Christentum und Kirche

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Feuerkopf
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Mi 13. Apr 2005, 10:16 - Beitrag #21

Um eine Weltreligion zu werden, bedarf es mehr als einer abgehobenen Ideologie!
Wenn eine Religion Herzen erobern will, denn nur so geht es, dann muss sie dem einfachen Menschen nahe sein.

Es ist schwierig genug, einen abstrakten Gottesbegriff zu denken.
Monotheismus ist für die meisten Menschen naturfremd, wo doch Natur und Leben als belebt und geheimnisvoll erlebt werden. Nicht umsonst gibt es auch unter christlich orientieren Menschen Wunder- und Engelglauben.

Jesus ist und bleibt eine starke Integrationsfigur, menschlich eben, aber auf einem nachfolgbaren Weg. Er verkörpert Idealismus im menschlichen Zusammenleben aber auch in Hinblick auf das mögliche Jenseits und ist das bitter notwendige Bindeglied zum abstrakten, unpersönlichen Gott.

Ich kann mich noch gut an auf Latein gehaltene Wandlungen erinnern. Das war nicht mystisch, das war schlicht unverständlich. Mir gefällt, dass auch die katholische Kirche den Schritt zu mehr Schlichtheit und Volksnähe geschafft hat, denn ohne das Volk ist die Kirche tot.

Ich bin aus anderen Gründen aus der katholischen Kirche ausgetreten.

Ipsissimus
Dämmerung
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Mi 13. Apr 2005, 18:49 - Beitrag #22

Wenn eine Religion Herzen erobern will,


eine Religion will nie Herzen erobern. Ihre Mitglieder wollen dies.

Marc Effendi
Newromancer
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Fr 15. Apr 2005, 12:37 - Beitrag #23

@Ipsi: ich glaube, wir müssen mal Sichtweisen klären. Du sagst, ich sei ein fundamentalistischer Christ, weil ich meinen Glauben aktiv vertrete.

Zunächst einmal zum Begriff "Fundi-Christ". Den gibt es nur aus menschlicher Sichtweise. Gott wird das niemals so sehen. Für ihn gibt es nur die Menschen, die mit ihm im Himmel die Ewigkeit verbringen und es gibt die Menschen, die das nicht tun. Von daher kann es gar keinen Fundi-Christen oder einen 90%-Christen oder einen Christen-Light geben. Nur der Mensch macht diese Unterscheidungen. Da aber nicht die Meinung der Menschen über mich wichtig ist, sondern die Meinung Gottes, gibt es für mich auch keinen der vorher genannten Typen.

Es gibt unterschiedliche Arten und Möglichkeiten ihn anzubeten und nachzufolgen, aber nicht unterschiedliche Typen von Christen. Was die Formalismen und Dogmen und Rituale angeht, so steht in der Bibel nur wenig darüber, aber nicht, ob in der Kirche eine Orgel oder ein Schlagzeug stehen soll, nicht, ob ich Lieder singen soll, die 500 Jahre alt sind oder topmodern. Was in der Bibel aber steht sind z.B. die 10 Gebote, die Bergpredigt, das Abendmahl oder die Taufe.

Und nun noch zur Mission, die Du so sehr fürchtest. Stell Dir mal folgendes vor: Du hast Krebs und wirst in kurzer Zeit sterben. Ich habe aber das Medikament, das Dich zu 100% wiederherstellt. Würdest Du nicht wollen, das ich Dir helfe und Dir das Medikament gebe? Denk mal drüber nach.

Maglor
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Fr 15. Apr 2005, 13:11 - Beitrag #24

Marc Effendi weißt hier auf ein grundsätzlichen Problem hin.
Tatsächlich ist Deutschland schon so stark entchristianisiert, dass wahrer Glauben schon als extrem gilt.
Zurück wären wir hier bei der Frage, was ein Christ ist. Di einfachste Definition wäre, der der sich selbst als Christ bezeichnet. Oder alle die einer Gemeinde (rein steuerrechtlich) angehören.
Tatsächlich ist es so, dass einem immer mir Weichspüler-Christentum begegnet. Gerade bei interreligiösen Gesprächen kommt es da leicht zu Merkwürdigkeiten. Gern behauptet man dort Christ, Muslime und Juden glauben doch an den selben. (Hier wird nicht nur klar der Missionsauftrag Jesu Christi wider Israels verlorenen Schafen vergessen, sondern die Religionen werden allein auf ihren Theismus reduziert.)
Viele scheinen, dass was sie Christentum nennen, als leicht gesponnene Weltanschauung sehen. Naja, es gebe einen Gott, einen Leben nach dem Tod...
Hinzu kommt die weitgehende Vernachlässigung des Gottesdienst und die vollkommene Unterbewertung von Abendmahl und Co. Wer öfters als Weihnachten in Kirche geht gilt daher entweder als altervordere Witwe oder junger Fundamentalist und das sogar negativ konnotiert.
Auch immer wieder merkwürdig sind da die Aussagen, dass es vorschrittlich sei religiöse und politische Ansicht zu trennen. Wenn gleich Heuchelei sicherlich ein Indiz komplizierter Gesellschaften ist, scheint mir doch diese Trennung gewissermaßen absurd. (Hier beziehe ich mich nicht auf religiöse Positionen des Staates an sich sondern auf die der Bürger!)

MfG Maglor

Ipsissimus
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Fr 15. Apr 2005, 14:07 - Beitrag #25

nein, Marc Effendi, ich sagte nicht, du seiest ein fundamentalistischer Christ, weil du deinen Glauben aktiv vertrittst. Ich sagte, daß das, das, was du ein wenig euphemisierend einen "praktizierenden Christen" nennst, sehr gut jenes trifft, was unter einem "fundamentalistischen Christen" üblicherweise verstanden wird. Dazu gehören die Überzeugung von der ewigen Verdammnis der Ungeretteten, der Verbalinspiration der Bibel und noch weitere Punkte des "Fundamentalistischen Manifestes", auf das sich die Theologie und Dogmatik der evangelischen Freikirchen stützt. Ich kenne Christen, die ihren Glauben sehr überzeugend und sehr aktiv vertreten, aber keine fundamentalistischen Christen sind.

Fundamentalismus ist also eine bestimmte theologische Auffassung und sagt nichts über die Intensität aus, mit der diese Auffassung vertreten wird.

Was dein Krebs-Beispiel anbelangt: wenn ich denn Krebs hätte und ein Mensch käme zu mir mit einer solchen Ansage, würde ich ihn wahrscheinlich rausschmeissen. Ich würde jedenfalls nicht aus lauter Todesfurcht alles vergessen, was ich über Krebs weiss und irgendeinen Blödsinn schlucken - und ein neues unerhörtes Krebsmedikament, das garantiert die Heilung bringt - das hört sich genau nach Blödsinn an.


... dass wahrer Glauben schon als extrem gilt


definiere "wahren Glauben"

Maglor
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Mo 18. Apr 2005, 16:05 - Beitrag #26

Tatsächlich habe ich hier mir "wahren Glauben" die Terminologie der Anhänger des wahren Glaubens benutzt.
Treffender (und auch weniger selbstherrlich, wenn gleich doch selbstherrlich) wäre die Bezeichnung echter Glauben. Echt bezeichnet damit sowohl, dass man echter Christ ist und keine Karteileiche, U-Boot-Christ etc.
Echt bezeichnet gleichzeitig aber auch, dass man das echte Christentum (Hier klingt schon ein gewisser Wahrheitsanspruch mit) vertritt, also zum Beispiel keine neumodisch-synkretisch-deisiistischen Sonderwege geht, wie ich sie eben angesprochen habe.

MfG Maglor

Monostratos
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Mo 18. Apr 2005, 16:25 - Beitrag #27

Kl. Einschub...

Vielleicht sollte man es einfach "lebendigen" Glauben nennen, anstatt "wahren" oder "echten"... Klingt auch besser, kann man sich auch 'was Vernünftigeres drunter vorstellen.

Maglor
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Mo 18. Apr 2005, 17:59 - Beitrag #28

Die Sache ist nur so, dass lebendiger Glauben, auch eventuellen eher unbiblischen Grob-Theismus mit einziehen würde, was ja doch nicht wünschenswert wäre.

MfG Maglor

Ipsissimus
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Mo 18. Apr 2005, 21:32 - Beitrag #29

:-) Maglor, die Fundamentalisten aller Länder sind sich eben einig darin, daß sie den einzig wahren Glauben vertreten ... durch alle Glaubensrichtungen hinweg ...


Monostratos, mit "lebendigem Glauben" als Begrifflichkeit könnte ich mich sehr gut anfreunden - sofern der Begriff entgegen dem, was Maglor für wünschenswert hält, tatsächlich jeden Glauben umschließen soll, der eine stetige Quelle der Lebensorientierung eimes Gläubigen ist, also z.B. die SEHR lebendigen Voodooformen wie Umbanda oder Candomblé und andere Undenkbarkeiten der christlichen fundamentalen Dogmatik mit einschließt.

Maglor
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Di 19. Apr 2005, 13:03 - Beitrag #30

Zitat von Ipsissimus::-) Maglor, die Fundamentalisten aller Länder sind sich eben einig darin, daß sie den einzig wahren Glauben vertreten ... durch alle Glaubensrichtungen hinweg ...

Naja, diese Aussage ist denke ich nicht sehr treffend. Im Hinduismus ist innerer Pluralismus eigentlich der Kern der nicht vorhandenen Lehre. :crazy:
Widerum ist es der allgemeine Wahrheitsanspruch des Christentums ein fundamentaler Aspekt jeder christlicher Lehre. Schon die Bibel warnt ja schon vor der falschen Propheten, während es die Aufgaben des Propheten Elia war fremde Kulte auszumerzen.

Witzigerweise hat sich Kardinal Ratzinger ganz ähnliche Gedanken gemacht.
Gestern hab ich Ausschnitte der Konklaven-Eröffnungs-Messe in den Tagesthemen gesehen. Und da sprach der Kardinal vom "klaren" christlichen Glauben wider dem Zeitgeist des Relativismus. Klarer Glaube ist denke ich sehr treffend. Ein klarer christlichen Glaube sucht sich etwa nicht, wie es Mode ist, die passenden Rosinen heraus und lääßt das erste Gebot links liegen.

MfG Maglor

Ipsissimus
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Di 19. Apr 2005, 13:22 - Beitrag #31

Im Hinduismus ist innerer Pluralismus eigentlich der Kern der nicht vorhandenen Lehre.

das ist mir einigermaßen neu, da ich diese Forderung bisher in den gesammelten Heiligen Schriften des Hinduismus (Veden, Vedanta, Bhagavadghita, Upanishaden) und auch in diversen Darlegungen anerkannter Gurus nicht gefunden habe (es mag allerdings sein, daß in für den westlichen Markt aufpolierter Literatur entsprechendes zu finden ist, außerdem habe ich nicht alle Veden und Upanishaden durch).

Ratzinger, hmm ... ich glaube, ich werde gleich mal einen Thread über Fundamentalismus aufmachen, das Thema scheint doch recht interessant zu sein

Maglor
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Di 19. Apr 2005, 13:29 - Beitrag #32

Worauf ich hinaus will, ist die Tatsache, dass polytheistische Primärreligionen in der Regel keine allgemeinen Wahrheitsanspruch haben und es daher vollkommen unproblemtaitsch finden, wenn etwa im Nachbardorf ganz andere Sitten herrschen und andere Götter verehrt werden. Klar gibt es im Hinduismus eine Überlieferung, diese ist aber in ihrer Wirkung keineswegs im gleichen Maße autoritär wie im Islam, im Christentum oder im Judentum.

Was Ratzinger betrifft, so hat es auch zum Fundamentalismus geäußert. Und zwar sprach er, dass er "klarer Glaube" mit Fundamentalismus neuerdings verwechselt würde. Allerdings wird es schon haarig, wenn man nun versucht die Träger der Amtskirche als Fundamenalisten bezeichnet, gerade wenn man für Fundamentalismus eine negative Bedeutung annimmt.

MfG Maglor

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