Die Notwendigkeit der Modellbildung

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Mi 4. Mai 2005, 20:02 - Beitrag #41

@Ipsi: Was Emergenz angeht, so muss und möchte ich mich auch noch intensiver mit beschäftigen. Leider habe ich es verpeilt letztes Semester in ein Seminar zu dem Thema zu gehen. :(
Aber wie Traitor schon gesagt hat, ist die Existenz von emergenten Eigenschaften kein Gegenargument für einen materiellen Monismus.
Es kann sein, dass ich mich etwas missverständlich ausgedrückt habe, weshalb ich meine These nochmal exakter formuliere: Gedanken sind die feuernden Neuronen, die Teil eines neuronalen Netzwerkes sind und das diese interpretiert.
Natürlich sind seperierte aktive Neuronen ohne neuronales Netzwerk keine Gedanken. Kann sein, dass meine Aussage vorher so geklungen haben mag, was ich aber nicht meinte. Entschuldigt also, dass ich den Kontext nicht vorher explizit deutlich gemacht hatte.
Ich hoffe wir sind uns damit näher gekommen.

Feuerkopf
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Mi 4. Mai 2005, 23:37 - Beitrag #42

Zwischenfrage:

Ich bitte um Erklärung des Begriffs "Emergenz".

Ipsissimus
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Do 5. Mai 2005, 02:04 - Beitrag #43

Emergenz

[lateinisch] die, Wissenschaftstheorie: das Auftreten neuer, nicht voraussagbarer Qualitäten beim Zusammenwirken mehrerer Faktoren (z.B. chemischer Elemente).
(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2005

Maurice
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Mi 11. Mai 2005, 08:02 - Beitrag #44

Hmm immer noch kein Feedback, ob wir uns näher gekommen sind. :rolleyes:

Was mich gerade wundert ist, dass mir Janw nach einem Dualisten klingt, obwohl dieser unter Biologen quasi ausgestorben ist... möchte man dies zumindest meinem Prof glauben. ;)

Maurice
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Mi 11. Mai 2005, 19:25 - Beitrag #45

Da fällt mir ein, dass man den Thread hier mal splitten sollte ^^* ...

janw
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Do 12. Mai 2005, 02:46 - Beitrag #46

Dann soll Maurice zumindest von mir eine Antwort bekommen ;)

Mal von vorne im thread angefangen:

Der Geist wie auch die Gedanken werden vom Gehirn hervorgebracht, sind nicht darin enthalten. Sie sind daher nicht selbst materiell, nur durch materielle Struktur und Funktion bedingt.
Gilt hier der Grundsatz, materiell bedingt, deshalb selbst materiell?

Ipsis Ameisenbeispiel gibt sehr gut wieder, was ich sagen wollte.
Allerdings kommen wir hier vom ursprünglichen Thema weg.

Ipsissimus schrieb:
Es fällt mir zumindest schwer, mir vorzustellen, daß das auf der alleinigen Grundlage systemischer Tätigkeiten des Gehirns erklärbar ist. Bewußtsein als Metafunktion emergenter Prozesse ist mir da schon sehr viel plausibler, bar jeglicher Gewissheit.

Ich weiß nicht, ob wir das gleiche meinen, ich versuche mal eine eigene Erklärung.
Was meinst Du mit systemischer Tätigkeit?
Bewußtsein ist nach Ipsi eine Metafunktion des Gehirns, lassen wir das mal so stehen...
Die treibenden Kräfte des Bewußtseins sind Gedanken und Empfindungen, also Emergenzen der neuronalen Aktivität, würde ich mal so sagen.

Ohne die neuronale Aktivität sind sowohl die Metafunktion wie auch die Emergenzen nicht möglich, wobei sie aber ebenso davon abhängen, daß die Muster der Aktivität und die Verschaltungen ständig wechseln.
Das Gehirn ist kein von außen fertig hingestellter Rechenkasten mit fest programmierten Algorithmen, sondern ein sehr weitgehend variables System mit einigen Konstanten, und jede Veränderung beeinflußt letztlich die Ausprägung emergenter Ergebnisse, teilweise selbstrefentiell.
Kein Gedanke ist zu erklären ohne den Gedanken davor und ohne die Situation, in der er gedacht wurde.
Insofern ist es eine Frage, wie fuzzy und variabel man ein System sein läßt, um seine Tätigkeit noch als systemisch zu bezeichnen.

@Bowus "Bewußtwerdungsneuronen":
Das Bewußtsein ist, wenn ich das richtig verstehe, in verschiedenen verstreuten Zentren verortet und quasi die Emergenz ihrer Aktivität. Wie jetzt Gedanken in die bewußte Ebene geraten, weiß ich nicht, aber so eine Schaltstelle klingt nicht verkehrt.
Ipsissimus schrieb:
Wenn Neuronenfeuer der Inhalt des Gedankens IST, wieso drückt sich dieses dann in Form eines gedankens aus, statt daß ich Neuronenfeuer empfinde? Schmerz z.B. drückt sich ja auch unmittelbar aus und nicht über eine Metadarstellung.

Auch wenn Du Schmerz empfindest, empfindest Du nur eine Repräsentanz, eine Vertretung des Neuronenfeuers. Genau genommen bedarf es noch nicht einmal des Schmerzreizes, um Schmerz zu empfinden, die bloße Vorstellung des gleich erfolgenden Nadelstiches reicht schon. Was Du am Ende wahrnimmst, einen Schmerz oder einen Gedanken, hängt davon ab, durch welche Hirnbereiche die Signale gegangen sind bzw. von welchem Hirnbereich sie kommen. Zur Erzeugung eines Schmerzes reicht es aus, das Schmerzzentrum im Hirn zu reizen. Alles, was nicht von hier kommt, löst auch kein Schmerzempfinden aus.

Zur "Identitätstheorie": Maurice, nicht die feuernden Neuronen sind die Gedanken, sondern die Gedanken sind das Ergebnis des Neuronenfeuer-Konzertes, das in ständig wechselnder Zusammensetzung in immer neuen Sälen gespielt wird, Ergebnis im Sinne einer Emergenz.
Feuerkopf hat da schon recht...
Und Ipsi auch. Der Geist ist, wenn wir mal metaphysische Aspekte rauslassen, keine eigenständige Einheit, auch keine Funktion des Gehirns, sondern eine emergente Eigenschaft des Gehirns, Produkt und Ausdruck eines Teils seiner Aktivität.
Und nach meinem Empfinden ist dieses Bild nicht dualistisch, sondern kann als monistisch angesehen werden.

Maurice
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Do 12. Mai 2005, 09:07 - Beitrag #47

Der Geist wie auch die Gedanken werden vom Gehirn hervorgebracht, sind nicht darin enthalten. Sie sind daher nicht selbst materiell, nur durch materielle Struktur und Funktion bedingt.

Wenn die Gedanken nun Etwas und nicht Nichts sind, dann muss dieses etwas auch Eigenschaften haben. Wenn dieses Etwas "Gedanken" nun nicht materiell sind, aber dennoch existieren, dann sind sie immateriell. Wir haben also das Gehirn auf der einen und die Gedanken auf der anderen Seite: Für mich mal wieder ein Dualismus zwischen res extensa und res cognitans, weil für dich die Gedanken ja nicht zur res extensa gehören, weil sie ja dann materiell wären.
Nimmst du dagegen Eigenschaften auch als Dinger an und nicht als So-Sein von Dingern, dann sind für dich Eigenschaften ohne Träger vorstellbar. Das wiederum klingt mir nach Universalien oder platonischen Ideen.
Wahrscheinlich liegt der Fehler aber auch in der imo unsauberen Ausdrucksweise unserer Alltagssprache. Wir sprechen von Bewegung, Eigenschaften, Prozessen, Zuständen usw. wie von Dingern, aber sind es keine eigenständigen Entitäten, sondern immer nur Beschreibungen von Dingern. Es gibt sich bewegende Dinge, aber keine Bewegung, wenn man genau sein will. Ich zumindest kenne nur ersteres und kann mir diese auch nur vorstellen. Wie sollte denn auch schon reine Bewegung aussehen? Das ist nur eine Abstraktion.
Wenn es nun solche autonomen "So-Seins" nicht gibt, dann gibt es auch keine undinglichen Aktivitäten, sondern nur aktive Dinger. Wenn wir nun keine inmateriellen Dinger annhemen, dann kann es nur materielle aktive Dinger geben.
Wenn nun jemand meint, dass wir Bewegung voraussetzen müssen, um von sich bewegenden Dingern sprechen zu können, dann müssen wir wohl auch von der Schwärze sprechen, damit es schwarze Dinger gibt. Und dann liebe Leute ist unser Weltbild um eine Dimension reicher, nämlich der der Universalien...
Weil diese Ausdrucksweise der Substantivierung aber so tief in unserer Sprache verankert ist, kann ich sie auch nicht so einfach ablegen, was auch zu Missverständnissen führen könnte. Was man aber imo im Hinterkopf behalten sollte, ist dass "die Bewegung" usw. nur Abstraktionen sind.

Zur "Identitätstheorie": Maurice, nicht die feuernden Neuronen sind die Gedanken, sondern die Gedanken sind das Ergebnis des Neuronenfeuer-Konzertes, das in ständig wechselnder Zusammensetzung in immer neuen Sälen gespielt wird, Ergebnis im Sinne einer Emergenz.

Du schreibst das so, als wüsstest du, dass deine Theorie bewiesen wäre. Ich frage dich: Wodurch?
Nur weil du und zwei andere Member eine andere Meinung habt, ist diese nicht automatisch richtig. Du widerlegst hier die Identitätstheorie nicht, sondern zeigst nur auf, dass sie für dich (und die anderen betroffenen Member) kontraintuitiv ist. Kontraintuitiv bedeutet aber nicht automatisch falsch.
Ich weiß auch nicht, ob die von mir bevorzugte Theorie stimmt, aber ich halte sie für am sinnvollsten und argumentiere deshalb für sie. Mit meinen Ausführungen widerlege ich nicht deine Theorie, sondern versuche aufzuzeigen, welche Schwachstellen sie imo hat und weshalb sie deshalb nicht bevozugt werden sollte.

Meine Argumentation stützt sich also auf die oben angesprochene Ontologie nach denen es nur Dinger geben kann, die irgendwie beschaffen sind, diese Beschaffenheiten aber nicht undinglich sein können. Gedanken können deswegen keine Dinger sein, die das Gehirn produziert, wenn diese nicht die Form einer Substanz haben sollen. Die Aktivität des Gehrins ist Denken, genauso wie die Aktivität der Lunge das Atmen ist. Nur weil die Lunge sich bewegt entstehen keine neuen Entitäten und ebenso produziert diese nicht ein sich bewegendes Gehirn. Präzise ausgedrückt gibt es keine Atmung und keine Bewegung der Lunge, sondern die bewegende Lunge ist eine atmende Lunge. Ebenso gibt es kein Denken und keine Bewegung des Gehirns, sondern das bewegende Gehirn ist ein denkendes Gehirn.

janw
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Do 12. Mai 2005, 10:38 - Beitrag #48

Maurice, kurz zum ersten:

Eine Analogie könnte das Auftreten eines Magnetfeldes sein, wenn man zwei Metallspulen gegeneinander dreht. Dieses Feld erscheint mir als Emergenz, es entsteht durch die Interaktion der beiden metallisch leitenden Spulen, ist davon nicht getrennt zu gewinnen. Der einzige Haken an der Sache ist, daß das Magnetfeld Wirkraum der elektromagnetischen Kraft ist und daß die dabei freigesetzte Energie nach Einstein ein anderer Zustand von Materie ist. Wegen der physikalischen Sachverhalte möge Traitor mich ggf. korrigieren.
Haben wir hier ein dualistisches System oder ein monistisches?
Ist vielleicht die Angelegenheit gar nicht philosophisch zu entscheiden, wo diese begrifflich in der Antike und in der wissenschaftlichen Anfangszeit fußt?

Zum anderen später.

Maurice
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Do 12. Mai 2005, 10:54 - Beitrag #49

Ok je nach Ontologie ergeben sich auch andere Möglichkeiten. Wenn man neben Teilchen auf der physikalischen Ebene auch Felder und Raum-Zeit als die grundlegenden Entitäten der Welt annimmt, dann könnte man Psyche auch als eine Art Feld interpretieren. Unter den Prämissen hätte ich gegen die Konklusion nichts einzuwenden, also wenn ich die Prämissen akzeptieren würde. Ich verneine ja aber auch Felder und Raum-Zeit als solche grundlegenden Entitäten, weshalb die Psyche für mich kein inmaterielles Feld sein kann.
Nun weiß ich nicht, welche Entitäten deine Ontologie vorsieht. Ich denke ein Fehler bei der bisherigen Diskussion war, dass wir davon ausgehen, dass wir gewisse unausgesprochenen Prämissen teilen, die wir aber scheinbar doch nicht haben.

Dass die Ausdrucksweise der Physik z.T. auch nicht sauber ist, hat gestern auch mein Prof imo ganz gut illustriert. Er wieß in einem Seminar darauf hin, dass oft gesagt wird, dass Reibung Wärme erzeugen würde, dass so aber nicht stimme. Iirc sagte er, dass nach der kinetischen Wärmelehre bewegende Teilchen keine Wärme erzeugen, sondern Wärme sind.
In Analogie mit dem psychophysischen Problem würde die Aktivität des Gehirns keine Gedanken erzeugen, sondern entspräche den Gedanken. (Natürlich ist dabei nicht jede Aktivität des Gehirns ein bewusster Gedanke.)

Ipsissimus
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Do 12. Mai 2005, 11:33 - Beitrag #50

Bist du dir deines Gehirnes bewußt, Maurice? Bist du dir der Momente bewußt, in denen zwei Neuronen "feuern", also einen Schaltkreis schließen? Ich glaube dir das nicht - du könntest bestenfalls sagen, du kannst aus dem Moment des Entstehens eines Gedankens auf der Grundlage deiner Theorie rückschließen, daß Neuronen kooperiert haben müssen, was aber nicht dasselbe ist, wie dir dessen bewußt zu sein. Was meinst du überhaupt, wenn du sagst, du seiest dir irgendeiner Sache BEWUßT, wenn das Beuwußtsein dieser Sache das Ein- und Ausschalten vieler Schalter IST? Wenn Gedanken Neuronenfeuer SIND, wozu dann noch die Metarepräsentation in Form z.B. gesprochener Sprache, also einer Interpretation? Denksts du noch, wenn du streng vermeidest, Sprache in deinem Bewußtsein aufkommen zu lassen? Imd wieso denn so viele Sprachen? Da alle Menschen nach demselben Bauplan funktionieren, müssten feuernde Neuronen nach deiner Theorie doch dasselbe Bewußtsein SEIN, ebenso wie der Herzschlag in verscheidenen menschen prinzpipiell nach dem gleichen Rhythmus abläuft. Mir scheint, du blendest bei der Frage des Bewußtseins die Frage seiner Inhalte systematisch aus.

Das Magnetfeld-Analogon ist sicher ein weiteres geeignetes Bild, um sich die Komponente des "über die unmittelbar beteiligten Elemente Hinausgehenden", also der emergenten Aspekte zu veranschaulichen. Mir am eingängisten ist nach wie vor die Hardware/Software-Analogie, wobei die Programmierung der Software über die Emergenz aus der Hardware erfolgt. Emergenz halte ich für eine Grundkategorie, ähnlich Raum und Zeit.


Wärme ist nach meinem unmaßgeblichen Verständnis das Ergebnis von Reibung, weil als Folge der Reibung Wärmestrahlung ausgeschickt wird, also im Prinzip Licht eines speziellen Frequenzbereichs; würde diese Ausstrahlung verhindert, könnten die erzeugenden Teilchen reiben, solange sie wollen, es würde keine Wärme entstehen. Genaueres hierzu müßte aber ein Physiker sagen, ich bin mir fast sicher, daß die was zur These deines Profs zu sagen hätten, z.B. daß darin eine saloppe, umgangssprachliche Fomulierung attackiert wird, wo der Physiker im ernsthaften Nachdenken über die Sache exakte Formeln verwendet.

Maurice
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Do 12. Mai 2005, 11:59 - Beitrag #51

Ich denke man kann die Aussagen des Profs doch ernst nehmen, wenn man bedenkt, dass er Physik studiert hat. Wenn eine Prämisse hinterfragt werden sollte, dass ich ihn richtig verstanden habe, wobei ich mir da auch sehr sicher bin. Notfalls frage ich nochmal nach. ;)

Imd wieso denn so viele Sprachen? Da alle Menschen nach demselben Bauplan funktionieren, müssten feuernde Neuronen nach deiner Theorie doch dasselbe Bewußtsein SEIN

Ipsi der Einwand ist ziehmlich schwach. Ich habe niergendwo behauptet, dass alle Menschen nach einem identischen Bauplan funktionieren. Die Menschen sind gleich und sie sind ungleich. Sie haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Durch ihre Gemeinsamkeiten ähneln sie sich, durch ihre Unterschiede sind sie verschieden. Bei den Menschen handelt es sich nicht um idenstische Systeme. Wenn sie identisch wären, so würden sie imo auch identisch funktionieren, wenn in ihnen kein Zufallsgenerator eingebaut ist.

Wenn Gedanken Neuronenfeuer SIND, wozu dann noch die Metarepräsentation in Form z.B. gesprochener Sprache, also einer Interpretation?

Das frag mal lieber einen Biologen, der sich mit Evolution beschäftigt. Entweder bietet das Bewusstsein einen Fitness-Vorteil und hat sich deshalb durchgesetzt oder es ist ein Epiphänomen, welches unschädlich ist und deshalb nicht ausgestorben ist.

Wo habe ich gesagt, dass ich mir den feuernden Neuronen bewusst bin? Ich wiederhole nochmal, dass es sich hierbei um eine Theorie handelt, die ich nicht beweisen kann, aber für am sinnvollsten halte und deshalb für diese argumentiere.

janw
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Mi 18. Mai 2005, 23:50 - Beitrag #52

Maurice, Ipsi möchte darauf hinaus, daß Bewußtsein nicht die feuernden Neuronen sind, sondern durch diese erzeugt wird - eine Emergenz eben.
Womit dieses Bewußtsein letztlich "gefüllt" ist, hängt vom jeweiligen Menschen und seiner Geschichte und seinen Erfahrungen ab.

Warum es letztlich soetwas wie Bewußtsein gibt, ist eine gute Frage. Man kann sehr gut auch ohne solches leben, wie die überaus erfolgreichen Insekten beweisen. Ich denke, es ist an irgendeinem Punkt der Selektion leistungsfähiger Gehirne einfach entstanden - gewissermaßen als "Hyperzyklus" auf der Ebene interzellulärer Informationsverarbeitung. Und weil es die betroffenen Organismen nicht behinderte, blieb es als Merkmal erhalten. Und weil es die betroffenen Organismen flexibler macht hinsichtlich der Reaktion auf Umweltreize, gab es einen Selektionsdruck in Richtung einer Verbesserung der Bewußtseinsstruktur.

Maurice
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Do 19. Mai 2005, 00:24 - Beitrag #53

Maurice, Ipsi möchte darauf hinaus, daß Bewußtsein nicht die feuernden Neuronen sind, sondern durch diese erzeugt wird - eine Emergenz eben.

Ich weiß, dass Ipsi das so meint und auch dass du so denkst... aber ich denke so eben nicht. Es wäre imo falsch zu sagen "so und so ist es", weil man genau genommen nur sagen kann "nach Theorie X ist das so und so".
So wie du hier das Wort Emergenz benutzt, klingt es für mich wie etwas inmaterielles, was quasi aus etwas materillen erwächst. Das passt natürlich nicht in meine Sicht der Dinge.
Wie gesagt ich sehe das so, dass das Gehirn, das aus Zellen besteht, aktiv ist und sich selbst auf eine bestimmte Weise reflektiert, dass unserem Bewusstsein entspricht. Gedanken wären damit aktive Zellen.
Das erscheint imo vielen nur kontraintuitiv, weil sie tendenziell immer noch zu dualistisch sind.

Bowu
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So 22. Mai 2005, 13:19 - Beitrag #54

Diese Deutung von Emergenz würde ich auch ganz und gar ablehnen, denn für mich ist Emergenz eine Art von Eigenschaften, und Eigenschaften würde ich kaum als "Erzeugnis" eines Dings bezeichnen. Das bewußtsein ist demnach eine emergente Eigenschaft des Neuronenfeuers, und entsteht nicht daraus.

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