Warum sollte eine deterministische Sicht für einen Materialisten zwingend sein?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Mo 2. Aug 2004, 22:14 - Beitrag #1

Warum sollte eine deterministische Sicht für einen Materialisten zwingend sein?

Ursprung des Threads ist der Schicksal-Thread in der Diskussion-Sektion gewesen, wo Pad, zumindest für mich überraschend, meine Aussagen über die mögliche Determiniertheit von Subjekten kritisiete, die ich in meinem zweiten Essay abgelehnt hatte. Das besagte Essay ist hier nachzulesen -> http://www.the-web-matrix.de/showthread.php?s=&threadid=13661
Dennoch poste ich hier nochmal den entscheidenden Abschnitt, wo ich an einem Beispiel versucht habe zu erklären, wo der Unterschied zwischen Determiniertheit und Kausalität liegt:


(...)
Da ich das Bewusstsein und Denken als Funktionen unseres Körpers definiert habe, und dieser aus Materie besteht, könnte man mir vorwerfen, nach dieser Sichtweise müsste der Wille unfrei sein, da ja unser Körper, wie alles Materielle, der Kausalität unterworfen sei. Unser "Geist" sei demnach determiniert und dies schließt Freiheit aus.
Zuerst möchte ich hier erstmal den Begriff "Geist" aus dem Feld der benutzten Wörter streichen, da dieser ein Synonym für "Gespenst" ist, und ihm demnach auch etwas "gespenstiges" anhaftet, und darüber hinaus von manchen Personen mit dem Begriff "Seele" assoziiert wird. Ich werde deshalb den Begriff "Psyche" verwenden. Es sei noch mal betont, dass die Psyche eine Funktion des Körpers ist und nichts von ihm zu unterscheidendes, was sie von ihm trennen würde. Jedes Organ hat seine Funktion und die des Gehirns ist die Psyche.
Fragen wir nun nach der Freiheit der Psyche, so muss man vorher beantworten, was Freiheit bedeutet. Freiheit kann man spontan erst einmal als "Möglichkeit zur Selbstbestimmung" bezeichnen. Es ist also Freiheit, selbst zu entscheiden, was man macht. Ein Gefangener ist unfrei, weil er an einem Ort festgehalten wird und nicht selbst entscheiden kann, wohin er gehen kann. Wird er aus dem Gefängnis entlassen, ist er nicht mehr an diesen Ort gebunden und kann entscheiden, wohin er geht. Aber kann er jetzt machen was er will? Wenn er auf die schnelle zu Geld kommen will, kann er versuchen, eine Bank auszurauben. Der Versuch steht ihm zwar frei, doch wenn der Versuch misslingt, wandert er wieder ins Gefängnis und verliert wieder an Freiheit. Will er nun aber das Risiko nicht eingehen und sich an die gesellschaftlichen Regeln halten, kann er die Bank nicht ausrauben. Eine Handlungsoption weniger und somit ein Stück Freiheit. Dass man in einer Gesellschaft nicht einfach machen kann, was man will, ist klar, aber stellen wir uns einen Menschen vor, der alleine auf einer Insel lebt. Besitzt dieser völlige Freiheit? Wir erinnern uns, Freiheit bedeutet, dass man selbst bestimmt, was man macht. Aber auch auf der Insel ist die Person nicht völlig frei, denn auch wenn sie sich nicht mehr an Regeln anderer Menschen halten muss, so ist sie immer noch den Regeln der Welt unterworfen. Ihr könnte z.B. der Wunsch kommen, zehn Meter hoch zu springen, schneller als ein Gepard zu laufen oder gar zu fliegen, aber sie wird dazu nicht in der Lage sein. Sie besitzt diese Freiheit nicht und wird (ohne technische Hilfsmittel) dies auch nicht erreichen können.
Nicht nur für den Menschen, sondern für alle Lebewesen gibt es keine völlige Freiheit. Wenn Freiheit nun nicht ganzheitlich ist, sollte man die Vorstellung der Freiheit verwerfen? Mitnichten. Wir dürfen nur nicht mehr Freiheit grenzenlos verstehen, sondern immer in bestimmten Grenzen betrachten. Man ist immer nur innerhalb seiner Grenzen frei. Selbst der Gefangene hat Freiheiten, auch wenn diese sehr begrenzt sind.
Betrachten wir nun endlich die Frage nach der Freiheit der Psyche. Wie schon im vorangegangenen Essay beschrieben, kann die Psyche nicht frei über ihr Wesen bestimmen. Z.B. können wir uns selbst nicht einfach mit einem Schlag unbeschwert glücklich zaubern, wenn wir im Augenblick tot traurig sind. Allein das Beispiel zeigt schon, dass die Psyche nicht völlig frei sein kann. Wie sieht es aber allgemein mit Freiheiten aus? Da die Psyche eine Funktion des Körpers ist, und dieser der Kausalität der materiellen Welt unterworfen ist, könnte man durchaus vermuten, dass die Psyche determiniert ist. Nun betrachten wir einfach den Menschen und untersuchen ihn auf seine mögliche Determiniertheit. Determiniert bedeutet, dass auf eine bestimmte Ursache immer dieselbe Wirkung erfolgt. Es ist also im voraus klar, wie die Wirkung aussehen wird. Beispiel: Wir schreiben ein Computerprogramm, bei dem eine Tastenkombination eine bestimmte Funktion auslöst, z.B. ein bestimmter Ton erklingt. Ich drücke die Taste X und der Ton Y erklingt. Dieses Programm ist eindeutig determiniert, da auf die Ursache des Tastendrucks X immer die Wirkung des Ton Y folgt. Nun spiele ich das Beispiel statt mit einem Computer mit einem Menschen durch: Ich sage ein Wort X und mein Gegenüber soll darauf immer das Wort Y antworten. Wie das Experiment ausgehen wird, wenn man es lange genug durchführt, sollte jedem klar sein. Mein Gegenüber wird nach einer Zeit nicht mehr das Wort Y antworten, wenn ich das Wort X sage. Wer will, kann es ja gerne selber ausprobieren. Warum befolgt mein Gegenüber also nicht die Regel, wenn wir uns doch auf diese geeinigt haben? Weil er nicht an die Regel deterministisch gebunden ist. Er kann entscheiden, ob er das Wort Y antwortet, wenn ich das Wort X sage, oder nicht.
Natürlich ist das Beispiel nicht überzeugend genug, es sollte auch nur den Grundgedanken des Determinismus erläutern. Anderes Beispiel: Wir stehen vor unserem Kleiderschrank und überlegen, was für ein Hemd wir anziehen. Wir können uns für das eine oder andere entscheiden, wir stehen nicht unter äußeren Zwängen. Wir werden uns für das Hemd entscheiden, für was wir im Moment am meisten Lust haben. Wer sich an mein letztes Essay erinnert, dem wird diese Situation bekannt vorkommen. Warum haben wir auf das eine Hemd mehr Lust als auf das andere? Wir wissen es vielleicht nicht, aber der Grund warum wir uns für das entscheiden, für was wir uns entscheiden, liegt in uns selbst und nicht in äußeren Umständen. Die Ursache für die Wirkung des Wählen des Hemdes sind wir. Um eine Verbindung zu dem vorangegangen Beispiel zu knüpfen, kann man sagen, dass wir es sind, die die Taste X drücken und niemand anderes. Selbst wenn wir unter äußerem Druck stehen, z.B. auf eine Feier mit Kleiderordnung eingeladen sind, sind wir es doch die entscheiden, ob wir uns an die Ordnung halten oder nicht und nicht jemand anderes. Wir sind also selbst Ursache für unser Verhalten.
Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Mensch durch seine Umwelt geformt wird, und dies auf sein Verhalten Einfluss hat. Außerdem werden wir von bestimmten Grundeigenschaften bestimmt, nämlich den Trieben und Instinkten. Man kann diese zwar beeinflussen, doch nicht einfach ausknipsen, wenn man wollte. Ja, der Mensch wird durch innere und äußere Einflusse bestimmt, aber dies bedeutet keine Determinierung der Psyche, sondern nur eine Beeinflussung. Wir sind es, die denken, entscheiden und handeln und sonst keiner. Ich versuche mal den Sachverhalt bildlich darzustellen: Die Psyche ist eine Person in einem Raum, in dem die Grundeigenschaften der Psyche die Wände darstellen, und die Umwelt diese Wände verformen oder Gegenstände in den Raum werfen. Sowohl die Wände, als auch die Gegenstände haben Einfluss auf uns, aber wie wir uns in diesem Raum bewegen, bestimmen allein wir.
(...)


Nun klärt mich bitte auf, wo der Fehler in meinen Ausführungen stecken soll. :confused:


PS: Die Diskussion findet gewollt in einem anderen Thread statt, als in dem wo das Essay ursprünglich gepostet wurde. Das hier ist sozusagen die Diskussion zur Vorlesung. ^^

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Di 3. Aug 2004, 15:05 - Beitrag #2

Ich versuche die Frage aus einer klassischen physikalischen Sichtweise zu beantworten. Wer die Quantenmechanik einbringen will, soll dies tun.

Ein wichtiges Axiom der klassischen Physik besagt, dass ich bei Kenntnis von Position und Impuls aller beteiligten Teilchen stets deren komplette Zukunft vorausberechnen kann. Das gilt für den Würfel, das gilt für den Menschen.
Ein Mensch ist, wenn ich ihm zweimal das gleiche Wort hintereinander sage, niemals der gleiche, schon allein dadurch, dass er noch das erste Wort im Gedächtnis hat. Bei verschiedenen Ausgangssituationen folgt auf die gleiche Aktion eine andere Reaktion, das ist nur natürlich. Es gab Energieverschiebungen im Gehirn, physikalisch gesprochen, wodurch man jetzt andere Differentialgleichungen lösen muss, um die Reaktion zu berechnen. Wenn ich den Menschen als Konstante betrachte, determinieren die Umwelteinflüsse den Menschen völlig, da es nur eine physikalisch mögliche Reaktion auf diese gibt. Man kann natürlich trotzdem sagen, dass die Entscheidung aus uns kommt, da, wenn wir anders wären, die Entscheidung auch anders ausfiele, aber das ändern nichts an der Determination, besonders, wenn man berücksichtigt, dass unsere ganze Genese und auch unser ganzes jetziges Wesen schon im Moment unserer Zeugung (und schon früher) vorausberechnet werden konnte. Man kann also genauso gut sagen, es war die Entscheidung unserer Eltern, dass wir jetzt so entschieden haben oder auch eines Schmetterlings auf Papua-Neuginea, weil dessen Flügelschlag einen Sturm verursacht hat, der durch komplexe Wetterverschiebungen uns Regen gebracht hat, der meine Entscheidung wiederum in dem Sinne beeinflusst, dass, wenn das Wetter anders wäre, ich die Entscheidung auch anders treffen würde. Er determiniert unsere Entscheidungen genauso (wenn vielleicht auch im schwächeren Maße und nicht so häufig) wie unser eigenes Wesen, unser eigener Charakter es tut.
Die Regeln, nach denen diese Determination abläuft, sind natürlich sehr viel komplexer als die eines simplen Computerprogramms und in der Praxis ist es auch wohl unmöglich, eine Berechnung der Determination durchzuführen, aber das ändert nichts an deren Existenz. Der einzige Gegenbeweis wäre, wenn zweimal in der exakt selben Ausgangssituation etwas anderes geschehen würde, aber da man nie zweimal in die exakt selbe Ausgangssituation gelangen kann, ist das nicht auszutesten. Und selbst wenn, dann hätten wir eben einen klaren Beweis für Zufall. Sowas wie "Freiheit" bedeutet das noch lange nicht.

Padreic

P. S. Das ist natürlich nicht meine Position, ich versuche nur so zu argumentieren, als ob ich ein klassisch physikalisch denkender Materialist wäre.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Di 3. Aug 2004, 16:11 - Beitrag #3

Boah ist das Forum im Moment lahm bei mir -.-* ...

Also erstmal wenn wir bestimmt werden, dann nicht nur von der Umwelt, sondern auch von den Eigenschaften die uns bei der Geburt in Form unserer Gene mitgegeben wurden. ;)

Ich glaube wir verstehen unter den Begriffen etwas leicht anderes, deshalb kommt es zum Missverständnis. Hoffe ich zumindest, dass es nur daran liegt. ^^
Also Determiniertheit heißt für mich, dass das Ergebnis schon vorher feststeht, und dass es keine mögliche Alternative ist. In bezug auf ein Subjekt hieße das, dass das Subjekt keine Freiheiten besitzt.

Nun ich zwar der Ansicht, dass die unsere Umwelt und unsere Gene unser Verhalten bestimmen, aber sie determinieren uns nicht. Es ist klar, dass wir uns anders verhalten würden, wenn die Umstände andere wären. Nehmen wir irgendein triviales Beispiel: Jemand fragt uns ob wir ins Schwimmbad gehen wollen. Vorausgesetzt hier hier, dass wir keine Avesionen gegen Schwimmbad haben, sondern gerne dahin gehen. ;) Wenn das Wetter nun sonnig ist werden wir wohl ja sagen, sieht es hingegen nach Regen aus werden wir wohl uns doch entschließen dahim zu bleiben. Zwar haben wir uns auf Grund des Wetters entschieden, aber das Wetter hat nicht für uns entschieden. Wir haben unsere Entscheidung getroffen und nicht das Wetter, denn wir hätten ja trotz Regen ins Schwimmbad gehen können. Deshalb sind wir hier nicht vom Wetter determiniert worden.

Nun zu der "Determiniertheit durch die Physikalität unseres Wesens": Der entscheidende Fehler der hier vorliegt ist in meinen Augen, dass zwischen "Ich" und "den Atomen aus denen mein Gehirn besteht" unterschieden wird. Du sagst, dass aus der Sicht des Materialismus die Atome aus denen wir bestehen uns determinieren, aber was sind denn diese Atome? Das sind wir. Und wenn uns in der Hinsicht jemand determiniert, dann sind es wir selbst. Wir bestimmen unser Denken und Handeln also selbst und wenn wir uns selbst bestimmen, bestimmen wir uns eben selbst und nicht jemand anderes. Und dass wir uns selbst bestimmen und nicht jemand anderes nennen ich Freiheit. Dabei darf nicht vergessen werden, dass ich "Freiheit" als etwas absolutes als Unsinn sehe. Man ist immer nur innerhalb seiner Grenzen frei.
Mein im Essay dargestelltes Computerprogramm hat keine Alternativen in seiner Reaktion, deshalb ist es nicht frei. Wir haben Alternativen, deshalb besitzen wir Freiheiten.

Dass wir in ein und der selben Situation, also eine die völlig identisch zu der vorhergegangenen Situation, genauso handeln würden sehe ich nicht als Grund deshalb unsere Freiheit abzustreiten, denn waren wir es doch die entschieden und gehandelt haben und nicht jemand anderes. Dass wir uns stets gleich entschieden und gehandelt hätten ist nur logisch, wie sollte es auch anders sein?

Wenn man sagt, dass die Umwelt uns ganz und gar bestimmt und wir keinen Einfluss auf unser Handeln haben, dann stellt sich dieses Problem nicht nur für einen Materialisten, sondern auch für jemanden der an eine Seele glaubt. Denn welchen Unterschied macht es ob ein materieller Körper oder eine Seele (nach Ansicht des Betrachters) durch die Umwelt determiniert wird?
Ich sehe keinen Grund ein Denkkonstrukt einer Seele annehmen zu müssen, damit der Mensch nicht determiniert sein muss.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Di 3. Aug 2004, 19:24 - Beitrag #4

Ich unterscheide hier nicht zwischen Ich und den Atomen in meinem Gehirn. Meine Argumentation zielte darauf, dass unsere Entscheidungen genauso durch unsere Umwelt determiniert werden wie durch unser Gehirn, wenn vielleicht auch in unterschiedlichem Maße.
Ich verstehe nicht, wie du zwischen Mensch und Computer unterscheidest. Es existieren hier keine wesentlichen Unterschiede, der Mensch ist nur ein wenig komplexer. Würden wir den Menschen genauso gut kennen wie den Computer, könnten wir genauso gut sagen, wie er reagiert, wenn ich plötzlich "Deine Brille sitzt schief." zu ihm sage, wie, wie der Computer reagiert, wenn ich auf Escape drücke. Es sieht so aus, als ob wir Alternativen hätten, Dinge, die wir sonst noch als Reaktion darauf tun könnten, aber bedenkt man unser Wesen, gibt es nur eine mögliche Reaktion, genauso wie beim Computer, der vielleicht auch beim Escape-Drücken theoretisch runterfahren könnte, es aufgrund seiner Programmierung einfach nicht macht. Wenn ich sage, der Computer ist determiniert, dann muss ich auch sagen, dass der Mensch determiniert ist. Genauso, wenn ich sage, dass ein Würfel- oder Ballwurf determiniert ist, denn das sind keine prinzipiell anderen Fälle. Dass das Verhalten von etwas von dessen Eigenheiten abhängt, ist kein Argument gegen die Determination dieses Objektes. Der Mensch ist nicht wesentlich mehr selbstbestimmt, als es ein Würfel ist, denn man kann mit bestimmten Aktionen bestimmte Aktionen seinerseits mit Sicherheit hervorrufen, wenn man ihn genau genug kennt, d.h. ihn willkürlich steuern zu können, genauso wie man es mit einem Ball kann, kennt man die Lage und den Ball genau genug.

Eine Seele oder Vergleichbares kann insofern ein Ausweg sein, da man bei ihr nicht zwingend eine Kausaldetermination muss, sondern auch so etwas wie echte (wenn auch meinetwegen keine absolute) Freiheit denkbar ist. Völlig undenkbar ist sie vielleicht für Materielles auch nicht, aber im Bereich des Immateriellen ist sie schon schwer genug zu denken, im Materiellen noch schwerer.

Padreic

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Di 3. Aug 2004, 21:51 - Beitrag #5

Versuch eines phänomenologischen Materialismus

Einen Würfelwurf sehe ich auch nicht als determiniert an, nur in seinem Ergebnis als kausal verursacht. Determiniert heißt für mich, dass es nur eine Möglichkeit und keine Alternative gibt, und ein Würfelwurf hat soviele Alternativen, wie er Seiten hat. Nur wenn er nur eine Seite hätte (was ja hier nicht möglich ist) wäre er in meinen Augen determiniert, weil er ja immer nur ein Ergebnis liefern könnte.
Sein Ergebnis steht außerdem vielleicht schon direkt nach dem Wurf fest, bevor er zum Stillstand gekommen ist, aber noch nicht bevor er geworfen wurde.

Ein Computerprogramm und ein Mensch unterscheiden sich imo auch qualitativ und nicht nur in ihrer Komplexität.
Wenn du in einem Computerprogramm die einprogrammierst, dass es immer Reaktion X macht, wenn du Aktion X machst, dann wird das auch immer so sein. Selbst wenn du stochastische Elemente einbaust und auf eine Aktion X zufällig die Aktion A, B oder C erfolgt hat das Prgramm keine Freiheiten. Man kann zwar sagen, dass es dahingehend determiniert ist, dass es nur die Reaktion A, B oder C geben kann, aber das einzelne Ergebnis ist nicht determiniert.
Wenn du einen Menschen fragst und er soll nur zwischen Ja und Nein wählen können, dann ist er zwar in seinen Antwortmöglichkeiten determiniert, aber nicht in der Antwort die er gibt. Das hier war nur ein Beispiel für einen Menschen und keine qualitative Gegenüberstellung von Mensch und Programm, nicht dass hier etwas missinterpretiert wird. ;)
Das Computerprogramm wird auch immer in seinem momentanen Rahmen beharren, es wird nicht eigene neue Reaktionen entwickeln können, der Mensch hingegen schon. Der Mensch ist ein sich selbst veränderndes Wesen. Natürlich verändert er sich auf Grund der Einflüsse auf ihn, aber er ist es der sich verändert, nicht die Natur, sie ist nur der Grund zum Anlass. Das ist ein Unterschied. Würde ein Computerprogramm sich selbst umschreiben können, so würde es in meinen Augen Freiheiten besitzen.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Fr 22. Okt 2004, 15:32 - Beitrag #6

Freier Wille- Was ist das?

Schade dass der Thread hier so schnell wieder eingeschlafen ist. Da ich mich in letzter Zeit einige Male mit E-Noon über Kausalität, Determinismus und den menschlichen Willen unterhalten habe, würde ich die Diskussion gerne wieder aufnehmen.
Ich denke E-Noons Ansicht, erklärt sie wohl am besten selbst, weshalb ich darauf jetzt erstmal nicht eingehe.
Ich gestehe, sie hat mich mit ihren Ausführungen etwas in Bedrängnis gebracht und zurecht darauf hingewiesen, dass das was ich als Freiheit bezeichne (siehe Essay), wohl nicht das ist, was sich die Masse der Menschen darunter vorstellt. Ich habe gemerkt, dass mein Konzept imo in der Tiefe zu schwächeln scheint, sprich dass es noch noch ein paar Ausführungen, zu bedürfen scheint. Dazu aber später.

Das entscheidende dieses Posts ist die gleich folgende Frage, wobei ich überlegt hatte, ob ich aus ihr einen eigenen Thread mache, aber da dieser in dieselbe ging, habe ich ihn einfach wiederbelebt. Nun also meine Frage:
Was ist das eigentlich ein "freier Wille", bzw. was stellen wir uns unter diesem Begriff konkret vor? Wenn wir von einem "freien Willen" sprechen, dann müsste es doch auch einen "unfreien Willen" geben können, aber wie soll das aussehen?

Rosalie
Advanced Member
Advanced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 335
Registriert: 23.10.2003
Fr 22. Okt 2004, 15:54 - Beitrag #7

@Maurice
...dann müsste es doch auch einen "unfreien Willen" geben können, aber wie soll das aussehen?
z.B. wenn ich etwas aus einem Gruppenzwang heraus mache. Ich will es nur, weil die andren es so wollen und passe mich unfreiwillig an. Man könnte natürlich argumentieren: derjenige entscheidet sich frei für diese Option, weil er die Folgen (Ausgrenzung, Verlust von Ansehen, Verlust von Freundschaften ....) der alternativ von ihm frei gewählten Variante fürchtet. Aber in diesem Moment ist er eigentlich nicht mehr richtig frei und sein Wille ebenso wenig.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Fr 22. Okt 2004, 17:12 - Beitrag #8

Die Umstände nötigen die Person so zu handeln, wie sie handelt. Aber das ist doch immer der Fall. Und warum soll sein Wille weniger frei sein, wenn er Angst hat? Wenn er frei von Angst wäre und nur mit der Masse geht, weil es ihm nützlicher erscheint, ist dann die Entscheidung eine freiere gewesen?

Aber darauf wollte ich ja auch eigentlich nicht hinaus. Du sagst iiuc* in deinem Beispiel, dass es eine willentlich freie Entscheidung war, die eben nur nicht ganz so frei war, wie eine mögliche andere. Der Wille bei dir ist aber dennoch frei. Ich frage aber, ob es überhaupt möglich ist, sich einen Willen vorzustelenn, den man als (im allgemeinen) "unfrei" bezeichenen würde. Und was ist eigentlicher dieser "freie Wille" konkret?


*= wenn ich richtig verstehe
Das Kürzel ist mir gerade eingefallen, ich hoffe es gibt nicht schon ein entsprechendes, mit einer anderen Buchstabenfolge. ^^

Rosalie
Advanced Member
Advanced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 335
Registriert: 23.10.2003
Fr 22. Okt 2004, 23:32 - Beitrag #9

[
Wenn er frei von Angst wäre und nur mit der Masse geht, weil es ihm nützlicher erscheint, ist dann die Entscheidung eine freiere gewesen?
imo kann man das nicht verallgemeinern. Es kommt auf die Persönlichkeit der betreffenden Person an. Wenn sein ganzes Bestreben darin liegt, sich in der Masse zu intergrieren und er dabei glücklich ist, ist es sicher eine freie Entscheidung. Es gibt Menschen, die einfach keine eigene Meinung vertreten, sondern sich immer den Gegebenheiten anpassen, ihr Fähnchen sozusagen, nach dem Winde drehen.


Ich frage aber, ob es überhaupt möglich ist, sich einen Willen vorzustelenn, den man als (im allgemeinen) "unfrei" bezeichenen würde. Und was ist eigentlicher dieser "freie Wille" konkret?
Wenn das obige Beispiel Deiner Meinung nach nicht ganz korrekt (hast ja recht!), wie ist es mit einer "Willensentscheidung" unter Drogeneinfluß. Ist da der Wille noch frei? In diesem Moment ist man nicht mehr in der Lage das Für und Wider abzuwägen, das Bewußtsein ist getrübt (für manche auch erweitert :D - aber nicht mehr real) . Es gab ja solche Fälle in totalitären Systemen, dass Personen unter Drogeneinfluß Geständnisse aufgezwungen wurden..... oder wie ist es mit dem freien Willen unter Folter? Sicher sind dies alles Extrembeispiele, doch nicht so ganz von der Hand zu weisen, oder?

Was ist der freie Wille? Ich kann im Besitz meiner vollen geistigen Kräfte die Für und Wider einer Entscheidung abwägen - natürlich soweit es meinem Kentnis(s)stand entspricht - und danach handeln.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Sa 23. Okt 2004, 12:10 - Beitrag #10

Aber wenn man sagt der Mensch habe einen freien Willen, dann meint man doch, dass er diesen doch immer haben wird, oder?

Das Beispiel mit den Drogen finde ich nicht schlecht, aber trifft es das, was wir meinen unter einem freien Willen zu verstehen? Das hieße ja, dass freier Wille = bewusstes Handeln. Würde daraus folgen, dass ein Subjekt, dass nicht bewusst, also reflexartig handeln würde einen "unfreien" Wilen hätte? Warum sollte man bei einem solchen Sachverhalt überhaupt noch von "Willen" sprechen? Muss Wille denn nicht immer etwas bewusstes sein? Zumindest habe ich mich mal dafür ausgesprochen gehabt, dass es mir sinnvoll erscheint, nur das als Willen zu bezeichnen, was einem bewusst ist. Somit wäre kein unfreier Wille möglich, warum also noch von frei und unfrei sprechen, wenn jeder Wille in seiner Art (nicht in dem was er will) insgesamt gleich ist?

Stalker
Active Member
Active Member

 
Beiträge: 179
Registriert: 11.09.2004
Sa 23. Okt 2004, 12:46 - Beitrag #11

Im Deterministischen Weltbild, ist ein unfreier Wille durchaus gegeben, da jede Entscheidungsfindung, nicht dem Willen sondern Naturgesetzten unterläge.
Aber ansonsten in ein unfreier Wille, ein Paradoxon, da ein unfreier Willen, den Willen zur Unfreiheit mit einschließt.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
So 24. Okt 2004, 11:54 - Beitrag #12

Stalker was meinst du mit Willen zur Unfreiheit?
In einer deterministischen Sicht des Menschens wäre der Wille ja nicht weg, nur wäre dieser eben fest vorgeschrieben und der Mensch hätte keinen Einfluss darauf.
So hat es den Anschein...
Aber ich überlege trotzdem, ob man die Sache nicht so drehen kann, dass Determinismus und Feiheit zusammen existieren können. Das klingt Paradox, aber ich denke, dass ist mir ja auch bezüglich der Sinn-Frage gelungen, dass ein Sinn trotz allgemeiner Sinnlosigkeit existieren kann.

Stalker
Active Member
Active Member

 
Beiträge: 179
Registriert: 11.09.2004
So 24. Okt 2004, 17:45 - Beitrag #13

Rosalie brachte als Beispiel eines unfreien Willen, den Gruppenzwang ein. Das stimmt nur zum Teil, denn obwohl die eigenen Entscheidungen nicht mehr von dem eigenen Willen abhängen, somit unfrei sind, hat man sich doch aus freien Stücken zur Subordination entschieden.
Entweder besitzt man einen freien Willen, oder man entscheidet sich dafür ihn aufzugeben.

Im übrigen, finde ich es unwichtig ob es in einem deterministischem Weltbild einen freinen Willen faktisch gibt oder nicht. Denn wir benötigen den freien Willen, als Basis unserer Gesellschaftsordnung, von daher, selbst wenn wir keinen freien Willen hätten, müssten wir ihn erfinden.
Abstrakte Theoreme sind konkreten Notwendigkeiten unterzuordnen.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
So 24. Okt 2004, 18:11 - Beitrag #14

Eben, aber wie willst du einen solchen erfinden? Wo macht der Begriff der Freiheit Sinn, wenn alles unfrei erscheint.

Ein paar Ideen würde ich sehr begrüßen. Ich arbeite ja selbst im Moment daran. :)

Stalker
Active Member
Active Member

 
Beiträge: 179
Registriert: 11.09.2004
So 24. Okt 2004, 18:41 - Beitrag #15

Wegen Zeitmangels nur einige spontane Impressionen:
Ein Teil der Freiheit ist es wohl auch, die Grenzen der Freiheit zu kennen. Und eine elementare Grenze sind die Wissenslücken der Menschheit, denn leider können wir fundamentale Dinge, wie Vernunft oder freier Wille nicht eindeutig definieren.
Ich persönlich würde einen freien Willen, als eine bewusste Entscheidung eines vernunftbegabten Wesens für oder gegen Alternativen definieren.
(Ich persönliche sehe die Frage nach dem Wesen der Vernunft, eng verknüpft mit der Frage der des freien Willens. Als Vorschlag: Vernunft ist die Fähigkeit zu unnatürlichem oder sinnlosem Verhalten)
Sinn macht der Begriff der Entscheidungsfreiheit dann, wenn man für Handlungen eine Eigenverantwortlichkeit benötigt. Zum Beispiel bei der Rechtspflege, denn wie können wir Verbrecher verurteilen wenn sie für ihre Verbrechen nicht verantwortlich sind? Oder in der Theologie, ist der freie Wille ja ein elementares Kriterium für eine postume Existenz in der Hölle.
Den freien Willen der Menschen zu erfinden, ist nun allerdings, eine recht einfache Angelegenheit. Man sagt einfach dass er Mensch einen freien Willen besitzt, wie just geschehen in der Menschenrechtserklärung: „Sie [Die Menschen] sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“
Vernunft und Gewissen, generieren den freien Willen.
Laut der Bibel hat der Mensch einen freien Willen, spätestens seit des Verspeißens jenes berühmten Apfels.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
So 24. Okt 2004, 18:50 - Beitrag #16

Nein ein Rechtssystem würde imo auch ohne einen freien Willen Sinn machen können, da man den Straftäter dann nicht mehr abhängig vom Begriff der Schuld bestraft, sondern allein deswegen, weil er eine Straftat begangen hat.

Einfach einen freien Willen zu postulieren und ihn nicht begründen, das reicht wohl für naive Realisten und Theisten aus, aber wohl kaum für jemanden der sich kritische Gedanken unter einem materialistischen Weltbild macht.

Stalker
Active Member
Active Member

 
Beiträge: 179
Registriert: 11.09.2004
So 24. Okt 2004, 19:02 - Beitrag #17

Ach ja, du warst ja der mit dem scheinbaren Utilitarismus im Justizsystem.
Wenn du bei deinem Utilitarismus bleibst, und keine moralische oder zivilreligiöse Rechtfertigungen für ein "funktionierendes" Gesellschaftsmodell brauchst, dann kann ich dir sagen, macht der Begriff der Freiheit niemals einen Sinn. Zumindest nicht mehr Sinn, als der stumpfe Automatismus menschlichen Handels, den der Determinismus impliziert. Insofern, frage ich mich überhaupt, warum du einen freien Willen bedarfst.
Und einfach Dinge zu postulieren, ist auch das System des "kritischen Materialsmus" denn alles Wissen basiert auf Axiomen.
Im übrigen, habe ich den freien Willen begründet, in seiner Notwendigkeit. Ich finde es, als utilitaristisch orientierer Mensch, legitim, Begründungen aus dem konkreten Nutzen, eines Postulats zu ziehen.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
So 24. Okt 2004, 19:14 - Beitrag #18

Um es in der Formulierung einer meiner Profs auszudrücken: Ich halte ein ontologisches Sparprgramm für sinnvoll. D.h. dass man sich auf das Minimun an Postulaten beschränken sollte, um unnötige Spekulationen zu vermieden.
Ich denke der Materialismus ist deutlich sparsamer mit Postulaten, als der Theismus, findest du nicht auch?
Natürlich geht es nicht ganz ohne Axiome, aber habe ich das jemals behauptet?
Du begründest den freien Willen, weil er für dich notwenig erscheint, aber soll man einfach etwas behaupten, obwohl die Umstände scheinbar eindeutig gegen diese Behauptung sprechen? Ich nenne sowas Willkür aus Bequemlichkeit.
Ich halte es nicht für notwendig von einem freien Willen bzw. einem Willen der Freiheiten besitzt auszugehen, aber durchaus nützlich. Würde man alle Menschen davon überzeugen, dass sie völlig unfrei in ihrem Handeln seien, würden wohl so einige resignieren und das kann wohl kaum ein positver Effekt sein.

Stalker
Active Member
Active Member

 
Beiträge: 179
Registriert: 11.09.2004
So 24. Okt 2004, 19:38 - Beitrag #19

Also ich muss sagen, dass ich denke, dass der Theismus sogar vollständig ohne Postulate auskommt. Im höchsten Falle, geht der Theismus von einem einzigen Postulat aus, nämlich dem dass es ein Gott (Oder was auch immer) gibt. Alles weitere ist nur eine logische Konsquenz. Wobei "logik" im dem Sinne, nicht die menschliche, analytische Logik meint.( Die Religion arbeitet in ihrer Logik mit Wiedersprüchen, aber das ist ein zu großes Feld)

Der Vorwurf der Bequemlichkeit würde ich wiedersprechen, willkür weniger. Willkür und Strukur schließen sich einander nämlich nicht aus. Bestes Beispiel dafür ist die Mathematik, die in sich logisch ist, aber ständig nach den wissenschaftlichen Gegebenheiten modifiziert wird. Schließlich ist die gesamte Mathematik willkürlich.
Der Bedeutungsschwere Unterschied zwischen Mathematik und Philosophie ist, nun, das die Mathematik eine reine Hilfswissenschaft ist. Aber meines Erachtens, hat die Philosophie ebenfalls willkürliche Elemente in sich, schließlich ist die Frage ob man Materialist, oder Immateralist, eine rein ästhetische Frage, und keine Frage der Logik.
Du glaubst, von den Postulaten des Materialismus ausgehend Sachlagen affirmieren oder negieren zu müssen, ich glaube, ( In diesem Falle) von realen Gegebenheiten urteilen zu müssen.

Im übrigen denke ich nicht, dass man alle Menschen, von einem Nichtbewiesen Umstand jemals überzeugen könnte.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Do 28. Okt 2004, 01:39 - Beitrag #20

Ich versuche darauf jetzt nicht einzugehen, weil ich keine Lust habe, dass es vielleicht wieder zu Zoff kommt. *sich ein Kommentar verkneif*

Entschuldigt den etwas konfus wirkenden Charakter des Posts, aber es handelt sich um eine Ansammlung von Notizen, die ich mir bezüglich des Themas gemacht habe und imo ein paar Denkansätze geben.

Was verstehen wir unter einem "freien Willen"? - Mein Antwortversuch: Die Möglichkeit eines Subjekts zwischen Handlungsmöglichkeiten abzuwägen und Entscheidungen zu treffen.
Der Wille ist nicht frei im absoluten Sinne, denn er ist nicht ungebunden. Die entscheidende Frage ist, ob er Freiheiten hat, denn ohne hätte der Mensch keine Eigenverantwortlichkeiten, da er als reines Produkt der Umstände durch diese determiniert wäre. Dass er ein Produkt der Umstände waäre, wäre nicht das Tragische, sondern dass er durch fehlenden Handlungsspielraum keine Eigenverantwortung tragen würde.
Ein Programm (= heutige Software) ist nach unserer Sicht rein reaktionär, starr und somit determiniert. Als determiniert bezeichnen wir das Gegenteil von frei, also unfrei. Was reaktionär und starr in seinen Handlungsmöglichkeiten ist, bezeichnen wir als determiniert. Ob der Mensch rein reaktionär ist, muss diskutiert werden, fest aber steht, dass der Mensch nicht starr ist. Der Mensch sollte somit schon auf jeden Fall, selbst wenn man ihn als determiniert sieht, von einem klassischen Programm unterschieden werden. Auf Grund seiner Modualitätsmöglichkeit bezeichnen wir den Menschen im Gegensatz zum Programm als lebend. (Siehe dazu meine Definiton von "Leben".)
Hat ein rein reaktionäres System die Möglichkeit zwischen Handlungen abzuwägen und Entscheidungen zu treffen? Dazu müssen wir und wieder fragen, was wir damit meinen. Was verstehen wir also unter "Handlungsmöglichkeiten abwägen" und "Entscheidungen treffen"?
Was der Mensch an Bedinungen sicher erfüllt, ist dass er ein Subjekt ist. Hier unterscheidet er sich vom Programm, da wir dies nur als Objekt bezeichnen. Aber um die Sache zu präzisieren, stellt sich auch hier die Frage nach dem Begriff "Subjekt" im allgemeinen philosophischen Kontext. Meine erste Überlegung dazu: Subjekt = Person, Person = Lebewesen + individuelles Verhaltensmuster + (Ich-)Bewusstsein. Diese Definiton gälte es zu diskutieren.
Da wir meinen, dass der Mensch nicht rein reaktionär ist, oder wir zumindest bestrebt sind, dies zu beweisen, gilt es ihn in seiner Art des Verhaltens zu vergleichen. Die Frage ,die ich damit verbinde, lautet "Was ist Handeln und wie unterscheidet sie sich von einer bloßen Reaktion?". Mein Ansatz: Zwischen bloßen reagieren und handeln, liegt als Unterschied der Aspekt des Bewusstseins. Handeln ist mit einer Absicht verbunden. Ich stieß außerdem auf eine sehr ähnliche Definiton von Max Weber der sagte, dass Handeln = Verhalten + subjektiver Sinn sei.
In Bezug dazu kam mir eine weitere Frage in den Sinn, die da lautet "Eine bloße Reaktion bedarf keiner Freiheit, doch benötigt eine Entscheidung Freiheit?".
Auf die Frage, was "Handlung" sei, betrachtete ich auch kurz unseren Sprachgebrauch bezüglich dieses Begriffes. Unsere grammatische Sicht sieht wie folgt aus: Subjekt --Prädikat--> Objekt
Prädikat= Handlung, Subjekt = Handelndes, Objekt = Behandeltes
Es gibt Unterschiede zwischen dem grammatischen Gebrauch der Begriffe "Subjekt" und "Objekt" und dem philosophischen. In der Grammatik sind die Bezeichnungen nicht an die DInge gebunden, sondern beschreibt ihr Verhältnis zueinander. Kann die Grammatik also überhaupt Aussagen über philosophische Subjekte/Objekte machen? Allen Anschein nach wohl nicht.
Beispiel: 1. Der Mörder erschlägt den Mann - "Mörder" = grammatisches Subjekt + philosophisches Subjekt
2. Der Baum erschlägt den Mann - "Baum" = grammatisches Subjekt
Frage: Wer kann Handlungen (im philosophischen Sinne) durchführen? Nur Subjekt oder auch ein Objekt? Muss das Handelnde leben? Kann jede Reaktion als Handlung gesehen werden? Ist die Unterscheidung zwischen bloße Reaktion und Handlungen willkürlich?

Nächste

Zurück zu Philosophie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste