Biologische 'Annäherung' des Begriffes 'Liebe'

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epidemie
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Sa 7. Mai 2005, 16:45 - Beitrag #1

Biologische 'Annäherung' des Begriffes 'Liebe'

"Liebe ist ein vom Körper unterbewusst erzeugtes Gefühl. Hierbei signalisiert der Körper, dass die Person, die vom Organismus geliebt wird, als ein gutes Gegenstück zu Fortpflanzungszwecken angesehen wird. Das Gefühl 'Liebe' ist also ein vom Körper eigens kreiertes Gefühl um zwei Individuen aneinander zu binden um dem Nachwuchs ein Überleben zu ermöglichen."


mfg

epidemie

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Sa 7. Mai 2005, 17:01 - Beitrag #2

Ich denke der Begriff der Eifersucht gehört hier auch noch mit rein.
Eifersüchtig ist man auf andere Menschen gleichen Geschlechts, gegen die man sich durchsetzen will. Dabei geht es um die Auslese des Stärkeren. Ohne Eifersucht gäbe es diese Auslese nicht. (gibt es Eifersucht auch bei Tieren?)

mfg Mich!

Ipsissimus
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So 8. Mai 2005, 13:38 - Beitrag #3

nun, und welche Schlussfolgerungen gilt es daraus zu ziehen? Sollen Menschen versuchen, dieses "bloß" körperlich erzeugte Gefühl zu vermeiden?

epidemie
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So 8. Mai 2005, 14:17 - Beitrag #4

Ich hatte die schwache Hoffnung hier vielleicht einige Meinungen zu diesem 'Statement' einfangen zu können.. Klappte leider nicht so wirklich. :/

mfg

epidemie

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So 8. Mai 2005, 16:16 - Beitrag #5

Naja, in welcher Richtung hast du dir denn ein Statement vorgestellt?
Was stört dich an dem Satz, dass man ihn abändern müsste?
Oder stimmst du mit dem Zitat vollkommen überein?

mfg Mich!

e-noon
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So 8. Mai 2005, 19:22 - Beitrag #6

Vielleicht hättest du deine schwache Hoffnung einfach mal dazuposten sollen ;)
Ich gehe mal davon aus, dass hier die Liebe zwischen Mann und Frau gemeint ist. Auf Mutterliebe beispielsweise bezogen macht der Satz nämlich nicht so viel Sinn. ;)

Ich bin auch der Meinung, dass Liebe als Folge der Evolution entstand, ob sie notwendig war oder ein zufälliges Nebenprodukt. Natürlich ist sie auch ein vom Körper erzeugtes Gefühl, wie jede Emotion, allerdings stört mich der Zusatz, dass sie lediglich dem Zweck der Brutsicherung dienen soll. Wahrscheinlich ist sie eine Folge davon, aber woher weiß der Körper, dass das Gegenüber am besten als Fortpflanzungspartner geeignet ist? Und wenn damit auf die These der Partnerauswahl mittels Pheromonen angespielt wird, was ist mit Menschen, die ihren Partner im Internet kennen und lieben lernen? Außerdem müssten laut dieser Definition sämtliche Homosexuellen entweder keine Liebe für ihren Partner empfinden, oder ihr Körper hätte einen fatalen Fehler begangen.

janw
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Mo 9. Mai 2005, 02:19 - Beitrag #7

epidemie schrieb:
"Liebe ist ein vom Körper unterbewusst erzeugtes Gefühl. Hierbei signalisiert der Körper, dass die Person, die vom Organismus geliebt wird, als ein gutes Gegenstück zu Fortpflanzungszwecken angesehen wird. Das Gefühl 'Liebe' ist also ein vom Körper eigens kreiertes Gefühl um zwei Individuen aneinander zu binden um dem Nachwuchs ein Überleben zu ermöglichen."


Dazu muss ich mal etwas tiefer einsteigen...

Liebe ist eine Empfindung.

Was ist eine Empfindung?
Empfindungen sind für mich durch Sinneseindrücke oder auch autogen erzeugte Sensationen, die vom Bewußtsein verarbeitet wurden.
Empfindungen sind so gesehen Produkte des Bewußtseins und wesentliche Triebfeder des Handelns.
Wenn eine Sensation quasi nackte Information über das So-Sein einer Sache ist, besteht der Vorgang des Empfindens darin, diese Information mit einer Bewertung zu versehen und verschiedene bewertete Sensationen zu korrelieren, zu kombinieren und zu integrieren.

Was ist ein Bewußtsein?
Hatten wir anderwärts schon mal angerissen, ich würde in grober Näherung sagen, daß Bewußtsein das Produkt eines neuronalen Anregungszustandes der Großhirnrinde ist.
Durch die Unterscheidung zwischen einer internen (bzw. genauer einer bewußten und mehrerer weiterer weniger bis unbewußter) und einer externen Projektionsfläche ist es dem Bewußtsein möglich, die ihm zufließenden Sensationen (Sinneseindrücke und vom Hirn selbst erzeugte Informationen) im Hinblick auf ihre Relevanz für das Individuum einzuordnen, wertmäßig einzustufen und daraus Handlungserfordernisse abzuleiten.
(So gesehen ist Bewußtsein das Gegenstück zu Instinkten und Konditionierung - die Pawlowschen Hunde können nicht anders, als beim Hören der Glocke zu Speicheln und das Futter zu suchen, wir haben die Möglichkeit, unser vorhandenes Hungergefühl unserem parallel vorhandenen Glücksgefühl beim telefonieren mit einem guten Freund gegenüberzustellen und zu entscheiden, ob wir lieber mit knurrendem Magen weiter telefonieren wollen oder doch etwas essen.)
Die Vorgänge der Relevanzeinordnung und Bewertung erfolgen unbewußt, im Prinzip kommt uns nur die Frage der Handlungsweise zu Bewußtsein, wo wir dann aber auch im Sinne einer Reflektion die gegebenen Bewertungen handlungsmäßig zur Disposition stellen können.
Insofern, daß das Limbische System einen guten Teil an Bewertungen beisteuert, müßte man es hiernach als eine Ebene des Bewußtseins betrachten - oder die hiervon gelieferte Bewertung als Teil des grundlegenden Informationsgehaltes der Sensation ansehen.

So gesehen ist Liebe eine von zahlreichen möglichen Empfindungen.

Der biologische Sinn von Liebe ist in meinen Augen nicht ausschließlich unter Fortpflanzungsaspekten zu betrachten. Der Mensch ist ein "Hordentier", und das Zusammensein erfordert soziale Codes und Standards, wie sie z.B. auch bei den Affen vorkommen.
Dort ist allerdings das Individuum nur solange Teil der Horde, wie es mitlaufen kann, bricht sich der Silberrückenmann ein Bein, wird er liegen gelassen.
Damit geht der Gruppe auch sein ganzes Wissen verloren.
Es wird sehr ernsthaft diskutiert, daß der entscheidende evolutionäre Vorteil der ersten Hominiden war, daß sie zu Liebe fähig waren und deshalb auch noch den kranken Alten mitschleppten und damit auch dessen Wissen.

Auf die Fortpflanzung bezogen dient die partnerschaftliche Liebe der Partnerbindung, um dem möglichen oder realen Nachwuchs ein hinreichend langjähriges Nesthockerdasein zu ermöglichen.
Ganz real muß gesehen werden, daß bei verschiedenen Affenarten ein neuer Partner die Jungen seines Vorgängers umbringt und die Mutter dies zuläßt. Und irgendwo las ich neulich, daß auch wir Menschen noch irgendetwas von dieser Verhaltensweise in uns haben.

Insofern würde ich das Eingangszitat eher so für richtig halten:

(Partnerschaftliche) Liebe ist ein vom Gehirn unterbewusst erzeugtes Gefühl. Hierbei signalisiert das Unterbewußtsein dem Bewußtsein, dass die Person, (die Representanz einer Person, Sache, Objekt der Begierde), die von der liebenden Person geliebt wird, als ein gutes Gegenstück zu Fortpflanzungszwecken angesehen wird. Das Empfinden/Gefühl 'Liebe' ist also ein vom Gehirn eigens kreiertes Gefühl, um zwei Individuen aneinander zu binden, um dem Nachwuchs ein Überleben zu ermöglichen.

Ipsissimus
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Mo 9. Mai 2005, 14:01 - Beitrag #8

Liebe ist eine Empfindung

dessen bin ich mir nicht so sicher. Dass Verliebtheit eine Empfindung ist, will ich wohl glauben, und daß mensch nach dieser Empfindung und der damit verbundenen hormonellen Aufregung süchtig werden kann, ebenfalls. Ob Verliebtheit aber schon Liebe ist, wage ich zu bezweifeln.

Wenn ich aber manchmal bei älteren alten Paaren, gelegentlich aber selten auch bei jüngeren Paaren, diese abgeklärte Art des "füreinander bedeutsam Seins" sehe, die völlig unspektakulär und ohne großartige Gefühlslastigkeit daherkommt, dann schätze ich das eher so ein, daß echte tiefe Liebe sicher nicht der Empfindungskomponente ermangelt, sich aber ebenso sicherlich nicht auf selbige reduzieren läßt.

Da-Fe
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Mo 9. Mai 2005, 20:48 - Beitrag #9

Ob Verliebtheit aber schon Liebe ist, wage ich zu bezweifeln.

Dazu gab es mal einen sehr langen Artikel im P.M.! Es ist leider schon etwas länger her, dass ich den gelesen hab, deshalb weiß ich keine Einzelheiten mehr, aber daraus ging ganz klar hervor, dass Liebe und Verliebtheit 2 vollkommen unterschiedliche Gefühle sind, die auch in ganz anderen Arealen des Hirns "erzeugt" werden, was in einem großen Experiment untersucht wurde.

janw
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Mo 9. Mai 2005, 22:27 - Beitrag #10

P.M. ist nicht unbedingt sehr verläßlich, was die Qualität der Informationen betrifft, aber das muß hier nichts heißen.
Gut möglich, daß Verliebtheit für das Bewußtsein eine eigenständige Empfindung ist. Aber dann gilt letztlich hinsichtlich der Mechanistik das zu Liebe gesagte, die biologische "Zweck"-Geschichte zielt vielleicht tatsächlich mehr in Richtung einer guten Zuchtwahl. Wobei das Wort "Zweck" eigentlich viel zu überstrapaziert wird, evolutionstechnisch reicht es aus, wenn ein Merkmal unschädlich ist.

Bowu
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Di 10. Mai 2005, 07:20 - Beitrag #11

Zitat von epidemie:"[...]Das Gefühl 'Liebe' ist also ein vom Körper eigens kreiertes Gefühl um zwei Individuen aneinander zu binden um dem Nachwuchs ein Überleben zu ermöglichen."

Diesem Teil würde ich wiedersprechen.

Der Körper hat dieses Gefühl nicht kreiert, schon gar nicht "eigens" und vor allem nicht "um zu"!

Der deutlichste (philogenetische) Beweis dagegen, dass dieses Gefühl erst von uns kreiert wurde, ist, dass unsere tierischen Vorfahren ebenfalls der (mit Nachwuchs verbundenen) Liebe fähig sind und waren. Dieses Gefühl, war also schon lange vor dem Menschsein in "uns", und dessen konkrete Entwicklung fand wohl eher parallel zur Entwicklung des Nervensystems statt.
Diese Liebe ist nicht ausschließlich menschlich, sie ist vielmehr tierisch.

Falls diese Aussage jedoch ontogenetisch gemeint war (also Entwicklung des Individuums), so würde ich noch immer wiedersprechen, wäre sehr skeptisch ihr gegenüber, denn mir ergab sich nicht einmal ein Hinweis darauf, dass ich dieses Gefühl in mir kreierte, und wenn ich es unbewußt kreiert haben sollte, so frage ich mich danach wer "Ich" bin, und was mein Unterbewußtsein dazu verleitet haben soll, solch ein Gefühl auszubilden.

Und Nein, weder ich noch der Rest der Menschheit hat dieses Gefühl ausgebildet, weil sie erkannt hat, dass dieses Gefühl dem Erhalt der Gattung nutzt.
Zum einen haben wir kaum Eigenschaften ausgebildet, weil sie uns nützlich erschienen. Vielmehr war es andersherum, wir haben sie ausgebildet und weil sie nützlich waren haben sie überlebt.
Der Wille zum Geschlechtsakt, kam meiner Meinung nach nicht aus einem utilitaristischen Weitblick meiner selbst oder gar der Menschheit, er ist vielmehr ein Erbe unserer organischen Vorfahren, und spätestens bei den ersten Zellreproduktionen, wirst du auch glauben, dass diese nicht erkannten dass Fortpflanzung gut sei "um zu".

Liebe, das ist ein unseren Anlagen entsprechendes Empfinden, welches zwischen Menschen wirkt, wenn sie sich gegenseitig als Objekte sexueller Handlungen erkennen. Das Gefühl erhielt sich, da diejenigen in denen es stark war tendenziell mehr Nachkommen zeugten.

Bowu
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Di 10. Mai 2005, 07:24 - Beitrag #12

Zitat von Ipsissimus:dessen bin ich mir nicht so sicher. Dass Verliebtheit eine Empfindung ist, will ich wohl glauben, und daß mensch nach dieser Empfindung und der damit verbundenen hormonellen Aufregung süchtig werden kann, ebenfalls. Ob Verliebtheit aber schon Liebe ist, wage ich zu bezweifeln.


Wenn man Liebe als soetwas wie Freundschaft und Verliebtheit ansieht (also als ein Wechselspiel aus beidem), so bezieht sich mein letzter Beitrag nur auf die Verliebtheit.

janw
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Di 10. Mai 2005, 13:27 - Beitrag #13

@Bowu: D´accord hinsichtlich des "um zu", Liebensfähigkeit hat sich in der Evolution als eine unschädliche Sache herausgestellt, die deshalb nicht wieder verschwunden ist. Wobei sie allerdings in meinen Augen durchaus vorteilhaft ist.

Aber wie jede Empfindung ist Liebe ein Konstrukt des Gehirns, wie auch das Ich ein Konstrukt des Gehirns ist - erkennbar daran, daß die Schädigung bestimmter Hirnregionen auch einen Verlust an Ich-Wahrnehmung zur Folge hat, und die Fähigkeit zu lieben kann durch frühkindliche Traumata eingeschränkt werden.

Ob auch andere Tiere lieben können, bin ich mir nicht so sicher, ich denke, hier herrscht eher eine relativ unbedingte Konditionierung vor. Feste Partnerbeziehungen sind im Tierreich auch zeitlich recht begrenzt, bei vielen Arten auch nicht vorhanden.

Ist Liebe daran gebunden, daß wir den anderen als Objekt sexueller Handlungen sehen? Bin mir nicht sicher.

Ipsissimus
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Di 10. Mai 2005, 13:35 - Beitrag #14

... wie auch das Ich ein Konstrukt des Gehirns ist
ich frage mich dabei nur, ob das Ich in seinem konkreten Sosein das Konstrukt eines Gehirns ist, oder ob ein Gehirn lediglich die "Technik" dafür liefert, daß ein Ich als "Programm" darauf abgespielt werden kann.

Außerdem frage ich mich, worauf diese ganze biologische Sichtweise hinausläuft ... daß alle diese biologisch bedingten Eigenschaften des Menschen durch diese Charakterisierung - als biologisch "voreingestellt" - disponibel und damit letztlich im Konfliktfall mit der Ökonomie als zweitrangig einzustufen sind? Schlimmstenfalls durch Genmanipulation zugunsten "rationalerer", utilitaristisch sinnvollerer Eigenschaften ausgemerzt werden können, da sie ja "bloß" biologisch sind?

janw
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Di 10. Mai 2005, 14:21 - Beitrag #15

Die Zellmasse in ihrer neuronalen Vernetztheit ist quasi die hardware, wobei die Vernetztheit gleichzeitig die Funktion bestimmt. Hart- und Weichware sind hier in meinen Augen schwer zu trennen.

Naja, Ipsi, was soll Jan machen? Die gängige wissenschaftliche Erklärung ist etwa die biologisch-mechanistische, die hier versucht wird wiederzugeben.
Daß das Leben insgesamt und der Mensch für mich einen sehr hohen Wert-Stellenwert hat, nicht so einfach nach Marktlage disponibel ist/sein darf, ist denke ich klar. Woher man auch immer dieses Urteil gewinnt, Jan gewinnt es aus einer Auffassung einer gewissen transzendentalen Bedingtheit.
Wer nach Beweisen dafür fragt, dem halte ich Bonhoeffer entgegen: begegnen sich zwei Fische im Meer. Fragt der kleine den großen: Sag mal, weißt Du wie Gott ist? sagt der große Fisch: Wie willst Du den Ozean beschreiben, in dem Du schwimmst?

Deine Besorgnis ist berechtigt, aber macht es Sinn, die Realität anhand der aktuellen lokalen/regionalen/globalen Problemlagen erkenntnisinteressegeleitet zu untersuchen, oder doch lieber neutral?

Ipsissimus
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Di 10. Mai 2005, 16:03 - Beitrag #16

na ja, dies ist ein Philosophieforum, nicht wahr? Die rein biologischen Bedingtheiten bestreite ich keinesfalls, auch wenn da im Einzelnen sicher vieles geklärt werden muß, um das Phänomen wirklich zu verstehen. Aber als Philosophie-Dilettant und bekennender advocatus diaboli scheint es mir unerläßlich, bei der Feststellung des Faktischen nicht stehenzubleiben, sonst können wir die Philosophie in den Wind schießen und die Fragestellung wäre besser im naturwissenschafltichen Forum aufgehoben.

Die Antwort auf die Frage nach der Bedeutung ist natürlich äußerst kontextabhängig; im naturwissenschaftlichen Rahmen bedeuten Fakten etwas anderes als im philosophischen oder ökonomischen Rahmen. Wenn wir aber darauf verzichten, uns vorliegende Fakten auf den philosophischen Kontext zu beziehen, geht uns imo etwas Wesentliches verloren, nämlich das, was die Fakten für uns bedeuten.

Wie bequem, wenn ich nach der Auslassung des Ökonomen, der mir gerade klar gemacht hat, wie wichtig es ist, daß die Gesellschaft alle ihre Ressourcen zur Stärkung der Wirtschaft verwendet, nicht weiter danach frage, was dies denn für mich bedeute. Entsprechend auch hier. Die aus biologischer Richtung gestellte Frage kommt zu ihren Ergebnissen, aber WARUM wird diese Frage aus biologischer Richtung gestellt? Jahrtausendelang genügte es, daß Menschen einander lieben, zum Angenehmen oder zum Unangenehmen. Weswegen möchte mensch wissen, wie das Ganze biologisch - also technisch - funktioniert, wenn dahinter nicht die Absicht lauert, in diesen Prozess von außen steuernd eingreifen zu können? Vielleicht auf daß "kompetente" Entscheidungsträger dafür Sorge tragen, daß nur "gesellschaftlich erwünschte" Paare zueinander finden, hoch zu hoch und tief zu tief?

So weit hergeholt ist das imo fürwahrlich nicht.

Rosalie
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Di 10. Mai 2005, 23:41 - Beitrag #17

nein, das denke ich auch nicht. Der Mensch wird immer mehr vereinnahmt und manipuliert, ohne dass wir uns dies im Allgemeinen bewußt werden.

Sicher hinterläßt die Liebe "biologische Spuren" im Menschen, aber Liebe ausschließlich auf die Biologie zu reduzieren würde dieser Urkraft des Universums bei weitem nicht gerecht werden. Stellt Euch unsren Planeten ohne Liebe vor .... nicht nur die erotische Liebe, sondern auch alle andren Varianten ... Könnt ihr Euch so ein Leben vorstellen? Ich denke nicht! Wo keine Liebe, da Gleichgültigkeit, da zählen ausschließlich die eigenen Interessen (die dann nicht mal mehr der Eigenliebe gelten, denn auch diese, ist eine Form der Liebe) , welche kurzfristige Triebbefriedigung anstreben. Solch eine Gesellschaft könnte nur noch durch eine totale Diktatur vor ihrer eigenen Selbstvernichtung bewahrt werden. Wenn man sich eine Form von Hölle vorstellen kann, dann eine solche ... also lieber Ipsi, ich glaube nicht, das Dein advocatus diaboli ernst gemeint war oder aber (was ich aber nicht vermute) , er war wenig durchdacht .

janw
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Mi 11. Mai 2005, 01:17 - Beitrag #18

Tja, Ipsi, der thread-Titel fragt ausdrücklich nach den biologischen Aspekten der Liebe, hätte ich mich transzendental aus dem Fenster gehängt, wäre mir wieder Wirrnis unterstellt worden...

Trotzdem denke ich, daß es soetwas gibt wie rosalie es beschreibt, vielleicht ist das Konzept der Negentropie hier anzuwenden. (Müßte mir das aber auch nochmal genauer durchlesen)

Den Ökognomen würde ich eben dies entgegenhalten, daß ihre Handlungsweise gemeinschädlich ist, nicht dem Wesen des Menschen entsprechend und letztlich nur sehr kurzzeitig tragfähig. Und daß sie selbst jederzeit zu ihrem Opfer werden könnten.

Warum fragt die Biologie nach den Gründen der Liebe? Das ist die Frage, warum Naturwissenschaft betrieben wird. Letztlich ist es pure Neugier, die die Forscher treibt, "zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammen hält".

Ipsissimus
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Mi 11. Mai 2005, 01:50 - Beitrag #19

Letztlich ist es pure Neugier, die die Forscher treibt, "zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammen hält".


jetzt scherzt du :-)

"pure Neugier" ist etwas, das vielleicht - vielleicht, bei mir hat das mit 5 Jahren schon nicht mehr in Reinform gestimmt - das vielleicht also ein Kind antreiben mag, seine Fragen zu stellen, obwohl ich auch da schon dahinter anderes mutmaße, die Klärung nach der eigenen hierarchischen Position in der Welt.

Also, entziehe bitte der "Neugierde der Forscher" das Geld, mit dem sie gefördert werden. Entziehe ihnen die Aussicht, daß sie mit den Ergebnissen ihrer Forschung wieder Geld einspielen, und du erlebst, wie weit Neugierde Erwachsene treibt: exakt null Millimeter über das ökomomische Kalkül hinaus.

Grundemotionen technisch zu hinterfragen - welchen Sinn mag es haben? Uns davor zu bewahren, liebeskrank zu werden, an der Liebe zu leiden? Dürfen wir nicht mehr am schönsten leiden? Möchtest du, daß ich das für dich entscheide, möchtest du das für mich entscheiden? Möchtest du, daß deine Kinder gar nicht mehr verstehen, daß Liebe etwas mit Wahl zu tun hat, weil sie automatisch lieben, wer "am besten" für sie geeignet ist? Hoch zu hoch, tief zu tief, reich zu Schönheitsideal und Schönheitsideal zu Macht?

Wehret den Anfängen.


Rosalie, unter einem "advocatus diaboli" wird üblicherweise jemand verstanden, der/die exakt in dem Augenblick, in dem der Beifall aufbraust, kritische Fragen stellt, der Art, ob denn der Beifall wirklich berechtigt sei, ob sich "die Leute" denn tatsächlich darüber im klaren sind, wofür sie da Beifall spenden. In diesem Forum herrscht stellenweise ein eisiger utilitaristischer Wind. Bezieh das "advocatus diaboli" darauf :-)

janw
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Mi 11. Mai 2005, 02:28 - Beitrag #20

Nun, Ipsi, ein wenig scherzte ich, denn was wäre die Neugier, wenn sie nicht ad maiorem dei gloriam, jener des Königs oder der Fülle des Portemonnaies zuträglich wäre?
Und doch gibt es Forscher, die ihren Wissendurst stillen im eisgen Wind der Sparzwänge, gegen Rotstifte kämpfend wie gegen Windmühlen der Don.

Doch, indes, Du unterschätzt mich, der dieses schreibt, selbst an der Liebe leidend und damit lebend und dies nicht missen möchtend als um den Preis der Erlangung des, wonach die Liebe strebt.

Es ist ein Trugschluss, zu glauben, das Wissen entzaubere die Welt. Für mich wächst dadurch eher schon die Ehrfurcht vor dem, was als Leben so vielfältig in Erscheinung tritt.
Und die Einsicht in die Verwundbarkeit dessen, wes Ende es wär, würde man es so gestalten wie Du es fürchtest.

Der Utilitarismus ist meine Sache nicht, anderslautendes mag mir vereinfachend durchgerutscht sein.

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