Die Namen der "Heuschrecken" - Die Kapitalismusdebatte

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maurice
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Do 28. Apr 2005, 18:38 - Beitrag #1

Die Namen der "Heuschrecken" - Die Kapitalismusdebatte

Seit Wochen geißelt SPD-Chef Franz Müntefering die Heuschreckenmentalität von Unternehmen. Namen der größten Übeltäter hat er nie genannt. stern.de liegt nun eine Liste der nach Meinung der SPD gierigsten Kapitalisten vor.

"Einen ehrlichen Mann kann niemand in die Knie zwingen", singt die Deutsch-Soulband "Superpunk" und SPD-Chef Franz Müntefering hatte das auch mal geglaubt. Seitdem aber im kuscheligen Deutschland der Wind des Kapitals rauer weht, weiß er es besser und geißelt daher seit Wochen den Kapitalismus, wann wo er nur kann. "Manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten. Sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter. Gegen diese Form von Kapitalismus kämpfen wir." O-Ton Franz Müntefering, Mitte April 2005.

Auch Ex-Manager Edzard Reuter stellt sich auf Müntes Seite.
Die "Macht des Kapitals" ist dem Arbeiterkind Müntefering nicht geheuer. Und nicht nur ihm. Die mehr oder weniger pauschale Kapitalismuskritik ist in Frankreich genauso zu hören wie in Italien. Hierzulande bekommt der SPD-Vorsitzende außer Buhrufen aus allen Ecken auch Applaus aus allen Ecken. Der ehemalige Daimler-Chef Edzard Reuter etwa sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Es gibt schreckliche Beispiele in der Managerkaste. Furchtbare Menschen, die in ihrer Gier sämtliche Verantwortung beiseite gelassen haben. Das ist eine Erscheinung des modernen Kapitalismus in einer globalisierten Finanzwelt."

Wer oder was aber genau die skrupellosen Heuschrecken sind, die über die Industrielandschaften ziehen und sie abgrasen blieb bisher im Dunkeln. So weit raus wollte sich Franz Müntefering nun doch nicht aus dem Fenster hängen. Jedenfalls fühlten sich eine Reihe deutscher Unternehmenslenker auf den Schlips getreten und wie sich nun herausstellt: zu Unrecht. Denn Müntefering meinte eigentlich ganz andere Firmen, wie aus einer internen Argumentationshilfe hervorgeht, die diese "Heuschreckenfirmen" beim Namen nennt - das von der Planungsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion erstellte Hintergrundpapier "Marktradikalismus statt sozialer Marktwirtschaft - Wie Private Equity-Gesellschaften Unternehmen verwerten", liegt stern.de vor.

Im Visier: US-Investment-Gesellschaften.
Dabei nimmt die SPD die Finanzinvestoren, Firmen oder auch Personen, mit großem Vermögen ins Visier, hauptsächlich solche aus den USA. Wie der stern in seiner Ausgabe vom 17. April berichtet hat, gehören diesen Investoren mit rund 5000 Firmen und etwa 400.000 Angestellten mittlerweile zu den größten Arbeitgebern Deutschlands. Ihr vorgehen folgt dabei einem gängigen Muster: Private-Equity-Gesellschaften suchen sich die "Schmuckstücke einer Branche heraus" (Thomas Middelhoff), kaufen sich ein, schließen oder veräußern diejenigen Unternehmensteile, die sie für unpassend halten und verkaufen den Rest oder bringen ihn an die Börse.

Im Mittelpunkt der SPD-Kritik steht dabei offenbar die amerikanische Beteiligungsgesellschaft KKR. 1999 etwa übernahm sie zusammen mit der US-Bank Goldman Sachs den Elektronik- und Geldautomatenhersteller Siemens Nixdorf. Mitte 2004 wurde Siemens-Nixdorf an die Börse gebracht. Von dem Erlös durch den Börsengang in Höhe von 350 Millionen Euro blieben der Firma selbst aber nur 125 Millionen, den Rest von 225 Millionen steckten KKR und Goldman Sachs ein. In den Jahren zwischen Übernahme und Börsengang ließen sich die Gesellschafter zudem Beteiligungen von 160 Millionen Euro auszahlen. Die von KKR und Goldman Sachs erzielte Rendite durch den Deal liegt zwischen 20 und 30 Prozent - eine übliche Höhe in dem Geschäft.

Ein anderes Opfer von KKR: Der Hersteller von Kommunikationsprodukten, Tenovis, vormals Telenorma. Noch Ende 2002, das Unternehmen war gerade durch KKR übernommen worden, verzichteten die Mitarbeiter auf 12,5 Prozent ihres Lohnes um ihre Arbeitsplätze für mindestens ein Jahr zu retten. Im Sommer 2003 aber entließ Tenovis kurzerhand fast die Hälfte der Mitarbeiter. Parallel dazu baute KKR ein kompliziertes Finanzgeflecht auf, in dessen Folge Telenorma umbenannt wurde. Weitere Folge der Finanzjongliererei auf höchsten Niveau: Durch Briefkastenfirmen, Kreditbeschaffungen und ablösungen, Mietzahlungen sowie Millionen-Honorare für KKR-Berater wurde Tenovis wie eine Zitrone ausgequetscht einziger Profiteur: KKR.

Auch Haim Saban unter den Heuschrecken-Firmen.
Das SPD-Papier nennt viele weitere Heuschrecken: konkret auch die Beteiligungsgesellschaft WCM, die Klöckner übernommen hatte und daneben die Private-Equity-Firmen Apax, BC Partners, Carlyle, Advent, Permira, Blackstone, CVC und auch Saban Capital, Noch-Eigentümer von Prosieben Sat1. Die Opfer der großen Aufkäufer: Neben Siemens Nixdorf und Tenovis, Rodenstock, Autoteile Unger, Debitel, Celanese und Dynamit Nobel.

Prominente Unterstützung bekommt der SPD-Chef nun aus der eigenen Partei: Überraschenderweise schwenkte am Donnerstag auch Wirtschaftsminister Clement auf Müntes Heuschrecken-Linie ein. Der SPD-Vize: "Es sind Finanzinvestoren unterwegs, die sind allein auf die Ausbeutung betrieblicher Vermögen aus."

Quelle: Stern.de


Wenn ich das lese, frage ich mich echt, welches Verständnis von Wirtschaft manche Politiker haben. Was anderes als eine Wahlstrategie kann das ja nicht sein oder die Herrn sind wirklich etwas langsam. So funktioniert nun mal die globale Wirtschaft und das nicht erst seit heute, sondern seitdem es sie gibt. Die die Macht haben, versuchen soviel Profit zu machen wie möglich. Schade für die die ausgebeutet werden, aber wohl ein nachvollziehbares Verhalten.
Nur frage ich mich, was diese Art von Kritikern des Kapitalismus sich erhoffen. Ich meine außer mehr Wahlstimmen. Dieser (mehr woder weniger inszinierte) Protest wird wohl kaum einen Firmenboss zum Umdenken bewegen. :rolleyes:

Maglor
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Do 28. Apr 2005, 18:48 - Beitrag #2

Dass die Weltwirtschaft so funktioniert, ist ja noch lange kein Argument dies zu kritisieren.
Tatsächlich hätte die sogenannte Politik ihren Existenzberechtigungsschein verwirkt, wenn sie einfach gute Mine zum bösen Spiel machen würde. Wenn allein die Effekte des Marktes die Welt bestimmen wären doch die Staaten null und nichtig. Überhaupt stellt der Kaiptalismus im eigentlichen Sinne die Existenz des Wohlfahrtsstaates in Frage, denn im Grunde wäre ja Verarmung oder Verenden lediglich ein Mittel der Selektion, welches zum Besseren führt, denn im Grunde ist der Kapitalismus den gleichen Regeln unterworfen wie der Darwinismus. Allein der Geeignete überlebt.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die neue Klassenkampfrhetorik allein Rhetorik, steht sie doch krassen Widerspruch zur neoliberalen Realpolitik, die die Regierung an den Tag legt. Allerdings scheint mir doch der Rückgriff auf marxistisch anmutende Gedankenspiele ein erfreuerliche Zug der SPD, denn so entmengt sich vielleicht auch der Einheitspartei der Bundestagsparteien, die sich ja fast nur noch durch Marketing und Rhetorik unterscheiden.

MfG Maglor

Feuerkopf
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Fr 29. Apr 2005, 00:42 - Beitrag #3

Interessant ist doch, dass der Porsche-Chef durchaus einige Kritikpunkte bejaht hat. Er sagt, dass für seine Firma zuerst der Kunde kommt, dann die Belegschaft und dann erst die Shareholder! Das ist eine ganz andere Prioritätenkette als bei den meisten börsennotierten Firmen.
Er sieht durchaus die soziale Verpflichtung eines Unternehmens, und das haben schon im vorletzten Jahrhundert einige große Unternehmer so gesehen, die firmeninterne Sozialwerke ins Leben riefen oder für vernünftige Behausungen ihrer Belegschaft sorgten.
Kapitalismus kann durchaus eine patricharchale, fürsorgliche Komponente haben, die die Arbeitnehmer und ihre qualifizierte Arbeitskraft wertschätzt.

Dieser Wildwest-Kapitalismus, dem sich offenbar alle ausgeliefert sehen, ist allerdings bereits mittelfristig zum Scheitern verurteilt. Denn wenn hierzulande die Arbeitnehmer immer weniger Geld verdienen, bricht die Nachfrage rapide weg und die Firmen werden deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen.

Bin gespannt, wann diese Deppen, die nur an die nächste Dividendenausschüttung denken können, das merken.

Maurice
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Fr 29. Apr 2005, 00:50 - Beitrag #4

Ein Problem (für Deutschland wohl gemerkt) ist dabei nur, dass die Firmen den Profit nicht in dem Land machen müssen, wo sie produzieren, oder wo ihre bisherige Kundschaft war. Während manche Seen austrocknen (bei Deutschland besteht die Gefahr) tun sich anderswo neue (Geld-)Quellen auf (z.B. China).
Das ist meine Einschätzung als Laie.

Aber ich halte mich möglichst mit Prognosen zurück, weil sich die Entwicklung des Organismuses "Global-Wirtschaft" einfach nicht sicher einschätzen lässt. Wir können nur hoffen, dass es nicht immer weiter bergab gehen wird.

Ipsissimus
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Fr 29. Apr 2005, 11:03 - Beitrag #5

Falls ich´s woanders schon mal geschrieben habe, bitte ich, die Wiederholung zu entschuldigen: die Globalisierung zielt direkt auf die Erpreßbarkeit der Nationalstaaten und ihre letztliche Überflüssigmachung. So funktioniert natürlich die Weltwirtschaft, und ich kann nur hoffen, daß sich dagegen Widerstand findet, solange es Menschen gibt. Aber wenn ich sehe, was heute an Zumutungen schon für "normal" erachtet wird im Vergleich zu vor 20 Jahren, kann ich nur vermuten, daß in nochmal 20 Jahren in dieser dann aktuellen Welt alles zumutbar geworden sein wird und für "normal" gilt. Wenn heute etwa in Deutschland die Sklaverei wieder eingeführt wurde - freundlich verklausuliert als 1-Euro-"Job" - und Fußfesseln für Langarbeitslose zumindest als Idee im Raume stehen, dann wird mir angst und bange vor dieser Zukunft und ich hoffe, daß ich rechtzeitig vorher sterbe.

Maurice
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Fr 29. Apr 2005, 11:41 - Beitrag #6

Es lebe der Kulturpessimismus...
Jaja früher war alles besser. Umso früher umso besser. Am besten ging es uns ja, als wir noch auf den Bäumen lebten und keinerlei Sorgen hatten... ok genug der Polemik.
Zu jeder Zeit der Geschichte dachten manche Leute es ght bergauf und andere es geht bergab. Mal hatten die einen, mal die anderen recht. Wie es vor 20 Jahren war, daran kann ich mich nicht mehr erinnern, aber wenn ich mich so in der Welt umschaue, dann habe ich den Eindruck, dass wir viel zu lange auf einem Niveau gelebt haben, welches nicht auf Dauer haltbar sein konnte, weil zu hoch war. Die Globalisierung bringt ja nicht nur Hunger und Elend über alle Staaten. Anderen Staaten hat diese neue Chancen gegeben, welche z.T. genutzt wurden und eine Verbesserung erreicht wurde. Wer die Zeichen ignoriert hat, der stand plötzlich mit einer unzeitgemäßen Politik da. So ist auch Deutschland nicht der Nabel der Welt, auch wenn das manche so zu sehen scheinen und Forderungen stellen, die an der Realität vorbeigehen.
Entweder wird sich der Markt immer weiter aufblähen und irgendwann platzen, wie es schon mehrmals in der Geschichte vorkam, oder er wird sich dauerhaft stabilisieren. Wenn das erste eintrifft, dann geht es einigen wieder eine Zeit lang schlecht, dann kommt der Aufschwung und alles beginnt wieder von vorne. Solange bis die Menschen verstanden haben, dass manche Dinge nicht ohne weiteres ins Unendliche wachsen können.
Natürlich bin ich auch etwas nervös was die Zukunft bringt, aber ich mache mich deswegen nicht verrückt. Ich kann e nichts daran ändern. Steine werfen beim G8 ändert gar nichts und zeigt nur wie naiv einige Menschen zu sein scheinen.
Ich bin dankbar für den Wohlstand, den ich bisher erleben durfte und hoffe, dass es nicht so schlimm wird, wie manche Pessimisten befürchten.

Ipsissimus
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Fr 29. Apr 2005, 11:52 - Beitrag #7

Kulturpessimismus ... hmm, es ist doch immer wieder nützlich, Schlagworte für alles zu haben, die dann die inhaltliche Auseinandersetzung überflüssig machen :-)

Maurice, im wesentlichen bin ich der Ansicht, daß du nicht genügend genau hinschaust, dort wo du diese globalisierungsbasierten Verbesserungen zu sehen glaubst. Die Dinge werden für die Menschen dieser Staaten nicht besser, weil sie westlicher werden. Nur die Ausbeutung dieser Staaten wird leichter, wo sie sich ein westliches Ambiente aufzwängen lassen und damit werden die Beschreibungen in unseren Medien freundlicher, "lichter".

Maurice
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Fr 29. Apr 2005, 12:06 - Beitrag #8

Findest du, dass ich inhaltlich nicht auf dich eingehe? Hmm dann mache ich wohl was falsch...

Ich reise nicht soviel durch die Welt, kann also die Geschehnisse nur über die Medien verfolgen. Welche Quellen besitzt du, dass du zu anderen Folgerungen kommst. Natürlich muss nicht alles so stimmen, was in den Medien berichtet wird, aber auf was soll ich meine Meinung bei solchen Themen sonst stützen?
Ich will gar nicht abstreiten, dass du sehr wohl recht haben kannst mit deiner Meinung. Ich kann sowas schwer bewerten, weil es mir an Knowhow mangelt und ich dich da als kompetenter einschätze. Aber was du da vertrittst kann man schon als Kulturpessimismus bezeichnen, aber siehst du das anders? Ich bin leider selbst imo viel zu oft pessimistisch, aber ich habe so meine Avesionen gegen einen allgemeinen Pessimismus, was aber persönliche Gründe hat.

Die Frage, was ich an dem Lauf der Dinge groß ändern kann, bleibt aber. In der Hinsicht bin ich vielleicht wiederum zu pessimistisch...

Ipsissimus
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Fr 29. Apr 2005, 13:31 - Beitrag #9

ich bin zweifelsohne nicht grundsätzlich kompetenter, ich bin nur weniger gläubig als du.

Allerdings verfüge ich über eine Informationsquelle, die möglicherweise nicht ganz unnütz ist: in unserem Institut sind übers Jahr immer 60 bis 70 Gastwissenschaftler aus aller Herren Länder, mit denen mensch sich auch über anderes als über Physik, Elektrotechnik und Atomenergie unterhalten kann. Im Gespräch mit ihnen kann mensch sehr viel über die Situationen in ihren jeweiligen Ländern erfahren und das ist ... erhellend.

Maurice
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Fr 29. Apr 2005, 14:13 - Beitrag #10

Du wirst es also mir nicht übel nehmen können, wenn ich nur auf Grundlage meiner Informationen versuche zu urteilen. Du hast andere oder mehr Informationen und dementsprechend fällt auch dein Urteil anders aus.
Doch wer kann sich in der dieser vernetzten Welt überhaupt noch ein sicheres Urteil bilden? :(

Ipsissimus
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Fr 29. Apr 2005, 14:43 - Beitrag #11

Doch wer kann sich in der dieser vernetzten Welt überhaupt noch ein sicheres Urteil bilden?


aber das ist doch gerade der Punkt :-) du siehst es selbst - weswegen betonst du dann den Aspekt "Wissen" derart, als gäbe es in einem absoluten Sinne "exaktes" Wissen?

Maurice
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Fr 29. Apr 2005, 14:47 - Beitrag #12

Wie gesagt, außer dass ich existiere und dass ich Sinnesdaten habe, behaupte ich nichts weiter zu wissen.
Dennoch kann ein Urteil unter den entsprechenden Prämissen für mehr oder weniger sicher gehalten werden. Aber eine Meinung, die man für sehr sicher hält, ist dann immer noch kein Wissen (für mich).
Aber das gehört in den anderen Thread.

Ipsissimus
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Fr 29. Apr 2005, 15:07 - Beitrag #13

damit sind wir usn ja schon fast einig :-) Meinungen allenthalben, allesamt mit einer Wahrscheinlichkeitszahl streng kleiner eins und streng größer Null zu versehen :-)

Bowu
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Fr 29. Apr 2005, 21:37 - Beitrag #14

Ich kenne leider die genaue münteferingsche Formulierung auch nicht sondern nur verscheidene Artikel darüber, aber irgendwie habe ich verpasst, wie Münte das ändern will.
Von ihm könnte man mehr politische Kompetenz erwarten, also konkrete Gesetzesinitiativen. Es mag ja löblich sein, dass sich die SPD nun auch ihrer Aufgabe der Willensbildung entsinnt, allerdings funktioniert das politische System Deutschlands weniger auf der Basis eines Volkswillens, als vielmehr auf der konkreten politischen Arbeit der Parteien.
Fakt ist das internationale Probleme nur international gelöst werden können. Bisher ist allerdings festzustellen, das die neoliberale Weltpolitik (IWF, Weltbank) die Probleme eher auszuweiten scheint.
Selbst die EU, die unter Optimisten die Hoffnung auf einen Gegenhebel weckte, lässt derzeit Zweifel aufkommen, ob natürliche Personen im Vordergrund stehen oder juristische Personen.
Auch werden diese "Raubtiere" der Weltökonomie wohl kaum zu den größten Opfern einer Weltfinanzkrise gehören, denn als Verursacher derselben, merken sie als erste wann sie ihre Schäfchen in Sicherheit bringen müßen.

Trotzki_Rip
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Sa 30. Apr 2005, 19:44 - Beitrag #15

Also ich kann Münteferings Kritik nur begrüssen,denn sie gibt der SPD ein bisschen ihrer Substanz zurück.Schlieslich ist es die Aufgabe der Sozialdemokra-
tie den Sozialstaat zu schützten und seine Rede ist in meinen Augen ein Schritt zurück zur Ideologisch orientierten Parteienpolitik,und weg von der pragama- tischen Machterhaltspolitik der vergangenen Jahre,in denen die Parteien sich im-
mer ähnlicher wurden.
Unser System baut sich nunmal auf Locke's Konkurrenzmodell auf,und nicht auf Rosseaus Theorien.
Da nun aber die Parteien auf Stimmenfang versuchen einen Kompromisskurs zu finden um alle Interessen abzudecken(wodurch sich die Parteien in ihren (fehlenden) Ideologien immer ähnlicher werden),sich aber frei nach Locke immer noch aus Machtpolitischen und (geheuchelten)Prinzipiellen Gründen weiterhin be-
kämpfen,und die Machthabende Partei sich aus Angst vor Popularitätsverlust zu keinem klarem Reforamtorischem Kurs durchringen kann,wird das System zusehends statischer und es wird sich nichts ändern.
Wenn jetzt aber die Parteien zu ihren Ursprüngen zurückkehren,können sie auch wieder einen klaren,eindeutigen Kurs fahren und das ist nunmal das wichtigste,damit sich ein Staat entwickeln kann.

Deshalb begrüsse ich die Äusserung Münteferings,ob wirtschaftlich oder nicht, da sie vielleicht eine Notwendige Trendwende in der deutschen Politik ankündi- gt,in der sich die Parteien wieder auf ihre ursprüngliche Funktionen besinnen.

Stalker
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Mi 4. Mai 2005, 21:58 - Beitrag #16

Die aktuelle Diskussion ist notwendig wie fehlgeleitet. Die definierten „Heuschrecken“ als jene Investoren die Firmen billig kaufen, ausschlachten und teuer verkaufen sind ökonomisch gesehen nicht beachtenswert. Sie bewegen gerade einmal circa 0,7 Prozent des BIP. Abgesehen davon dass Müntefering selbst als Verkehrsminister solches Verhalten ab und zu unterstützt hat, ist diese Pauschalisierung – wie fast jede Pauschalisierung – nicht realitätsgerecht. Es gibt auch Beispiele in denen die „Heuschrecken“ Arbeitsplätze geschaffen haben. Und danach erst die Firma mit gehörigem Gewinn abgestoßen.
Die Kapitalismus-„Debatte“ (Wobei Debatte noch eindeutig ein Euphemismus ist) beschränkt sich nur eine kleine unbedeutende Minderheit im kapitalistischen System. Der Neoliberalismus und die Globalisierungen wären eher Themen für eine Debatte aber daran wagt sich noch kaum ein Politiker.

Trotzki_Rip
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Mi 4. Mai 2005, 22:40 - Beitrag #17

hm ja also wie gesagt ich hab es nur als Rückkehr der SPD zu ihren Wurzeln begrüsst,aber jetzt wo ich genaueres über die Diskussion weis,finde ich sie in der Tat lächerlich.
Wie bereits erwähnt hat Müntefering nicht nur einer dieser Firmen in seiner Zeit als Verkehrsminister selbst unterstüzt,sondern die SPD selber hat die gesetzliche Grundlage geschaffen um den sogenannten 'Heuschrecken' mit diesen speziellen Körperschaftssteuersätzen Tür und Tor geöffnet.
Deshalb fürchte ich ist es nichts weiter als der Versuch,Wählerstimmen für die NRW Wahlen zu fangen.Eigentlich Schade,aber etwas anderes ist man ja zur Zeit von der deutschen Politik nicht gewöhnt.

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Fr 6. Mai 2005, 13:20 - Beitrag #18

ich bin natürlich überrascht, wie weit das Kalkül von Münte witklich aufging!

Noch vor einer Woche haben die Menschen sich über die Verarmung auftgeregt.
Wer fragt jetzt noch nach den hunderttausenden, die nicht mehr krankenversichert sind.
Münte hat das gesagt, was die meisten Genossen denken, aber auch dachten, als die Regierung Schröder völlig unnötig die Körperschaftssteuer senkte.
Heute spricht keiner mehr über die soziale Unausgewogenheit der Schröderpolitik.
Heute hat sich Münte mit dummen Palaver is Bild gesetzt.
Dieses Palaver ist doch völlig inhaltslos und nur zum Stimmenfang in NRW tauglich.
Die Worte stammen aus einem Reizwortskelett, und sind so gewählt, dass sie Emotionen wecken, obwohl nichts substantuiertes gesagt wird.
So wird heute politik gemacht
Statt die Körperschaftssteuer auf über 60% zu erhöhen und dann bei Neuschaffung von Arbweitsplätzen Steuervergünstigungen zu vergeben, die bis zu 15% runtergehen, wird über Heuschrecken gefaselt - weil es keinem wirklich weh tut.

Ipsissimus
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Mo 9. Mai 2005, 15:09 - Beitrag #19

obwohl nichts substantuiertes gesagt wird.


... hüstel ... ist das Politikerdeutsch für "Substantielles" oder steckt da ein semantischer Unterschied dahinter, der mir mitsamt dem Begriff bisher völlig entgangen war? :-)

Davon abgesehen ist das natürlich das übliche, altgediente und immer wieder überraschend gut funktionierende Strategieschema - wenn du etwas aus den Schlagzeilen bringen willst, sorge dafür, daß etwas anderes in die Schlagzeilen gerät.

willy
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Di 10. Mai 2005, 21:00 - Beitrag #20

Zitat von LadysSlave: Statt die Körperschaftssteuer auf über 60% zu erhöhen und dann bei Neuschaffung von Arbweitsplätzen Steuervergünstigungen zu vergeben, die bis zu 15% runtergehen, wird über Heuschrecken gefaselt - weil es keinem wirklich weh tut.


Ich denke nicht, dass die Debatte um weitere Steuersenkungen angebracht ist. Vielleicht sollte man mal überlegen die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um dann die Lohnnebenkosten zu senken. Schließlich liegen wir bei diesen Steuersätzen im europäischen Vergleich weit hinten.

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