Aua, mein Kopf tut weh vom vielen Kopf-gegen-die-Tischkante-Hauen

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C.G.B. Spender
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Do 9. Jun 2005, 16:18 - Beitrag #61

Die Frage, die ich mir schon lange stelle und teilweise auch beantworten kann, ist, inwieweit staatliche Institutionen Gesetze brechen dürften, solange es inoffiziell bleibt. Nach dem Motto: Du kannst machen was du willst, du darfst dich nur nicht erwischen lassen. Es muß nicht gleich MKUltra sein, aber zumindest die grenzenlose Überwachung von verdächtigen Personen durch die Geheimdienste bedurfte meines Erachtens noch nie der Erlaubnis von irgendwelchen Richtern oder Staatsoberhäuptern, auch nicht hier in Deutschland.

Deswegen sehe ich die Untergrabung der Grundrechte der Bürger immer mit einem kleinen Schmunzeln. Natürlich sollte man es trotzdem nicht auf die leichte Schulter nehmen. Über die Fähigkeiten von Herrn Schily läßt sich streiten, wenn man bedenkt, dass er für biometrische Reisepässe ist, die er als sicher bezeichnet, während in der Sicherheitsszene schon bekannt wurde, dass ein unbemerktes Auslesen der im Pass enthaltenen Chips durch Unbefugte möglich ist. Auch Fingerabdrücke lassen sich fälschen.

Möglicherweise ist es bestimmten Menschen im Machtapparat egal, was mit den Bürgern geschieht, bzw. sie sehen sie als eine form- und manipulierbare Grundkomponente des Systems an. Menschenmaterial, nicht mehr und nicht weniger. Man kann den Menschen immer nur vor den Kopf schauen. Was auf der einen Seite wie Terrorismusbekämpfung aussieht, kann auf der anderen Seite der befürchtete Überwachungsstaat sein.

Eigentlich finde ich daher die rechten Tendenzen gefährlicher, als jede Neonazi-Gruppierung, die ohne Unterstützung von oben sowieso nur am Rande der Legalität existieren können.

Feuerkopf
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Do 9. Jun 2005, 16:36 - Beitrag #62

[quote="Ipsissimus"]
Schilly als Politiker hingegen macht sich phantastisch als warnendes Beispiel dafür, daß zu irgendeinem Zeitpunkt vertretene Ansichten keinerlei Aussagefähigkeit für zu einem späteren Zeitpunkt vertretene Ansichten aufweisen]

Und der wird locker von Horst Mahler getoppt.
Jura macht langfristig kalkig im Kopf, scheinz.;)

LadysSlave
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Do 9. Jun 2005, 17:51 - Beitrag #63

[quote="janw"]LadysSlave, dann war also Schily damals Verfassungsfeind, weil er Terroristen vertrat, die die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen wollten?

Daß Schily jetzt Verfassungsfeind ist - kein Frage. Wer geht nach Karlsruhe, Du oder ich? ]

Nicht weil er sie vertreten hat, war er Verfassungsfeind, sondern weil er Verfassungsfeind war hat er sie vertreten.

Allerdings glaube ich, dass das Bundesverfassungsgericht nicht gerada auf mich gewartet hat, weil ich Probleme habe die Betroffenheit nachzuweisen, auch keine berechtigte Körperschaft bin und ausserdem sind wohl die diversen anderen Gerichte zu bemühen, ehe man vor dieses Gericht käme. Und solange ist Schily nun doch nicht mehr im Amt, dass das Urteil gegen einen Bundesminister Schily ergehen könnte.

janw
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Do 9. Jun 2005, 19:10 - Beitrag #64

Mh, dann meinst Du also, daß es prinzipiell Kategorien von Straftätern gibt, die ein rechtschaffener Anwalt nicht guten Gewissens betreuen kann?
Dann hätte es doch auch keinen Prozeß gegen Hitler geben können, oder? ;)

C.G.B. Spender
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Do 9. Jun 2005, 19:34 - Beitrag #65

Ich würde gerne Saddam Hussein vor Gericht vertreten, aber nur wenn mir Michel Friedman dabei hilft. ;)

LadysSlave
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Do 9. Jun 2005, 23:03 - Beitrag #66

[quote="janw"]Mh, dann meinst Du also, daß es prinzipiell Kategorien von Straftätern gibt, die ein rechtschaffener Anwalt nicht guten Gewissens betreuen kann?
Dann hätte es doch auch keinen Prozeß gegen Hitler geben können, oder? ]

Da habe ich mich dann wohl nicht deutlich genug ausgedrückt!
Nicht dass Schily die Leute vertreten hat machte ihn zum Terroristen-Anwalt, sondern [size=100]wie [/size]er seine Leute vertreten hat!
Denn es gab keine gesetzliche oder gar moralische Verpflichtung, den Informationskontakt zwischen den Inhaftierten und den untergetauchten Terroristen aufrecht zu erhalten, wie es der Anwalt Schily tat. Seinen Mandanten zu vertreten schon, aber nciht mit ihn zu Identifizieren und sein Umfeld zu informieren. Denn niemand erwartet von einem Rechtsanwalt, dass er einen Sittlichkeitsverbrecher vertritt indem er Kontakte von anderen Sittlichkeitsverbrechern mit seinem Mandanten aufrecht hält! Und die RAF Leute waren für mich schlichte Kriminelle, die ihre Kriminellen Taten, wie Raub, Entführung und Mordpolitisch verbrämten. wobei sie mit ihrer Ideologie von der Avantgarde der Arbeitklasse nicht weit vom Führerprinzip entfernt waren. Denn die Avantgarde der Arbeiterklasse wären besonders gute Arbeiter, und keine Bankräuber.

@C.G.Spender:
Musst du nur die Frage vor welchem Gericht ein wenig verändern um dies möglich zu machen;) :P

C.G.B. Spender
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Fr 10. Jun 2005, 00:27 - Beitrag #67

Das mit dem Informationskontakt während der Inhaftierung ist mir erst vor kurzem zu Ohren gekommen. Ich fand es haarsträubend.

@C.G.Spender:
Musst du nur die Frage vor welchem Gericht ein wenig verändern um dies möglich zu machen;) :P
Das mußt du mir genauer erklären. :confused:

janw
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Fr 10. Jun 2005, 00:29 - Beitrag #68

Gut, LadysSlave. So rum wird ein Schuh daraus, und darin gebe ich Dir recht.
Eigentlich hätte man ihn deswegen belangen können, oder?
Wahrscheinlich nur ein Problem der Beweisführung wegen der Unantastbarkeit der Anwaltskanzlei...

Feuerkopf, sag das nicht, meine Schwester hat was mit Jura :rolleyes:

Ipsissimus
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Fr 10. Jun 2005, 08:34 - Beitrag #69

aus meiner Sicht der Dinge waren die Mitlieder der RAF und der Bewegung 2. Juni alles mögliche, nur keine Verbrecher. Die saßen und sitzen ganz woanders.

Feuerkopf
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Fr 10. Jun 2005, 09:16 - Beitrag #70

Ipsi,
für mich wurden sie zu Verbrechern, als sie Menschen entführten und ermordeten. Herr Schleyer war stets ersetzbar. Eine offizielle Position kann man nicht töten. Das haben auch Baader, Meinhof und Ensslin gewusst.
Sie haben einen Stellvertreter für das System genommen und nichts erreicht, außer die meistverfolgten Leute in der BRD zu werden.
Bei allem Verständnis für die Wut auf die gesellschaftlichen Strukturen - wenn Gewalt eingesetzt wird, hört mein Verständnis auf.

Ipsissimus
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Fr 10. Jun 2005, 09:27 - Beitrag #71

diese Position kann ich sehr gut nachvollziehen, Feuerkopf, auch wenn ich sie nicht teile. Das Problem mit dieser Position sehe ich in dem Umstand gegeben, daß darin Zusammenhänge massiv ignoriert werden müssen - die Umstände, auf die Terrorismus als Reaktion einsetzt, seien so schlimm wie sie sein mögen, sie werden saktrosankt, sobald das staatliche Gewaltmonopol gebrochen wird. Das ist, um das mindeste zu sagen, eine doppelte Moral.

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Fr 10. Jun 2005, 11:18 - Beitrag #72

Zitat von Ipsissimus:aus meiner Sicht der Dinge waren die Mitlieder der RAF und der Bewegung 2. Juni alles mögliche, nur keine Verbrecher. Die saßen und sitzen ganz woanders.

Ich weiss nicht, Bankraub- was ist es denn sonst als kriminell? Auch wenn dabei Negerküsse verteilt wurden, darf es nicht davon ablenken, dass es mit Waffengewalt geschah und die Gesundheit und das Leben anderer Menschen in Gefahr gebracht wurden. Was wäre denn passiert, wenn einer der Kunden Polizeibeamter gewesen wäre und eine Waffe gezogen hätte? Was hat der kleine Schalterangestellte auf dem Kerbhólz gehabt, dass denen Waffen vor die Augen gehalten wurden, ihnen also Waffengewalt angedroht wurde um Geld zu erpressen?
Was hatten die Touristen getan, dass man sie entführen liess? Denn die Lufthansamaschine Landshut wurde auf ein Hilfersuchen der RAF entführt. Sozusagen aus Waffenbrüderschaft.
Nein, das waren schlicht kriminelle Taten.
Mord und Totschlag sind nunmal keine politische Auseinandersetzung. Die RAF Typen waren sich zu Schade in der langwierigen politischen Arbeit aufzugehen. In ihrer dreisten Einstellung, es besser zu können und dabei unter verachtung aller Gesetze der Bevölkerung was aufzwingen zu wollen sind die doch kaum überbietbar.
Für mich waren das ganz normale Kriminelle.
die Beute aus den Bankrauben haben sie ja auch nciht , wie weiland Robin Hood, an Bedürftige verteilt, sie haben davon gelebt.

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Fr 10. Jun 2005, 11:34 - Beitrag #73

[quote="C.G.B. Spender"]Ich würde gerne Saddam Hussein vor Gericht vertreten, aber nur wenn mir Michel Friedman dabei hilft. ]
Wieso, brauchst du Dope für die Argumentation?
Oder sollen ein raar unfreiwillige Prostituierte aus Russland die Zeit zwischen die Verhandlungen verkürzen?
Oder wozu brauchst du Friedman´s Hilfe?
Vor einem Femegericht der Russischen Mafia könnte er dir evtl. behilflich sein:angry3:
Allein die Tatsache, dass Friedmann jetzt wieder in die Verkleidung als Biedermann steigt und moralische Ergüsse von sich lässt, sehe ich als Beleidigung an:mecker2: .
Tut mir Leid, nach den Handlungen ist er für mich als ehrenwerten Mensch nicht mehr hinnehmbar.
Wie hat er denn für seine Straftaten eingestanden? Indem er ein (für ihn)kleines Trinkgeld bezahlte und vor aller Öffentlichkeit sich mit seiner Bärbel versöhnte wurde er für mich nicht zum Ehrenmann:kotz:.

Ipsissimus
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Fr 10. Jun 2005, 11:52 - Beitrag #74

jupp, LadySlave, ich verstehe deine Position. Wenn man glaubt, daß die Dinge aus dem Nichts heraus passieren, aus reiner Bösartigkeit und ohne jeden Zusammenhang mit irgendwelchen anderen Faktoren, dann muss mensch wohl notwendigerweise zu einer solchen Haltung kommen. Konsequenterweise wurde ja auch den RAFlern die Anerkennung ihrer Motive als politische Motive versagt.

Die Blindheit einer solchen Position bewährt sich auch heute noch; ohne jeden Zweifel sind Terroristen bösartige, von keinerlei Skrupeln gequälte, die Tötung von Menschen als Selbstzweck ihrer sadistischen Gelüste liebende Bestien, eigentlich keine Menschen mehr, die zu verstehen sich also auch erübrigt.

Daß irgendetwas von dem, was sie tun, in Zusammenhang stünde mit irgendetwas, was ihnen von uns angetan wurde, ist wie immer völlig ausgeschlossen.

Maurice
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Fr 10. Jun 2005, 12:12 - Beitrag #75

Ipsi du übertreibst. Wenn ich die Member vor mir verstanden haben, dann leugnen sie nicht, dass die Terroristen ein Produkt ihrer Gesellschaft sind und die Terroristen nicht aus reiner Mordlust handeln, sondern weil sie meinen nur so etwas verändern zu können. Diese Meinung wird hier aber kritisiert. Es wurde gesagt, dass es nicht richtig sein kann, zu versuchen, ein System durch Gewalt gegen Unschuldige zu ändern.
Ich halte mich jetzt mal mit meiner Meinung zurück, frage dich aber, ob du die Methoden der RAF befürwortest. Auf mich wirkt es so, als ob dies der Fall ist.

Ipsissimus
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Fr 10. Jun 2005, 12:26 - Beitrag #76

ich halte dafür, daß es sich um einen klassischen Fall von Doppelmoral handelt, Maurice; die Taten der RAFler werden auf einer anderen Bewertungsgrundlage beurteilt, als die ihrer Opfer. Wenn es in diesem Staat "rechtens" zuginge, hätte Schleyer lange vor seiner Ermordung ins Gefängnis gehört, spätestens zu dem Zeitpunkt, als er die Existenzgrundlage der ersten hundert Familien zerstört hatte. Solange solche Ursachenkomplexe nicht in jeder Richtung in aller und genau gleicher Schärfe und mit genau gleichen Konsequenzen beleuchtet werden, lasse ich die Milde, die den Schleyer und Cos entgegengebracht wird, auch für die Terroristen gelten.

janw
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Fr 10. Jun 2005, 12:38 - Beitrag #77

Ich denke, es ist eine Frage des Verhältnisses...
Die Männer des 20. Juli planten eine Tötung eines Menschen, ob die Mordmerkmale darauf zutreffen ist eine Frage. Eines Menschen aber, der absoluter Exponent eines Terroregimes war, eines Menschen, der persönlich haftbar zu machen war für den Mord an 60 Millionen Menschen, Bürgern des eigenen wie eroberter Länder, der haftbar zu machen war für einen terroristischen Angriffskrieg und der haftbar zu machen war für eine der schlimmsten, wenn nicht der schlimmsten Europas.
Und auch unter den Mneschen des 20. Juli gab es Zweifler, Menschen, die fragten, ob die Tötung eines Menschen das richtige und moralisch erlaubte Mittel war. Die aber letztlich hierin die ultima ratio, die einzig erfolgversprechende Lösung erkannten.
Mir ist zumindest nichts über einen derartigen Diskurs unter den RAF-Mitgliedern bekannt, ich will sie nicht als kaltblütige Mörder hinstellen, aber doch sehe ich sie als Menschen, die in einer ideologischen Verblendung den Mord an, man muß doch sagen, eher subalternen Exponenten des Systems ziemlich billigend in Kauf nahmen zur Verwirklichung ihrer Ziele, des Systemwechsels.
Wobei es eben dabei nicht um die Beendigung eines weltbedrohenden Terroregimes ging, sondern um die Beseitigung einer doch leidlich funktionierenden Demokratie. Daß diese Demokratie erhebliche Mängel aufwies (gewisse Personalkontinuität zur Nazizeit, starke Wirtschaftshörigkeit der Politik, u.a.) ist dabei unbestreitbar, aber diese Mängel wären auch im Wege gesellschaftlicher Prozesse problematisierbar und behandelbar gewesen.

EDIT: Nu ja, Ipsi, aber hat Schleyer bewußt und willentlich Menschen getötet?
Und sein Fahrer? ;)

LadysSlave
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Fr 10. Jun 2005, 12:44 - Beitrag #78

@Ipsissimus

Ich habe nicht gesagt, dass es keine Gründe gab, gegen diesen Staat zu sein Einen Grund :dagegen: zu sein findet man immer.
Angefangen mit dem (für mich war es ein Mord) Mord am Studenten Benno Ohnesorg auf einer Anti-Schah Demonstration durch den Polizisten Karl Heinz Kurras, der noch nicht einmal geahndet wurde (Herr Kurras wurde auf eine andere Polizeidinststelle versetzt) das war ein unerträgliches Vergehen an unsere Gesetze. Bis heute war der Mann ein "Ehrenmann" und bekam seine hohe Polizistenpension. Nur weil er behauptete, er hätte was aufblitzen sehen. Dafür hab ich kein Verständnis und die damaligen Verantwortlichen müssten eigentlich noch heute belangt werden. Denn Mord und Beihilfe zum Mord verjährt nicht.
Doch alle Ungerechtigkeit berechtigt nicht innerhalb der Gesellschaft Tabula-Rasa zu spielen und selber zu morden (was andere ja auch nicht gemacht haben, wie wir zum Schluss noch am Beispiel von Peter Lorenz sehen werden).
Auch berechtige Entrüstung befreit niemanden davon den Mitmenschen als Menschen zu betrachten und zu behandeln. Was anders, war es denn, als Selbstjustiz?
Nein die Gesetze gelten auch für die, die ungerecht behandelt wurden. Willst du mir einen Menschen nennen, der noch nie ungerecht behandelt wurde?
Genau diese Achtung vor Menschen haben die RAF Leute doch verloren, sieh dir mal die hämischen und Menschenverachtenden Briefe der RAF Leute an, als sie schrieben: "wir haben Herrn... von seinem jämmerlichen Dasein befreit"
willst du das als politische Äusserung bezeichnen?
Ja Schleyer war zu Nazi.zeiten Wehrwirtschaftführer von Böhmen und Mähren.
Doch wer hat denn die RAF Leute zu Richtern erklärt? Sie selbst.
Ist das keine kriminmelle Energie?
Ich habe diese Zeit bewusst erlebt, denn ich war 1974 20 Jahre alt, politisch sehr interessiert und hatte an Demonstrationen gegen Demokratieabbau und gegen den mörderischen Krieg gegen Vietnam (welche Duplizität der Ereignisse) teilgenommen. Welche Legitimation hatten denn die RAF Leute? Rache, das war die einzige Legitimation! Eine andere gab es nicht. Sie waren weder in der Bevölkerung integriert (die sagte, diese Studies sollten erstmal in die Betriebe gehen um zu arbeiten), noch waren sie von irgendwelchen politschen Gruppen getragen.
Protest und Wut (auch wenn sie berechtigt sein sollte) berechtigt niemanden Menschen zu töten.
Ausserdem: was hatten denn die Bankraube mit einer irgendwie gearteten politischen Einstellung zu tun?
Entführungen, wie an den CDU Mann Peter Lorenz, können doch wohl nicht die Arbeit an politschen Umständen gewesen sein. Schon hier ging es um die Freipressung von Bandenmitgliedern.
Ich bin nun ganz sicher kein CDU Mann, aber ich habe Peter Lorenz in einer Baptistengemeinde kennen gelernt. Für mich war er ein aufrechter Mensch mit Mitgefühl. Als ich ihm nach seiner Einstellung zu den Entführern fragte, sagte er: Er persönlich habe diesen Menschen vergeben. Er hätte genug Gründe, sich an denen zu rächen, genausoviel wie die RAF Leute hatten. Aber, und das muss ich hier umunwunden zugeben. Für mich hatte Peter Lorenz mehr menschliche Grösse!

Ipsissimus
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Fr 10. Jun 2005, 13:24 - Beitrag #79

Mir ist zumindest nichts über einen derartigen Diskurs unter den RAF-Mitgliedern bekannt


wenn es dich interesiert, janw, dann lies/betrachte mal "Hans und Grete" von Astrid Proll, oder "Es war ein harter Kampf um meine Erinnerung" von Margit Schiller (SEHR zu empfehlen) oder "Zieht den Trennungsstrich, jede Minute" von Gudrun Ensslin, "Ulrike Meinhof und die deutschen Verhältnisse", von Peter Brückner und Ulrike Meinhof und viele mehr, alles über Amazon erhältlich. Oder lies dir Originalmanuskripte durch auf www.rafinfo.de. Da findest du mehr Diskurs als du dir vorstellen kannst. Daß heute wie damals kaum jemand darüber informiert ist, was die RAF wirklich wollte, wie sie dahin gekommen ist, Gewalt anzuwenden und wie diese Gewaltanwendung zunehmend alles verdeckt hat, was sie je gewollt haben, ist kaum ein Argument gegen die RAF, sondern ein Kommentar zum allgemeinen Informationsstand hinsichtlich dieser Thematik.

Was die "Kollateralschäden" angeht, so ist das ein Punkt, den sie sich selbst nie verziehen haben. Natürlich sind ihre entsprechenden Aussagen nie ernst genommen worden. Aber auch an dieser Stelle ist wieder die Frage der doppelten Moral zu stellen. Warum wird bei ihnen das in aller Schärfe verurteilt (nicht nur moralisch, sondern per Gerichtsurteil), was bei ihren Opfern alltägliches, in aller Öffentlichkeit praktiziertes Geschäft war? Es ist die Doppelmoral, gegen die ich mich wende; nicht die Rechtfertigung der RAF ist mein Anliegen, sondern die Korrektur eines verzerrten Bildes.

LadySlave, ich habe schon bemerkt, daß wir diesbezüglich sehr ungleiche Ansichten vertreten. Ich nehme an, daß du dich damals oder später mit ihren Schriften auseinandergesetzt hast, daß du Bambule gelesen hast, daß dir Meinhofs Schriften aus Konkret-Zeiten alle geläufig sind, und auch die Bücher, die die Entlassenen verfaßt haben? Gut, allerdings verstehe ich dann nicht, wie du dazu kommst, eine einzelne Aussage, die in einem ganz speziellen Kontext entstand, derart zu verallgemeinern?

Es bleibt aus meiner Sicht der Dinge dabei: es wird auf der einen Seite mit unnachsichtiger Härte verfolgt, was auf der anderen Seite mit lächelnder Nachsicht hingenommen wird. "Ihr da oben - wir da unten", wie schon Bernt Engelmann und Günter Wallraff vergebens darlegten.

C.G.B. Spender
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Fr 10. Jun 2005, 13:56 - Beitrag #80

@LadysSlave: Deine Ironie war aber schnell weg, als ich Michel Friedman erwähnte. Wie kommt das? Bist du etwa Antisemit? ;)

Ob dieser Mensch ein Ehrenmann ist oder nicht, will ich nicht unbedingt beurteilen. Im Sinne der Mafia war er ein Ehrenmann, denn ich vermute er deckte mit der Akzeptierung der Geldbuße, welche die Verhandlung und weitere Aussagen verhinderte, die beteiligten hochrangigen Politiker, die an den Sex- und Drogenorgien beteiligt waren. Teilweise gingen die Gäste seiner Sendung anschließend mit ihm essen. Inwieweit sie danach an anderen Dingen beteiligt waren, ist spekulativ.

Spekulativ ist auch, ob Herr Friedman ein Bauernopfer in einem möglichen Mafiakrieg geworden ist, kurze Zeit nach dem Freitod Möllemanns. Beide hatten etwas zu schützen. Friedman schützte bestimmte Freunde und Politiker, ich erinnere dabei an die Anrufe, die von seiner Wohnung aus in den Bundestag gingen; und Möllemann, der ehemalige Vorsitzende der deutsch-arabischen Gesellschaft, schützte wohl erstrangig seine Familie, aber sicher auch andere Personen in der Politik, denn gegen Tote wird nicht weiter ermittelt.

Was mich an Friedman sehr beeindruckt hat, war seine öffentliche Entschuldigung. Das zeugt meines Erachtens von Charakter, denn ich kann mich an keinen Politiker erinnern, der schon mal so etwas getan hat.

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