Zunaechst mal: danke fuer die Beitraege, die mir neue Denkanstoesse gegeben haben.
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Ich habe eingangs bei der Interpretation des Begriffes "Nihilist"
den zentralen Ausgangspunkt des Religionsargumentes vermieden,
weil ich keine Religionsdebatte im Sinne hatte.
Auch taete man FN. Unrecht, wuerde man ihn in diesem Zusammenhange
inhaltlich auf die Religionsfrage reduzieren.
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Es besteht ein besonderer Anreiz darin, philosophische Inhalte von frueher
mit unserer Zeit in Beziehung zu bringen.
Das erfordert, sich gelegentlich von Lehrmeinungen und Kolleginhalten,
- bisweilen auch vom Urtext -, behutsam zu entfernen.
Denn das Philosophieren soll leben und nicht fuer tot erklaert werden muessen.
Auch haette ein verstorbener Philosoph so manches im Laufe der Zeit
umgeschrieben und ergaenzt.
Das ist der Nachwelt vorbehalten; vielleicht ist sie dazu sogar verpflichtet.
@Maurice:
Könnte man die These aufstellen, das jeder kritische Denker irgendwann einmal ein Nihilist ist?
Ich verallgemeinere mal den Begriff "kritische Denker" und vermute,
dass nicht wenige Menschen irgendwann und in irgendeinem Zusammenhange
im Leben zu Nihilisten werden, wenn es um (lebenslange) Grundeinstellungen geht,
zu Religion, Politik, Gesellschaft und aehnlichen Merkmalen.
Alle, die z.B. aus Ueberzeugung aus der Kirche ausgetreten sind, sind Nihilisten gewesen
(Nihilist ist man in der Zwischenphase der Entscheidungsfindung, sonst gemaess dmz: 'Nach-Nihilist').
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FN. hatte sich als den "Ersten Nihilisten" bezeichnet und (seit 1887) von einem 200jaehrigen
nihilisten Zeitalter gesprochen.
Jeder Denker, der Wertewandel unterstuetzt und anstrebt bzw vorher alte Werte verworfen hat,
weil sie von ihm als (vermeintlich) falsch entlarvt worden sind,
muesste sich die Bezeichnung Nihilist gefallen lassen.
Aber auch der Schopenhauersche Pessimist ist Nihilist ( - der Schwaeche).
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FN. hatte sich z.B. herausgefordert gefuehlt,
den Schopenhauerschen Pessimismus aufzugreifen ... ,
- "Alles sei wertlos und sinnlos" -,
... weil er der Erfahrungswelt gemaess
die Perspektive, die Auswegmoeglichkeit, das Lebensbejahende in der Aussage vermisste,
um folglich seinen
Nihilismus (der Staerke), des Ueberwindens zu foermulieren.
Das Nihilist-Werden ist also ein emotional-kritischer Prozess.
@Traitor
Aber zumindest auf deinem sinngemäßen Zitat kann ich aufbauen, und das kann ich nur anders interpretieren, als du es tust. Denn es umfasst nur den von dir sogenannten "schwachen Nihilismus", ein "starker Nihilismus" setzt nach dir ja neue Werte, und um neue Werte zu setzen, muss man diese für möglich halten und somit dem "und von der Welt, wie sie sein sollte, urteilt, sie existiert nicht" widersprechen.
Dem Argument kann ich nur zustimmen.
Weil ich es zunaechst auch so gefuehlsmaessig verstand, habe ich es aufzufangen versucht
in meiner Aussage:
"Das Moment der Resignation im letzten Teil des Satzes muss nicht
Ausweglosigkeit bedeuten."
Und das entspricht m.E. dem Bestreben des FN. nach Ueberwinden des "Totpunktes".