Philosophischer Smalltalk

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
janw
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So 26. Dez 2004, 14:19 - Beitrag #1

Maurice, wenn Du schon nicht glauben kannst, dann zweifle auch nicht ;)

Maurice
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So 26. Dez 2004, 14:22 - Beitrag #2

Kant hatte die Empiristen in seiner Schrift meistens mit Skeptiker, die Rationalisten hingegen mit Dogmatiker verglichen. Warum soll ich also nicht zweifeln dürfen? Außerdem glaube ich sehr wohl Dinge, weil ich Meinungen habe, die ich nicht für sicher halte, die ich also nicht als Wissen bezeichne. ;)

Traitor
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So 26. Dez 2004, 14:27 - Beitrag #3

Wie komisch definiert Kant dann "Empiristen" und "Rationalisten", wenn er sie als Gegensätze sieht?
Und vom Begriff "glauben" solltest gerade du dich endlich mal befreien ;)

Maurice
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So 26. Dez 2004, 14:28 - Beitrag #4

"Glauben" impliziert an sich weder religöses noch moralisches, warum sollte ich mich also von diesem Begriff lösen? ;)

Traitor
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So 26. Dez 2004, 14:36 - Beitrag #5

Weil es irrationales, unkritisches expliziert.

Padreic
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So 26. Dez 2004, 14:41 - Beitrag #6

Wie komisch definiert Kant dann "Empiristen" und "Rationalisten", wenn er sie als Gegensätze sieht?

Die philosophiegeschichtlichen Strömungen Empirismus und Rationalismus waren eben gegensätzlich...auf der einen Seite Hobbes, Locke, Hume, auf der anderen Descartes, Spinoza und Leibniz. Um mal die bekanntesten zu nennen.

e-noon
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So 26. Dez 2004, 14:44 - Beitrag #7

@JanW: cautus esse debe, ut gaudium, Latinam linguam dicere, non cupiditas nimias fieritur ;) quod mihi accisum est :D
cocus esse vis? Ita in triclinium cenantque cenas latinas eligunt? :)


@Traitor: glauben kann man vieles, was man nicht weiß (zB. dass mir Schokolade immer schmecken wird, auch wenn ichs nicht wissen kann), ohne irrational und unkritisch zu sein ;)

Maurice
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So 26. Dez 2004, 14:44 - Beitrag #8

@Traitor: Da bin ich gnaz gegensätzlicher Ansicht. Das Wort "Wissen" ständig zu benutzen, halte ich für ein Zeugnis von unkritischen Denken. Das Wort "glauben" hingegen sagt ja aus, dass man etwas nicht sicher ist und es nicht so darstellt, als wüsste man.

@Pad: "Waren"? Natürlich gibt es heute im Vergleich zu damals Kompromisslösungen, weil eingesehen wurde, dass beide Extreme nicht haltbar sind, aber dennoch sind die Ausrichtungen gegensätzlich.

@E-Noon: Hallo für was haben wir denn nun den Latein-Thread?! x_X

Traitor
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So 26. Dez 2004, 14:50 - Beitrag #9

@Pad: Diese "Rationalismus"-Strömung kenne ich eher als "Idealismus", denke ich. Rationalismus ist für mich eher der Gegensatz zum Spiritualismus/Transzendentalismus.

@Maurice und e-noon: "Glauben" im eigentlichen, starken Sinne heißt, etwas über jeden Zweifel erhaben als wahr anzusehen, ohne pro- und contra-Argumente zu betrachten. Wie ihr es benutzt, ist der umgangssprachliche, schwache Sinn, der lediglich "vermuten" bedeutet. Zwecks klarer Ausdrucksweise halte ich letztere Verwendung von "glauben" in erkenntnistheoretischen Diskussionen für unangemessen.

Maurice
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So 26. Dez 2004, 15:01 - Beitrag #10

Traitor deine Quelle hätte ich mal gerne...

Und der Begriff "Rationalismus" hat mehrere Bedeutungen, leider.

Traitor
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So 26. Dez 2004, 15:47 - Beitrag #11

Quelle wozu, zum Glauben oder zu den Richtungen? Vermutlich zu letzterem. Das ist wie gesagt mein persönlicher Eindruck, wie oft ich die Begriffe im jeweiligen Kontext gehört habe. Wie du sagst, der Begriff ist mehrfach besetzt, und mir ist eben die andere Variante geläufiger.

Maurice
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So 26. Dez 2004, 15:48 - Beitrag #12

Sorry ich war unpräzise, ich meinte eine Quelle bezüglich "glauben".

Was unseren alltäglichen Umgang mit dem Begriff "Rationalimsu" angeht, so hat er imo auch die Bedeutung, die du ihm zugeschrieben hast.

Traitor
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So 26. Dez 2004, 15:56 - Beitrag #13

Ein vernünftiges Wörterbuch habe ich gerade nicht zur Hand und habe es daran auch noch nie konkret überprüft, Wikipedia sagt aber immerhin:
Das Wort "glauben" ist die Übersetzung des griechischen "pisteuein" mit vergleichbarem Wortsinn. Im Judentum dagegen wird meist die Vokabel "aman" verwendet: Sich an etwas festmachen. Ursprünglich gemeint war also nicht das unbestimmte "ich weiß nicht", sondern im Gegenteil: "ich verlasse mich auf, ich binde meine Existenz an". Es geht also zentral nicht um einen Gegenpol zum Wissen, sondern um Vertrauen, Gehorsam und Lebensübergabe.

Darauf sollte man sich aber nicht unbedingt verlassen, da der Artikel insgesamt stark zwischen den beiden Aspekten hin- und herspringt und sich nicht ganz einigen kann, wann die umgangssprachliche, wann die eigentliche Bedeutung gemeint sind.

Ich mache das Verständnis des Wortes eher an seiner Verwendung fest. Zum einen wird eben gesagt "Er kommt gegen 15h, glaube ich", was eine unsichere Vermutung ausdrückt. Zum nderen wird gesagt "Ich glaube an Gott", was eine nicht-wissensgestützte, fundamentale Aussage darstellt.
In philosophischem Kontext macht dann IMHO nur letztere Verwendung Sinn, da man eben nicht zwei völlig verschiedene Aussagenmodi mit demselben Wort bedenken sollte und erstere Bedeutung gut durch exaktere Ausdrücke wie "es erscheint mir wahrscheinlich, dass" (siehe erste Zeile meiner Signatur) ersetzt werden kann.

Maurice
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So 26. Dez 2004, 16:06 - Beitrag #14

Da steht ursprünglich. Die Bedeutung von Wörtern können sich mit der Zeit wandeln, weshalb nur die aktuelle Bedeutung im konkreten Sprachgebrauch von Bedeutung ist. Betrachtet man die Geschichte eines Wortes, so ist natürlich auch deren ehemaligen Bedeutungen von Interesse.
Ich lebe im 21. Jahrhundert und benutze das Wort "glauben" auch wie es heute üblich ist.

Was dein beispiel mit Gott angeht, so frag doch mal die Leute, die diesen Satz posten, bzw. sein gegenstück ob sie mit "glauben" ein Wissen meinen, dass keine Beweise benötigt, oder eben das was wir alltäglich damit meinen.

Padreic
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So 26. Dez 2004, 16:06 - Beitrag #15

@Traitor
Die genannte Strömung wird eigentlich immer als Rationalismus bezeichnet. Eine Art von Idealismus ist es auch, aber der Terminus Idealismus ist sehr viel weiter, wie man z. B. auch daran sieht, dass Platon als Realidealist bezeichnet wird oder an den Deutschen Idealisten (Fichte, Schelling, Hegel).

Bzgl. des Glaubens kann ich aber Traitor im Wesentlichen zustimmen.

Hm, mir fällt gerade auf: Schrecklich Off-Topic ;).

Traitor
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So 26. Dez 2004, 16:27 - Beitrag #16

Thema Glaube: Gerade die Religiösen pochen immer darauf, dass "Glauben" in diesem Sinne verwendet wird. Jeder Pfarrer wird dir erzählen, dass eine der entscheidenden Sachen am Gottesglauben die völlige Aufgabe des eigenen Beurteilungsdranges ist.
Und heutzutage existieren eben beide Bedeutungen des Wortes, aber es macht IMHO wenig Sinn, umgangssprachlich-verwachsene Bedeutungen in die Philosophie rüberzuziehen, wo klare Begriffsabgrenzung wünschenswert ist.

Thema Philodynamik: Gut, werde versuchen, mir diese Verwendung des Begriffes zu merken.

Thema am Thema vorbei: Die berühmte Tendenz, Smalltalk-Threads zu ernsthaften Philo-Diskussionen zu missbrauchen. Evlt. kann man's bald sogar abtrennen und ins ernste Forum schieben.

janw
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So 26. Dez 2004, 16:42 - Beitrag #17

@e-noon: In mundo multos homines vaden in occulto de non cognoscere lingua Una Vera. Non spectanda sunt, quoniam nihil est, si non illiminatus per luce intellegentiae qui ex lingua fulget :P
Certe cenas latinas in triclinium meum eligunt ;)

Maurice, glauben ist etwas anderes als vermuten, und wer sagt denn, daß wir hier verbal dem Zeitgeist hinterher laufen wollen ;)
@Pad: "Waren"? Natürlich gibt es heute im Vergleich zu damals Kompromisslösungen, weil eingesehen wurde, dass beide Extreme nicht haltbar sind, aber dennoch sind die Ausrichtungen gegensätzlich.

Kompromisse unter Philosophen? :shy:

Maurice
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So 26. Dez 2004, 16:48 - Beitrag #18

Könnte man wenn die neue Board-Software kommt, eine Funktion einbauen, die alle lateinischen Texte ausblendet? :s4:
Janw reicht euch der Latein-Thread immer noch nicht?

@Kompromiss in der Philosophie: Ich bezweifle, dass irgendein ernsthafter Empirist heute Lockes Extremposition teilen würde, dass der Mensch wenn er geboren wird ein leeres Blatt Papier ist.
Reine Empiristen oder Rationalisten, wobei erste z.B. die genannte Ansicht teilen würden, sind wohl ausgestorben und eben darum kann man imo von Kompromissen zwischen beiden Lagern sprechen.

wer sagt denn, daß wir hier verbal dem Zeitgeist hinterher laufen wollen

Ich versuche zumindest mich an dem alltäglichen Gebrauch der Sprache zu orientieren, weil ich nicht nur von Philosophie-Freaks verstanden werden möchte, sondern auch Leuten, die sich weniger damit beschäftigen und das scheint mir ja meistens auch zu gelingen... und in anderen Fällen wiederum gar nicht, was aber imo nicht an der Sprache liegt. :shy:

janw
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So 26. Dez 2004, 16:59 - Beitrag #19

Maurice, ich hoffe eher, daß es die Möglichkeit gibt, auch griechische Zitate zu schreiben ;)
Nun, und wenn ein Wort zwei Bedeutungen hat und es ein eindeutigeres gibt, warum nicht dieses nehmen?

Was das oT betrifft, ich denke ein thread zu den verschiedenen philosophischen Strömungen wäre sowieso mal fällig; er sollte dann aber de novo auf fundierterer Grundlage entstehen.
Gleichfalls eine Definition des Wortes "glauben".

Maurice
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So 26. Dez 2004, 17:16 - Beitrag #20

Warum sie nicht nehmen? Weil man mich dann nicht mehr verstanden wird?
Wenn ich z.B. die hier Traitor genannte Definiton von "glauben" im Alltag nehmen würde, würde mich keiner (außer euch) verstehen und das wäre schädlich.
Das "glauben" was ihr meint, könntet ihr ja auch anders nenne. Spontan wirkt "apriorisches Wissen" auf mich sehr passend.

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