunden und kann entscheiden, wohin er geht. Aber kann er jetzt machen was er will? Wenn er auf die schnelle zu Geld kommen will, kann er versuchen, eine Bank auszurauben. Der Versuch steht ihm zwar frei, doch wenn der Versuch misslingt, wandert er wieder ins Gefängnis und verliert wieder an Freiheit. Will er nun aber das Risiko nicht eingehen und sich an die gesellschaftlichen Regeln halten, kann er die Bank nicht ausrauben. Eine Handlungsoption weniger und somit ein Stück Freiheit. Dass man in einer Gesellschaft nicht einfach machen kann, was man will, ist klar, aber stellen wir uns einen Menschen vor, der alleine auf einer Insel lebt. Besitzt dieser völlige Freiheit? Wir erinnern uns, Freiheit bedeutet, dass man selbst bestimmt, was man macht. Aber auch auf der Insel ist die Person nicht völlig frei, denn auch wenn sie sich nicht mehr an Regeln anderer Menschen halten muss, so ist sie immer noch den Regeln der Welt unterworfen. Ihr könnte z.B. der Wunsch kommen, zehn Meter hoch zu springen, schneller als ein Gepard zu laufen oder gar zu fliegen, aber sie wird dazu nicht in der Lage sein. Sie besitzt diese Freiheit nicht und wird (ohne technische Hilfsmittel) dies auch nicht erreichen können.
Nicht nur für den Menschen, sondern für alle Lebewesen gibt es keine völlige Freiheit. Wenn Freiheit nun nicht ganzheitlich ist, sollte man die Vorstellung der Freiheit verwerfen? Mitnichten. Wir dürfen nur nicht mehr Freiheit grenzenlos verstehen, sondern immer in bestimmten Grenzen betrachten. Man ist immer nur innerhalb seiner Grenzen frei. Selbst der Gefangene hat Freiheiten, auch wenn diese sehr begrenzt sind.
Betrachten wir nun endlich die Frage nach der Freiheit der Psyche. Wie schon im vorangegangenen Essay beschrieben, kann die Psyche nicht frei über ihr Wesen bestimmen. Z.B. können wir uns selbst nicht einfach mit einem Schlag unbeschwert glücklich zaubern, wenn wir im Augenblick tot traurig sind. Allein das Beispiel zeigt schon, dass die Psyche nicht völlig frei sein kann. Wie sieht es aber allgemein mit Freiheiten aus? Da die Psyche eine Funktion des Körpers ist, und dieser der Kausalität der materiellen Welt unterworfen ist, könnte man durchaus vermuten, dass die Psyche determiniert ist. Nun betrachten wir einfach den Menschen und untersuchen ihn auf seine mögliche Determiniertheit. Determiniert bedeutet, dass auf eine bestimmte Ursache immer dieselbe Wirkung erfolgt. Es ist also im voraus klar, wie die Wirkung aussehen wird. Beispiel: Wir schreiben ein Computerprogramm, bei dem eine Tastenkombination eine bestimmte Funktion auslöst, z.B. ein bestimmter Ton erklingt. Ich drücke die Taste X und der Ton Y erklingt. Dieses Programm ist eindeutig determiniert, da auf die Ursache des Tastendrucks X immer die Wirkung des Ton Y folgt. Nun spiele ich das Beispiel statt mit einem Computer mit einem Menschen durch: Ich sage ein Wort X und mein Gegenüber soll darauf immer das Wort Y antworten. Wie das Experiment ausgehen wird, wenn man es lange genug durchführt, sollte jedem klar sein. Mein Gegenüber wird nach einer Zeit nicht mehr das Wort Y antworten, wenn ich das Wort X sage. Wer will, kann es ja gerne selber ausprobieren. Warum befolgt mein Gegenüber also nicht die Regel, wenn wir uns doch auf diese geeinigt haben? Weil er nicht an die Regel deterministisch gebunden ist. Er kann entscheiden, ob er das Wort Y antwortet, wenn ich das Wort X sage, oder nicht.
Natürlich ist das Beispiel nicht überzeugend genug, es sollte auch nur den Grundgedanken des Determinismus erläutern. Anderes Beispiel: Wir stehen vor unserem Kleiderschrank und überlegen, was für ein Hemd wir anziehen. Wir können uns für das eine oder andere entscheiden, wir stehen nicht unter äußeren Zwängen. Wir werden uns für das Hemd entscheiden, für was wir im Moment am meisten Lust haben. Wer sich an mein letztes Essay erinnert, dem wird diese Situation bekannt vorkommen. Warum haben wir auf das eine Hemd mehr Lust als auf das andere? Wir wissen es vielleicht nicht, aber der Grund warum wir uns für das entscheiden, für was wir uns entscheiden, liegt in uns selbst und nicht in äußeren Umständen. Die Ursache für die Wirkung des Wählen des Hemdes sind wir. Um eine Verbindung zu dem vorangegangen Beispiel zu knüpfen, kann man sagen, dass wir es sind, die die Taste X drücken und niemand anderes. Selbst wenn wir unter äußerem Druck stehen, z.B. auf eine Feier mit Kleiderordnung eingeladen sind, sind wir es doch die entscheiden, ob wir uns an die Ordnung halten oder nicht und nicht jemand anderes. Wir sind also selbst Ursache für unser Verhalten.
Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Mensch durch seine Umwelt geformt wird, und dies auf sein Verhalten Einfluss hat. Außerdem werden wir von bestimmten Grundeigenschaften bestimmt, nämlich den Trieben und Instinkten. Man kann diese zwar beeinflussen, doch nicht einfach ausknipsen, wenn man wollte. Ja, der Mensch wird durch innere und äußere Einflusse bestimmt, aber dies bedeutet keine Determinierung der Psyche, sondern nur eine Beeinflussung. Wir sind es, die denken, entscheiden und handeln und sonst keiner. Ich versuche mal den Sachverhalt bildlich darzustellen: Die Psyche ist eine Person in einem Raum, in dem die Grundeigenschaften der Psyche die Wände darstellen, und die Umwelt diese Wände verformen oder Gegenstände in den Raum werfen. Sowohl die Wände, als auch die Gegenstände haben Einfluss auf uns, aber wie wir uns in diesem Raum bewegen, bestimmen allein wir.
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Nun klärt mich bitte auf, wo der Fehler in meinen Ausführungen stecken soll.

PS: Die Diskussion findet gewollt in einem anderen Thread statt, als in dem wo das Essay ursprünglich gepostet wurde. Das hier ist sozusagen die Diskussion zur Vorlesung. ^^