Was sollen wir glauben? - Eine Frage der Methodik

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Di 19. Jul 2005, 13:19 - Beitrag #1

Was sollen wir glauben? - Eine Frage der Methodik

Mir ist schon häufiger aufgefallen, dass verschiedene Leute mit anderen Maßstäben an Fragen herangehen. Es stellte sich mir deshalb schon mehrmals die Frage mit welche Prinzipien einer Meinungsbildung zu Grunde liegen sollte. Folgender Artikel habe ich gestern auf Stern.de gelesen (es gibt ihn übrigens auch auf Spiegel.de, aber der auf Stern.de hat ein Detail, was mir wichtig ist), wo der Realitätsbezug dieser Problematik deutlich wird:
1859 entwickelte Charles Darwin die Evolutionstheorie. Heute gilt die Evolution als wissenschaftlich unbestritten, doch in Bush-Amerika ist der Kampf um die "richtige" Lehre wieder voll entbrannt.

Die Schulferien haben in den USA begonnen, und die Schüler genießen den Sommer. Eltern, Lehrer und Schulbehörden wälzen aber wichtige Entscheidungen. Im Bundesstaat Kansas soll vor dem neuen Schuljahr entschieden werden, ob Darwins Evolutionstheorie im Biologie-Unterricht als Fakt oder als eine von mehreren Theorie über die Entstehung des Lebens unterrichtet werden soll. In 15 weiteren Bundesstaaten tobt die Debatte auch. Kritische Wissenschaftler sehen einen Generalangriff religiöser Fundamentalisten auf die Grundlagen des Biologie-Unterrichts.

"Intelligentes Design" statt "blinder Evolution"
Das neue Konzept heißt "intelligentes Design". Anhänger vermeiden das Fahrwasser religiöser Untertöne. Sie argumentieren, dass manche biologische Systeme zu komplex und kompliziert gebaut sind, als dass sie mit Darwin durch Mutationen und zufällige Entwicklungen erklärt werden können. Dahinter könne nur ein durchdachtes Design stecken. Mit dem Erstarken der religiösen Rechten unter Präsident George W. Bush ist das Thema in letzter Zeit richtig salonfähig geworden.

In Kansas hat die Schulbehörde im Mai in Anhörungen debattieren lassen, ob neben der Evolutions- auch Schöpfertheorien in staatlichen Schulen gelehrt werden sollen. In Arkansas tobt ein Kampf über Aufkleber auf Bio-Büchern, auf denen steht: "Die Evolution reicht nicht aus, um den Ursprung des Lebens zu erklären". In Georgia wehrt sich die Schulbehörde gegen die richterlich angeordnete Entfernung von Einlegekarten in Schulbüchern, auf denen steht: "Evolution ist eine Theorie, kein Fakt." Eltern in Dover (Pennsylvania) ziehen im September vor Gericht, weil sie sich gegen den Beschluss wehren, "intelligentes Design" zu unterrichten.

Wiener Kardinal Schönborn hat sich in die Debatte eingemischt
"Seit der Veröffentlichung von Darwins 'Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl' 1859 kämpfen die Gegner der Evolution vergeblich dagegen an", schreibt Kenneth Miller, Biologieprofessor an der Universität Colorado. "Die Design-Bewegung macht viel Lärm, versagt aber enttäuschenderweise an zwei Fronten: von der Wissenschaft wird sie zurückgewiesen, weil sie die Fakten ignoriert, und der Religion wird sie nicht gerecht, weil sie Gott vernachlässigt."

Jetzt hat sich der Wiener Kardinal Christoph Schönborn in die amerikanische Debatte eingemischt. In einem Beitrag für die "New York Times" schrieb er: "Evolution im Sinne gemeinsamer Herkunft mag wahr sein, aber Evolution im neo-darwinistischen Sinn ein ungelenkter, ungeplanter Prozess von Zufallsvariation und natürlicher Selektion - ist es nicht."

Papst Benedikt soll klären
Schönborn bezeichnet die 1996 Aufsehen erregenden Äußerungen von Papst Johannes Paul II. zur Evolution als "ziemlich vage und unwichtig". Dabei wurden Johannes Pauls Worte ("Heute geben neue Erkenntnisse dazu Anlass, in der Evolutionstheorie mehr als nur eine Hypothese zu sehen.") als Neubeginn eines offen Verhältnisses der katholischen Kirche zu den Naturwissenschaften gefeiert. Miller und zwei katholische US-Biologen haben schon an Papst Benedikt geschrieben und um Klärung gebeten.

Fundamentalistischen Christen kommt Schönborns Unterstützung gerade recht. Wer nicht in die Kirche gehe, höre nie etwas über die wahren Ursprünge des Lebens, sagte Schülerin Rachel Jennigs (16) aus Maryland einer Radioreporterin. "Die Evolution kann nicht bewiesen werden, die biblische Schöpfungsgeschichte schon", meinte sie. Auf die perplexe Frage "Wie?" meinte Rachel: "Weil der Schöpfer in meinem Herzen lebt." Kim Abels, Mutter dreier Kinder, sagte in demselben Programm: "Wenn wir Evolution lehren und nicht über die Schöpfungsgeschichte reden, wo ist dann unsere Zukunft?"

Eugene Scott ist Präsidentin des "Nationalen Zentrums für Wissenschaftserziehung", das sich der Verteidigung der Evolutionslehre verschrieben hat. Die Organisation mit 4000 Mitgliedern gibt alarmierten Eltern Argumentationshilfe. "Es ist wirklich eine Herausforderung, gegen diese Argumente anzugehen", sagt Scott.

Dass ich das unterstrichene Argument nicht für haltbar halte, sollte klar sein. Nun würde ich gerne wissen, was ihr darüber denkt? Ist eine solche Argumentation stark genug um eine wissenschaftliche These, z.B. die Evolutionstheorie zu widerlegen? Und für wie stark haltet ihr ein solches Argument allgemein.
Ich lehne eine solche Argumentation allein deswegen schon ab, weil derjenige behauptet, eine priviligierte Sicht auf die Welt zu haben und damit alles begründen kann. Mit so einer Argumentation kann man sowohl für den Weltfrieden, als auch für einen Weltkrieg argumentieren und alles weil man einen direkten Draht zu Gott habe.

ich_von_hier
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Di 19. Jul 2005, 14:08 - Beitrag #2

Das ist das ewige Problem zwichen Materialisten und Funtamentalisten. Die einen werden niemals einen Beweis hervorbringen, um die anderen zu überzeugen.
Du (Materialist) findest selbstverständlich, dass Rachel Jennigs (Fundamentalist) unrecht hat, weil du in der Schule/ von deinen Eltern/ von Büchern, die dich überzeugt haben, eine bestimmte Weltanschauung (ohne Gott) "eingetrichtert" bekommen hast.
Rachel Jennigs findet selbstverständlich, dass du unrecht hast, weil sie in der Schule/ von ihren Eltern/ von Büchern, die sie überzeugt hat, eine bestimmte Weltanschauung (mit Gott) "eingetrichter" bekommen hat.

Für dich ist der Satz "Weil der Schöpfer in meinem Herzen lebt." natürlich kein Beweis für die existens Gottes, bzw die Falschheit (ein besseres Wort fällt mir gerade nicht ein) von Darwins Theorien, während die Erkenntnisse in der Wissenschaft kein Beweis für die nichtexistenz Gottes, bzw die Richtigkeit von Darwins Theorien sind.

Diese priveligierte Sicht, von der du sprichst, beanspruchst du im übrigen auch für dich. Schlieslich hälst du deine Weltanschauung auch für unanfächtbar.


PS: Da ich selber auch zu den Materialisten zähle, stimme ich dir aber zu, dass Rachel Jennings Argument ohne Halt sind. Ich halte Darwins Theorien für Fakt.


Jetzt noch nen intelligenten Satz:
Die Welt kann nicht Objektiv betrachtet werden, weil jeder von sich selbst voreingenommen ist.

Maurice
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Di 19. Jul 2005, 14:46 - Beitrag #3

Wo habe ich behauptet, dass meine Sicht der Dinge unangreifbar ist? Oder hast du mir das gerade einfach nur unterstellt? :rolleyes:

Natürlich können wir einfach sagen, dass wir zu unserem Weltbld sozialisiert wurden und dieses unerschütterlich ist. Wenn wir aber so denken, dann erübrigt sich jegliche Diskussion. Das aber nicht jeder ein vor jeglichen Angriffen imunes Weltbild hat, halte ich für offensichtlich.

Zwischen der Sicht dieser Schülerin und der meinen gibt es außerdem einen deutlichen Unterschied:
Ich behaupte nicht zu wissen, ob die Evolutionstheorie stimmt.
D.h. dass ich jediglich der Theorie anhänge, die mir nach meinem Kenntnisstand am plausibelsten ist und nicht prinzipell ausschließe, dass sie durch eine bessere ersetzt werden könnte. Dies ist ja eines der Grundprinzipien der wissenschaftlichen Methodik. Eine solche Option wird die Schülerin hier meiner Einschätzung nach aber ausschließen, denn für sie ist ja sicher, dass ihre Theorie die richtige ist.

Ich würde auch nicht jeden, der so argumentiert (es muss ja nicht um die Evolutionstheorie gehen) gleich als Fundamentalisten bezeichnen. Das Argument, dass etwas wahr ist, weil man um Gott weiß, wird auch durchaus von gemäßigten Personen verwendet.
Über die Relevanz einer solchen Argumentation würde ich hier gerne diskutieren. :)

ThreeOfFour
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Di 19. Jul 2005, 15:14 - Beitrag #4

Hmmm, ich muss euch recht geben, diese Argumentation ist unhaltbar und ist imo auch etwas ignorant, was mich aber bei aller freundlichkeit bei manchen Amerikanern nicht wundert.

Generell ist Evolutionstheorie vs Schöpfungsgeschichte einfach eine Sache die sich nicht einfach so lösen wird. Mann kann nicht beweisen wie die Evolution abgelaufen ist und selbst wenn es Göttliche Behilfe gegeben hätte wie wolle man die beweisen oder auch nur bemerken.

Die Tatsache das manche Leute es glauben ist verständlich und kann respektiert werden, aber er es ist kein Beweis.

Ich finde man sollte beide Themen strikt getrennt lassen und die Leute selbst entscheiden lassen wie sie die Sache sehen. Solche Aufkleber oder Einlegblätter in Büchern finde ich lächerlich.

Früher hies es ja (von Papst Pius XII.) das die Kirche keine aussage über die Evolutionstheorie macht und dafür die wissenschaftler nicht explizit die möglichkeit eines Göttlichen Eingreifens leugnet. Schade das dies scheinbar nichtmehr so gehandhabt wird.

Im endeffekt muss aber jeder selbst wissen wie (um mal Dogma zu bemühen ;) ) seine "Idee des Glaubens" ist

Ipsissimus
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Di 19. Jul 2005, 15:33 - Beitrag #5

es handelt sich imo weniger um die große Kluft zwischen fundamentalistisch Gläubigen und Materialisten als vielmehr um den großen blinden Fleck der Rationalität.

Während sich durch die gesamte Philosophiegeschichte hindurch allmählich immer deutlicher die Prinzipien sicherer Wissensgenerierung z.B: durch die Entwicklung und die formale Absicherung logischer Systeme herauskristallisiert haben, blieb ein Bereich merkwürdig unberührt: der Bereich der Prämissen. Zu jeder philosophisch einwandfreien Darlegung gehört zwar die Darlegung der zugrundeliegenden Prämissen (notwendig, nicht hinreichend), aber die Frage, weswegen ausgerechnet diese Prämissen gewählt werden bleibt entweder außen vor, oder wird damit beantwortet, daß diese Prämissen am günstigsten für einem bestimmten Zweck sind.

D.h. die ABSICHT einer Darstellung bleibt sakrosankt.

Und genau dieses, meines Wissensstandes nach systematisch viel zu wenig reflektierte Loch ist Zielpunkt der fundamentalistischen Strategie. Wenn wir mal von trivialen Darstellungs- und Vorstellungsebenen Abstand nehmen (auch die Evolutionstheorie ist so darstellbar, daß sie nur noch albern wirkt), sind die "Design"-Wissenschaftler alles andere als dumme Menschen, sondern solche, die ihre Standpunkte in äußerster Rationalität verfechten können - nur die Prämissenauswahl ist eine andere.

Nehmen wir mal die C14-Methode zur absoluten Altersbestimmung. Diese beruht, wie alle Methoden absoluter Datierungen, auf dem messbaren Verhältnis zweier bestimmter Nuklide, in diesem Fall von Kohlenstoff, in den zu bestimmenden Materialien. Wenn es dabei bliebe, wäre es wunderbar. Tatsächlich fließen aber in diese so rational wirkende Methode eine ganze Menge weiterer Annahmen hinein, die nicht beweisbar sind, so die Annahme, daß dieses Isotopenverhältnis einer gesetzmäßigen zeitabhängigen Änderung unterliegt, die über Jahrmillionen gleichmäßig ohne Änderung ablief, oder - historisch - daß zu einem bestimmte Zeitpunkt vor Millionen oder Milliarden von Jahren ein bestimmtes Isotopenverhältnis bestand, das auf der Grundlage anderer Rahmenannahmen abgeschätzt wurde.

Tatsächlich ist die C14-Methode ein Zirkelschluss, gilt aber als wissenschaftlich, weil ihre Methodik wissenschaftlich ist, obwohl ihre Prämissen es bei wirklich strenger Betrachtung nicht sind.

Das gleiche gilt für eine ganze Menge wissenschaftlicher Aussagen: sie stützen das Weltbild, das als Prämisse in sie eingeflossen ist.



Der Konflikt ist und bleibt dann unauflöslich, wenn innersystemisch argumentiert wird. Solange die Prämissen in Rückkoppelung so gewählt werden, daß sie das System stützen, welches sie beweisen sollen, wird sich niemand wirklich wundern, daß sie genau das tun; über das rationale Rüstzeug dazu verfügen beide Seiten.

Die "Designer-Seite" ist sich dieses Sachverhaltes im übrigen wesentlich bewußter als die "Evolutionsseite".

Maurice
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Di 19. Jul 2005, 16:06 - Beitrag #6

Habe ich es überlesen oder hast du dich nicht dazu geäußert, ob du eine solche Argumentation für sinnvoll hälst?

Es gibt verschiedene Ansätze über Probleme nachzudenken und eines was ich für sinnvoll halte ist das Ökonomieprinzip (möglichst wenig Entitäten postulieren), nach welchem im Groben zumindest alle Menschen verfahren. Niemand nimmt ohne Grund einfach neue Entitäten an, wenn ihm irgendjemand davon erzählt (Ausnahme können dabei Autoritäten wie z.B. Lehrer, Wissenschaftler usw. sein). Die Frage ist nun, was gute Gründe sind eine Entität anzunehmen. Wie ökonomisch/sparsam sollte also das Weltbild sein?
In bezug auf das obige Beispiel lässt sich festellen, dass die Evolutionstheorie ontologisch sparsamer ist, als eine Schöpfungsgeschichte, allein schon deshalb, weil sie theoretisch ohne einen Gott auskommt (aber durchaus mit der Vorstellung eines solchen kompatibel ist). Wenn man nun nur nach dem Prinzip der Sparsamkeit zwischen Theorien entscheidet, so müsste man die Evolutionstheorie der Schöpfungsgeschichte vorziehen. Für die Vertreter der Schöpfungsgeschichte gibt es Gründe, eine Theorie vorzuziehen, die weniger sparsam als die Evolutionstheorie ist. Sollte man die den Gründen zu grunde liegende Argumentation nun als sinnvoll einstufen oder nicht?
Jeder der dies verneint, muss sich bewusst sein, dass solche intensionalen Begründungen (auch wenn sie nicht religös sin) allgemein nicht ausreichen um gewisse Aussagen zu begründen, wenn sie nicht allgemein nachvollziehbar sind. Ich selbst habe damit keine Probleme.
Von denen, die eine solche Argumentation aber bejaen, möchte ich gerne ein Statement zu der daraus folgenden Problematik der Willkür hören.

Ipsi deinen Vorwurf, dass die wissenschaftliche Methodik nicht ausreichend begründet ist, würde ich nicht so einfach zustimmen. Es gbt nämlich etwas, was dieser einiges an Gewicht gibt: Der Erfolg.
Erfolg nicht im Sinne, dass sie beliebt ist, sondern dass auf Grund dieser praktischer Nutzen in Form von Technologie resultiert ist. Wenn eine Theorie prinzipell falsch ist, dann wird das darauf aufbauende Handeln höchst wahrscheinlich zum Misserfolg führen. Wenn es aber zu dauerhaften Erfolg kommt, dann ist das imo auch ein guter Grund die zu grunde liegende Methodik hinter einer erfolgreichen Theorie ernst zu nehmen. Daraus folgt natürlich nicht notwendig auch, dass diese die beste ist.

Ipsissimus
Dämmerung
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Di 19. Jul 2005, 16:27 - Beitrag #7

Es gibt verschiedene Ansätze über Probleme nachzudenken und eines was ich für sinnvoll halte ist das Ökonomieprinzip

Prämisse, sakrosankt


Es gibt verschiedene Ansätze über Probleme nachzudenken und eines was ich für sinnvoll halte ist das Schöpferprinzip


Prämisse, sakrosankt


Maurice, ich habe versucht dir darzulegen, worin ich die Problematik sehe. So, wie du es einforderst mutiert der Begriff der Sinnhaftigkeit zu einer absoluten Messgröße. Ich versuche dir darzulegen, daß Sinnhaftigkeit immer nur in Bezug zu einem Prämissensystem festgestellt werden kann.

Ja, eine Argumentation, wie sie die Schülerin sie abgibt, ist sinnvoll, wenn du das zugrundeliegende System verinnerlicht hast, andernfalls nicht.


Zu deinem Erfolgs-"Beweis": die technologische Entwciklung der Menschheit wird erst seid noch gar nicht mal so langer Zeit auch von Menschen mit voranbetrieben, die eine gläubige Fundierung ablehnen; ich kenne nicht die exakten Zahlen, aber vermute immer noch einen erheblichen Anteil gläubiger Wissenschaftler unter allen Wissenschaftlern. Also ist dein kompatibilitäts- und dein Erfolgs-Argument in beiden Richtungen gängig.

Maglor
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Di 19. Jul 2005, 16:53 - Beitrag #8

Das Problem, dass sich hier zeigt ist, dass die Mystik Gott quasi fühlbar werden lässt. Folglich stellt der Mystiker die Frage nach dem Absoluten in eine Reihe mit der empirischen Forschung.
In Deutschland überwiegen die "Christen", die Gott lediglich als Möglichkeit anerkennen oder in ihm ein notwendigen Element sehen. Ihr Theismus, naja meistens eher Deismus, erklärt sich durch die Logik, sprich die Vernunft. So gehen auch die meisten Naturwissenschaftlicher mit religiösen Fragen um, wenn sie denn religiös sind.
Der Mystiker jedoch behauptet Gott selbst zu erfahren!

MfG Maglor

e-noon
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Di 19. Jul 2005, 17:02 - Beitrag #9

Ich denke, es geht nicht so sehr darum, ob jemand gläubig ist oder nicht, sondern eher um die Argumentation und die Erfolge, die direkt daraus ableitbar sind.

So ist die Aussage "Ich glaube, weil ich zwar nicht weiß, aber auch nicht ausschließen kann, und mir das Glauben weiterhilft" von ganz anderer Qualität als die Aussage "Ich glaube nicht, sondern ich weiß, weil ich einfach so fühle".

Und natürlich können gläubige Wissenschaftler genauso gut Maschienen und neue Technologien entwickeln wie ungläubige; aber können sie es auf Grundlage ihres Glaubens? Ist es tatsächlich möglich zu sagen, es gibt Gott, also muss ein PC so und so funktionieren? Ich denke, einzig erfolgversprechend kann sein, "das Universum funktioniert in der Weise, die ich beobachtet habe, also gehe ich von der Beobachtung aus und baue mein Maschienchen". Ob Gott das Universum so gemacht hat oder nicht, ist dafür unwichtig, aber es muss ein Glaube an die Naturgesetze vorhanden sein, wenn man Technologien entwickeln will, die nach ihnen funktionieren. Und das bedeutet, dass die naturalistische Sichtweise einen hier weiter bringt.

Ipsi, mit den genannten Prämissen hast du recht - aber deren Begründung sieht doch gänzlich anders aus. Um sie geht es. Beides sind Prämissen; wenn ich nun sage, ich halte das Ökonomieprinzip für sinnvoll, weil ich es so fühle, ist das imo eine ebenso schlechte Argumentation wie wenn ich sage, ich ich halte das Schöpferprinzip für sinnvoll, weil ich es so fühle.

Natürlich kann man sich absolut setzen und sagen, "was ich fühle, entspricht Tatsachen". Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn der Nachbar etwas anderes fühlt und es nicht zu einer Einigung kommt. Wenn ich fühle, dass neben mir jemand steht, den keiner sieht, und daran glaube, werde ich wohl schwerlich jemanden davon überzeugen können. Dann kann nämlich jeder kommen und sagen, ich fühle aber, dass neben dir keiner steht usw... es bringt einfach nichts in Bezug auf andere Menschen (denkende Menschen vorausgesetzt).

Maglor
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Di 19. Jul 2005, 17:12 - Beitrag #10

Im Grunde geht es beim Schöpfungsstreit ja auch gar nicht so sehr um das eigene, mystische Gefühl, sondern viel mehr um die wörtliche Schriftauslegung.
Grundlage mittelalterlicher Wissenschaft war die Bibel. Die Gelehrten lasen die Schrift und suchten anschließend im Buch der Natur die Bestätigung für das, was sie sowieso schon für unfehlbar hielten.
Das Schöpferprinzip ist ja mit der Evulotionstheorie ja nicht unvereinbar und steht mit diesem gar nicht im Widerspruch, wohl aber steht es im Widerspruch zur biblischen Schöpfungsgeschichte.

MfG Maglor

e-noon
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Di 19. Jul 2005, 17:18 - Beitrag #11

Es geht ja auch nicht um das Schöpferprinzip, das, wie du sagst, nicht unvereinbar ist mit der Evolution, lediglich überflüssig.
Sondern es geht um die Begründung. "Es steht in einem mir heiligen, tausende von Jahren alten Buch" oder "Ich fühle es so" mögen im Mittelalter als Begründung akzeptiert worden sein, weil man gewohnt war, alles von oben zu akzeptieren, und weil man weder Zeit noch Bildung genug hatte, darüber nachzudenken oder gar es anzuzweifeln. Aber heute, wo mehr als die oberen Zehntausend Möglichkeit und Spaß daran haben, sich ein paar Dinge durch den Kopf gehen zu lassen, reicht das nicht mehr, zumindest mir nicht, und auch jedem, der zufällig ein anderes Buch und ein anderes Gefühl, nicht. Darum ist es sinnvoller (da offensichtlich in der heutigen Zeit aufgeklärten Menschen gegenüber erfolgversprechender), sich nicht auf individuelle Gefühle zu berufen, sondern Fakten und ausreichend begründete Meinungen in die Diskussion einzubringen. Imo.

ich_von_hier
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Di 19. Jul 2005, 17:43 - Beitrag #12

Wo habe ich behauptet, dass meine Sicht der Dinge unangreifbar ist? Oder hast du mir das gerade einfach nur unterstellt?
Sorry, das hab ich jetzt mehr oder weniger geschlussfolgert. Wenn dem nicht der Fall ist, nehm ich natürlich alles wieder zurück. :)

Über die Relevanz einer solchen Argumentation würde ich hier gerne diskutieren.
Selbstverständlich kann man so eine Argumentation gelten lassen. Zumindest als Gläubiger.

Vor 150 Jahren war es schließlich andersrum. Gottes Wort war (fast) unanfechtbar und Darwins Theorien erschienen Anfangs als absurd. Hätte die Kirche zu dieser Zeit noch mehr Macht besessen, hätten sich seine Theorien vielleicht gar nicht verbreiten können. Auf jedenfalls hat er anders Argumentier, als zu es zu der Zeit der Standard war. (Er hat mit seinen Forschungsergebnissen, statt mit der Bibel geschlussfolgert.)

Heute, wo wir nur noch glauben, was uns hochinteligente Wissenschaftler erzählen erscheint uns natürlich jemand absurd, der erzählt, er könne Gottes Anwesenheit spüren.

Die Frage "Was können wir glauben?" muss also eigentlich jeder für sich entscheiden. (Auch, wenn die Antwort für keinen sehr zufriedstellend ist :( )
Ansonsten hätt ich noch 42 als Antwort zu bieten. *g*

Maurice
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Di 19. Jul 2005, 18:08 - Beitrag #13

42 ist schon mal immer gut. ;)

Natürlich lässt ein Gläubiger diese Argumentation gelten. Es geht aber nicht darum, ob es Leute gibt, die so Argumente gelten lassen, sondern ob eine solche Argumentation überzeugen sollte.

@Ipsi: Du stufst das Ökonomieprinzip und das Schöpfungsprinzip als gleichwertig ein? Ich finde du übertreibst mit deinem Relativismus. Die beiden Prinzipien stehen nämlich durchaus nicht auf einer Stufe. Das Ökonomieprinzip gehört zu Denken eines jeden Menschen mit gesunden Menschenverstand. Niemand wird einfach irgendetwas neues glauben, nur weil es ihm irgendjemand erzählt hat. Und das Prinzip der Sparsamkeit kann man durchaus auch polytheistischen Weltbildern unterstellen, denn wenn übernatürliche Wesen postuliert werden (seis nun Götter, Geister oder ähnliches), so wird dieses erstens nicht grundlos geschehen und zum anderen zweckmäßig. Mit zweckmäßig meine ich hier, dass es plausibel finde, wenn ein Römer einen Meeresgott postuliert um sich damit die Welt zu erklären, doch wird er keinen Gott erfinden, der keine Rolle spielt.
Das Ökonomieprinzip ist also bei allen Menschen vorhanden nur in verschiedenen starker Ausprägung. Das trifft auf das Schöpferprinzip nicht zu. Das Schöpferprinzip ist kein notwendiges Denkgesetz, das Ökonomieprinzip schon.

Padreic
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Di 19. Jul 2005, 21:50 - Beitrag #14

@e-noon:
Ich denke, einzig erfolgversprechend kann sein, "das Universum funktioniert in der Weise, die ich beobachtet habe, also gehe ich von der Beobachtung aus und baue mein Maschienchen".

Nunja, so funktioniert vielleicht Ingeneurskunst, echte Wissenschaft aber weniger. Ich denke nur an Dirac...ich glaube nicht, dass er im strengen Sinne gläubig war, aber er glaubte an die (mathematische) Schönheit der Naturgesetze und er meinte (was ich ihm glaube), dass dieser Glaube ihm zum Erfolg verholfen habe.
Man sieht: nicht naturwissenschaftlich-technischer Glaube kann Erfolg haben.
Genauso wie man mit einem rein naturwissenschaftlichen Modell im sozialen Alltag vermutlich nicht sehr viel Erfolg haben wird. Ein unerschütterlicher Glaube an Gott und die Würde des Menschen mag für eine Pflegerin vielleicht erfolgsversprechender sein als ein rein materialistisches Weltbild ;).
Man sieht: Jedes Modell hat seinen Anwendungsbereich.

Ipsissimus
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Di 19. Jul 2005, 23:01 - Beitrag #15

sorry, Maurice, du bist der wandelnde Beweis^^ für die Gleichwertigkeit der beiden Auffassungen^^

"Das Ökonomieprinzip gehört zu Denken eines jeden Menschen mit gesunden Menschenverstand."

mehr bedarf es nicht, um den zirkulären Charakter deines Weltbildes und damit seine Analogie zu einem gläubigen Weltbild zu zeigen. Du siehst noch nicht einmal den impliziten Appell an einen impliziten "Konsens aller rational denkenden Menschen" in deinem Aussagen. Auch zu ersehen an deinem permanenten Fragen nach dem, was Menschen denken "sollten", vergleichbar Fragen, wie Gläubige die Bibel verstehen "sollten", was eben doch substantiell etwas anderes ist als die Frage, wie Menschen denken könnten.

ThomasM
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Di 19. Jul 2005, 23:08 - Beitrag #16

Hallo

Ich würde Ispsi im wesentlichen Recht geben, weil die Schlussfolgerungen, die man zieht eine Konsequenz der Prämissen ist, die man hereinsteckt.

Ich halte die zitierte Argumentation auch nicht für haltbar (obwohl ich von einer Schöpfung überzeugt bin), weil diese auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Methodik nicht haltbar ist. Diese schliesst eben eine individuelle Glaubenserkenntnis als Grundlage aus, sie pflegt auch aus guten Grund einen methodischen Atheismus. Das muss sie machen, sonst ist es keine naturwissenschaftliche Methodik mehr.

Aber man muß auch betonen, dass die Erkenntnisfähigkeit der naturwissenschaftlichen Methodik begrenzt ist. Gerade den Bereich des subjektiven Erkennens, Glaubens, Erlebens kann die Naturwissenschaft allerbestens statistisch beschreiben, wobei gerade das Individuelle verlorengeht.

Angesichts der Begrenzung gibt es zwei mögliche Auswege. Man ersetzt die Naturwissenschaft mit einer Theologie-gelenkten Argumentationsform, so wie das in dem Artikel gemacht wurde. Dies bedeutet praktisch die Rückkehr zur Kirchen-Dogmatik des Mittelalters. Oder man lässt die Naturwissenschaft das machen, was sie kann und ergänzt das Bild mit Glaubensaussagen und -erlebnissen. Das ist es, was ich mache.

Aber die Wahl ist individuell. Jeder Versuch, eine logisch, philosophische Vorgabe zu machen, welchen Weg man gehen soll, bedeutet eine Festlegung auf die Naturwissenschaftliche Methodik, sie bietet also keine frei Wahl, sondern legt das Ergebnis der Wahl im Vorhinein fest.

Insofern ist das, was das Mädchen sagt, für sie völlig logisch und zwingend. Bedauerlich ist nur, dass 400 Jahre Kulturgeschichte damit über Bord geworfen wird.

Gruß
Thomas

P.S.
Maurice: Wenn Du die Wahl der Evolutionstheorie für ökonomischer hälst als die Wahl einer Wundergewirkten Schöpfung, dann hast Du die Evolutionstheorie noch nicht in den Fundamenten untersucht. Tatsächlich ist die Annahme einer unverstehbaren Schöpfung extrem ökonomisch und spart einem Bücherlange philosophische Diskurse.

Maurice
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Mi 20. Jul 2005, 09:41 - Beitrag #17

@Thomas: Sparsamer meint nicht unkompliziert, sondern möglichst wenig ontologische Bausteine. Ja die Schöpfungsgeschichte scheint viel einfacher zu sein, obwohl sie im Grunde auch nicht erklärt, warum die Welt so ist und nicht anders, weil man dazu verstehen müsste, wie Gott funktioniert. Aber ontologisch gesehen, braucht man bei einem der Evolutionstheorie weniger Voraussetzungen, denn hier reicht die bloße Annehme von selbstorganisierender Materie. Bei der Schöpfungsgeschichte nimmt man mit Gott eine neue Kategorie des Seins an, weil Gott nicht materiell ist.

@Pad: Das Weltbild macht nicht die Qualität einer Krankenschwester aus. Es lässt sich auch ohne Probleme eine atheistische Krankenschwester vorstellen, die weit besser ist, als ihre christliche Kollegin. ;)

@Ipsi: Nein du verstehst einfach meine Ausführungen nicht. Und ich vermute, dass du sie auch nicht verstehen willst, weil du in mit deinem völligen Relativismus wieder eine Meta-Position einnehmen willst. Du bist aber nicht auf meine Argumente eingegangen!
Ich habe dargelegt, dass das Ökonomieprinzip ein grundlegendes Denkprinzip des Menschens ist, das Schöpfungsprinzip nicht. Damit steht ersteres über letzteren. Sag mir bitte nicht, dass du jemanden der völlig wahrlos Entitäten postuliert, als geistig gesund bezeichnen würdest.


PS: Ich will nur nochmal am Rande anmerken, dass es mir darum geht, ob ein solches Argument allgemein überzeugen sollte. Das heißt nicht, dass ein mystisches Erlebnis nicht für den Betroffenen selbst überzeugend sein soll, sondern dass eine Behauptung dessen als Argument in einer Diskussion gültig ist.

Ipsissimus
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Mi 20. Jul 2005, 11:22 - Beitrag #18

Ich habe dargelegt, dass das Ökonomieprinzip ein grundlegendes Denkprinzip des Menschens ist, das Schöpfungsprinzip nicht.


du hast es dargelegt, aber deine Darlegung hat den Status einer Glaubensaussage nicht überwunden, sorry. Du hast behauptet, daß das Ökonomieprinzp grundlegend sei, und hast diese Behauptung mit anderen Behauptungen gestützt, die jede für sich aber selbst einen Glaubensakt erfordern, um ihnen zuzustimmen. Darüber hinaus ignorierst du, daß Menschen Jahrtausende, wenn nicht Jahrhunderttausende vor Entwicklung des Ökonomieprinzipes vollkommen ohne dieses ausgekommen sind, soweit wir wissen aber zu keiner Zeit ohne das Prinzip des Glaubens, worunter ich das Schöpfungsprinzip subsumiere.

Was ich dem Mädel ankreide ist nicht, daß ihr Weltbild auf Glauben aufbaut, sondern die Dummheit ihrer spezifischen Art, zu glauben (wie Thomas schon schreibt, ihre Ignoranz gegenüber Jahrhunderten Kulturgeschichte - wobei ich allerdings hoffe, daß das Mädel noch nicht am Ende ihrer Entwicklung ist), genauso, wie ich einigen Materialisten nicht ihren Materialismus ankreide, sondern die dumme Art, wie dieser vertreten, wie auf diesem ein Leben aufgebaut und das Leben insgesamt beschrieben wird.

Im Gegensatz zu einigen Stellungnahmen hier billige ich dem Mädel auch nicht des Status einer Mystikerin zu (ich kenne ein paar echte Mystiker, das hat nichts mit Gefühlsseligkeit zu tun), sie wandelt derzeit einfach noch in unreifer Albernheit.

Nur, das zu sehen hat nichts damit zu tun, daß deine Sicht grundsätzlich und apriori die Überlegene wäre, weil sie auf Glaubensaussagen zu verzichten vorgibt.

Spezifischer zu deiner Frage: ob dieses Argument überzeugen sollte, ist völlig irrelevant gegenüber der Beobachtung: Überzeugt es? Oder überzeugt es nicht? Wenn es überzeugt, ist es völlig irrelevant, daß es iyo nicht überzeugen sollte.


die bloße Annehme von selbstorganisierender Materie


... erklärt natürlich alles und ist qualitativ etwas völlig anderes als die Annahme eines Schöpfers^^


aber um eine weitere Glaubensaussage hinzuzufügen: absoluter Relativismus ist bisher das Einzige, was aus meiner Sicht der Dinge einem Metasystem nahekommt^^ er ist in dieser Auffassung natürlich ein System wie jedes andere auch^^

Maurice
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Mi 20. Jul 2005, 21:17 - Beitrag #19

du hast es dargelegt, aber deine Darlegung hat den Status einer Glaubensaussage nicht überwunden

War nun meine Argumentation schlüssig oder nicht? Wenn nicht, dann sage mir wo ich Fehler gemacht habe. Wenn du aber an ihr nicths auszusetzen hast, sollte sie dich überzeugen. Willstdu mir echt als einzigen Fehler ankreiden, dass ich meine Aussagen Meinungen voraussetzen? Wenn jede Aussage die auf Meinungen beruht nicht wahr sein kann, dann ist auch diese Aussage falsch. Also muss man davon ausgehen, dass es wahre Meinungen gibt. Ist nun meine Meinung deiner Meinung nach richtig oder falsch. Wenn sie falsch ist, dann zeige mir wie gesagt auf, wo meine Prämissen und/oder Schlussfolgerungen falsch sind.

Darüber hinaus ignorierst du, daß Menschen Jahrtausende, wenn nicht Jahrhunderttausende vor Entwicklung des Ökonomieprinzipes vollkommen ohne dieses ausgekommen sind, soweit wir wissen aber zu keiner Zeit ohne das Prinzip des Glaubens, worunter ich das Schöpfungsprinzip subsumiere.

Da stimme ich dir nicht zu. Mit "Prinzip des Glaubens" meinst du wohl religösen Glauben, aber gab es wohl zu jeder Zeit neben religösen Menschen auch nicht-religöse Menschen und nicht jeder religöse Mensch hatte Vorstellungen, die dem christlichen Schöpfungsgedanken ähneln.
Abgesehen davon habe imo gezeigt, dass das Ökonomieprinzip ein menschliches Denkgesetz ist. Zu behaupten, dass ein Denkgesetz nicht imemr schon in einem jeden gesunden Menschen vorhanden ist, ist genauso, also würde man die Universalität der Widerspruchsfreiheit leugnen, dass auch ein Denkgesetz des gesunden Menschenverstandes ist, denn wir können uns keine widersprüchlichen Dinge vorstellen. Wenn du nun sagst, dass die Menschen früher ohne das Ökonomieprinzip gedacht haben, dann hast du meine Argumentation entweder nicht gelesen oder schlicht weg nicht verstanden. Nenne mir bitte mal ein Beispiel, wo ein geistig gesunder Mensch eine in seinen Augen unnötige Entität postuliert! Selbst in einem Naturvolk, das an vielerei Geister und Dämonen glaubt, sind diese Existenzpostulate im Einklang mit dem Ökonomieprinzip, weil diese Entitäten als notwendig beurteilt werden, um die Welt zu erklären. Niemand glaubt an eine Entität, die keine Rolle spielt. Das Ökonomieprinzip sagt nun, dass nur soviele Entitäten wie nötig postuliert werden sollten und das erwähnte Naturvolk postuliert keine für sie unnötigen Entitäten, sondern welche die sie für notwendig halten. Wenn nun diskutiert wird, ob man an Geister glauben sollte oder nicht, stellt sich nicht die Frage, ob das Ökonimieprinzip gelten sollte oder nicht, sondern ob die Annahme von Geistern notwendig ist, um die Welt zu erklären. Genauso würde kein geistig gesunder Mensch ernsthaft behaupten, dass ein Satz nicht widerspruchsfrei sein muss, damit er richtig ist, sondern es stellt sich allein die Frage, ob der Satz widerspruchsfrei ist oder nicht. Oder ein anderes Beispiel ist die Induktion. Kein gesunder Mensch würde das Prinzip der Induktion generell in Frage stellen und es ist auch kein Kulturprodukt. Es kann sich nur die Frage stellen, ob ein induktiver Schluss in Ordnung ist oder nicht.
Und sag bloß nicht, dass für dich das Ökonmoieprinzip nicht gilt und du wahllos Entitäten annimmst, ohne Grund, ohne Sinn und ohne Zweck.

... erklärt natürlich alles und ist qualitativ etwas völlig anderes als die Annahme eines Schöpfers^^

Ich hoffe ich deute dein Smiley richtig, wenn ich davon ausgehe, dass diese Aussage Ironie war. Habe ich irgendwo behauptet, dass die Anahme von selbstorganisierender Materie alles erklärt? Nein im Gegenteil! Ich habe gesagt, dass ein Schöpfergott auch nicht alles erklärt und spielte mit dem "auch" darauf an, dass auch die Annahme von selbstorganisierender Materie nicht alles erklärt. Diese Annahme erklärt nämlich nicht, warum sich Materie selbst organisiert. Dennoch ist dieses Postulat sparsamer und somit qualitativ besser als ein Schöpfergott. Ein Monismus ist nämlich immer sparsamer als ein Dualismus. Ok es gibt da noch so idealistische monistische Exoten, die meinen, dass alles Geist und nicht Stoff ist, diese sind ontologisch genauso sparsam wie ein materieller Monismus, haben dafür aber den Nachteil, dass sie sich deutlich mehr mit unserem phänomenologischen Erleben der Welt beißt, als ein materieller Monismus. Dies halte ich nämlich auch für ein Bewertungskriterium für Weltbilder, welches ich aber unter das Ökonmieprinzip unterordne.

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Do 21. Jul 2005, 00:12 - Beitrag #20

Wenn jede Aussage die auf Meinungen beruht nicht wahr sein kann, dann ist auch diese Aussage falsch


sprach ich davon, daß sie wahr oer falsch sei? ich sprach davon, daß sie den Status einer Glaubensaussage nicht überwunden hat, was etwas signifikant anderes ist (z.B. auch deswegen, weil ich den idealistischen Wahrheitsbegriff, den du hier ins Feld führst, nicht teile)

Und sag bloß nicht, dass für dich das Ökonmoieprinzip nicht gilt und du wahllos Entitäten annimmst, ohne Grund, ohne Sinn und ohne Zweck


die Alternativen, die du für deine entweder-oder anbietest, sind nicht angemessen. Zwischen der Ablehnung des Ökonomieprinzips und dem wahllosen, unkritischen Postulat beliebig vieler Entitäten liegt eine ganze Unendlichkeit an Abstufungen, die dir mit deinen Entweder-Oder komplett entgeht. So würde ich zum Beispiel gegenüber dem Okonomiepostulat ein Ästhetikpostulat präferieren (wenn es denn unbedingt so was sein muss, aber was mache ich nicht alles für dich^^), welches darauf hinausläuft, daß eine Erklärung, die zwar deinem Ökonomiepostulat entspricht, aber häßlich ist, in den Mülleimer kommt. Es gäbe weitere Postulate, die ich bei weitem bevorzugen würde, wenn ich mir dein entweder-oder aufzwingen ließe^^.

Du merkst im übrigen immer noch nicht, daß du geistige Gesundheit mit der Befolgung bestimmter Postulate und die Befolgung bestimmter Postulate mit geistiger Gesundheit begründest. Deine Aussage weisen die übliche Zirluarität und Selbststabilisierung von Glaubensaussagen auf^^


Habe ich irgendwo behauptet, dass die Anahme von selbstorganisierender Materie alles erklärt?


nein, verzeih bitte die ironische Veschleierung. Darf ich zitieren?

Aber ontologisch gesehen, braucht man bei einem der Evolutionstheorie weniger Voraussetzungen, denn hier reicht die bloße Annehme von selbstorganisierender Materie



Du UNTERLIEGST einem Glaubenssystem, das du mit der gleichen Vehemenz und in etwa analogen Mitteln wie ein fundamentalistischer Gläubiger, der nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, verteidigst.

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