Lebenspositivismus als gemeinsamer Nenner der Religionen

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
e-noon
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So 5. Dez 2004, 01:16 - Beitrag #1

der Lebenspositivismus ist soetwas wie der gemeinsame Nenner aller Religionen.
:confused: Hinduismus?

Ich denke auch, dass die Beispiele eine richtige Haltung widerspiegeln, wenn der Arzt feststellt, dass nichts mehr zu machen ist und das Leben für den Patienten nur noch Leiden ist, sollte er das (gesetzliche) Recht haben, dieses zu beenden.
Allerdings darf er dabei nicht gegen den Willen des Patienten handeln.

janw
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So 5. Dez 2004, 01:22 - Beitrag #2

Auch wenn es etwas oT ist: Der hinduist strebt nach Erlösung aus dem Kreis der Wiedergeburten, aber dennoch hat das Leben einen hohen Stellenwert - jedes Lebewesen ist auf dem Weg zu seiner eigenen Erlösung.

e-noon
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So 5. Dez 2004, 01:25 - Beitrag #3

[ot]Das höchste Ziel, das Nirvana, ist allerdings die Erlösung aus dem (quälenden) Kreislauf des Lebens und der Wiedergeburt, inwieweit man da von Lebenspositivismus sprechen kann...?[/ot]

Kacktus
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So 5. Dez 2004, 01:30 - Beitrag #4

@e-noon: Für die Buddhisten ist das Leben iirc eine hochheilige Sache. Sie dürfen keine Gewalt ausüben, geschweige denn tierisches oder menschliches Leben töten. --> alles Vegetarier + Almosensammler.

e-noon
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So 5. Dez 2004, 01:31 - Beitrag #5

Ist mir bewusst, es geht auch im Moment um Hinduismus, die leider keine ganz so soziale Einstellung haben, wie mir meist scheint. Für Buddhisten wäre die Entscheidung in dem Beispielfall dann mit -3 zu bewerten?

janw
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So 5. Dez 2004, 12:08 - Beitrag #6

Letzten endes, die bewußte Beförderung eines Menschen vom Leben zum Tod ist in allen Religionen und Kulturen negativ bewertet. Abweichende Regelungen werden gelegentlich gegenüber Andersgläubigen und Abweichlern geltend gemacht, sind aber streng genommen ein Verstoß gegen die grundlegenden Setzungen der Religionen.
Beispiel Christentum: "Du sollst nicht töten" gilt absolut, die Verstöße dagegen während der Kreuzzüge usw. waren streng genommen Verstöße gegen diese grundlegende Setzung und somit größte Sünde. Im Islam dürfte eine ähnliche Situation bestehen, welche ich aber nicht en detail zitieren kann mangels Detailkenntnis. Gleiches gilt für andere Religionen.
Abweichendes Beispiel wären Menschenopferkulte wie die der Mayas, aber dort bestand offenbar Einverständnis des Opfers.

Damit Ende des oT, sonst trenne ich diesen Teil ab.

e-noon
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So 5. Dez 2004, 16:30 - Beitrag #7

Mach doch :D aus Sicht der Maya oder auch der in tropischen Gebieten lebenden Kanibalenstämme hat das Leben an sich anscheinend nicht den grundsätzlichen Wert, den es für heutige Zivilisationen gemeinhin hat, sondern nur das Leben des eigenen Stammes ist von Bedeutung, wohingegen Stammesfremde und Feinde einfach Frischfleisch im wahrsten Sinne des Wortes sind :s52: Dass die geopferten Feinde der Maya jedoch mit ihrer Opferung einverstanden waren, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

e-noon
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So 5. Dez 2004, 16:43 - Beitrag #8

*g* da wird man direkt beim Wort genommen... Dann gehört Maurices Beitrag im andern thread aber auch noch hier rein, oder?
Ich guck mal im alten Geschi-buch nach, vielleicht find ichs ja noch!

Maurice
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So 5. Dez 2004, 16:46 - Beitrag #9

Irre ich mich gerade in meinen verstaubten Erinnerungen an meinen früheren Geschichtsunterricht, oder haben die Ureinwohner Mittelamerikas, die Menschenopfer abgehalten haben, nicht Feinde sondern eigene Mitglieder hingerichtet?
Daran dass sie Feinde geopfert haben, kann ich mich gar nicht erinnern. :confused:

PS: Jan den Post hättest du auch noch nachträglich verschieben können. ^^*

PPS: Jan es war hier meistens die Regel, dass abgetrennte Diskussion am Anfang ein Verweis auf ihren Ursprung beinhalteten. ;)

janw
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So 5. Dez 2004, 17:00 - Beitrag #10

Nun, es gab Menschenopfer aus der Mayabevölkerung selbst, welche offenbar freiwillig waren, weil sie im religiösen Normensystem als positiv bewertet wurden.

Letztlich war aber Mord und dergleichen im üblichen Sinne ebenso negativ belegt wie hierzulande.

e-noon
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So 5. Dez 2004, 17:03 - Beitrag #11

Vielleicht waren es auch die Azteken... das ist jetzt von http://www.rdmteam.piranho.at:
"Die Azteken übernahmen diese abergläubischen Rituale und Bräuche und radikalisierten sie noch. Menschenopfer und insbesondere das Herausreißen von Herzen entwickelten sie zu ihrem zentralen Mysterium ihrer Religion. Schätzungen zufolge wurden alleine zur Einweihung des Haupttempels in Tenochtitlán 20.000 Menschen geopfert. Um den Appetit der Sonne auf Menschenherzen zu stillen wurden so Jahr für Jahr mindestens 50.000 Menschen ums Leben.

So waren sie natürlich bei allen Nachbarvölkern Mexikos gefürchtet und verhasst, die nur auf die Gelegenheit zum Sturz der Azteken warteten."

Also so ausgeprägt kann der Lebenspositivismus wohl nicht gewesen sein, bei 50.000 Tötungen pro Jahr... das ist wohl eher biologisch-evolutionstechnisch zu begründen, anscheinend waren sie ein sehr zahlreiches Volk, das zur Überbevölkerung neigte... also möchte Gott eben Menschenopfer sehen. Bei Umkehrung der These hieße das, dass wahrscheinlich in bevölkerungsarmen Gebieten besonders menschen- und lebensfreundliche Götter verehrt werden könnten.

Maurice
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So 5. Dez 2004, 17:10 - Beitrag #12

Tja das ist ja mal wieder ein Beweis für die Fragwürdigkeit von Religionen. ^^

@Jan: Ich halte es nicht für sinnvoll Tötung mit Mord gleichzusetzen. Der Ursprung dieses Threads war das Thema Sterbehilfe und ob diese im genannten Fallbeispiel nun Mord oder bloße Tötung war und worin eigentlich der Unterschied zwischen den Wörtern festzulegen ist, muss vorher geklärt werden.
Ich zu meinen Teil sehe "Tötung" als neutral an, während "Mord" eine Tötung wieder einem Gesetz ist. Demnach hängt es vom Moralsystem ab, wann eine Tötung Mord ist. Aus heutiger Sicht wäre z.B. der Holocaust Mord gewesen, aus Sicht der Nazis aber nur Tötung.

Ipsissimus
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So 5. Dez 2004, 17:20 - Beitrag #13

ich denke, "Lebenspositivismus" besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß der Erhalt des eigenen Lebens für jedes Lebewesen absoluter Wert und Selbstzweck ist; auf natürliche Weise gelegentlich hormonell aufgeweicht in Zeiten der Kinderaufzucht, auf unnatürliche Weise durch Manipulation des Empfindens.

Lebenspositivismus würde ich hinsichtlich Religionen nicht feststellen wollen, ausgenommen jene wenigen Religionen, in denen die Erfüllung des Daseins Sache des Daseins ist, d.h. zu Lebzeiten des Menschen geschieht. In dieser Weise gibt es eigentlich außer dem urspünglichen Judentum sowie den Macumba Candomblé und Umbanda kaum eine lebenspositive Religon, da die Pointe des Spiels immer erst außerhalb des Spiels eintritt.

e-noon
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So 5. Dez 2004, 17:30 - Beitrag #14

"Lebenspositivismus" besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß der Erhalt des eigenen Lebens für jedes Lebewesen absoluter Wert und Selbstzweck ist

Das als absoluten Wert zu bezeichnen, würde aber den Arterhaltungstrieb nicht berücksichtigen, der mindestens so stark sein muss wie der Selbsterhaltungstrieb. Das sieht man allein schon daran, dass alle Menschen, die vor über 150 Jahren geboren wurden, tot sind, während die Menschheit noch lebt :D
Wäre der Selbsterhaltungstrieb dominant, so wären wenige Eltern für ihre Kinder bzw. ältere Generationen für jüngere gestorben, was den Fortbestand der Menschheit sehr unsicher, wenn nicht sogar unmöglich gemacht hätte. Lebenspositivismus besagt daher, dass zunächst der Erhalt allen menschlichen Lebens der höchste Wert ist, was sich aber meist auf das eigene Leben und das der eigenen Gruppe konzentriert, deren Überleben man dem einer anderen Gruppe vorzieht.

Ipsissimus
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So 5. Dez 2004, 17:39 - Beitrag #15

imo gibt es keinen Arterhaltungstrieb. Arterhaltung ist Folge, nicht Ziel von Selbsterhaltung

Maurice
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So 5. Dez 2004, 17:43 - Beitrag #16

Ich halte den Begriff der Arterhaltung, wie er meist benutzt wird für falsch. Wenn ein Lebewesen versucht seine Art zu erhalten, versucht es damit nicht die ganze Art zu erhalten, sondern die Gruppe, zu der es sich selbst zählt. Daraus folgt zwar natürlich auch, dass die Spezies als solches erhalten bleibt, aber die Intension ist nicht dieselbe. Macht man diese Unterscheidung nicht, kommt man imo leicht in Widersprüche. Dazu aber wohl mehr in meinem anderen Thread zu Interessen, wenn ich es etwas weiter ausgearbeitet habe.
Dass der Mensch sich fortpflanzt und seine Nachkommen (in der Regel) aufzieht muss nicht als reine Arterhaltung gewertet werden. Schon mal was vom "egoistischen Gen" gehört? Man könnte es mit "Selbsterhaltung durch Arterhaltung" umschreiben.
Weil das alles immer wieder zu scheinbar widersprüchlichen Konstellationen führen kann, reflektiere ich ja auch unter anderem über eine Trieb-Ontologie. ^^

e-noon
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So 5. Dez 2004, 18:03 - Beitrag #17

Dennoch gibt es offenbar Gründe, die einen Menschen bewegen, sich für andere zu opfern, auch wenn sie dadurch einen verfrühten Tod erleiden und auch wenn sie andernfalls keine Konsequenzen zu fürchten hätten. Dies kann man zwar als Egoismus in dem Sinne werten, dass man andernfalls ein zu schlechtes Gewissen hätte und sich daher für den Tod als angenehmere Wahl entscheidet. Aber das Vorhandensein eines schlechten Gewissens in diesem Fall selbst spricht imo schon für einen gewissen Arterhaltungstrieb, der sich vom Selbsterhaltungstrieb unterscheidet, da er sich nicht auf die eigene Person beschränkt und sogar andere vorziehen kann.

Dass der Arterhaltungstrieb sich meist nicht auf die gesamte Art, sondern eher auf die eigene Gruppe bezieht, habe ich imo schon oben gesagt.

Maurice
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So 5. Dez 2004, 18:13 - Beitrag #18

Ich glaube das wird ot, wenn wir so weitermachen. Wie wäre es, wenn wir den Part wieder in einen neuen Thread verwandeln, dann kann ja da ja schon verfrüht meine Überlegungen zu den Trieben posten. Ansonsten verlagern wir den Teil in den Interessen-Thread, weil es da ja auch um Selbst- und Arterhaltung geht. :)

e-noon
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So 5. Dez 2004, 18:43 - Beitrag #19

ok :D dann mal btt: Wenn wir von Religionen sprechen, sind dann die Weltreligionen gemeint oder sämtliche Arten von Verehrung von und/oder Glauben an etwas höheres?
Bei den Religionen, die ein Leben nach dem Tod glorifizieren, ist der Tod ja nicht das Ende vom Leben, sondern in vielen Fällen Erlösung von allem Leid, also wohl eher Todespositivismus als das Gegenteil. Allerdings ist die Belohnung nach dem Tod die Begründung der Einhaltung der Regeln für dieses Leben, und eine dieser Regeln ist (zumindest bei Christen- und Judentum), wie schon gesagt, "du sollst nicht töten".

Welcher Aspekt überwiegt, die Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tod oder der Einfluss zu einer lebensbejahenden Einstellung mit Hilfe der Regeln, kommt wohl auf den Einzelfall an.

Ipsissimus
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So 5. Dez 2004, 20:02 - Beitrag #20

ich tue mir schwer, e-noon, im Zusammenhang von Auffassungen, die ihren Sitz im Wesentlichen im menschlichen Intellekt und nicht im Kleinhirn bzw. limbischen System haben, von Trieben zu sprechen. Moral kann bei entsprechender Verinnerlichung einen Menschen sicher zu aufopferndem Verhalten bewegen - das jedoch als einen Trieb zu werten und gar vom Einzelfall absehend daraus sogar als einen generellen Arterhaltungstrieb zu postulieren, erscheint mir viel zu weit hergehohlt.

Religionen bejahen das Leben nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel des "Hinüberwachsens". Eine lebenspositive Religion müßte im Dasein aber einen Selbstzweck sehen.

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