Wer fühlt sich als Nihilist?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.

Fuehle ich mich als Nihilist ?

Ja, - bin fuer gelegentlichen Wertewandel
17
77%
Nein, - bin gegen jeden Wertewandel
0
Keine Stimmen
Nein, - denn ich bin religioes bestimmt
1
5%
Ich weiss gar nicht, was Nihilismus bedeutet
4
18%
Ist mir voellig egal
0
Keine Stimmen
 
Abstimmungen insgesamt : 22

Stalker
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So 31. Okt 2004, 21:57 - Beitrag #41

Du missverstehst mich. Ich werfe gar nichts vor. Aber worauf stützt sich diese Wahrscheinlichkeit? Welche Indizien für die Nichtexitenz Gottes oder einer anderen irgendwie gearten Numinose gibt es? Und die Nichtexistenz eines Beweise für Gott, ist kein Beweis für eine Nichtexistenz.

Es gibt übrigens keinen Rationalen Grund, für den Theismus. Das liegt in der Natur der Sache. Man begründet oder negiert, den Theismus mit einem religiösen Gefühl, oder dem Antagonist dessen. Und ob man glaubt dieses Gefühl zu haben, ist jedem Menschen überlassen, und es obligt keinen Menschen dagegen zu reden. Rationale Gründe für Gott zu suchen, ist paradox da Gott per se nicht Rational zu erfassen ist.
Der Atheismus, ist ein Glaube, daran gibt es keinen Zweifeln.
Ich will ihn dir nicht ausreden, nur die Natur deines Glauben solltest du schon erfassen.(Ohne dich missionieren zu wollen^^)

Maurice
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So 31. Okt 2004, 21:59 - Beitrag #42

Ich finde dass es sehr wohl rationale Gründe gegen die Annahme eines Gottes gibt. Auf die potentiell schädliche Wirkung von Religion muss ich ja wohl nicht erneut eingehen. Abgesehen davon halte ich den driftigsten Grund nicht an Gott zu glauben, das Fehlen eines in meinen Augen ernsthaften Grundes auf ratioanler Ebene einen solchen anzunehmen. Unnötigigerweise einen Gott anzunehmen, widerspricht gegen das ontologische Sparprogramm des wissenschaftlichen Dnekens und öffnet der Willkür Tür und Tor.

Was das "Fühlen von Gott" angeht:
Alle diese grossen Schwärmer und Wundertiere, - sie halten die "schönen Gefühle" bereits fur Argumente, den "gehobenen Busen" fur einen Blasebalg der Gottheit, die Überzeugung fur ein Kriterium der Wahrheit.
-Friedrich Nietzsche - "Der Antichrist"

Stalker
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So 31. Okt 2004, 22:08 - Beitrag #43

Original geschrieben von Maurice
[B]Ich finde dass es sehr wohl rationale Gründe gegen die Annahme eines Gottes gibt.

Welche?

Original geschrieben von Maurice
Auf die potentiell schädliche Wirkung von Religion muss ich ja wohl nicht erneut eingehen.

Das hat mit dem Thema nichts zu tun.
Original geschrieben von Maurice
Abgesehen davon halte ich den driftigsten Grund nicht an Gott zu glauben, das Fehlen eines in meinen Augen ernsthaften Grundes auf ratioanler Ebene einen solchen anzunehmen.


Wenn diese Aussage gültig sein sollte, trifft das auf folgende auch zu:
Abgesehen davon halte ich den drifstigen Grund, an Gott zu glauben, das Fehlen eines in meinen Augen ernsthaften Grundes auf rationale Ebenen einen solchen nicht anzunehmen.
Original geschrieben von Maurice
Unnötigigerweise einen Gott anzunehmen, widerspricht gegen das ontologische Sparprogramm des wissenschaftlichen Dnekens und öffnet der Willkür Tür und Tor.


Unnötigerweise die Nichtexistenz eines Gottes anzunehmen, ist auch willkürlich und widerspricht dem ontologischen Sparprogramm.

Maurice
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So 31. Okt 2004, 22:10 - Beitrag #44

Da versteht wohl einer nicht, was mit ontologischen Sparprogramm gemeint ist...

Was die rationalen Gründe sind? Die habe ich bereits genannt...

Stalker
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So 31. Okt 2004, 22:18 - Beitrag #45

Ist es so schwer zu verstehen, dass wenn man über etwas keine Aussage machen kann, jede Aussage über dieses etwas (Ob Negation oder Affirmation) nur ein Glaube sein kann?

Original geschrieben von Maurice
Da versteht wohl einer nicht, was mit ontologischen Sparprogramm gemeint ist...


Da hast du Recht.

Ich frage mich ob das nicht offtopic ist?

Ipsissimus
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So 31. Okt 2004, 22:18 - Beitrag #46

"Im Prinzip hast du Recht. Nur ist der Nonkonformismus leider meistens kein Indivualismus, sondern eine Gegenläufige Bewegung zu den herrschende Normen."


das sind Behauptungen, gegen die mensch praktisch wehrlos ist :-) da derjenige, der sie aufstellt, seinen Bezugspunkt offensichtlich absolut setzt.

Meinst du denn, das Leben gemäß Normen erfolge aufgrund derer positiver Affirmation?





Der Atheismus, ist ein Glaube, daran gibt es keinen Zweifeln.


so, so, kein Zweifel :-) darf ich dich mit einem kleinen Text konfrontieren, den ich vor ein paar Jahren in einer ruihigen Minute mal verfaßte?

"Einer sehr beliebten, immer wieder zu begegnenden Aussage gottgläubiger Menschen zufolge sind die Annahmen eines seiendes Gottes und jene eines nichtseienden Gottes in ihrem Gläubigkeitscharakter einander entsprechend, da die Behauptung, Gott existiere nicht, ebensowenig bewiesen werden könne wie ihr Gegenteil und somit auch Inhalt eines Glaubens sei.

Die Vertreter agnostischer oder atheistischer Denkschulen machen es religiösen Menschen hier sehr einfach, da in allen historisch wirkungsmächtig gewordenen Formen des Non-Theismus, wie im Atheismus und Materialismus, in der Tat ein zumeist uneingestandenes Element von Gläubigkeit - bezüglich eines definitiven Soseins der Welt - enthalten ist, womit der Kampf sozusagen ins Homeland der positiv gläubigen Seite verlegt ist und nach deren Bedingungen ausgetragen wird. Da mich dies lange genug geärgert hat, ein paar Gedanken hierzu.

Die Nichtbeweisbarkeit als Schlüsselargument für die Gleichwertigkeit der beiden Auffassungen aufzufassen, verkennt, daß »Gott« ein denkbares Axiom des Systems »das Sein in seiner Totalität« ist, denkbar neben vielen anderen denkbaren Axiomen; die Nichtbeweisbarkeit ist geradezu Kennzeichen des axiomatischen Charakters. Axiome aber werden gerade nicht bewiesen, also nicht abgeleitet von anderen Voraussetzungen, sondern als Folge ihres Benötigtwerdens für einen bestimmten Zweck gesetzt.

Alle Beweisbarkeit beginnt erst nach der Anerkennung eines Axiomensystems, aber die Axiome selbst bleiben bei diesem Spiel außen vor. »Beweisbarkeit« oder »Nichtbeweisbarkeit« sind also nicht nur keine Argumente in diesem Zusammenhang; läßt sich jemensch darauf ein, zeigt dies nur, daß es den axiomatischen Charakter der Konstruktion nicht erkannt hat.

Es gibt eine Variante des Gottesbegriffs, die sich dieser Schwierigkeit entzieht, nämlich die Auffassung von einem immanenten Gott, einer Weltseele vielleicht, in jedem Fall aber eines im Rahmen der Gesamtheit der realen Existenz beliebig mächtigen Wesens, womit zumindest im Prinzip die Chance der Beweisbarkeit oder Widerlegbarkeit besteht.

Nun, monistisch-monotheistische Gottesbilder zielen auf einen transzendenten Gott; für mein Empfinden wäre ein immanenter Gott auch nur ein über die Maßen mächtiges - aber eben: physikalisch existentes - Wesen, mit dem mensch sich vielleicht besser nicht anlegt. Solange der Existenzerweis eines solchen Wesens nicht phänomenologisch erfolgt, behalte ich mir vor, diese Variante im Rahmen der folgenden Gedankengänge zu ignorieren und ihr gegenüber insgesamt eine rein skeptische Haltung einzunehmen.

Aber selbst wenn die Verifikation eines immanenten Gottes gelingen sollte, wäre sie für die Frage der Existenz eines transzendenten - z.B. des christlichen - Gottes irrelevant.

Betrachten wir die schöne Geschichte vom Weihnachtsmann, Glücks- weil Geschenkebringer meiner Kindheit, eine der wenigen »Lichtgestalten« jener Zeit meines Lebens, wenigstens solange er nicht maßregelnd auftrat.

Ein Kind kann lange Zeit an einen ontischen Weihnachtsmann glauben, einmal mit der Idee konfrontiert und diese verinnerlicht, ist sie ihm schlechthin unhinterfragbar. Jedoch: irgendwann beginnt es: die Beobachtungen des Kindes werden inkonsistent zur Idee; das Kind ist erst nicht sicher, manches versteht es noch nicht, manches bleibt ungewiß, andere Elemente überleben länger.

Irgendwann jedoch erlebt das Kind einen Augenblick der Erleuchtung: es versteht die Konstruktion. Vielleicht erst im Jugendalter; aber irgendwann kommt der Augenblick, da klar ist, daß der Weihnachtsmann konstruiert wird, wie er und warum er konstruiert wurde.

Technisch gesprochen: das Kind versteht die Funktion des Axioms im Rahmen des Systems.

Nach diesem Augenblick vermag das Kind selbstverständlich noch immer mit der Idee des Weihnachtsmannes umzugehen (die Idee Weihnachtsmann existiert ja), vielleicht wird es sogar später seinen Kindern die gleiche alte Geschichte erzählen;

jedoch: die Existenzfrage ist erledigt.

Da ist keine Frage mehr, und jeder Versuch eines potentiellen Gesprächspartners, diese schiere Frage am Leben zu halten, mit Ungewißheiten und Unbeweißbarkeiten oder gefühlsmäßiger Affirmation zu argumentieren, zeigt lediglich, daß der Gesprächspartner etwas Fundamentales nicht verstanden hat. Es gibt nach diesem Augenblick des Verstehens, nach jenem Augenblick, da sich der Weihnachtsmann unabweisbar und irreversibel als Vater mit Ganzkörperkostüm offenbart, keinen Weg zurück zu diesem Weihnachtsmann."


Und irgendwann versteht der Erwachsene, der dieses Kind war, auch, daß die Nichtexistenz des Nichtexistenten nicht bewiesen werden kann - und daß dies auch gar nicht notwendig ist.

e-noon
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So 31. Okt 2004, 22:41 - Beitrag #47

@ Ipsissimus:
Da muss ich dir - leider - widersprechen. Das Beipiel des Weihnachtsmannes ist zwar sehr schön, aber imo nicht gut auf die Frage nach der Gottgläubigkeit anzuwenden. Das Kind in deinem Beispiel sieht nach und nach, wie die Konstruktionspfeiler der Weihnachtsmann-Theorie einstürzen, da sie nicht mit der erlebten Realität übereinstimmen.
Wo siehst du aber die Abweichungen der Gottes-Theorie zum wirklichen Leben? Wenn ich sage, der Weihnachtsmann kommt um sieben durch den Kamin, kann man sich vom Gegenteil überzeugen, indem man um sieben Uhr neben dem Kamin steht und den Weihnachtsmann nicht kommen sieht. Aber wenn ich jetzt sage, irgendwo jenseits Raum und Zeit wartet ein gütiger, unendlich liebender Gott, der für uns nach unserem Tode ein Paradies bereithält - wo sieht du die Abweichung dieser Theorie im realen Leben?
Da ich keine solchen Abweichungen sehe, sind für mich als Materialistin beide Annahmen "in ihrem Gläubigkeitscharakter einander entsprechend", wobei ich aber der Annahme, es gebe keinen Gott, die höhere Wahrscheinlichkeit zuspreche - dh. ich glaube es.

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So 31. Okt 2004, 22:57 - Beitrag #48

"Einer sehr beliebten, immer wieder zu begegnenden Aussage gottgläubiger Menschen"

Ich bin nicht Gottgläubig. Das will ich mal festhalten.


"Die Vertreter agnostischer oder atheistischer Denkschulen machen es religiösen Menschen hier sehr einfach, da in allen historisch wirkungsmächtig gewordenen Formen des Non-Theismus, wie im Atheismus und Materialismus, in der Tat ein zumeist uneingestandenes Element von Gläubigkeit - bezüglich eines definitiven Soseins der Welt - enthalten ist, womit der Kampf sozusagen ins Homeland der positiv gläubigen Seite verlegt ist und nach deren Bedingungen ausgetragen wird."

Der Agnostizismus verweigert sich einer Aussage bezüglich einer Göttlichen (nicht)Exitenz. Wo sind also gläubige Elemente im Agnostizimus enthalten?


"Alle Beweisbarkeit beginnt erst nach der Anerkennung eines Axiomensystems, aber die Axiome selbst bleiben bei diesem Spiel außen vor. »Beweisbarkeit« oder »Nichtbeweisbarkeit« sind also nicht nur keine Argumente in diesem Zusammenhang; läßt sich jemensch darauf ein, zeigt dies nur, daß es den axiomatischen Charakter der Konstruktion nicht erkannt hat."

Gut Gott existiert oder existiert nicht, sind beides gleichwertige Axiome. Dem würde ich so nicht ganz zustimmen, denn ein Axiom, ist "evident". Dass ist in dem Thema nicht der Fall. Ein entscheidenter Unterschied der das Axiom zu einem Glauben macht. Aber selbst, wann man diese Differenzierung nicht trifft, ist es eigentlich nur ein unwesentlicher Unterschied.

(Das Zwischenstück spare ich mir, dass es um Konkrete Gottes definitionen geht. Da kann es ruhig Argumente dafür oder dagegen geben. Nicht persönlich nehmen)


"jedoch: die Existenzfrage ist erledigt. "

Der Vergleich mit dem Weihnachtsmann ist nicht gültig. Denn das Axiom (oder Glaube) ob es den Weihnachtsmann gibt oder nicht, ist nicht gleichzusetzten mit der Frage, ob der Vater der Weihnachtsmann spielt oder nicht.
Ich wehre mich auch gegen Naive Gottesvorstellungen. Aber Gottesvorstellungen die derart sind, dass man sie objektiv wiederlegen kann, sind meines Erachtens Ersatzreligionen, aber keine echten Religionen, deren Natur es ist, nicht das empirische Weltbild zu tangieren.

P.S.:Von dir hab ich mir eigentlich Rückenwind erhofft. TJa....*Träne*

Ipsissimus
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Mo 1. Nov 2004, 00:10 - Beitrag #49

Da muss ich dir - leider - widersprechen.


Widerspruch ist doch die Essenz einer Diskussion :-)

Das Kind in deinem Beispiel sieht nach und nach, wie die Konstruktionspfeiler der Weihnachtsmann-Theorie einstürzen, da sie nicht mit der erlebten Realität übereinstimmen. Wo siehst du aber die Abweichungen der Gottes-Theorie zum wirklichen Leben?


Nun, ich frage einfach bei jeder Behauptung bezüglich Gott: wo finde ich das wieder in meiner Lebenswelt? Der Behauptungen über Gott sind verdammt viele, nicht nur die paar, die du aufgeführt hast.

Als Atheist muß ich keine positiven Aussagen über den Existenzstatus Gottes treffen ("Gott existiert nicht" wäre eine positive Behauptung hinsichtlich des Status "Nichtexistenz") - ich warte einfach, bis mir jemand etwas über Gott sagt und antworte dann "Zeig mir" ("Zeigen" aufgefaßt als ein wie auch geartetes "Mach mich darauf aufmerksam in der Realität der Menschen"). Auch ein Kind kommt ohne Mediation nicht auf die Idee, sich einen Weihnachtsmann zusammenzudenken. Und genau wie das Kind seine Erlebniswelt anhand des Gehörten und umgekehrt das Gehörte anhand seiner Erlebniswelt hinsichtlich des Weihnachtsmannes abgleicht, mache ich das mit Gott, und siehe da: wo ist all das Behauptete? Immer gerade nicht zu sehen, wenn ich hinschaue?

Ich stimme zu, daß das kein Beweis ist. Aber jenseits einer gewissen Wahrscheinlichkeitsverteilung und Plausibilität mache ich mir darüber auch kein Kopfzerbrechen mehr.


Der Agnostizismus verweigert sich einer Aussage bezüglich einer Göttlichen (nicht)Exitenz. Wo sind also gläubige Elemente im Agnostizimus enthalten?


ich meine damit nicht Aussagen hinsichtlich der Existenz Gottes, sondern hinsichtlich des definitiven Soseins der Welt. Das steht aber auch explizit da :-)


Gott existiert oder existiert nicht, sind beides gleichwertige Axiome. Dem würde ich so nicht ganz zustimmen, denn ein Axiom, ist "evident". Dass ist in dem Thema nicht der Fall.


nun, die Ausgangsbehauptung, daß die Behauptung der Nichtexistenz eine Glaubensaussage analog der Existenzbehauptung ist, habe ich oft genug gehört. Selbstverständlich bevorzugen Menschen die eine oder andere Aussage, aber prinzipiell wird behauptet, daß beide Annahmen auf derselben Wahrscheinlichkeitsstufe angesiedelt sind. Für diejenigen, die sich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden, ist diese evident.


Aber Gottesvorstellungen die derart sind, dass man sie objektiv wiederlegen kann, sind meines Erachtens Ersatzreligionen, aber keine echten Religionen, deren Natur es ist, nicht das empirische Weltbild zu tangieren.


ich bin so ein einfacher Mensch :-) "Religion" ist für mich alles, was real lebende Menschen als solche empfinden. Die katholische Verehrung von Maria als Himmelskönigin wäre für mich so eine Ersatzreligion. Das ändert aber nichts an dem tiefen Empfinden derer, die in dieser Verehrung Sinn und Ausrichtung für ihr ganzes Leben gefunden haben.

e-noon
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Mo 1. Nov 2004, 00:20 - Beitrag #50

Stimme ich dir zu, Ipsissimus :-) Zwischendurch überkommt mich allerdings manchmal der irrationale Wunsch, zu einer allgemeingültigen und absolut wahren Lösung zu kommen :D

Ich finde, der Vergleich Weihnachtsmann - Gott hinkt, da über den Weihnachtsmann Behauptungen aufgestellt werden, die in der Realität aus Materie und Energie spielen, während die meisten Behauptungen über Gott sich auf die spirituelle Ebene beziehen. Wie soll in dieser Realität auf Widersprüche stoßen, was nichts mit dieser Realität zu tun hat (wenn man von Berichten über "Wunder" u.ä. einmal absieht - in Bezug auf solche Ereignisse hättest du natürlich Recht)?

Ipsissimus
Dämmerung
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Mo 1. Nov 2004, 00:36 - Beitrag #51

es sind nicht nur die Berichte üer Wunder - da wird es nur sehr offensichtlich. Aber schon eine einfache Behauptung der Art "Gott liebt dich" - wo finde ich sie wieder? Gewiß, wie schlecht auch immer es einem Menschen gehen mag, er muß immer dankbar sein, daß es ihm nicht noch schlechter geht. DASS es ihm nicht noch schlechter geht aber als Hinweis auf die Liebe Gottes aufzufassen ... ich weiß nicht


Wie soll in dieser Realität auf Widersprüche stoßen, was nichts mit dieser Realität zu tun hat


wunderschöne Frage und Formulierung :-)

Stalker
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Mo 1. Nov 2004, 01:13 - Beitrag #52

Ich glaube, wir gelangen so langsam zu einem Konsnens.
An der Stelle zitiere ich Einstein: Ein Abend an dem sich alle Anwesenden einig sind, ist ein verloren Abend.

Gute Nacht.

dmz
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Mi 17. Nov 2004, 20:20 - Beitrag #53

Hallo ...
Da mir der Begriff Nihilismus im allgemeinen zu einseitig mit der Religionsfrage in Verbindung gebracht worden ist, andererseits er bisweilen nicht recht bekannt zu sein scheint (s.Umfrage), werde ich hier noch einmal eine Interpretation des Begriffes Nihilismus posten , - entnommen aus einer englisch-sprachigen Enzyklopaedie:
-
Uebersetzung:
< Nihilismus ist der Glaube, dass alle Werte ohne Grundlage sind und dass nichts gewusst oder erklaert werden kann.
Er wird haeufig verbunden mit extremem Pessimismus und radikalem Skeptizismus, welche die Existenz verdammen.
Ein wahrer Nihilist glaubt nichts, hat keine loyalen Beziehungen und verfolgt vielleicht keinen anderen Zweck als den Antrieb zu zerstoeren.
Waehrend wenige Philosophen fuer sich in Anspruch nehmen wuerden, Nihilisten zu sein, wird der Nihilismus meistens in Verbindung gebracht mit FriedrichNietzsche, der argumentierte, dass Nihilismus wegen seines zerstoerenden Einflusses am Ende alle moralischen, religioesen und metaphysischen Ueberzeugungen zerstoeren wuerde und die groesste Krise in der menschlichen Geschichte in Aussicht stellen wuerde.
Im 20.Jht. haben nihilistische Themen, - 'biblische' Versagensmomente, Wertezerstoerung und eine gewaltige Auffassung von Zwecklosigkeit -, Kuenstler, Sozialkritker und Philosophen beschaeftigt.
Mitte des Jht. z.B. halfen die Existentialisten, nihilistische Grundsaetze populaer zu machen und sie im Kern zu entschaerfen.
Zum Ende des Jht. raeumte existenzielle Hoffnungslosigkeit, als Antwort auf den Nihilismus eine Einstellung von Unbeteiligtheit ein, die oft mit Anti-Fundamentalismus gleichgesetzt wurde.>
:::
- Quelle:
The Internet Encyclopedia of Philosophy
http://www.iep.utm.edu/n/nihilism.htm
Nihilism is the belief that all values are baseless and that nothing can be known or communicated. It is often associated with extreme pessimism and a radical skepticism that condemns existence. A true nihilist would believe in nothing, have no loyalties, and no purpose other than, perhaps, an impulse to destroy. While few philosophers would claim to be nihilists, nihilism is most often associated with Friedrich Nietzsche who argued that its corrosive effects would eventually destroy all moral, religious, and metaphysical convictions and precipitate the greatest crisis in human history. In the 20th century, nihilistic themes--epistemological failure, value destruction, and cosmic purposelessness--have preoccupied artists, social critics, and philosophers. Mid-century, for example, the existentialists helped popularize tenets of nihilism in their attempts to blunt its destructive potential. By the end of the century, existential despair as a response to nihilism gave way to an attitude of indifference, often associated with antifoundationalism

-
[mehr: http://www.iep.utm.edu/n/nihilism.htm]

e-noon
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Do 18. Nov 2004, 14:48 - Beitrag #54

Da hat Nietzsche imo recht, wenn es viele wirkliche Nihilisten gäbe, wäre die Gesellschaft wahrscheinlich nicht lebensfähig. Ich glaube jedoch kaum, dass irgendjemand in der Lage ist, über längere Zeit hinweg ECHTER Nihilist zu sein - oder dass überhaupt jemand in der Lage ist, absoluter Nihilist zu sein.
Dabei tritt nämlich ein ähnliches Paradoxon auf, wie bei dem Begriff der absoluten Freiheit zB.: Für einen absoluten Nihilisten müssten sein und nicht sein, Leben und Sterben, reden und nicht reden, fühlen und nicht fühlen, handeln und nicht handeln exakt den selben Wert haben, nämlich gar keinen. Wie soll eine Person existieren, die weder handelt noch nicht handelt?

Auch ein nur sehr konsequenter Nihilist würde wahrscheinlich bald an diese Grenzen stoßen, allerdings wäre er durch den skeptischen und extrem pessimistischen Gefühlszustand, in den ihn seine Gedanken versetzen, wenn er sie radikal ernst nimmt und sich nach ihnen richtet, nicht nur stark suizidgefährdet, sondern geradezu dazu bestimmt, sich das Leben zu nehmen. Er könnte im Leben keinen Sinn sehen und wahrscheinlich auch nicht den Antrieb entwickeln, trotz dieser für ihn offensichtlichen Sinnlosigkeit einfach weiterzumachen, dh. weiterzuleben.

Darum ist es imo nur möglich, Nihilismus in Verbindung mit einer anderen Einstellung, sei es Gleichgültigkeit oder Trotz gegenüber den eigenen Gedankengängen, zu leben.

Maurice
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Do 18. Nov 2004, 23:43 - Beitrag #55

Für einen absoluten Nihilisten müssten sein und nicht sein, Leben und Sterben, reden und nicht reden, fühlen und nicht fühlen, handeln und nicht handeln exakt den selben Wert haben, nämlich gar keinen. Wie soll eine Person existieren, die weder handelt noch nicht handelt?

Sie lebt vor sich hin. Sie muss ja nicht handeln oder nicht handeln, das ist ja egal. Ob sie nun handelt oder nicht ist egal und deshalb kann sie sowohl das eine als auch das andere.
In gewisser Weise bin ich jemand den du als "echten" Nihillisten bezeichnest, aber das nur partiell. "Objektiv" betrachtet ist imo an sich alles ohne Wert. An sich sind imo alle Gegensätze, die du aufgezählt hast ohne Bedeutung. Für ein Subjekt aber machen verschiedene Umstände einen Unterschied, womit diese auch einen Wert bekommen.

e-noon
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Fr 19. Nov 2004, 17:01 - Beitrag #56

Was ich meinte, war, dass eine Person nicht existieren kann, die weder handelt noch nicht handelt ^_^ Das wirst du wohl kaum bestreiten wollen! Die Idee eines absoluten Nihilisten macht also keinen Sinn, da ein Mensch auf irgendeine Art und Weise handeln MUSS, und jede Handlung an sich imo schon eine Wertung enthält.
Als konsequenter Nihilist dürfte den meisten eine pessimistische und depressive Grundhaltung zu eigen sein, die ein Überleben bzw. einigermaßen selbstständiges Leben imo unmöglich macht.

Maurice
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Fr 19. Nov 2004, 18:47 - Beitrag #57

Man kann vielleicht keine rationalen Werte haben, aber um emotional bedingte kommt man nicht rum. Selbst wenn man sagst, dass alles ohne Bedeutung ist und vor sich hinvegitiert, so wird die Person dennoch noch von bestimmten Emotionen gelenkt. Auch wenn man rational einer Bewertung aus dem Weg gehen will, die Emotionen bewerten ja auch und dieser wird sich auch ein Nihilist nicht entledigen können.
Dass man weder handeln noch nicht handeln kann ist klar. Ich versuche jetzt mal meiner Terminologie treu zu bleiben und sage, dass man aber sich nicht nicht verhalten kann. Aber das spielt hier ja wohl keine Rolle. ^^
Wie man hier gemerkt hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten, was man unter einem Nihillisten verstehen kann und ist in der Form, dass dies eine Person ist, die keinerlei Werte im Sinne von Bewertungen hat, ein Mythos. Meinen wir mit "Werte" hingegen moralische Werte, so kann es durchaus Nihilisten geben. Geht es allerdings um ethische Werte, so ist dies wohl wiederrum nicht möglich.
Die Frage ist, ob sich eine allgemeingültige Definition von Nihilismus finden lässt.

Ipsissimus
Dämmerung
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Mo 22. Nov 2004, 10:35 - Beitrag #58

es scheint doch nicht überflüssig, immer mal wieder darauf hinzuweisen, daß Worte nicht die Sache sind, für die sie zu stehen scheinen. Wenn wir von "Nihilisten" oder gar "echten" oder "absoluten" Nihilisten sprechen, sprechen wir entweder von einer Idealisierung oder von realen Menschen. Sprechen wir von der Idealisierung, können wir der natürlich alles zuweisen, was immer uns einfällt; sprechen wir von realen Menschen, nur, so sind wir gezwungen, zur Kenntnis zu nehmen, daß "Nihilismus" die Art und Weise ist, wie sich selbst als Nihilisten auffassende Menschen ihren Nihilismus leben. Die reine Lehre ist meistens für den Arsch, sobald wir die Sphäre idealisierter Modelle verlassen und uns konkreten Erscheinungsformen zuwenden.

Ähnliches gilt auch für "gleichzeitig handeln und nichthandeln". Du charakterisierst da in großer Gelassenheit als "unmöglich", e-noon, was zentrales Anliegen aller praktischen buddistischen Ausbildung ist - ich vermute mal, du hast keine 25 Jahre Meditationsausbildung hinter dir, sonst wüßtest du, daß es - entgegen jeder dualistischen Logik - rein praktisch doch möglich ist :-) Es ist halt eine Fertigkeit, in der mensch sich üben muss; und ohne Übung ist es genauso unmöglich wie Klavierspielen für jemanden, der/die sich standhaft weigert, sich je an ein Instrument zu setzen

janw
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Mo 22. Nov 2004, 11:19 - Beitrag #59

Das würde mich nun näher interessieren, Ipsi, wie handeln und nicht handeln gleichzeitig möglich sind, wie man das macht.
Magst Du es erklären?

Ipsissimus
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Mo 22. Nov 2004, 11:57 - Beitrag #60

in diesem Thread die Theorie des Buddhismus auszubreiten, würde den Rahmen wohl sprengen, wir können aber gerne einen Buddhismus-Thread eröffnen. Daher nur kurz:

Handeln versus Nichthandeln ist nach buddhistischer Auffassung ein Problem der inneren Beteiligung.

Beispiel: ich werde angegriffen und verteidige mich. Diese Verteidigung kann nun derart erfolgen, daß ich mich in Rage steigere, daß ich vor Angst bebe, daß ich auf ultracool mache uvm. - oder eben emotionslos, "unpersönlich". Wenn du dir mal die Schriften großer chinesischer oder japanischer Schwertmeister durchließt, wirst du auch da immer wieder auf diese Thematik treffen, daß ihre Ausbildung darauf hinausläuft, in den Augenblicken der höchsten Gefahr innerlich genau so still und unbewegt zu bleiben, wie in den Augenblicken tiefster Entspannung. "Der tiefe See bleibt unbewegt, auch wenn über seine Oberfläche die Herbststürme hinwegziehen."

Es geht, mit anderen Worten, dabei nicht um die Frage der physikalischen Antinomie "bewegt" - "unbewegt", sondern um einen psychischen Zustand: trotz aktiver Tätigkeit bleibt meine Psyche frei von den Rückwirkungen dieser Tätigkeit auf meine psychischen Zustände - außer genau an den Stellen, an denen ich diese Rückwirkung zulassen will.

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