Ein Kirchenflyer für Kinder

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Maurice
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So 12. Jun 2005, 10:56 - Beitrag #21

Es geht nicht darum eienn öffentlichen Diskurs völlig zu verhindern, es geht nur darum nicht öffentlich Werbung für soetwas machen zu dürfen. Wenn man z.B. generell verbieten würde, dass Neonazis eine rechte Demo veranstalten dürfen, dann würde das auch kein Ende des öffentlichen Diskurs über Rechtsradikalismus bedeuten.
Wenn man Anhängern einer Religion nicht mehr erlaubt, sich öffentlich zu äußern, dürften sich fairerweise alle Vertreter einer bestimmten Weltanschauung nicht mehr öffentlich äußern

Und welche Weltansschauungen wären das deiner Meinung nach? Ich sprach nur von Religionen. Und ich habe davon gesprochen, dass man nicht dafür Werbung machen dürfen sollte und nicht, dass meine seine Meinung in keinster Weise mehr öffentlich äußern dürfte.
Mit religöser Werbung könnte ich auch noch leben, wenn sie eine bestimmte Form waren würde, die solche Propaganda ausschließen würde.

janw
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So 12. Jun 2005, 11:20 - Beitrag #22

Also, von einem Kirchenflyer, in dem Sinne, daß er von einer der Amtskirchenorganisationen stammt, kann wohl nicht gesprochen werden, der "Schriftenmissionsdienst Rißbrücke" scheint einer von zahllosen Gruppierungen zu sein, die in selbstgegebener Schriftenauslegungsinkompetenz pseudochristlichen Dünnsinn verbreiten - entgegen der Intention zum Schaden des christlichen Glaubens.

Denn:
Die Kernbotschaft der christlichen Lehre ist die von der Liebe Gottes, wer Christus folgt, der soll der Lehre nach das ewige Leben haben, und dazu im irdischen Leben eine Instanz haben, auf die er vertrauen kann.
Nachfolgen heißt dabei im wesentlichen die 10 Gebote zu achten und seine Mitmenschen zu lieben, eben auch seine Feinde.

Mono hat recht, dem ewigen Leben steht auch die Möglichkeit einer Hölle gegenüber, aber diese Vorstellung ist nicht allein dem Christentum eigen.
Iirc hat auch das Judentum eine solche Vorstellung, auf jeden Fall aber hatten die Griechen mit ihrem Tartaros einen ziemlich furchtbaren Raum in ihrer Jenseitsvorstellung.
Letztlich fußen IMHO solche Vorstellungen darin, daß Religion allgemein wohl einen wesentlichen Entstehungshintergrund gerade in der Frage "Was kommt nach dem Tod?" hat, und immer auch Begründungsinstanz für gesellschaftliche Normen sein will. Könige kommen und gehen, aber bestimmte Werte im gesellschaftlichen Umgang sollten bestehen bleiben, und wie ginge dies besser, als mit einer möglichst deutlichen Trennung in hier das Paradies und dort die Hölle? Von den menschlichen Schriftenredakteuren dann noch ins Schreckliche verzerrt ausgemalt...
Ob es letztlich soetwas wie eine Hölle gibt, können wir nicht wissen, aber Padreic hat nicht unrecht, die selbstverursachte Hölle des Rückblicks auf ein vergeudetes Leben ist eine sehr realistische Option.
Und soetwas für das "danach" auszuschließen, müßte dann auch Engel ausschließen.

Feuerkopf, vielleicht hast Du den Kern getroffen, und die Beseitigung der irdischen Hölle ist das wirkliche Ziel...

anya, das mit den Freunden und dem Leben kann schnell genug passieren, vielleicht ist es ja Ausdruck der Liebe Gottes, daß es Dir gut geht - auch wenn Du nicht an ihn glaubst ;)
Nimm die, welche Kindern den Glauben AUFZWINGEN und sie durch Angst dazu bringen, als Verirrte...

Maurice, dann müßte aber auch die Zelebrierung des Kommerzes aus der Öffentlichkeit verbannt werden, und die Verkündung des Heils durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und durch irgendwelche politische Ideologien ;)

Feuerkopf
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So 12. Jun 2005, 11:24 - Beitrag #23

Zitat von Maurice: Ich sprach nur von Religionen. Und ich habe davon gesprochen, dass man nicht dafür Werbung machen dürfen sollte und nicht, dass meine seine Meinung in keinster Weise mehr öffentlich äußern dürfte.
Mit religöser Werbung könnte ich auch noch leben, wenn sie eine bestimmte Form waren würde, die solche Propaganda ausschließen würde.


Vorab:
Ich bin kein Anhänger solch kinderschreckartiger Glaubensbilder.
Aber sie verbieten?
Viel wichtiger ist, sich mit den Kindern darüber zu unterhalten und ihnen ein alternatives Modell entgegenhalten zu können. Reine Ablehnung bringt nichts, macht etwas in der beworbenen Art im ungünstigsten Fall nur interessant für den Nachwuchs. ("Mama findet es doof, MUSS ja gut sein.")

Es ist ja nicht so, dass unsere Kinder ohne weltanschauliche Modelle aufwachsen müssen. Wenn jemand ein überzeugter Kommunist ist oder dem Islam anhängt, oder man man verzichtet bewusst auf eine ideelle Leitlinie - erklären kann man das einem Kind. Das muss aber nicht dogmatisch sein.
Im günstigsten Fall lernt ein Kind mehrere gelebte Modelle kennen und kann sich selbst einen Weg suchen.
Mir persönlich ist es wichtig, dass diese Ideen weitgehend angstfrei und voller Respekt gegenüber Andersdenkenden sein sollten.
Deshalb darf es auch Flyer der beschriebenen Art geben. Nur sollten sie nicht unkommentiert/undiskutiert bleiben den Kindern gegenüber.

Maurice
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So 12. Jun 2005, 12:25 - Beitrag #24

@Janw: Ich wiederhole mich: Es geht mir nur um die Religion. Warum sollte aus dem Verbot der öffentlichen Werbung für Religion folgen, dass man keine Werbung mehr für das machen darf, was du aufgezählt hast? Ich sehe da keinen Zusammenhang.

janw
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So 12. Jun 2005, 13:19 - Beitrag #25

Maurice, auch Parteien folgen Dogmen ;)
Und jedes Zinsversprechen einer Bank folgt dem Dogma des immerwährenden Wachstums...

LadysSlave
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So 12. Jun 2005, 13:25 - Beitrag #26

Zitat von Maurice:@Janw: Ich wiederhole mich: Es geht mir nur um die Religion. Warum sollte aus dem Verbot der öffentlichen Werbung für Religion folgen, dass man keine Werbung mehr für das machen darf, was du aufgezählt hast? Ich sehe da keinen Zusammenhang.

Ich denke jedenfalls, dass du mit deinem "Verbot" für religiöse Werbung doch ein wenig zu weit gehst, denn das würde schon in die Ausübung des Glaubens Anderer eingreifen, weil in (fast allen) Religionen auch der Aufruf zur Weiterverbreitung enthalten ist.
In unserem Grundgesetz steht aber, nicht ohne Grund, dass die Religionsausübung garantiert ist und niemand wegen seines Glaubens diskriminiert werden darf. Wenn also jetzt jemendem, zu dessen Glauben die Weiterverbreitung seines Glaubens gehört, das Werben verboten wird, wird ihm ein Teil seines Glaubens verboten, das ist verfassungswidrig!
Ausserdem nimmt dir ja auch niemand das Recht auf deinen Glauben, nicht an irgendwelche Religionen zu glauben. Auch das Werben, nicht zu glauben steht dir zu!
Warum gestehst du nicht anderen das zu, was dir zugestanden wird?
Denn: Wann immer du dich dazu äusserst, wie ein Glaube zun sein hat, äusserst du selber einen Glauben. Und wenn du meinst, er habe nciht in der Öffentlichkeit praktziert zu werden, sondern ins private zu gehen, dann äusserst du deinen Glauben. Du glaubst ja sogar, dass du nicht glaubst, doch dem widerspricht dein Missionarischer Eifer gegen jeden anderen Glauben, als deinen eigenen - nicht zu glauben.

Padreic
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So 12. Jun 2005, 13:34 - Beitrag #27

Jan nimmt mir die Worte aus dem Mund...warum gerade diese "Kirchenflyer" verbieten, die doch auch nur einem bestimmten Weltbild gemäß den Leuten die Wahrheit verkünden und sie vor dem schlimmsten bewahren wollen? Wohl, weil die gesellschaftliche Standardmeinung eine andere ist. Durch Werbung, Fernsehen und Co werden die komischsten Sachen den Kindern eingetrichtert, Dinge, die ich sicher für schlimmer halte, als eine dezidiert christliche Ansicht.

Religion ist einem gewissen Sinne sicherlich Privatsache, das stimmt. Gleiches gilt aber für alle Gesinnungen. Und Gesinnungen werden allerorts gepredigt, ob explizit oder implizit (letzteres ist schlimmer).

Wichtig ist, nicht dieses Predigen zu verbieten (was auch unmöglich wäre), sondern den Leuten (Kindern) beizubringen, dem mit eigenem Denken und Fühlen zu begegnen.

Maurice
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So 12. Jun 2005, 14:31 - Beitrag #28

@LadysSlave: Wenn du Glauben im Sinne von Meinung und religösen Glauben gleichsetzt, dann stimmt deine Argumentation. Ich sehe aber einen Unterschied darin, ob man an eine Religion glaubt, oder einer Meinung ist. Der religöse Glauben ist eine Meinung, aber eine bestimmte Form einer Meinung und für diese Form einer Meinung plädiere ich, dass man keine öffentliche Werbung für machen sollte.
Und was die Verfassung sagt ist mir hier erstmal egal. Ich habe nicht gefragt, ob meine Forderung verfassungskonform ist. Wenn ich danach gehen würde, dann würde ich diese Stellung nicht vertreten.

@Janw: Ich sprach nicht von Dogmen ich sprach von Religion. Ja jedes politische System ist ein Dogma, genauso wie jedes wirtschaftliche oder religöse. Ich habe mich hier aber nicht gegen jegliche Dogmen ausgesprochen, sondern nur gegen die Werbung von religösen. Wenn für dich alles das selbe ist nun gut. Wie ich auch schon LadysSlave gesagt habe, sehe ich da Unterschiede.

Durch Werbung, Fernsehen und Co werden die komischsten Sachen den Kindern eingetrichtert, Dinge, die ich sicher für schlimmer halte, als eine dezidiert christliche Ansicht.

Wenn es nach mir ginge, dann würde es diese systematische Volksverdummung auch nicht geben. Genauso wie man seine Kinder vor solchen Flyern schützen sollte, sollte man sie vor der Gefahr schützen, die von den Medien ausgehen. Ein erster Schritt dahin könnte es z.B. sein, dass es nicht vier Fernseher im Haus gibt, sondern nur einen oder am besten gar keinen. Oder man nimmt sich mal die Zeit und beschäftigt sich mit seinen Kindern, statt sie vor der Glotze zu parken.
Dass ich gegen die Werbung durch Religion bin, heißt nicht, dass ich den unkrontrollierten Konsum von Kindern und Jugendlichen gutheiße.

LadysSlave
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So 12. Jun 2005, 14:51 - Beitrag #29

Zitat von Maurice:
Oder man nimmt sich mal die Zeit und beschäftigt sich mit seinen Kindern, statt sie vor der Glotze zu parken.


Diesen Satz kann ich vollständig unterschreiben.
Übrigens sind da zu allererst die religiösen Mitbürger auf deiner Seite.

Dennoch frage ich mich, wie du deine Welt, in der du lebst, erklärst. Denn ich gehe nunmal davon aus, dass es etliches geben wird, was du nicht erklären kannst, weil du es genausowenig verstehst, wie deine Mitmenschen. Dennoch glaubst du, Realist zu sein, obwohl du den grössten Teil deiner eigenen Existenz nicht erklären kannst- das ist nunmal so ist für mich keine Erklärung, sondern hilfloses gestammel.
Wenn du also in einer Welt lebst, die du nicht in allen einzelheiten erklären kannst, so ist denn doch eine Menge Glauben im Spiel- in deinem eigenen Leben, in der Erklärung deiner eignen Lebensgrundlagen.
Gehörst du vielleicht zur Fraktion derer, die Glauben das Weltall wäre durch einen Urknall entrstanden ? Dann wäre natürlich erstmal die Frage, wer hat ihn ausgelöst und was war vorher. Ausserdem ist diese Vorstellung noch abenteuerlicher als der Glaube an einen Gott! Denn sie Wahrscheinlichkeit, dass durch einen Urknall so komplexe Gebilde wie ganze Galaxiern entstehen und auf denen Lebewesen existieren, die so Komplex gebaut sind, wie die Menschen mit einem funtioniernenden Gehirn und Gewissen entstehen ist höchstens so gross, wie die Wahrscheinlichkeit, dass es in einer Druckerei eine Explosion gibt und dabei ein neues Buch entstände- eher noch kleiner, weil die Buchstaben ja kein Eigenleben führen müssten.
so frage ich dich, wie kommst du darauf, dass du mit deinem Glauben, dass du nciht glauben würdest richtig liegst? ich meine, dass dies eine religiöse Ausrichtung ist, die du ja mit Inbrunst vertrittst und dafür wirbst.

janw
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So 12. Jun 2005, 14:56 - Beitrag #30

Maurice, nur was unterscheidet für Dich ein auf transzendenten Entitäten aufbauendes Weltbild und Dogmatasystem so fundamental von einem diesseitigen Dogmatasystem, daß Du die Werbung für das eine verbieten würdest, für das andere nicht?

Maurice
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So 12. Jun 2005, 15:29 - Beitrag #31

@Slave: Oje nicht schon wieder dieses "Argument", dass ein von Wissenschaft geprägtes Weltbild genauso geartet sei, wie ein religöses.
Das ist zwar ot, aber wer will kann den Teil ja abtrennen.
Ein wissenschaftliches Weltbild unterscheidet sich entscheidend von einem religösen, weil es auf Instanzen vertraut, die sich einer durchdachten empirischen Methodik bedient. Wenn man nicht gerade wissenschaftlicher Realist ist, dann geht man bei den Meinungen nicht von Wissen aus, sondern von Modellen. Diese sind aber nicht aus Gefühlen aus dem Bauch heraus entstanden, sondern systamatischen Untersuchungen. Im Gegensatz zu den religösen Erklärungsansätzen gibt die Wissenschaft auch handfeste Gründe, daran zu glauben, dass sie nicht grundsätzlich falsch liegt, nämlich jede funktionierende Technik. Wir sehen die Erfolge der Wissenschaft jeden Tag (und auch die Probleme, die Menschen durch falsche Nutzung dieser erzeugt haben), aber die Religion hat nichts vorzuweisen.
Es gehört imo eine gewisse Stärke dazu, sich mit seinem Unwissen abzufinden. Sich in irgendwelche Phantasien zu verlieren, nur weil man nicht ertragen kann, dass uns der Bauplan der Welt auf dem Präsentierteller gereicht wird, ist für mich ein Zeichen von Schwäche. Religion ist eine solche Phantasie. Hier gibt es keine durchdachte empirische Methode und auch keine handfesten Gründe in Form von technologischen Errungenschaften, die Grund zum Anlass geben, an diese entgegen einer rationalen Skepsis zu glauben.
Wie das Universum entstanden ist, weiß ich nicht. Und wenn du mich fragst, werden wir es nie wissen, sondern nur Meinungen haben, die uns mehr oder weniger plausibel sind. Selbst wenn man sich etwas nicht erklären kann, ist dies kein Grund eine religöse Antwort zu konstruieren. Wenn es keine Menschen gegeben hätte, die trotz der scheinbaren Unerklärlichkeit der Welt weiter gefragt und geforscht hätten, wären wir jetzt höchstens im Mittelalter.
Nur so nebenbei sei erwähnt, dass es auch Erklärungsansätze für das Universum gibt, die ohne Urknall auskommen...
Die Tatsache, dass es so komplexe Strukturen von Materie in der Welt gibt, wie z.B. der Mensch ist imo nur dann relevant, wenn man der Existenz dieser einen Wert an sich zuspricht. Da aber imo an sich nichts einen Wert hat, ist es auch an sich egal, dass es so komplexe Strukturen gibt und unnötig, dass man dahinter eine planende Kraft vermuten könnte.

@Janw:
was unterscheidet für Dich ein auf transzendenten Entitäten aufbauendes Weltbild und Dogmatasystem so fundamental von einem diesseitigen Dogmatasystem

s.o.

@Werbung: Wenn ich diese Gesellschaft und diese Welt als Grundlage nehme, dann würde ich nicht jegliche Werbung verbieten, denn das würde wohl deutlich mehr Schaden als Nutzen zur Folge haben. Eine gesetzliche Regelung der Werbung wäre aber wohl der beste Kompromiss. Wieviel Freiheit der Werbung gegeben werden sollte, könnte man durchaus in einem eigenen Thread diskutieren. Wenn die meisten Menschen nicht so leicht zu manipulieren wären, wäre es ja auch kein Problem, wenn in den Medien dieser ganze Schund laufen würde.

LadysSlave
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So 12. Jun 2005, 16:05 - Beitrag #32

Zitat von Maurice:@Slave: Oje nicht schon wieder dieses "Argument", dass ein von Wissenschaft geprägtes Weltbild genauso geartet sei, wie ein religöses.
Das ist zwar ot, aber wer will kann den Teil ja abtrennen.
Ein wissenschaftliches Weltbild unterscheidet sich entscheidend von einem religösen, weil es auf Instanzen vertraut, die sich einer durchdachten empirischen Methodik bedient. Wenn man nicht gerade wissenschaftlicher Realist ist, dann geht man bei den Meinungen nicht von Wissen aus, sondern von Modellen. Diese sind aber nicht aus Gefühlen aus dem Bauch heraus entstanden, sondern systamatischen Untersuchungen. Im Gegensatz zu den religösen Erklärungsansätzen gibt die Wissenschaft auch handfeste Gründe, daran zu glauben, dass sie nicht grundsätzlich falsch liegt, nämlich jede funktionierende Technik. Wir sehen die Erfolge der Wissenschaft jeden Tag (und auch die Probleme, die Menschen durch falsche Nutzung dieser erzeugt haben), aber die Religion hat nichts vorzuweisen.
Es gehört imo eine gewisse Stärke dazu, sich mit seinem Unwissen abzufinden. Sich in irgendwelche Phantasien zu verlieren, nur weil man nicht ertragen kann, dass uns der Bauplan der Welt auf dem Präsentierteller gereicht wird, ist für mich ein Zeichen von Schwäche. Religion ist eine solche Phantasie. Hier gibt es keine durchdachte empirische Methode und auch keine handfesten Gründe in Form von technologischen Errungenschaften, die Grund zum Anlass geben, an diese entgegen einer rationalen Skepsis zu glauben.
Wie das Universum entstanden ist, weiß ich nicht. Und wenn du mich fragst, werden wir es nie wissen, sondern nur Meinungen haben, die uns mehr oder weniger plausibel sind. Selbst wenn man sich etwas nicht erklären kann, ist dies kein Grund eine religöse Antwort zu konstruieren. Wenn es keine Menschen gegeben hätte, die trotz der scheinbaren Unerklärlichkeit der Welt weiter gefragt und geforscht hätten, wären wir jetzt höchstens im Mittelalter.
Nur so nebenbei sei erwähnt, dass es auch Erklärungsansätze für das Universum gibt, die ohne Urknall auskommen...
Die Tatsache, dass es so komplexe Strukturen von Materie in der Welt gibt, wie z.B. der Mensch ist imo nur dann relevant, wenn man der Existenz dieser einen Wert an sich zuspricht. Da aber imo an sich nichts einen Wert hat, ist es auch an sich egal, dass es so komplexe Strukturen gibt und unnötig, dass man dahinter eine planende Kraft vermuten könnte.

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Wenn ich daran denke, dass in Universitäten in ganz europa mal gelehrt wurde, dass die Erde eine Scheibe sei, dass dies wissenschaftliche Erkenntnisse seien, frage ich mich, auf was du zum Beispiel bei Modellen, die doch nur Vermutungen sind, die nicht überprüfbar sind, begründen willst. Du hast entweder die Meinung oder aber die Wissenschaft auf den Sockel der Religion gestellt. Deine Religion kann ich also getrost mit Meinung oder Wissenschaft bezeichnen. Allerdings eine Wissenschaft, die von tausenden ungeklärter Fragen gekennzeichnet ist, bei der sich für jede geklärte Frage weder 3-4 neue offene Fragen stellen.
Letzten Endes ist es auch völlig Egal, ob man der komplexen Strktur einen Wert beimisst, oder nicht, stellt sich immer die Frage: wie konnte sie entstehen. Jedenfalls würde es jeglicher Wahrscheinlichkeitsrechnung widersprechen.
Bei der Suche nach intelliegenten Wesen im Weltraum sucht man nach Funksignalen, deren Zusammensetzung nicht unwahrscheinlich sind. Das heisst, dass die Wahrscheilichkeitsrechnung bei Wissenschaftlern sehr wohl eine feste Grösse ist.
Übrigens sehen wir nicht nur die Erfolge der Wissenschaft jeden Tag, sondern auch deren Misserfolge und Irrtümer.
Nichtdestotrotz, will ich dir deine religiöse Einstellung ja nicht nehmen, ich wünsche nur, dass du erkennst, dass du eine religiöse Einstellung hast, nur dass du deinen Gott anders nennst.

Maurice
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So 12. Jun 2005, 16:37 - Beitrag #33

Na dann bleib halt bei deiner wirren Terminologie. Hauptsache dir reichen deine Aussagen für ein unnötiges Existenzpostulat.
Also btt...

Elbereth
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So 12. Jun 2005, 17:13 - Beitrag #34

@LadysSlave:

Wenn ich daran denke, dass in Universitäten in ganz europa mal gelehrt wurde, dass die Erde eine Scheibe sei

Übrigens sehen wir nicht nur die Erfolge der Wissenschaft jeden Tag, sondern auch deren Misserfolge und Irrtümer.


Genau das ist doch auch ein wesentlicher Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion. Die Wissenschaft besteht nicht aus einen festgefahrenem Dogmatismus wie die Religion (sie ist also nicht abhängig von menschlichen Entwicklungen und Erkenntissen), sondern sie ist auf der Suche nach einem geeigneten Modell, und dieses Modell wird fortlaufend den Erkenntissen angepasst. Vielleicht werden die Menschen auch nie dahinterkommen wie das Universum entstanden ist, aber zumindest versucht die Wissenschaft das immer weiter zu ergründen, und vielleicht kann man so der Wahrheit ein bisschen näher kommen. Und das ist ja was ganz anderes als die Religion, die einmal postuliert wird, und dann für immer gilt.

janw
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So 12. Jun 2005, 17:46 - Beitrag #35

Elbereth, so gesehen könnte man die Wissenschaft eine "Religion mit bedingtem Fehlbarkeitsanspruch" bezeichnen.
Beide bauen nämlich auf Grundannahmen auf, die prinzipiell unbeweisbar sind: Religion auf Existenz und Wirken einer transzendentalen Entität,
Wissenschaft auf der rein physikalisch-chemischen Bedingtheit aller Vorgänge und Dinge, der Annahme, daß jede Wiederholung unter gleichen physikalisch-chemischen Bedingungen tatsächlich unter gleichen Bedingungen abläuft und auf dem Aktualitätsprinzip (daß alle naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten überall und immer gleich gegolten haben, mit bekannten definierten Abweichungsräumen).

Diese Annahmen sind gleichwie fundamental wie prinzipiell unbeweisbar.

Maurice
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So 12. Jun 2005, 17:52 - Beitrag #36

Du hast du eine schöne Unterscheidung zwischen Religion und Wissenschaft gegeben, warum also noch die Wissenschaft fälschlicherweise als eine Art von Religion bezeichnen, wenn sie dieses doch per Definition nicht ist?
Wissenschaft als möglichen Religionsersatz zu sehen, halte ich für plausibel. Ein Religionsersatz ist aber aber keine Religion, sondern eben ein Ersatz für eine solche. Außerdem erfüllt die Wissenschaft nicht dieselbe Funktion wie eine Religion, weil sie keine Existenz nach dem Tod postuliert und keine deontologische Morallehre vertritt. Daneben hat sie wie schon gesagt ganze andere Grundannahmen und eine ausgearbeitete Methodik.

LadysSlave
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Mo 13. Jun 2005, 04:03 - Beitrag #37

Zitat von Maurice:Du hast du eine schöne Unterscheidung zwischen Religion und Wissenschaft gegeben, warum also noch die Wissenschaft fälschlicherweise als eine Art von Religion bezeichnen, wenn sie dieses doch per Definition nicht ist?
Wissenschaft als möglichen Religionsersatz zu sehen, halte ich für plausibel. Ein Religionsersatz ist aber aber keine Religion, sondern eben ein Ersatz für eine solche. Außerdem erfüllt die Wissenschaft nicht dieselbe Funktion wie eine Religion, weil sie keine Existenz nach dem Tod postuliert und keine deontologische Morallehre vertritt. Daneben hat sie wie schon gesagt ganze andere Grundannahmen und eine ausgearbeitete Methodik.

Ein Ersatz muss sich im Massstab dessen messen lassen, was es ersetzt.
Ich würde gar nicht an deine "Wissenschaftsgläubigkeit" kratzen, wenn du Anderen ihre Art das Umfeld erkennen zu wollen, nicht absprechen würdest. Doch das turst du genau in dem Moment, wenn du zum Beispiel Werbeverbot für Religionen forderst. Was würdest du denn sagen, wenn jemand Werbeverbot für die Wissenschaft fordern würde, mit dem Hinweis, dass die Wissenschaft nur ein Religionsersatz ist und die Astrophysik sich mehr auf Vermutungen und Gleichungen (die nie überprüft werden können, weil niemand lange genug leben würde, diese Beweise zu erbtringen, und Beispiele im kleinen für die grossen Massstäbe absolut nicht zutreffend sein müssen) beruft, was nicht mehr ist, als die Thesen jeder Religion.
Du würdest wahrscheinlich empört diese Forderung abweisen. Genauso weist jeder nachdenkliche Mensch deine Forderung und deine unhaltbaren Angriffe auf Religionen jeglicher Art zurück, eben, weil du es selber nicht besser weisst, aber glaubst, es besser zu wissen. Wenn das keine Parallele zu irgendeiner Religion ist, was denn sonst. Ich glaube nicht, dass meine Argumente wirr sind, eher ist deine Art, deine Wissenschaftsgläubigkeit zu verteidigen wirr.
Ich weiss ja nicht, wie weit du dich selber prüfst, aber deine Argumentation solltest du nun wirklich mal prüfen.

Ipsissimus
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Mo 13. Jun 2005, 09:09 - Beitrag #38

LadySlave, dein obiges Theorem geht jedenfalls vom starken anthropischen Fehlsschluss aus (das Universum MUSS so sein, wie es ist, WEIL wir so sein SOLLTEN, wie wir sind).


DASS dieses Universum so ist, wie es ist, besagt nicht, dass es so sein MUSSTE. Und wir sind nicht so, wie wir sind, WEIL wir so sein SOLLTEN, sondern weil in einem Universum, das so ist wie das unsrige, unsere biologischen Charakteristika kompatibel zu dem agierenden Set von Naturgesetzen sind, aus dem heraus sie sich überhaupt erst herauskristallisiserten ... (schwaches anthropisches Prinzip). Was die Frage des Urknalls angeht, verweise ich auf Hawkins, dessen These von der imaginären Zeit die Anfangssingularität beseitigt.


Maurice, selbst wenn es dir in deiner Argumentation nur um die Religion geht, heißt das nicht, daß es anderen hier in der Diskussion nicht um etwas anderes gehen könne

ThomasM
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Do 16. Jun 2005, 23:13 - Beitrag #39

Hallo Ladyslave

Ich würde mit Deiner Argumentation vorsichtig sein, sie ist nicht viel besser als der kritisierte Flyer. Wodurch sollen die Leute denn zum Glauben an Gott kommen? Durch eine Argumentation des Nicht-Wissens (ich weiss nicht, wie ... daher muss es wohl Gott sein)? Das bedeutet doch, das Gott zurückgedrängt wird mit jedem neuen Wissen, das wir erlangen und er wird kleiner und kleiner und kleiner.

Du hast ihn sogar schon ins ferne Beginn des Universums verbannt.

Hallo Maurice

Deine sonst doch recht scharfsinnigen Überlegungen sind hier schon recht merkwürdig. Religiöse Werbung willst Du verbieten, aber die für Dogmen nicht? Dir ist es lieber, wenn die Kinder mit Materialismus oder Kommunismus oder Sozialismus oder Egoismus vollgestopft werden, als die Chance zu bekommen zu entdecken, dass es da etwas gibt, was grösser ist als sie selbst, etwas, was sie nicht als mikroskopische Begleiterscheinungen des Daseins degradiert, sondern sie zu etwas wesentlichem, wahrhaften und über den Tod hinaus reichenden macht?

Der Flyer ist natürlich bescheuert mit seiner Sündenbetonung. Aber es gibt eben auch einen anderen Blickwinkel, den der Liebe, den der Hoffnung, den des Glaubens. Und das ist etwas, was einen durch ein ganzes Leben tragen kann.

Warum sollte man dafür keine Werbung machen dürfen?

Gruß
Thomas

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So 19. Jun 2005, 19:58 - Beitrag #40

Hallo!
Ich veruteile so etwas wie diesen Flyer total! Aber Christen scheinen es ja nötig zu haben, kleine Kinder einzuschüchtern um sie auf ihre Seite zu holen. - Meiner Meinung nach ist es ein Verbrechen Kinder von Gott etc. zu erzählen (besonders in der Schule). Kinder würden von allein gar nicht auf die abstruse Idee kommen an so etwas zu glauben.

Meiner Schwester ist auf einer Kirchenfreizeit etwas ähnliches widerfahren. Sie hatte Betreuer gefragt, ob sie ihre Eltern wiedersehen würde (im Himmel) wenn diese nicht an Gott glauben. Antwort (ca): [betreten] hmmm... naja... wenn du ganz oft für sie betest, selber eine liebe Christin wirst und sie am besten überzeugst von Gottes Existenz... naja dann vllt schon.

Kirche sollte verboten werden (OK OK... n bisschen komische Forderung). Der natürliche Durst nach "spirituellem Frieden" kann auch anders gestillt werden. Und Kinder sollte man da ganz raus lassen. Jeder soll selbst entscheiden, an was er glauben will.

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