Die Sehnsucht nach Mitleid

Das Forum für allgemeine Diskussionen! Alle Themen, die nicht in andere Bereiche passen, können hier diskutiert werden.
Elbereth
Good Member
Good Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 455
Registriert: 17.03.2004
Mi 6. Jul 2005, 21:09 - Beitrag #41

Wenn zum Beispiel sich jemand umbringen will, weil ihm nie jemand zuhört, kann man ihm doch einfach zuhören und schon ist sein Problem gelöst.


Leider ist es meistens nicht so einfach. Es ist schon sehr unwahrscheinlich dass man durch eine einmalige Handlung jemanden so grundlegen ändert dass er keine Selbstmordgedanken mehr hegt. Vielleicht muss man ihm dann regelmässig helfen, ihn immer wieder aufbauen, und dann kann man sich wirklich fragen ob sich das lohnt (ich weiss es klingt ein wenig makaber). Man kann nicht jedem Menschen in dieser Welt helfen. Man kann auch nicht für alle Mitleid oder auch Mitgefühl empfinden. Doch es ist trotzdem ein sehr schönes Gefühl wenn man durch sein Mitleid dazu gebracht wird anderen Menschen zu helfen. Also nicht das Mitleid an sich, sondern das Gefühl jemandem geholfen zu haben. Doch das macht nur Sinn bei Menschen die man kennt und bei denen "Erfolgsaussichten" bestehen, also dass man ihnen wirklich helfen kann.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mi 6. Jul 2005, 21:18 - Beitrag #42

Klar, das war etwas vereinfacht ausgedrückt. Ich meine, dass manche Menschen sich vermutlich aus Einsamkeit umbringen - wenn sie Menschen hätten, die sich um sie kümmern, würden sie das also wohl nicht tun.

Und manche Menschen denken leider auch nicht nach, bevor sie sich umbringen - mit dem Tod im Nacken ist man frei, man kann genau das tun, was man will. Das machen sich die meisten, die aus einer für sie unerträglichen Lage fliehen wollen, in ihrem emotionalen Ausnahmezustand nicht bewusst. Wenn ich jemanden treffen würde, der sich umbringen will, weil er in der Schule immer schlechter wird und zB. seine Eltern ihn deswegen psychisch fertig machen, dem würde ich sagen, geh von der Schule, hau ab oder wende dich ans Jugendamt, oder bestiehl deine Eltern und verschwinde mit dem Geld. Wenn er Angst haben sollte, erwischt zu werden - er kann sich ja einfach umbringen, wenn es so kommt! Was kann einem Menschen in einer solchen Lage noch groß passieren? Er muss ja nicht mal auf irgendjemanden Rücksicht nehmen, auch nicht auf sich selbst! Er ist so frei, wie Mensch nur sein kann!

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Do 7. Jul 2005, 00:22 - Beitrag #43

Zitat von Elbereth:Leider ist es meistens nicht so einfach. Es ist schon sehr unwahrscheinlich dass man durch eine einmalige Handlung jemanden so grundlegen ändert dass er keine Selbstmordgedanken mehr hegt. Vielleicht muss man ihm dann regelmässig helfen, ihn immer wieder aufbauen, und dann kann man sich wirklich fragen ob sich das lohnt (ich weiss es klingt ein wenig makaber). Man kann nicht jedem Menschen in dieser Welt helfen. Man kann auch nicht für alle Mitleid oder auch Mitgefühl empfinden. Doch es ist trotzdem ein sehr schönes Gefühl wenn man durch sein Mitleid dazu gebracht wird anderen Menschen zu helfen. Also nicht das Mitleid an sich, sondern das Gefühl jemandem geholfen zu haben. Doch das macht nur Sinn bei Menschen die man kennt und bei denen "Erfolgsaussichten" bestehen, also dass man ihnen wirklich helfen kann.



Hallo Elbereth,

einen zu ändern, der tief in Selbstmordgedanken ist, finde ich fast noch schwieriger als du. Aber es klappt am Ende doch. Auch wenn es leider zu oft schief geht. Und makaber klingt das nicht. Im Gegenteil. Damit wird dem Suizidgefährdeten (Suizid klingt besser, denn Selbstmord wirkt widersprüchlich. Mit "Mord" verbindet man die Tötung anderer Menschen.) der Suizid "ungenießbar" gemacht.
Ich kann auch nur den Menschen helfen, die ich begnen tu, aber ich kann allgemein Mitleid empfinden. Man empfindet kein Mitleid für irgendwelche "Außerwählten". Ich sehe das auch als ein schönes Gefühl an. Vor allem, wenn man weiß, wie Mitgefühl und Mitleid zu zeigen sind.
Und wie du schon vielleicht ein wenig angedeutet hast, kann es passieren, dass "Mitleid" als Unterdrückung falsch verstanden wird.

herempix :)

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Do 7. Jul 2005, 09:56 - Beitrag #44

@E-noon: Dein Gedankenexperminet zeigt für mich einen starken Menschen. Er resigniert nicht einfach, sondern bäumt sich gegen die Widerstände auf.
Die Hinwendung zum Jugendamt ist auch keine Erweiterung der eigenen Gemeinschaft, sondern der Gesellschaft. Ich meine damit, dass er dort nicht hingeht um gehätschelt und bemitleidet zu werden, sondern um Mittel in die Hand zu bekommen, weiter seinen Weg zu gehen, den er eingeschlagen hat.
Aber ein solcher starker Mensch würde sich auch nicht umbringen, wenn er erwischt werden würde, weil er sich dann erneut aufbäumen würde.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Do 7. Jul 2005, 16:50 - Beitrag #45

Herempix, das ist falsch ^^ man empfindet schon zuweilen Mitleid oder Mitgefühl mit Außerwählten. Vielleicht nicht jeder, aber es gibt Menschen, die das tun.

@M: Vielleicht muss ein solcher Mensch sich aber seiner Stärke erst bewusst werden, bedarf erst mal eines Anstoßes, DASS er überhaupt in der Lage ist, etwas zu ändern. In emotionalen Extremsituationen ist es nämlich imo sehr viel schwieriger, einen Ausweg zu sehen, denn als "objektiver" Beobachter. Somit kann das bloße Aufzeigen dieser Möglichkeit vielleicht auch schon den nötigen Wandel im meist verfahrenen Denken bewirken.

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Do 7. Jul 2005, 18:24 - Beitrag #46

Tach E-Noon!

Ich empfinde auch Mitleid. Natürlich nur "gesundes Mitleid". Nicht wie meine Mutter, die es ein wenig damit übertreibt. Aber du hast vielleicht auch Recht. Denn meine Mutter hat nur mit denen Mitleid, mit denen man wirklich Mitleid haben muss: Verkrüppelte, Blinde, Alte, Taube oder Frühgeborene.
Ich habe sogar noch mit den Hartz-IV-Empfängern mitleid, denn ich falle bald darunter.

herempix

judithschl
Very Good Newbie
Very Good Newbie

 
Beiträge: 48
Registriert: 15.07.2004
Mo 18. Jul 2005, 00:17 - Beitrag #47

Mitleid.
Hm ich war letztens im Krankenhaus wegen 'ner sehr sehr bösen Sache
Und mich haben zig Leute besucht und ihre eigenen Krankheitsgeschichten total naja es ging immer nur : Ich hatte mal **** ich weiss, dass ich nichts im Vgl. zu dem was du jetzt hast ...

und Ähnliches
und es war schrecklich !
Aber als ich dann aus dem Krankenhaus rauskam hab ich mich sehr wohl gefühlt bei Menschen mit denen ich drüber reden konnte und die mich und meine Ängste ernst genommen haben.
Ist 'ne Sache die einen nicht mehr wirklich los lässt.
Viele meinten eben du hasts überlebt Schwamm drüber und konnten nicht nachvollziehen, ok das eh nicht, aber räumten einem keine Verarbeitungszeit ein, sondern meinten : du bist entlassen power genauso viel rein wie zuvor

Das ging nicht sondern hat mich noch mehr ins Schwarze Loch getrieben ;-)
Jeder der mal für länger Zeit in Klinik war weiss vielleicht wie es ist aus so einer *Seifenblase* wieder rauszukommen *ggg*

Aber damals hat mir Mitleid und alles gut getan
Wirklich gut getan !
Ich konnte über meine Ängste reden und die Menschen haben diese auch anerkannt und mir zugehört.

Und das ist in bestimmten Momenten doch einfach wichtig?
Mehr nicht .

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Mo 18. Jul 2005, 10:44 - Beitrag #48

Die Geschichte hat mich sehr bewegt. Und obwohl manche Kritiker meinen, du zwingst ihnen "falsches Mitleid" durch eine überdrehte "Drama-Story" auf, glaube ich schon, dass deine Krankheit (Oder war das eine Verletzung?) wirklich schlimm war.
Und obwohl die meisten deiner "Forenkollegen" meinen, diese Geschichte sei ein wenig übertrieben empfinden die bestimmt insgeheim Mitleid, so wie ich.

herempix

Rosalie
Advanced Member
Advanced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 335
Registriert: 23.10.2003
Mo 18. Jul 2005, 22:44 - Beitrag #49

herempix woher um alles in der Welt willst Du wissen, was die Forenmitglieder hier denken und meinen???? :confused:

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Di 19. Jul 2005, 00:30 - Beitrag #50

Man braucht nur einfach mal kurz durchzulesen, welche Gedanken durch die Köpfe der "Forenmitglieder" so schweben.
Aber dann kommen wir vom eigentlichen Thema "Mitleid, gut oder schlecht " ab.

herempix

Semilat
Good Newbie
Good Newbie

 
Beiträge: 37
Registriert: 13.07.2005
Di 19. Jul 2005, 02:06 - Beitrag #51

Ich weiß nicht, ob es zum Thema direkt passt, aber was ist mit den Menschen, die in Selbstmitleid leben und sich dabei wohl fühlen?

Ich weiß durchaus, dass dieses Verhalten selten ist, aber trotzdem ist es interessant.
Solche haben voraussichtlich keine Zukunft, da sie quasi in ihrer eigenen Welt leben, der sie nicht mehr entkommen können.
Haben diese Menschen Sehnsucht nach Mitleid? Ich glaube es zumindest nicht.

Was sie allerdings wollen, ist mir ein Rätsel ^^

C.G.B. Spender
Elite Member
Elite Member

 
Beiträge: 1105
Registriert: 21.10.2004
Di 19. Jul 2005, 08:16 - Beitrag #52

Zitat von Semilat:Was sie allerdings wollen, ist mir ein Rätsel ^^
Vielleicht wissen sie genau dies eben nicht: Was sie wollen.

Sie treiben quasi umher und sind auf irgend eine Art gefangen in einer schlechten Angewohnheit. Glück ist immer auch eine Art Kraft und Energie, die erst einmal erzeugt werden muß.

Manche Menschen leben aber leider nunmal in einem Teufelskreis. Ein depressiver Mensch ist unter Umständen kaum von einem Menschen zu unterscheiden, der so wirkt, als wenn er in Selbstmitleid versinkt. Das ist möglicherweise das Fatale an dem Ganzen...und deswegen bin ich vorsichtig mit Urteilen über andere Menschen.

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Di 19. Jul 2005, 12:25 - Beitrag #53

Tja, CGB:

Aber oftmals habe ich den Eindruck, dass das "Glück vom Himmel fällt". Wie sonst kann man es erklären, dass in dem am schwächsten strukturierten Region Deutschlands, der Oberlausitz bei Görlitz der Bundeskanzler samt dem "Siemens"-Vorstand und natürlich unzähligen Sicherheitskräften anreist und nach 1 Jahr arbeiten in einem Werk von Siemens über 1.000 Arbeiter und Arbeiterinnen und werden zu allem Überfluss noch besser bezahlt als "Wessis".
Den Unterschied ... möchte ich gerne ergänzen ... zwischen einem depressiven und einem selbstmitleidigen Menschen kennt nur der Depressive.
Aber wer diese Menschen länger beobachten kann, der weiß, das "Selbstbemitleidung" nur so eine Phase ist. Dafür gibt es viele Ursachen: Frust über Arbeitsplatz- und Finanzenverlust oder generelle Existenzangst, weil man weiß, dass man z.B. an Krebs sterben muss.

herempix

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 19. Jul 2005, 12:31 - Beitrag #54

Selbstmitleid, weil du an Krebs sterben musst, ist nur so eine Phase? :boah:

Hm, vielleicht war das ja kein Glück, sondern... Absicht?

Den Unterschied ... möchte ich gerne ergänzen ... zwischen einem depressiven und einem selbstmitleidigen Menschen kennt nur der Depressive.
Du bist also depressiv? Oder woher kennst du den Unterschied? :D

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Di 19. Jul 2005, 12:53 - Beitrag #55

Na ja, man kann sich auch daran gewöhnen. So wie mein Großvater, der mehr oder weniger mit "Galgenhumor" gestorben ist.

Für Siemens ist es Absicht, für die Bewohner der Region glücklicher Zufall. Man muss das Ganze von den beiden Seiten betrachten.

Und ich bin nicht depressiv. Ich habe das nur auf das längere Beobachten eines "Depressiven" und eines "Selbstbemitleiders" bezogen.


herempix

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 19. Jul 2005, 13:12 - Beitrag #56

Du hast aber geschrieben, nur ein Depressiver kennt den Unterschied :-)

herempix
gesperrt

 
Beiträge: 224
Registriert: 24.06.2005
Di 19. Jul 2005, 13:33 - Beitrag #57

Äh, tut mir leid euch verschwiegen zu haben, dass auch ein Psychologe/Psychiater den Unterschied kennt. Die beschäftigen sich doch auch dauernd mit solchen Menschen.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 19. Jul 2005, 14:09 - Beitrag #58

pixi, pixi, lass dich besser nicht darauf ein, mir sagen zu wollen, was ich denke^^ und ich fände es tatsächlich angenehmer, du würdest öfter mal deinen Aussagen das "meiner Meinung nach" oder das "imo" beifügen, anstatt sie durch übermäßige Verwendung von Fettschrift als quasi Universalgesetzmäßigkeit oder Imperativ anderen um die Ohren zu hauen.


Selbstmitleid hat aus meiner Sicht der Dinge sehr viel mit psychischer Kraft und Energie zu tun. Da Menschen nicht wie Maschinen funktionieren, ist das Maß der psychischen Kraft, die zur Bewältigung der aktuellen Lebenssituation eingesetzt werden kann, immer wieder unterschiedlich und kann manchmal schlicht nicht ausreichen, um noch Freude am Leben zu haben, z.B: bei permanenter Überforderung. In solchen Situationen ist eine der möglichen Reaktionen Selbstmitleid. Ich sehe darin in erster Annäherung den Versuch des Individuums, sich gegen die Anforderungen des Lebens in irgendeiner Weise abzuschirmen, ein Refugium zu bewahren oder zu schaffen, in dem es erst mal ungestraft jammern kann, einfach weil es das Bedürfnis dazu hat (jammere heutzutage einmal zu intensiv und zu oft, und schau, was passiert).

Mit Selbstmitleid kann eine depressive Gefühlslage verbunden sein; depressive Gefühlslagen werden zwar gerne als Depressionen ausgegeben, haben aber nicht das geringste mit diesen zu tun.

Was wollen Menschen, die in Selbstmitleid wandeln? Im Schnitt wohl nichts anderes, als im Schnitt alle anderen auch, also Erfüllung ihrer Bedürfnisse, wie auch immer die Bedürfnisse im einzelnen aussehen, die nicht erfüllt sind. Nur fühlen sie sich in dieser Situation nicht mehr dazu in der Lage, an der Erfüllung dieser Bedürfnisse zu arbeiten; anstatt Häme und Diffamierung bedürften sie vielmehr der Unterstützung in Form subtiler pschischer Stabilisierung, was aber häufig wieder zu einer Überforderung anderer führt.

C.G.B. Spender
Elite Member
Elite Member

 
Beiträge: 1105
Registriert: 21.10.2004
Fr 22. Jul 2005, 08:22 - Beitrag #59

Das hast du wirklich schön ausgedrückt, Ipsissimus.

Dazu möchte ich noch sagen, dass man Selbstmitleid oder Jammerei auch konstruktiv umwandeln kann. Dabei denke ich speziell an die Musikrichtung Blues, in der dies häufig genug vorgemacht wird. Aus Jammer wird Protest und Satire, Ironie und Witz, und Galgenhumor ist auch nicht selten mit von der Partie. Damit will ich sagen, dass man Selbstmitleid auch positiv sehen kann, solange man nicht vollkommen darin versinkt und nicht mehr herausfindet, denn bekanntlich sind die Grenzen zwischen gesundem Verhalten und Krankheit im Bezug auf die Psyche sehr gleitend und verschwommen.

Der Blues entstand durch die Spannungen zwischen arm und reich, und vielleicht paßt er daher umso mehr in die moderne Zeit und unsere Zukunft. Ich hoffe es nicht, aber ich befürchte es umso mehr.

Vorherige

Zurück zu Diskussion

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste

cron