Aua, mein Kopf tut weh vom vielen Kopf-gegen-die-Tischkante-Hauen

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LadysSlave
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Di 7. Jun 2005, 09:40 - Beitrag #41

Zitat von janw:Maurice, ich wage die These, daß das Ethik-Konzept, welches LadysSlave da vertritt, wohl breite Zustimmung im westlichen Kulturkreis finden würde, wenn auch nicht alle danach handeln...

Und auch Spender, wie ich ihn kenne, würde dem voll zustimmen.


Davon bin ich auch überzeugt, sonst hätte ich auch wesentlich schärfer geantwortet.
Dennoch bin ich der Meinung, dass wir bei unseren Kommentaren tunlichst verhindern sollten, dass wir in den Sprachgebrauch der braunen Tyrannen verfallen, weil unsere eigenen Worte auch unser eigenens Denken formen.

Ich wollte Spender auch nicht des Rechtsradikalismus bezichtigen. Stattdessen wollte ich ihn darauf hinweisen, dass er mir seinen Worten in das Fahrwasser dieser Idologie geraten ist!

C.G.B. Spender
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Di 7. Jun 2005, 15:32 - Beitrag #42

In das Fahrwasser dieser Ideologie geraten bin ich bestimmt nicht, wenn ich lediglich darauf hinweise, dass die Neonazis ihre Existenz unserer Verfassung zu verdanken haben, die die Meinungfreiheit der Menschen schützt. Unter einem Regime, welches hakennäsige dunkelbraunäugige schwarzhaarige Menschen zu blond-blauäugigen Ariern werden läßt, solange sie das richtige Parteibuch in den Händen halten, hätten Gruppierungen, die gegen dieses Regime sind, nicht überlebt, keinerlei Freiheit gehabt.

Die Neonazis, die unserer Verfassung ihre Freiheit zu verdanken haben, vertreten also ein totalitäres Regime, welches genau diese Freiheit nicht zuläßt.

Das ist Ironie! Ohne das ich noch ironisch werden müßte.


Deswegen wünsche ich den Neonazis genau jenes, nach dem sie sich so sehr sehnen. Wer sollte da etwas dagegen haben? Nur ob sie wissen, wonach sie sich sehnen? ;)

Wieviele Menschen wissen heutzutage überhaupt, was Krieg und Shoa bedeuten?

Maurice
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Di 7. Jun 2005, 17:27 - Beitrag #43

Maurice, ich wage die These, daß das Ethik-Konzept, welches LadysSlave da vertritt, wohl breite Zustimmung im westlichen Kulturkreis finden würde, wenn auch nicht alle danach handeln...
Und auch Spender, wie ich ihn kenne, würde dem voll zustimmen.

Das stimmt... aber das spielt für die Frage, ob Ehtik teilbar ist keine Rolle.

LadysSlave
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Di 7. Jun 2005, 23:35 - Beitrag #44

Zitat von Maurice:Das trifft allen Anschein nach auf dich zu, muss es aber nicht zwangsweise auf auf alle Menschen. Es kommt auf das Ethik-Konzept an.
Das bedeutet aber in keinster Weise, dass ich den Massenmord der Nazis gutheiße!

Sicher ist es meine eigene Einstellung.
Dass Andere es anders sehen können trifft absolut zu!
Dennoch ist das jeweilige Konzept, wenn es ehrlich ist, dann auch in allen Bereichen als Masstab zu nehmen.

Maurice
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Mi 8. Jun 2005, 00:01 - Beitrag #45

Es wird jetzt zwar etwas meta, aber egal:
Es ist ein Fehlschluss, wenn man sagt, dass, wenn man die systematische Tötung von Juden ablehnt, man gegen sysemtatische Tötung im allgemeinen sein muss. Wenn man davon ausgeht, dass jeder Mensch die gleichen natürlichen Rechte hat, dann ist diese Folgerung logisch. Aber man muss nicht notwendig davon ausgehen, dass alle Menschen die gleichen natürlichen Rechte hat.
Mit Teilung von Ethik meinte ich, dass man eine Ethik konstruieren kann, in denen es unterschiedliche Rechte für "verschiedene Arten" von Menschen gibt.

Oder haben wir hier bezüglich "teilbar" verschiedene Vorstellungen?

janw
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Mi 8. Jun 2005, 01:52 - Beitrag #46

Sicher, Maurice, kann in einer Gesellschaft jede Art von ethischem System entstehen, eines mit mit voller Rechtegleichheit aller ebenso wie eines mit Rechtevergabe nach welchem Kriterium auch immer.

Aber alle ethischen System haben ihre inhärente Logik und Kohärenz, in dem jeder nach seiner Position in der Gesellschaft erkennen kann, in welchen Grenzen er wie handeln kann und womit er bei Regelverstößen zu rechnen hat. (Daß es dabei immer Ausnahmen gibt, auch in Rom z.B. vereinzelt Sklaven zu Bürgern aufgestiegen sind, tut dem keinen Abbruch)

Und so ist es nur natürlich, daß in unserer auf der Rechtsgleichheit aller fußender Gesellschaft auch Rechtsextreme ihre Meinung kund tun dürfen, auch wenn diese Meinung die Aufassung umfaßt, daß diese liberale Rechtsordnung zu beseitigen ist. Die Grenze dieser Meinungsäußerung liegt da, wo es um konkretes Handeln zum Schaden der Gesellschaft und der Rechtsordnung geht.

Wenn man sich aber gegen die Gesellschaft wendet, sollte man sich auch der Konsequenzen bewußt sein, die einen erwarten, wenn der Systemwechsel wie gewünscht gelingt.
Daß insbesondere im rechtsextremen Lager diese Überlegungen von vielen nicht angestellt werden, ist eine Tatsache, und eine, auf die durchaus hingewiesen werden darf - weist sie doch, unabhängig, wie man zur rechtsextremen Ideologie steht, auf die hier sehr verbreiteten erheblichen intellektuellen Defizite auch der Meinungsführer hin.
Sie sind dumm, und das darf die Welt ruhig wissen.

Ob man den dummen Toren die ihnen systemimmanent zustehende Behandlung wünschen soll, ist sicher die Frage. Ich würde doch eher dazu neigen, sie vor sich selbst zu schützen...

LadysSlave
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Mi 8. Jun 2005, 10:29 - Beitrag #47

Schon weil die Rechtsextremen einfach nur dumm sind und Dummheit (nach unserer geltenden Rechtsordnung) nicht mit Naziterror bestraft wird. Wenn auch - und das muss man auch laut sagen! - Für eine Gesellschaft kann diese Strafe sehr wohl anstehen, weil, wenn sie sich nicht wehrt eine ganz andere Rechtsordnung enstehen kann in der sehr wohl Naziterror als Strafe vorgesehen sein kann.

Ich fand den Ausdruck von Kanzler Schmidt von der Wehrheften Demokratie sehr gut, als er den Kampf gegen die Pseudolinke RAF begründete.

Und dass Nazis sehr wohl fähig und willens sind selbst Mitstreiter zu beseitigen, wenn sie ihre Ziele erreicht haben zeigt der Umgang mit Ernst Röhm 1934, der in den Zeiten, als die NSDAP zur Macht wollte die SA aufbaute und damit Millionen Arbeiterstimmen hinter diese Partei brachte - als die Nazis an der Macht waren haben sie sich schnell dieser "linken" Ader der Partei entledigt. Durch den sogenannten Röhm-Putsch wurde es begründet. Fakt war, dass diese rechte Partei den linken Flügel nur brauchte um an die Macht zu kommen. Anschliessend wurde dieser Flügel abgehackt- er störte an der Macht. Er störte den Auftraggebern, Flick,Thyssen, Mannesmann, Krupp, Siemens und wie sie alle hiessen, die die "Hunderttausend Reichsmarkspende der Deutschen Industrie für den Führer" aufbrachten - zum Vergleich, die Leute verdienten damals ca. 1,50 am Tag
Ich kenne Leute die wirklich glauben unter rechtsextremer Ägide würden Arbeiterinteressen vertreten! :contra: Natürlich, solange es nützlich ist. Aber nur genauso lange. Diese Leute sollten sich das Schicksal der SA mal genauer ansehen. Doch dazu müssten sie vorurteilslos erklärt bekommen, was sie da sehen, denn das von allein zu begreifen überschreitet wohl den Horizont eines Rechtsextremen:shock:

C.G.B. Spender
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Mi 8. Jun 2005, 17:18 - Beitrag #48

LadysSlave, ich kann dir vor allem bezüglich deines letztes Beitrags nur zustimmen und habe selbst nicht das genaue geschichtliche Wissen, um diese Daten hier korrekt wiedergeben zu können. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich noch eine Doku über Hitlers Machtergreifung gesehen, in denen die von dir angesprochenen Vorfälle dargestellt wurden. Vor allem die Erschießung Ernst Röhms im Gefängnis ist mir in guter Erinnerung.

Wehrhafte Demokratie ist auf jeden Fall gut. Es sollte niemand glauben, dass man alle Konflikte friedlich lösen kann, so sehr dies ein Ideal vieler Menschen sein mag. Eine Menge Ideale scheitern leider an der Realität. :(

janw
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Mi 8. Jun 2005, 18:02 - Beitrag #49

Tjaja, die wehrhafte Demokratie...
Ich halte den Begriff in seiner Endsiebziger-Konnotation für sehr diskussionswürdig, milde ausgedrückt.

Letztlich basiert jedes Herrschaftssystem auf dem unausgesprochenen Dogma, daß die führende Person oder Gruppe voll einsichtsfähig ist in die Konsequenzen ihres Tuns und in die bewertungsrelevanten Aspekte aller die Gesellschaft und das System betreffenden Gruppen und Tendenzen.

Das ist auf Dauer schwerlich anzunehmen bei allen Formen von Monarchie, Diktatur, Oligarchie, aber auch dem Volk als Souverän kann man diese Fähigkeit nicht unbedingt auf der Ebene des einzelnen Bürgerindividuums zusprechen.
In diesem Punkt sind daher IMHO alle Staatssysteme relativ gleich.

Letztenendes muß Staat damit leben, daß es die Möglichkeit eines Systemwechsels gibt, und diese Möglichkeit als Chance begreifen. Als Chance nämlich, nicht zu stagnieren und damit irgendwann vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein, sondern durch die Kritik den Wandel der Zeiten an sich herangetragen zu bekommen. Und durch vorausschauendes Handeln den Verfechtern des Systemwechsels den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Damit will ich ganz klar NICHT sagen, daß grundlegende Dinge unseres Gemeinwesens wie die Grundrechte in irgendeiner Weise vor einem Zeitgeistwandel zur Disposition stehen, dürfen oder können. Da ist Wehrhaftigkeit gefordert.

Aber die Maßnahmen der Terrorfahndung im "Deutschen Herbst" und die jetzt durch die Sicherheitsgesetze aufgrund der (in meinen Augen von den usa bewußt inkauf genommenen) Hochhausattentate in New York eingeführten Möglichkeiten der Polizei gehen deutlich und in meinen Augen unzulässig darüber hinaus. Hier werden nicht Grundwerte geschützt oder akute Gefahren abgewehrt, sondern willkürlich über unbescholtene Bürger Daten gesammelt, wodurch JEDER potentiell irgendwann in einen Verdachtszusammenhang gebracht werden könnte.

Wahrung der Grundrechte und allgemeine Gefahrenabwehr bei akuter oder klar absehbarer Gefahr, das sind die Aufgaben des Staates, für die dieser in das Leben der Bürger eingreifen darf.
Gegen gefährliche Gruppen von links und rechts hilft nur, die Bürger richtig und ehrlich zu informieren, Menschen aus anderen Kulturkreisen wirksam zu integrieren und Kritik aus der Bürgerschaft ernst zu nehmen.
Das aber hat die Politik versäumt, in der Nachkriegszeit, wo personell teilweise nahtlos an die Nazi-Zeit angeknüpft wurde und somit der Boden bereitet wurde für 1968 folgende, und in den 80er Jahren, wo unter dem Rubrum "Die Rende is sicha" und "Multikultur" der Grund für unsere heutige Krise gelegt wurde.

LadysSlave
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Mi 8. Jun 2005, 19:58 - Beitrag #50

Zitat von janw:Tjaja, die wehrhafte Demokratie...
Ich halte den Begriff in seiner Endsiebziger-Konnotation für sehr diskussionswürdig, milde ausgedrückt.

Damit will ich ganz klar NICHT sagen, daß grundlegende Dinge unseres Gemeinwesens wie die Grundrechte in irgendeiner Weise vor einem Zeitgeistwandel zur Disposition stehen, dürfen oder können. Da ist Wehrhaftigkeit gefordert.

Aber die Maßnahmen der Terrorfahndung im "Deutschen Herbst" und die jetzt Wahrung der Grundrechte und allgemeine Gefahrenabwehr bei akuter oder klar absehbarer Gefahr, das sind die Aufgaben des Staates, für die dieser in das Leben der Bürger eingreifen darf.
Gegen gefährliche Gruppen von links und rechts hilft nur, die Bürger richtig und ehrlich zu informieren, Menschen aus anderen Kulturkreisen wirksam zu integrieren und Kritik aus der Bürgerschaft ernst zu nehmen.
Das aber hat die Politik versäumt, in der Nachkriegszeit, wo personell teilweise nahtlos an die Nazi-Zeit angeknüpft wurde und somit der Boden bereitet wurde für 1968 folgende, und in den 80er Jahren, wo unter dem Rubrum "Die Rende is sicha" und "Multikultur" der Grund für unsere heutige Krise gelegt wurde.

Die damalige wehrhafte Demokratie hat gegen Menschen gekämpft, die diese Demokratie vernichten wollten, bzw. gegen deren Anwälte.
Einer von diesen Anwälten ist nun Innenminister. Der ehrenwerte unfähige Terroristenanwalt Schily, der nciht einen seiner Schützlinge rauspauken konnte und nicht eines der Lebenslänglich-Urteile verhindern konnt.
Aber er hat diese Demokratie von innen zerrüttet. Nicht die Werte wurden geschütze, sie wurden ausser Kraft gesetzt.
Wenn die Nazis die Möglichkeiten gehabt hätten, die Schily jetzt eingführt hat, wäre es für sie noch einfacher gewesen.
Es ist einfach traurig, wenn solch ein (erwiesenermassen unfähiger) Terroristenanwalt die Demokratie mit Mitteln abschaffen kann, die bei der Frage der Volkszähling schon einmal als verfassungswidrig erklärt wurden. Wie wachsam ist das Volk?
Wer will denn die unsere Demokratie eigentlich noch, wo sind die Demokraten, die die Grundrechte verteidigen?

e-noon
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Mi 8. Jun 2005, 20:17 - Beitrag #51

Warum zitierst du eigentlich so viel? Steht doch eh schon drüber ^^

Ich fände es auch besser, das Übel an der Wurzel zu packen, gegen geballte Dummheit mit Bildung vorzugehen statt mit Strafen. Also einfach mehr Lehrer einstellen statt Polizisten ^^

Monostratos
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Mi 8. Jun 2005, 20:27 - Beitrag #52

Tut mir leid, aber es gibt nicht nur eine Form der Dummheit (mangelnde Bildung), sondern noch ein Paar andere, wie z.B. soziale Dummheit, auf die Verschwendung der persönlichen Begabungen bezogene Dummheit, Merkbefreitheit und Beratungsresistenz (aka Ignoranz), usw. Da kommen in der Regel nicht Lehrer oder Polizisten gegen an, sondern einfach nur eine gewaltige Landung des Lebens auf der Nase.

Ein ganzes Sammelsurium dessen wird in den Ausgangspostings auch schön dargestellt.

janw
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Mi 8. Jun 2005, 22:10 - Beitrag #53

Mono, damit hast Du nicht unrecht...
Aber, was würde man logischerweise daraus schließen?
Daß das Wahlrecht nur an Leute ab 25 vergeben wird (Erwerb mindester Lebenserfahrung), die eindeutig bewiesen haben, daß sie politisch bewandert sind und die Konsequenzen ihres Wahlurteils überblicken.

Wäre ich nicht so für, vor allem in Anbetracht der vielen Alten mit eingerostetem Weltbild, die trotzdem unverdrossen ihre C-Partei wählen :rolleyes:

LadysSlave, ich habs mir verkniffen, auf das Phänomen Schily einzugehen, der Beitrag war schon lang genug...

Über seine Unfähigkeit bin ich mir nicht so sicher, eine Freilassung der Gefangenen oder mildere Urteile waren Ziele, die denke ich nicht wirklich als erreichbar in Betracht gezogen wurden, sondern eher den Weg bereiteten für die Hafterleichterungen, die tatsächlich erreicht wurden. Das maximale fordern, um etwas zu bekommen, war die Devise.
Und immerhin wurde damit die Sache der RAF für eine längere Zeit im Bewußtsein der Bevölkerung gehalten, wohingegen staatlicherseits ein Vergessen der Häftlinge nach der Verurteilung sicher eher erwünscht gewesen wäre.
Das Erreichbare wurde also etwa erreicht...
LadysSlave schrieb:
Die damalige wehrhafte Demokratie hat gegen Menschen gekämpft, die diese Demokratie vernichten wollten, bzw. gegen deren Anwälte.

Da kommt man eben für mich an die Frage, wieweit Staat gehen darf.
Die RAF wollte ein anderes System, die Demokratie a la Bundesrepublik Deutschland vernichten. Die RAF tötete dazu Spitzenkräfte aus Staat und Gesellschaft und griff erheblich in die öffentliche Sicherheit in Deutschland ein.
Die Morde und die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wären in meinen Augen akzeptable Gründe für die Verfolgung der RAF und für die Urteile gewesen, die gedankliche (und meinetwegen verbalisierte) Systemopposition fällt in meinen Augen unter die Meinungsfreiheit, zumindest ist es IMHO schwer, die Grenze dazu zu ziehen.

Was das Wirken Schilys als Innenminister betrifft, gebe ich Dir recht.
Das wirkliche Drama dieser Demokratie ist, daß diese verfassungsmäßig äußerst fragwürdigen Gesetze von der CDU-Opposition fast noch als zu wenig weitgehend kritisiert wurden, und sie sind der demokratische Sündenfall der Grünen.
Und der Bundespräsident, der sie abgesegnet hat, ist dafür gleichfalls zu brandmarken.
Die Partei, die tendenziell gegen diese Gesetze war und ist, ist die FDP.

Monostratos
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Mi 8. Jun 2005, 22:28 - Beitrag #54

Ups, ich hatte weniger die sich aus dem Ausgangsthema entwickelte politische Debatte im Blick, sondern das Ausgangsthema (Und wäre den Mods sehr verbunden, darauf mehr durch Abtrennung des Themas oder Gebot des Ontopic-Bleibens zu reagieren). Und die "Dummheit" eines Herrn Schily hier zu diskutieren, wäre doch allzu unschön.

Aber wo wir nun schonmal dabei sind:

Aber, was würde man logischerweise daraus schließen?
Ich würde nichts daraus schliessen, was nicht schon Realität ist. Es wird immer eine Grauzone zwischen geistiger und körperlicher Reife geben. So, wie der Wahlzensus z.Z. in Deutschland ist, ist er meines Erachtens ok. Dann wählen halt dumme Menschen Parteien, weil ihre Verwandten/Freunde sie auch wählen, oder weil sie sie schon immer gewählt haben. Damit muss man leben und kämpfen, und entspricht nicht wirklich einem demokratischen Geiste... Eine Überprüfung geistiger Reife ist doch viel komplizierter und auch demütigender, als die körperliche. Und daß das Wählen der geistigen Unterschicht vorenthalten sein sollte (siehe auch antikes Griechenland), ist zwar in gewissem Maße reizvoll, aber...

janw
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Mi 8. Jun 2005, 22:37 - Beitrag #55

Monostratos schrieb:
Und daß das Wählen der geistigen Unterschicht vorenthalten sein sollte,...

Das indes sollte man wirklich ändern, die Präsenz der geistigen Unterschicht in den Regierungen von Bund und Ländern ist wohl DAS Problem, es sollte wirklich nur geistige Elite zur Wahl stehen.

Monostratos
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Mi 8. Jun 2005, 22:48 - Beitrag #56

DAS war entweder zweideutig formuliert, oder Du hast es wohlwissend so interpretiert. Nicht, daß ich diese Interpretation nicht schlechtheißen würde, denn hast Du einen Punkt angesprochen, den ich nicht bedacht hatte. ^^; "Dumme" Menschen zu wählen, ist ja leider auch erlaubt und möglich. Meines dafürhaltens sind diese dummen Menschen aber fast allesamt in Parteien, die maximal gute 3 Prozente kriegen (Ich dachte da an rechte und linke Extreme), aber dass auch "kluge" Menschen wohl überwiegend dumme Entscheidungen treffen, liegt wohl an deren nicht unbedingt unüberlegten Positionen zu aktuellen Themen, und weniger an irgendwie gearteter Dummheit. Gut, man _könnte_ ihre Dummheit auch am Erfolg, bzw. dessen Ausbleiben messen...

janw
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Mi 8. Jun 2005, 23:52 - Beitrag #57

Das meinige war etwas sinnentstellendes Zitieren, es mußte sein, ich konnte mir nicht helfen *g*
Aber "wohlwissendes Interpretieren" ist eine schöne Bemäntelung ;)

Nein, Dummheit ist denke ich in unserer Führungsschicht zwar nicht abwesend, aber nicht das primäre Problem.
Eher schon, daß selbst geistige elitäre Kräfte durch das Wahlvolk und andere maßgegende Kräfte zu Dingen gezwungen werden, die sie nicht wirklich gutheißen.
Jedes Volk bekommt die Regierung die es verdient...

LadysSlave
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Do 9. Jun 2005, 11:39 - Beitrag #58

Die makabre Ironie von Jan fand ich richtig erfrischend!
Ich wollt aber darauf zurückkommen, was Bauer-Ranger zu anfang gepostet har!
Das Schlimme ist doch, das durch die ganze Entwicklung in unserer Gesellschaft genau solchen Rabauken wie dem rechtsradikale Phrasen nachplappernden Mechatroniker in die Hände spielt und ein neues - ein 4. Reich vorbereitet wird. Nun, es kann wohl sein, dass diesmal dann nicht gegen die juden gehetzt wird- weil das ja schon mal da war- dann eben gegen die zugewanderten.
So weit davon sind wir doch gar nicht entfernt. Zugewanderte und ausländische Heuschrecken sind sogar bei demokratischen Parteien diskutabel.
Dass dazu tatsächliche, oder vermeindliche Auswüchse herangezogen werden ist auch nicht neu. Hatten die Nazis auch gemacht.
Ich meinte eigentlich, dass das Instrumetarium unseres Staates vollkommen ausgereicht hatte um die terroristische Bedrohung der RAF (nenn ich sie mal eine Christliche Terrororganisation, weil es dort Mitglieder gab, die getauft wurden) zu bekämpfen und auszuschalten. Weshalb also braucht man eine Verschärfung der Gesetze, bis in den Bruch der Verfassungsgerichtsurteils zur Überprüfung von Verdächtigen. Hier wurde ganz klr angewiesen, dass ausschliesslich bei begründeten Verdacht und bei Straftaten die mit mehr als 5 Jahren bedroht sind diese Überprüfung stattfinden darf.
Herr Schily ist also immer noch Verfassungsfeind! oder warum vergeht er sich gegen das Urteil der Bundesverfassungsgerichtes?
Als Begründung wird nun eine 'Terroristische Bedrohung' herangezogen (diesmal eine Islamische- was aber ist der Unterschied zwischen einer islamischen und einer christlichen Terrororganisation?)
Und obwohl wir das Handwerkzeug schon hatten, womit wir die RAF bekämpften, wird die Überwachungsschraube angezogen.
Der Kollege von Schily - Ebenfalls Terroristenanwalt - Horst Mahler - ist jedenfalls ehrlicher und tritt offen als NeoNazi auf.
Beide kommen wir zusammen wie der Proll in Bauer Ranger´s Wohsiedlung vor!

janw
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Do 9. Jun 2005, 12:53 - Beitrag #59

LadysSlave, dann war also Schily damals Verfassungsfeind, weil er Terroristen vertrat, die die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen wollten?

Gerade das ist doch die Qualität der Demokratie, daß JEDER, der vor Gericht steht oder verurteilt ist, ein Recht auf anwaltliche Betreuung hat. Ganz egal, wer er ist, was er getan hat und was er gedanklich vorhat. Das ist das Pendant dazu, daß JEDER in diesem Land ein Anrecht darauf hat, durch den Staat wirksam gegen Gefahren und Übergriffe von anderen geschützt zu werden.
Das ist aber zugleich auch die Achillesferse des Staates an sich - die freiheitlich demokratische Grundordnung kann eigentlich nur eine wache Bürgerschaft und ein die Verfassung schützendes Verfassungsgericht schützen.

Daß Schily jetzt Verfassungsfeind ist - kein Frage. Wer geht nach Karlsruhe, Du oder ich? ;)

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Do 9. Jun 2005, 16:14 - Beitrag #60

hinsichtlich Schillys Fähigkeiten als Rechtsanwalt halte ich dafür, daß selbst der fähigste Anwalt der Welt damals kein einziges dieser Urteile hätte verhindern können, da die Anerkennung der Motive der RAFler als politische Motive pauschal verweigert wurde. Natürlich war das eine politische Entscheidung.

Schilly als Politiker hingegen macht sich phantastisch als warnendes Beispiel dafür, daß zu irgendeinem Zeitpunkt vertretene Ansichten keinerlei Aussagefähigkeit für zu einem späteren Zeitpunkt vertretene Ansichten aufweisen; darin wird er nur noch von Fritz Teufel überboten.

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