Was sind Tabuthemen?

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Bauer-Ranger
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Sa 7. Mai 2005, 17:11 - Beitrag #1

Was sind Tabuthemen?

Hallo,

ich frage mich, was sind eigentlich Tabuthemen?
Sind Tabuthemen Themen, über die die Beteiligten nicht gerne sprechen, da sie davon persönlich negativ betroffen sind? Wollen die Beteiligten eine bestimmte Sache verdrängen und nicht sehen? Ist für sie deshalb manches ein Tabuthema? Wäre es in diesem Fall nicht besser, das Verdrängte aufzuarbeiten, vom Tabuthema zum bewältigten Thema?

Sind Tabuthemen Themen, über die die Beteiligten nicht sprechen wollen, weil ihre moralische Prägung keinen Spielraum mit dem Thema erlaubt? Sind die Beteiligten in ihrer Haltung gegenüber dem Thema so festgefahren, dass sie keine andere Meinung akzeptieren (können)? Haben die Beteiligten Angst, jemand anders könnte einen größeren moralischen Spielraum mit dem Thema haben und würde somit ihre Weltsicht zerstören?
Ist die Suche nach Tabuthemen die Suche nach einem gemeinsamen moralischem Fundament?
Wodurch entstehen Tabuthemen?
edit: Ist das Nennen von Beispielen hier ein Tabuthema?
edit2: Ist das Nichteinhalten von Tabuthemen gleich zu setzen mit dem Ausstoß aus der Gemeinschaft von den anderen? Ist das Nichteinhalten damit sogar ein Austreten aus der Gemeinschaft?

mfg Mich!

Tille_65
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Sa 7. Mai 2005, 17:50 - Beitrag #2

Ich meine dass Tabuthemen Themen sind, über die die Beteiligten nicht gerne sprechen, da sie davon persönlich negativ betroffen sind, wie Bauer so schön gesagt hat.

epidemie
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Sa 7. Mai 2005, 18:00 - Beitrag #3

Tabuthemen sind Themen die aufgrund unseres Gesellschaftlichen Werte-/Normsystems nicht offen zu besprechen sind. Hierbei übt die Gesellschaft in einer passiven Form ( Erziehung, Medien ) einen gewissen Druck auf die Menschen aus um solche Themen zu Tabuthemen zu machen.

Tabuthemen können aber auch individuell sein. Sicherlich gibt es auch personenabhängige Tabuthemen ( Vergewaltigung bei Vergewaltigungsopfern ) aber Grundsätzlich sind Tabuthemen AUCH Themen die eine/mehrere Person(en) in einem 'Gesprächskreis' "persönlich" peinlich berühren, dies aber nicht müssen.

Der Begriff ist vielfältig.
Aber eigentlich kann man doch sagen, dass Tabuthemen Themen sind über die man schweigt ;)

mfg

epidemie

Bauer-Ranger
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Sa 7. Mai 2005, 18:11 - Beitrag #4

Seid ihr schon mal mit Tabuthemen negativ in Berührung gekommen? Könnt ihr diese Beispiele vielleicht relativ detailliert und konkret ausführen?

mfg Mich!

fanvarion
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Sa 7. Mai 2005, 18:12 - Beitrag #5

Zitat Wikipedia:
Tabu Wikpedia Tabu

Tabu (Tapu), nach einem aus der Sprache der Südseeinsulaner (Tonga) herrührenden Wort, heißt so viel wie unverletzlich.
Inhaltsverzeichnis:
1 Ethnologie

2 Soziologie, Sozialpsychologie

3 Tabubruch und Christentum

4 Tabus in der heutigen Zeit

5 Film, Literatur und Spiel

1. Ethnologie

So gelten bei Naturvölkern die Person des Häuptlings, Begräbnisplätze, Kultstätten etc. an sich als tabu; aber man wusste auch jede beliebige andere Örtlichkeit, einen Baum, verlassene Wohnungen, ja ein einzelnes Besitzstück, vor Annäherung, Berührung oder Wegnahme zu schützen, indem man sie mit einem einfachen Faden, in den unter bestimmten Zeremonien einige Knoten mit oder ohne Fetische eingeknüpft worden waren, umgrenzte oder umband (siehe Knotenknüpfen). Die Angehörigen der gleichen Ethnie waren überzeugt, dass bei Verletzung dieses Fadens alle Übel, die der Knotenschürzer hineingeknüpft hatte, unfehlbar auf sie fallen würden, und so ersetzte dieser Glaube die Sicherheitspolizei bei den verschiedensten Naturvölkern, denn in verschiedenen Formen findet oder fand sich das Tabu in allen Erdteilen.

Tabus können sich auch auf bestimmte Nahrungsmittel beziehen, dergestalt, dass z. B. einer Sippe nicht erlaubt ist, ihr Totemtier zu jagen oder zu essen; es gibt in Afrika auch spezielle, teils sehr weitreichende Nahrungstabus für schwangere Frauen; in abgeschwächter Form findet es sich in allen Gesellschaften (in Deutschland kann man z. B. Hundefleisch als tabuisiert ansehen); vgl. allgemein auch: Kannibalismus.

Die verbale Missachtung von Tabus dient in vielen Kulturen als Anknüpfungspunkt für Witze und Schimpfwörter, da die direkte Erwähnung eines Tabus eine Spannung im Zuhörer erzeugt.

Textvorlage aus Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl. 1888/89


2. Soziologie, Sozialpsychologie

Der Begriff Tabu ist aus soziologischer und sozialpsychologischer Sicht von besonderer Bedeutung. Tabus schützen ein Thema vor dem Diskurs in einer Gruppe, Gemeinschaft oder Gesellschaft („Darüber spricht man nicht!“). Dem Thema wird kein Platz, kein „Ort“ im öffentlichen „Raum“ des Bezugssystems gewährt. (Vgl. auch: Öffentliche Meinung.)

Je mehr Mitglieder des Bezugssystems sich an dieser Form der Ausgrenzung eines Themas beteiligen, desto mehr „Macht“ hat das Tabu über den Einzelnen. Kollektive Verdrängungsmechanismen werden wirksam („Das darfst du noch nicht einmal denken!“). Diese starke emotionale Aufladung ist der Grund dafür, dass „die direkte Erwähnung eines Tabus eine Spannung im Zuhörer erzeugt“ (siehe oben).

Gemeinsame Tabus stabilisieren die Bezugssysteme von Menschen, insbesondere aufgrund ihrer emotionalen Aufladung. Mitglieder, die einen Tabubruch wagen, sind daher in der Regel schweren Sanktionen bis hin zum Ausschluss aus der Gemeinschaft ausgesetzt. Wenn der Zusammenhalt des Bezugssystems aber aus anderen Gründen gefährdet ist, können wiederholte Tabubrüche den Niedergang des Bezugssystems beschleunigen.
[Bearbeiten]

3. Tabubruch und Christentum

Am Beispiel des „christlichen Abendlandes“ wird der Zusammenhang zwischen Tabubruch und Niedergang des Bezugssystems besonders deutlich: Die Säkularisierung, also die Abkehr von der Religion als gesellschaftlichem Normgeber, geht einher mit der Auflösung religiös motivierter Tabus. Besonders davon betroffen ist die Sexualmoral der christlichen Kirchen. Je mehr die in diesem Kontext errichteten Tabus aufbrechen, desto deutlicher werden die Kirchen und das Christentum kritisch angefragt. Erhalten ist unter Christen aber z. B. noch das Tabu, außerhalb der Abendmahlsfeier die geweihten Oblaten zu essen.
[Bearbeiten]

4. Tabus in der heutigen Zeit

Als "Tabuthema" wird heute ein Thema bezeichnet, das keinerlei (öffentlicher) Diskussion unterliegt, also "totgeschwiegen" wird. Meist handelt es sich dabei um Gebiete, die wunde Punkte einer Gesellschaft berühren, etwa Drogenkonsum oder die Homosexualität.

Auch wenn heute in westlichen Ländern vielfach von einer „Gesellschaft ohne Tabus“ gesprochen wird und beispielsweise in vielen Zeitschriften der Regenbogenpresse offen von Sex-Skandalen oder Ehestreitereien die Rede ist, gibt es auch in den dortigen Medien noch einige Tabus. Zum Beispiel alles, was mit Exkrementen, mit Krankheit und Tod oder auch mit Religion zu tun hat.


5. Film, Literatur und Spiel
„Tabu“ ist auch Titel eines Films von Friedrich Murnau und Robert Flaherty (1929/31)
„Tabu I“ (1995) und "Tabu II“ (2004) sind Werke des Dichters Peter Rühmkorf, der dabei die Doppelbedeutung von „Tabu“ als Abkürzung von „Tagebuch“ benutzt.
„Tabu“ ist der Name eines Gesellschaftsspiels, siehe Tabu (Spiel)


---------------------------------------- Zitatende

Meine persönliche Ansicht:
Ein Tabuthema entsteht sobald eine Person/Personenkreis dieses Thema nicht mehr laut/öffentlich ansprechen/diskutieren darf.
Weil es zum Beispiel vom Staat - Kirche oder Stadtgebiet als zerstörerisch angesehen wird. Es gegen die Vorstellung der oberen Führung (Form- und Gedankengebung oder interpretation von Texten ) spricht.

fanvarion
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Sa 7. Mai 2005, 18:26 - Beitrag #6

Zitat von Bauer-Ranger:Seid ihr schon mal mit Tabuthemen negativ in Berührung gekommen? Könnt ihr diese Beispiele vielleicht relativ detailliert und konkret ausführen?

mfg Mich!



Klar
1. Alkohlmissbrauch - betrunkene Kollegen wo jeder es weiß aber keiner dagegen angeht.

2. Prügeleien auf der Straße - jeder sieht es aber keiner sieht hin.

dmz
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Sa 7. Mai 2005, 20:57 - Beitrag #7

Hallo! Schoen, dass das Thema angeschnitten worden ist.
Ich habe mir auch gelegentlich Gedanken darueber gemacht,
welche 'Tabu-Themen' es in unserer heutigen Gesellschaft (noch) geben mag.
Faende ich welche, wuerde ich eine Diskussion darueber
in den Bereich einer 'Innovativen Philosophie' einordnen.
:::
Von den zahlreichen rhetorischen Fragen, picke ich mir folgende Zitate heraus:
-
Zitat von Bauer-Ranger:Wodurch entstehen Tabu-Themen?

Es sind m.E. urspruenglich
Momente eines gemeinschaftlich empfundenen Selbstschutz-Beduerfnisses,
welche 'Tabu-Themen' entstehen lassen.
In der Folge werden daraus (traditionelle) Gesellschaftsnormen
bei entsprechender Erziehung der nachkommenden Generationen.
Das heisst, so genannte 'Tabus' beinhalten (kuenstliche) Verhaltensweisen,
die nicht-hinterfragt akzeptiert werden, - die aber aufgebrochen werden koennen.
-
Gewisse Witze beziehen ihre Inhalte aus 'Tabu-Themen' (z.B.:Sexismus)]Ist die Suche nach Tabu-Themen die Suche nach einem gemeinsamen moralischem Fundament?[/quote]
Sinngemaess: Ja. Wobei Moral der gesellschaftliche Kompromiss
zwischen rein aesthetischem und rein ethischem Standpunkt ist.
Einerseits haben 'Gleichgesinnte' - z.B. Schutzbeduerftige - das Bestreben,
die Mitmenschen nach ihrem Gusto gleichzuschalten.
Das gelingt ihnen, soweit die Gesellschaft mehrheitlich mitmacht.
Das kann aber zu (unangenehmen) Beschraenkungen und zu Einschraenkung von Freiheiten fuehren.
Andererseits bedeutete das Auffinden von 'Tabu-Themen' mit dem Zwecke, diese zu brechen,
das Bestreben, die Gesellschaft zu provozieren und auch zu veraendern;
quasi das 'Etablierte' vom Sockel zu stuerzen.
-
Zitat von Bauer-Ranger:Wollen die Beteiligten eine bestimmte Sache verdrängen und nicht sehen?

Da wird nichts verdraengt. Es ist die anerzogene Scham, ueber gewisse Dinge nicht sprechen zu wollen.
Als ich neulich in meinem Bekanntenkreis die Frage gestellt habe:
worin der Sinn des Kuessens laege(?)
sind einige Herren durchaus fortgeschrittenen Alters auffallend verlegen gewesen.
Erst als ich die Situation durch 'philosophisches Argumentieren' aufgefangen habe,
entspannte sich die Atmosphaere]Das Eingestehen eigenen Verschuldens an der '(quasi)missratenen' Lebensgestaltung[/i]
Das Eingestehen eigenen Unvermoegens bei der Erziehung der Kinder
Das (berufliche) Einkommen und die Steuerschummelei
Das Kuessen als Mittel der Partner-Manipulation
Die geschlechtlichen Aktivitaeten und das Masturbieren(Selbstbefriedig)
....

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

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So 8. Mai 2005, 02:27 - Beitrag #8

echte gesellschaftliche Tabus können nur unter Sanktion gebrochen werden, wenn der Bruch bekannt wird. Das Inzest-Tabu ist so ein Fall. Mir fallen im Moment keine weiteren vergleichbar starken Tabus ein. Dabei haben wir hier noch zusätzlich den interessanten Fall, daß das Verschweigen des Tabubruches gesellschaftlich den Täter schützt - es ist eine relativ neue Errungenschaft, daß das Phänomen überhaupt öffentlich thematisiert wird - was nicht heißt, daß es im Privaten bereits uneingeschränkt seitens der Opfer thematiseirt werden kann.

jedenfalls: Tabuthemen sind selbst Tabus, und wie wie alle Tabus können sie nur bei Strafe gebrochen werden, die von der Stärke des Tabus abhängt. Der Unterschied zum Gesetz besteht - wo das Tabu nicht selbst Gesetzescharakter aufweist - in der Informalität des Tabus

Tabu,

[polynesisch], tapu, »geheiligt«,

vor allem bei Naturvölkern Bezeichnung für von allen zu respektierende Verbote, z.B. Namen von Göttern oder Menschen zu nennen, bestimmte Personen, Tiere, Pflanzen oder Gegenstände zu berühren, zu töten oder zu essen, bestimmte Handlungen (z.B. sexueller Art) vorzunehmen usw. Die schwere Verletzung eines Tabus soll Krankheit und sogar den Tod zur Folge haben, in leichteren Fällen muss mit komplizierten Reinigungszeremonien gesühnt werden. Tabus sind von den jeweiligen magischen, mythischen und religiösen Vorstellungen einer Gesellschaft abhängig und sollen Unheil abwenden. Sie beziehen sich auf für die jeweilige Gesellschaft zentrale Werte und sollen das gesellschaftliche Zusammenleben stabilisieren. Sie werden als selbstverständlich (»man« tut das nicht), als nicht hinterfragbar angesehen, sind aber meist nicht rational begründbar.

Ein universelles Tabu in allen Gesellschaften ist das Verbot des Inzests, das nur in wenigen Ausnahmen in manchen Herrscherhäusern durch Geschwisterheirat öffentlich durchbrochen wurde und nur selten zu Erbkrankheiten geführt hat. Ebenfalls universell ist das Tabu, in der Öffentlichkeit Geschlechtsverkehr zu vollziehen, wenn dies nicht rituelle Bedeutung hat. In einigen orientalischen und asiatischen meist streng islamischen Ländern ist sogar der Mundkuss in der Öffentlichkeit tabu und strafbar.

In unseren westlichen industrialisierten Gesellschaften gibt es Tabus fast nur im sexuellen Bereich und dem Bereich der Ausscheidung: neben dem Inzest vor allem Nacktheit und sexuelle Handlungen sowie Ausscheidung in der Öffentlichkeit, Sexualität bei sowie mit Kindern und das Sprechen über Sexualität in der Öffentlichkeit, mindestens das Benutzen bestimmter Wörter . Übertretung dieser Tabus gilt als Bedrohung der öffentlichen Ordnung, als Verletzung des Schamgefühls und Sittenverfall, mindestens aber als »öffentliches Ärgernis« und ist daher zum Teil strafbar. Die heutige Zeit zeigt aber starke Aufweichungen: z.B. Oben-ohne- und Nacktbaden, für Männer und Frauen gemeinsame Sauna, Sprechen über Sexualität in der Öffentlichkeit (etwa seit Mitte der Achtzigerjahre, auch wegen der Bedrohung durch Aids), wobei nicht wenige Menschen das Verschwinden alter Tabus beklagen.

Siehe auch: Scham.


(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2005


Tabuwort

das, Sprachwissenschaft: Wort, das ein Tabu berührt und das man deswegen meidet und durch ein anderes ersetzt (z.B. »der Leibhaftige« anstelle von »der Teufel«).
(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2005


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