Wahlrecht für Häftlinge

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Christoph
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Di 2. Nov 2004, 12:39 - Beitrag #1

Wahlrecht für Häftlinge

Heut morgen hat sich bei uns am Frühstück eine interessante Diskussion über das Wahlrecht in Deutschland entwickelt. Dabei ist eine interessante Frage aufgekommen, nämlich ob es in Deutschland für Häftlinge möglich ist, an Wahlen aktiv Teilzunehmen.
Im Internet hab ich keine befriedigende Antwort hierauf gefunden und jetzt wollte ich auf diesen Weg vielleicht etwas schlauer werden.

Falls sich hieraus eine Diskussion entwickeln sollte, würde mich am meisten interessieren, wie ihr zu diesem Thema allgemein steht und was ihr dazu meint, ob es für Häftlinge eben auch Wahlrecht geben sollte oder nicht und warum.

Feuerkopf
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Di 2. Nov 2004, 13:01 - Beitrag #2

Ich wüsste nicht, dass einem mit einer Verurteilung die bürgerlichen Rechte aberkannt würden.

In den USA scheint das anders zu sein.

Warum sollte ein Häftling nicht wählen dürfen? Und falls nicht, wo will man da einen Schnitt machen? Der Scheckbetrüger oder Heiratsschwindler darf, der Totschläger aber nicht?

Korrigiere:
bei http://www.123recht.net fand ich Folgendes:

Das aktive Wahlrecht stellt eine Wahlberechtigung dar. Es gewährt das Recht, auf einem Stimmzettel am Wahltag sein Kreuz einzutragen. Dieses Recht ist allerdings neben der Volljährigkeit an gewisse Voraussetzungen gebunden: Der Betreffende darf nicht entmündigt sein, wie es bei Geisteskranken oder Insassen einer psychiatrischen Anstalt der Fall sein kann. Ferner darf das aktive Wahlrecht nicht durch ein Gericht aberkannt sein, was häufig bei Schwerverbrechern vorkommt. Möglich ist eine zeitweise Aberkennung für zwei bis fünf Jahre. Das Wahlrecht geht ebenfalls verloren, wenn jemand länger als 25 Jahre im Ausland lebt und dieses Land nicht Mitglied des Europarates ist. Das gilt zumindest bei Bundestagswahlen, bei Landtagswahlen können abweichende Regelungen bestehen.

Arschfurunkel
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Di 2. Nov 2004, 14:32 - Beitrag #3

Entscheidend ist das Bundeswahlgesetz , genauer die §§ 12 und 13:

§ 12
Wahlrecht
(1) Wahlberechtigt sind alle Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des
Grundgesetzes, die am Wahltage
1. das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben,
2. seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung
innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten,
3. nicht nach § 13 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

...

(4) Sofern sie in der Bundesrepublik Deutschland keine Wohnung innehaben oder
innegehabt haben, gilt als Wohnung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 oder des Absatzes 2
Nr. 2 und 3

...

3. für im Vollzug gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung befindliche Personen
sowie für andere Untergebrachte die Anstalt oder die entsprechende Einrichtung.


§ 13
Ausschluss vom Wahlrecht
Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist,
1. wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt,
2. derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht
nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der
Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst,
3. wer sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des
Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet.


Ich denke, damit dürfte die Frage des Wahlrechts für Häftlinge hinreichend beantwortet sein.

Und zu meiner Meinung: Warum sollten sie nicht wählen dürfen? Auch Häftlinge genießen Menschen- bzw. Bürgerrechte. In sofern stellt sich für mich die Frage nicht.

Christoph
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Di 2. Nov 2004, 15:19 - Beitrag #4

Aber wie ist das jetzt z.B. mit der Wohnung: Das geht in meinen Augen noch nicht ganz hervor, ob jetzt zum Beispiel der Knast auch als Wohnung gilt. Außerdem würde dann doch ein Obdachloser auch kein Wahlrecht besitzen, oder versteh ich das irgendwie falsch?? :(
Desweiteren ist mir dieser Richterspruch im §13 noch nicht ganz klar geworden; da muss es doch auch einen Grund geben, wann eben ein solcher Spruch vollzogen werden darf, oder nicht??

Wahlberechtigung

Definition: Enthält das Recht des einzelnen Bürgers zu wählen (aktives Wahlrecht) oder selbst gewählt zu werden (passives Wahlrecht)

Aktives Wahlrecht (bei Bundestagswahlen)

-Recht selbst zu wählen
-Deutsche Staatsangehörigkeit
-18. Lebensjahr vollendet
-Wohnsitz oder Aufenthalt seit mindestens 3 Monaten imWahlgebiet
-Im Wählerverzeichnis eingetragen
-Nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen
-Aberkennung des Wahlrechtes durch eine strafgerichtliche Verurteilung
-Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus durch ein Strafgericht bei Schuldunfähigkeit
-Personen, die zu Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer haben


Das hab ich von
http://www.altenpflegeschueler.de/recht/staat-bundesrepublik-deutschland.php

Interessant hierbei ist Aberkennung des Wahlrechts durch eine strafgerichtliche Verurteilung; is das schon Gefängnis, oder nur diese Richterklausel im §13??

Monostratos
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Di 2. Nov 2004, 18:00 - Beitrag #5

Interessant hierbei ist Aberkennung des Wahlrechts durch eine strafgerichtliche Verurteilung; is das schon Gefängnis, oder nur diese Richterklausel im §13??
Vorstellbar wären u.a. Landes-, Hochverrat und Fahnenflucht und Ähnliches. Aber ich mutmasse da nur...

Arschfurunkel
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Mi 3. Nov 2004, 12:20 - Beitrag #6

Original geschrieben von Christoph
Aber wie ist das jetzt z.B. mit der Wohnung: Das geht in meinen Augen noch nicht ganz hervor, ob jetzt zum Beispiel der Knast auch als Wohnung gilt. Außerdem würde dann doch ein Obdachloser auch kein Wahlrecht besitzen, oder versteh ich das irgendwie falsch?? :(


Verstehst Du. ;)

§ 12, Absatz 4, Punkt 3: "für im Vollzug gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung befindliche Personen
sowie für andere Untergebrachte die Anstalt oder die entsprechende Einrichtung."

Daraus geht hervor, daß z.B. der Knast als Wohnung angesehen wird.

Desweiteren ist mir dieser Richterspruch im §13 noch nicht ganz klar geworden; da muss es doch auch einen Grund geben, wann eben ein solcher Spruch vollzogen werden darf, oder nicht??


Ich vermute ähnliches wie Monostratos


Interessant hierbei ist Aberkennung des Wahlrechts durch eine strafgerichtliche Verurteilung; is das schon Gefängnis, oder nur diese Richterklausel im §13??



Grundsätzlich gilt der § 13. Die Aberkennung muß nicht zwangsläufig etwas mit einer Tat zu tun haben, die mit Gefängnis bestraft wird, allerdings kann ich mir in der Praxis keinen Fall vorstellen, in dem das nicht der Fall sein wird (also eine Tat begangen wurde, die nicht mit Gefängnisstrafe belegt ist).

Christoph
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Mi 3. Nov 2004, 16:31 - Beitrag #7

Na gut,

Dann denke ich mal, bin ich jetzt aufgeklärt :D

Ich darf mich bei allen bedanken, die sich die Mühe gemacht haben, ein bisschen nachzuforschen :s1:

Chrisoph


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