Daschner-Urteil: 10.800€ auf Bewährung

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
MartinR
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Sa 25. Dez 2004, 21:37 - Beitrag #21

Grundgesetz § 1:
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.


Unser Grundgesetz fängt mir der Würde des Menschen an, ich finde nicht, daß das ein rein moralisierender Begriff ist.
Die Väter unserer Verfassung haben sich ja schon überlegt, warum sie die Menschenwürde ausgerechnet an erste Stelle gesetzt haben.

janw
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Sa 25. Dez 2004, 21:54 - Beitrag #22

Ganz richtig, MartinR!

Die Menschenwürde ist ein allen Menschen qua ihrer Eigenschaft "Mensch" eigenes und unabsprechbares Gut.
Die Androhung von Gewalt verstößt dagegen und ist dementspechend verboten, ganz gleich, was mit dieser Androhung erreicht werden könnte. Letztlich wäre der verfolgte Zweck auch mit anderen Mitteln, wie Psychologen erreichbar, die Gewaltandrohung ist also auch unnötig.

Unabhängig davon ist Folter, und Androhung von Gewalt ist Folter, nach der UN-Antifolterkonvention explizit verboten, der Umweg über die Menschenwürde ist also nur zusätzlich bekräftigend.

Maurice
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Sa 25. Dez 2004, 22:28 - Beitrag #23

Oje ihr Metaphysiker und euer Glaube, dass vom Menschen geschaffene Werte eigene, von seiner Aussprechung unabhängige, Entitäten wären. Wo finde ich im Menschen denn diese ominöse "Würde" und wie soll die aussehen? ^^*
Ob dieser Wert "Würde" intersubjektiv zwischen mehreren Staaten geteilt wird, spielt doch keine Rolle, wenn wir hier allgemein darüber diskutieren wollen. Soll die Grundlage dieser Diskussion aber ausdrücklich das Gesetzeswerk der BRD sein, so stimme ich natürlich zu, dass Daschner Unrecht begangen hat und entsprechend der Gesetze bestraft werden sollte.

Traitor
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So 26. Dez 2004, 14:34 - Beitrag #24

Daschners Verhalten kann auf Grundlage unserer Gesetze nur scharf kritisiert werden und müsste in meinen Augen zu einer echten Strafe führen, jede Art von Bewährung ist für einen halbwegs intelligenten Menschen ein Witz und hat somit weder strafenden Charakter für den Täter selbst noch Abschreckungscharakter für andere. Sie ist eher ein freundlicher Tadel "Tu das nicht mehr, das ist nicht nett".

Auch auf einer allgemeineren Ebene betrachtet vertrete ich diese Postion. Der Einschluss der Folterandrohung in den Folterbegriff hat seinen Sinn, da er bereits dieselbe Ausgeliefertheit des zu "befragenden" beinhaltet.

Im Einzelfall wäre es sicher tragischer, ein Entführungsopfer nicht zu finden, als den gefangenen Entführer peinlich zu befragen, aber man muss die mittelfristigen ganzgesellschaftlichen Folgen betrachten, und da würde das Erlauben schwacher Folter-Formen eine grundlegende Schwächung des Rechtsstaatsbegriffs bewirken. Schon jetzt sehen weite Gesellschaftskreise den Staat und seine Organe nur noch als Herrscher, dem nur seiner Macht wegen Respekt gezollt werden muss. Geht man auch nur kleine Schritte hin zum Gewaltregime, wird die Verbindung von Staat und Volk weiter nachlassen.

@Maurice: Die grundsätzliche und allem vorangehende Achtung der Menschenwürde lässt sich auch durchaus utilitaristisch begründen, dazu hatten wir schon mehrere Diskussionen. Deine "Ach ihr Moralisten, ihr seid doch eh nicht ernstzunehmen"-Attitüde geht also fehl.

Maurice
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So 26. Dez 2004, 14:41 - Beitrag #25

Du hast meinen Post wie es scheint falsch verstanden. Ich habe nicht behauptet, dass es nicht nützlich sei ein Konstrukt wie "Würde" zu benutzen, sondern mich gegen die Ansicht geäußert "Würde" wäre eine vom Menschen unabhängige Idee.
Les bitte meine Posts richtig, statt mich mit flaschen Behauptungen zu beschuldigen. Dieser Trend missfällt mir...

Traitor
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So 26. Dez 2004, 14:53 - Beitrag #26

Du neigst dazu, aus einer Position zu sprechen, als ob du der einzige seist, der Dinge hinterfragt, und es dir deshalb erlauben kannst, überheblich lächelnd auf andere herabzublicken. Anders kann ich den Stil von
Oje ihr Metaphysiker und euer Glaube, dass vom Menschen geschaffene Werte eigene, von seiner Aussprechung unabhängige, Entitäten wären. Wo finde ich im Menschen denn diese ominöse "Würde" und wie soll die aussehen? ^^*
nicht auffassen. Dieser Trend missfällt mir.
Auf welchen Aspekt der Berechtigung des Menschenwürde-Begriffs du dich da genau beziehst, ist für die Betrachtung des Diskussionsverhaltens nicht so entscheidend.

Maurice
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So 26. Dez 2004, 15:02 - Beitrag #27

Komisch, dass hier einige herablassend sein dürfen, ich meinen Sarkasmus aber nicht äußern darf. Tja das ist dann wohl Willkür... aber ich führe das nciht weiter aus, die Mods scheinen im Durchsetzen der Boardregeln ja e sehr "flexibel" zu sein.

Traitor
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So 26. Dez 2004, 15:50 - Beitrag #28

Wäre durchaus interessant, wo du ähnliches Verhalten bei Anderen zu sehen meinst - und mit Regeln hat das nichts zu tun, da ja auch dein Verhalten in keinster Weise bis zur Beleidigung reicht, es ist eher eine Stilfrage. Aber derartiges passt besser in PNs oder einen Meta-Thread, kehren wir hier zum Thema zurück.

Padreic
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So 26. Dez 2004, 15:59 - Beitrag #29

Eindeutiger Fall einer Unterhaltung, die in diesem Thread nichts zu suchen hat, sondern per PN, notfalls im Feedback fortgesetzt werden sollte.

Ad Topic:
Ich sehe es immer noch als etwas zweifelhaft, Androhung von Folter als Folter zu sehen. Es ist psychischer Druck, keine Frage, aber psychischer Druck ist ein normales und (will man nicht in vielen Fällen ergebnislos bleiben) notwendiges Verhörmittel. U. a. auch schon erwähnter Drogenentzug, der ja nicht nur psychisch, sondern auch körperlich quälend sein kann. Da können Leute auch sehr schnell reden...
Das von Traitor erwähnte Ausgeliefertsein beruht nur dadrauf, dass es auf keiner rechtlichen Grundlage stand und somit auch keine rechtlichen Schranken kannte, womit das "Opfer" nicht abschätzen konnte, was ihm blüht. Wenn man aber das Ausgeliefertsein als wichtigstes Kennzeichen für Folter sähe, so wäre mit einer eindeutigen Richtlinie für Folter Folter keine Folter mehr...

@MartinR
Wenn wir also mit solchen Methoden anfangen... Was ist, wenn als Aussage eine Sache erzwungen werden soll, die nicht so klar nachprüfbar ist, wie in diesem Falle. Eine Aussage, ob man ein Verbrechen begangen hat oder wo man gewesen ist oder welches Familienmitglied die Tat begangen hat. Und dann wird sehr schnell eine Aussage gemacht, die den Vorstellungen des Folternden entsprechen, nur damit dieser aufhört.

Das Problem würde sich erübrigen, würde man das Vorgehen auf eine klare gesetzliche Grundlage stellen, die insbesondere die von dir genannten Fälle ausschließen, denn hier legen Fälle vor, in denen auch ein Unschuldiger/Unwissender unter Folter Sachen sagen kann/wird, die unter Umständen nur schwer nachprüfbar sind und Leute in arge Probleme bringen können. Insbesondere ein Geständnis durch Folter zu erpressen steht selbstverständlich außer Diskussion.
Wie bereits erwähnt, der vorliegende Fall liegt anders.

Und bringt Folter überhaupt irgendwas? Man schaue sich die USA an, bei denen ist Folter an der Tagesordnung in Irak in Guantanamo und vermutlich ja auch sonst überall! Und bringt es was? Weder ist Irak friedlich noch Bin Laden gefasst noch hören die Anschläge auf.
Nutzen = 0.

Polemik. Was als Aussage übrigt bleibt, ist, dass wir mit Folter nicht alle Probleme dieser Welt lösen können und sie deshalb gar keinen Nutzen hat. Ähnliche Argumente kann man auf jeglichen Strafvollzug anwenden.
Die Folter im Irak war eine ganz andere als die, die hier zur Debatte steht. Die im Irak war hauptsächlich eine aus sadistischen Motiven und ohne jegliche rechtliche Grundlage.
Ich bin kein Spezialist für Foltern, doch es würde mich sehr wundern, wenn die Geheimdienste dieser Welt nicht schon etliche Informationen nur durch Folter bekommen hätten. Die haben ihre Methoden nicht nur aus wissenschaftlichen oder sadistischen Zwecken, sondern durchaus aus Nutzenkalkül.

Ansonsten kann ich aber Traitor im wesentlichen zustimmen.

Padreic

Kacktus
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So 26. Dez 2004, 17:18 - Beitrag #30

Ein anderes Licht auf die gesetzliche Lage der Folter wirft dieser Artikel hier , laut dem "Folter" im Gesetz als äußerstes Mittel gar indirekt legitimiert wäre, sofern eine sog. "Notwehr- (oder hier) Nothilfesituation" besteht. Ich finde es wird recht plausibel erklärt wieso durch ein rigoros unveräußerliches Verbot von Folter(-androhung) die Rolle des Staates als Verteidiger der 'Menschenrechte' durcheinandergeworfen wird.
Prinzipiell war ich auch für eine Bestrafung Daschners, und das nur weil er gegen das Gesetz verstoßen hat und ein Freispruch den vielzitierten Dammbruch auslösen könnte. Da wusste ich allerdings noch nichts von der o.g. Nothilfe-Klausel. Diese Regelung ist imo sinnvoll, zumal es ja nur eine Modifizierung des Notwehrrechts ist; man darf sich schließlich auch unter Gewaltanwendung präventiv verteidigen wenn man sich bedroht fühlt. Wieso sollte dann Gewaltanwendung untersagt sein, wenn ein Entführer nicht verraten will wo sich das Opfer befindet? Zumindest mit Gewalt drohen sollte man in diesem besonderen Fall imo dürfen.

janw
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So 26. Dez 2004, 20:29 - Beitrag #31

Nun, Kacktus, auch dann gilt das Gebot, daß die Androhung von Gewalt die alternativlose ultima ratio, die aller allerletzte Lösung ohne andere erkennbare Alternative sein müßte, bei effektiver absoluter Notlage und erwiesener Erfolglosigkeit aller anderen Mittel.
Und dieses Gebot war nicht erfüllt, wenn der Einsatz von Psychologen gar nicht erst versucht wurde, unabhängig davon, wie glaubwürdig man die Einschätzungen des Polizeipsychologen im Nachhein finden mag.

MartinR
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Mo 27. Dez 2004, 15:45 - Beitrag #32

Notwehr kann immer nur sein, wenn man sich unmittelbar in Not sieht. Notwehr nach ner halben Stunde gibt es nicht.

Soweit ich weiß gilt das für alle Fälle in der sich der Mensch alleine Helfen darf.

Der "Erlaubnistatbestandsirrtum" ist ja nicht grade etwas, worauf man sich vorher berufen kann.
In unserem Falle war der Junge schon tot. Und alles was die Polizei konnte, ist spekulieren. Denn es ist alles möglich. Ich kann also nicht irgendeine These ohne Begründung aufstellen und dann obigen Anspruch stellen... Ein solcher Irrtum liegt vor, wenn ganz explizit konkrete Tatsachen für eine Version sprechen und es denn dann aber doch anders ist, also ein echter Irrtum vorliegt, nicht nur eine ohne Beweise aufgestellte These nicht den Tatsachen entspricht.

Zudem. Wenn also so ein Notstand da gewesen wäre. Warum hat die Polizei ihn dann nicht sofort verhaftet sondern noch Stunden (oder warns gar Tage?) gewartet um eventuelle Komplizen zu finden. Entweder der Junge ist in Not oder nicht. Wenn in Not, dann hätte sofort! gehandelt werden müssen und nicht erst auf Kosten der Freiheit des Jungen den ein oder anderen Mittäter zu finden und dann, wenn man grad keine Lust mehr hat, den Notstand auszurufen. Nein nein. So nicht!

Zudem zeigt das Urteil, das "Die Zeit" wohl mit Ihrem Artikel nicht ganz richtig liegt.

Maglor
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Do 6. Jan 2005, 15:13 - Beitrag #33

Beinhaltet der Akt der Folter nur die Androhung von Gewalt und nicht die Anwendung von Gewalt, so kann man darin sicherlich keinen Akt körperlicher Gewalt. Trotzdem bleibt es Folter.
Es ist nun mal so, wenn ich jemanden androhe in zu verprügeln, wenn er mir dies und das nicht verriete, hat es denn selben Effekt, als wie wenn ich ihn schlüge, um die Antwort zu erhalten.
Letztlich impliziert eine (ernste) Drohung immer im Fall des Falles ihre Durchsetzung.

Der Unterschied im Falle Daschner zum klassischen Folterbegriff, ist, dass hier nicht versucht wurde ein Geständnis zu erzwängen, sondern den Aufentheiltorts der Jungen herauszufinden, um ihn gegebenfalls zu retten. Zweifelsohne ging es nicht in erster Linie um die Auspressung von juristischen Beweise.

Andererseits ist es so, dass die Aktionen in Guantanamo ähnlliche Absichten tragen. In dem man vermeintliche Taliban-Terroristen durch Schlafentzug etc. (und Dinge, die keiner so recht zugeben möchte) ein wenig auf die Folter spannt, möchten besagte Beauftragte der US-Regierung Informationen erhaschen, die den Zweck, eventuell geplante Terroranschläge im Fall des Falles durch gegenfalls verratene Geheimnisse zu verhindern. (Abgesehen von der Probelmatik der Genfer Konventionen, ist es also die glecihe Absicht.)

MfG Maglor

teut
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Do 6. Jan 2005, 17:43 - Beitrag #34

Folter ja oder nein

War es Folter ja oder nein??Nach unseren Gesetzen ist auch die Androhung der Folter ein klarer Gesetzesbruch und gehört entsprechend geahndet.Ein anderes Thema ist die Strafe.Man muß wie bei allen gegen das Gesetz gerichteten Handlungen nach dem Motiv fragen.Es wird bei allen Verurteilungen bei einer Straftat immer nach den Beweggründen geforscht und danach richtet sich das Urteil.Ich glaube dem Täter (der Folterdrohung)kann mit Fug und Recht alle mildernden Umstände zugerechnet werden.Er wollte ein höheres Rechtsgut schützen ,nämlich das Leben eines Entführten;er hat diese Androhung der Folter nicht aus niederen Motiven gemacht,er hat nur damit gedroht;ob er tatsächlich die Folterung durchführen wollte kann nicht bewiesen werden auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung.Summa summarum kann man sagen eine Verurteilung ist notwendig wenn auch auf niedersten Strafmaß.Ich gebe den Postings von weiter oben recht man darf die Türe keinen spaltbreit öffnen,aber man sollte unsere Polizei nicht total verunsichern .

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