Essays: "Über Körper und Geist"

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
dmz
Diligent Member
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Registriert: 29.02.2004
Mi 29. Sep 2004, 02:03 - Beitrag #21

[Zitat: ... Das Konstante in der Persönlichkeit, das Selbst-Gefühl des Ichs,
wird also ein konstanter Wert des Impulsmusters sein.
Solange dieser entscheidende Wert konstant bleibt,
erleben wir uns beständig, als uns selbst.
]
[Zitat: ... Das konstante Ich-Gefühl, muss also auf etwas Unveränderlichem beruhen.
:::
Hallo und Guten Tag !
Danke fuer das dritte Essay. Ich habe die beiden Zitate aus dem Zusammenhange
entnommen, weil mich der Begriff "Konstante" angeregt hat, eigene Gedanken
zu formulieren, die ich kurz in den Thread hineinstellen darf.
(Es geht also nicht um Widerspruch oder Kritik)
:::
Aus materieller Sicht war ich immer nur entsprechend den bereits oben im 3.Essay
beschriebenen Merkmalen gleich gewesen (Wachstum, Zellerneuerung),
ohne mir dessen zunaechst bewusst gewesen zu sein.
Lediglich mit der Zeit sind Veraenderlichkeiten an der aeussseren Erscheinung
und wegen der innerlichen Befindlichkeit zu bemerken gewesen;
z.B. Entstehung von Sexualitaet, veraenderter Gesichtszuege, Haarausfall.
:::
Auch in psychischer Hinsicht bin ich auf Grund meiner stetig geistigen wechselhaften
Entwicklung ueber die Jahre lediglich gleich gewesen, und nicht derselbe geblieben.
Das konnte ich durch Selbsthinterfragung und Selbstkorrektur kontrollieren.
In diesem Zusammenhange stellt sich die Frage, ob es Menschen geben kann,
die wegen fehlender Selbstkontrolle und Selbstkorrektur unveraendert
diesselben bleiben koennten ? Vermute, praktisch wohl nicht.
:::
Wie ist es nun mit meinem "Ich" gewesen: (immer) dasselbe oder (nur) dasgleiche ?
Ich muss einraeumen, dass ich erst durch die 3 Essays dazu
animiert worden bin, erstmals darueber nachzudenken.
Man koennte meinen, dem Gefuehl nach muesste mein "Ich"
immer dasselbe geblieben sein.
Die Gegenwaertigkeit des gelegentlichen Empfindens vergangenen Erlebens
laesst das vermuten.
Andererseit gibt es bei jedem Menschen die Grenze des Erinnerns und damit
des Ich-Bewusstseins;
rueckwaerts zum Kleinkindalter hin ist ploetzlich Schluss mit der Erinnerung,
nachdem diese zuvor bereits zunehmend schwaecher und lueckenhafter geworden ist.
:::
Wenn ich darueber nachdenke, bin ich mir nicht mehr sicher,
ob das "Ich" vom Werden und von Geburt an durchgehend dasselbe ist;
zumal ich neulich vernommen habe, dass davon ausgegangen werden muss,
die so genannten "Naturkonstanten" waeren wahrscheinlich gar nicht konstant.
Lediglich die gewaltige "Zeitdehnung" der Veraenderung liesse uns zu der
Annahme kommen, dass sie quasi konstant seien; in Wirklichkeit aber nicht.
Das wuerde insgesamt bedeuten: nichts ist konstant im Kosmos.
Warum sollte dann gerade das menschliche "Ich"-Gefuehl konstant sein ?
Kann ich nun Anhaltspunkte entdecken in meinem Lebensverlauf,
dass sich mein "Ich" im Laufe der Zeit veraendert ?
:::
Zunaechst kann ich direkt keine Anhaltspunkte fuer Veraenderung festsstellen.
Das ist m.E. durchaus erklaerlich:
alle Kreaturen sind staendig damit beschaeftigt die psychische Stabilitaet
aufrecht zu erhalten.
Deshalb sind sie gegenueber eigenen und fremden Emotionen misstrauisch,
versuchen emotionalen Einfluss auf die eigene Psyche zu vermeiden oder abzuwehren,
damit die Stabilitaet nicht gefaehrdet wird.
Deshalb wuerden wir der psychischen Stabilitaet wegen von unserer Natur
darueber getaeuscht werden, indem kein Empfinden ausgepraegt ist,
dass sich das "Ich" im Laufe der Zeit erheblich veraenderte.
:::
Ich muss zwar den empirischen Beweis fuer die "Ich"-Veraenderung schuldig bleiben,
kann aber ein plausibles Denkmodell anbieten:
Man kann den Vorgang der "Ich"-Veraenderung mathematisch veranschaulichen
durch eine Exponential-Funktion, die asymptotisch gegen einen "Grenzwert"
im Unendlichen laeuft.
:::
Mit und nach der Geburt baut sich unser "Ich" relativ schnell auf,
um sich dann nach dem steilen Kurvenverlauf der Anfangsphase in der weiteren
Entwicklung allmaehlich und asymptotisch gegen einen "Grenzwert" zu entwickeln,
der aber nie erreicht wird.
Da sich im Erwachsenenalter die "Ich"-Entwicklung bereits im Kurvenbereich
sehr schwacher Steigung veraendert, nehmen wir diese Veraenderung
des "Ich" quasi nicht mehr wahr; sie ist zu schwach geworden gegenueber
der Anfangsphase des werdenden Menschen.
Das ist ein Trick der Natur zum Schutze unserer psychischen Stabilitaet.
:::
Es ist, wie gesagt, mein eigenes Denkmodell; aber ich gehe nicht mehr davon aus,
dass im Kosmos irgendetwas konstant ist;
also auch das menschliche "Ich"-Gefuehl nicht.
Alles unterliegt staendiger Entwicklung und Veraenderung.

Feuerkopf
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Do 13. Jan 2005, 10:47 - Beitrag #22

Ich habe einen interessanten Artikel in der Online-Version des Spiegel gefunden, in der ein Philosoph sich Gedanken über den Freien Willen in Zeiten der Hirnforschung macht.
Die Ausführungen scheinen mir ergänzend gut hierher zu passen.
Gehirn und freier Wille

janw
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Do 13. Jan 2005, 11:54 - Beitrag #23

Feuerkopf, den Artikel von Bieri hat Traitor in einem anderen thread vorgestellt, frag mich grad nur nicht wo... :rolleyes:
Aber er passt hier auch, sicher :)

Maurice
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Do 13. Jan 2005, 22:52 - Beitrag #24

Ähh ich finde den Text hier eher unpassend, weil der Thread ursprünglich nicht als Diskussionsthread gedacht war und ich in meinen Essays auch nur am Rande auf die Frage nach dem freien Willen eingegangen war.
Wenn der Link wo reingehört, dann in den Determinismus-Thread. ;)

Feuerkopf
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Fr 14. Jan 2005, 00:53 - Beitrag #25

Soll ich ihn wieder rausnehmen? Wenn er sowieso schon an anderer Stelle steht, wäre das kein Problem.

janw
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Fr 14. Jan 2005, 01:17 - Beitrag #26

Also, ich find den link schon passend, einfach als Ergänzung, wenn er auch sicher anderswo diskutiert werden sollte

e-noon
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Fr 14. Jan 2005, 17:48 - Beitrag #27

wenn er auch sicher anderswo diskutiert werden sollte
Im "philosophischen Smalltalk" zB. :) Da wurden auch schon ein paar Kommentare gepostet.

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