Was sollen wir glauben? - Eine Frage der Methodik

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Do 21. Jul 2005, 10:48 - Beitrag #21

Ipsi du strapazierst meine Geduld muss ich gestehen.
Mache ich es ganz explizit:
1. Ist die Evolutionstheorie deiner Meinung nach ontologisch sparsamer als das Schöpfungsprinzip oder nicht? Wenn nein, dann bitte mit Begründung.
2. Wie definierst du Wahrheit? Vertrittst du die Korrespondenztheorie oder die Kohärenztheorie? Wenn keine von beiden, dann bitte eine entsprechende Ausführung und Benennung.
Ich vertrete die Korrespondenztheorie, nach der eine Aussage dann wahr ist, wenn sie mit der Realität übereinstimmt. Das ist kein idealistischer Wahrheitsbegriff, sondern der allgemein praktizierte, sowohl im Alltag als auch in der Philosophie.

@Ökonomieprinzip:
Es gäbe weitere Postulate, die ich bei weitem bevorzugen würde, wenn ich mir dein entweder-oder aufzwingen ließe

Es gibt Alternativen zu der Option Ökonmieprinzip oder nicht? Wie soll denn das bitte aussehen? Entweder ich nehme nur soviele Entitäten an, wie ich für nötig halte oder nicht. Was soll denn da eine weitere Option sein?
Und ich habe auch gesagt, dass es neben dem Ökonmoieprinzip noch andere Prinzipien gibt, die von verschiedener Gewichtigung sind. Welches Prinzip für dich welches Gewicht hat, kann sich durcchaus von der Gewichtung anderer Personen unterscheiden, aber auch du benutzt das Ökonomieprinzip.

PS: Vielleicht solltest du ein bisschen weniger auf Teufel komm raus, den advocatus diaboli spielen. Ich habe nämlich langsam den eindruck, dass du oft einfach nur dem Widerspruchs willens widersprichst.

Ipsissimus
Dämmerung
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Do 21. Jul 2005, 12:12 - Beitrag #22

es tut mir sehr leid, wenn ich deine Geduld über- oder auch nur überhaupt strapaziere; gleichwohl kann ich nicht umhin, mich zu fragen, ob es nicht damit zu tun haben könnte, daß du dich anscheinend beharrlich weigerst, meine Aussagen auf deine Gedankengänge zu beziehen, oder möglicherweise einfach nicht fähig bist, diese Bezüge zu sehen.

die Evolutionstheorie ist ontologisch nicht sparsamer als das Schöpfungsprinzip und vice versa (nur nebenbei sei bemerkt, daß beide Theorien nicht ganz einfach aufeinander beziehbar sind; das Evolutionsprinzip erklärt lediglich die Entstehung biologischer Systeme, während das Schöpfungsprinzip die Entstehung des Weltalls erklärt). Beide Systeme operieren mit unbeweißbaren Grundannahmen, deren Plausibilität in jeweils unterschiedlichen Prämissensystemen unterschiedlich bewertet wird. Dies läuft darauf hinaus, daß beide Theorien denselben ontologischen Status aufweisen.

Wie oft muss ich dir noch erläutern, wie ich "Wahrheit" auffasse, ehe du gedenkst, diese Erläuterungen zur Kenntnis zu nehmen und vielleicht sogar mal drauf eingehst?

"Wahrheit" ist ein Hirngespinst von Systemfreaks, die ihre Systeme absolut setzen und dies (den Akt der Setzung) dann vergessen. Tatsächlich gibt es nur Beschreibungen, die Intentionen verpflichtet sind; diese Beschreibungen können mehr oder weniger konsistent (bezogen auf ein formalisiertes Ableitungssystem) und plausibel sein, aber alle Konsistenz und Plausibilität ändert nichts daran, daß dies für die "Wahrheit" gegenstandslos ist, bzw. meinethalben intrasystemisch als Begriff für die Korrektheit der Ableitung von Aussagen von den System-Grundprämissen verwendet werden mag, obwohl ich der Ansicht bin, daß der Begriff, dem ja eine ganze Kulturgeschichte anhängt, dafür viel zu hoch aufgehängt ist.

Es gibt keine Möglichkeit, intersystemisch die "Wahrheit" eines Systems gegen die "Unwahrheit" eines anderen Systems zu begründen, das funktioniert immer nur intrasystemisch.

Es gibt Alternativen zu der Option Ökonmieprinzip oder nicht? Wie soll denn das bitte aussehen?


liest du gelegentlich, was ich schreibe? Ich schrieb, daß ich eine These, die zwar dem Ökonomiepostulat, aber nicht dem Ästhetikpostulat entspricht, verwerfen würde (und füge hinzu: es sei denn, die These würde mich aus anderen Gründen überzeugen). Ich verfolge desweiteren eine Art "Angemessenheitspostulat", d.h. ich greife auf soviele Annahmen zu Erklärungen zurück, wie mir zur Erklärung eines Sachverhaltes angemessen erscheint, auch wenn es vielleicht mit weniger Annahmen ginge, ich dieses "weniger" aber als ein Korsett um des Korsettes willen empfinde (Minimalismus als Selbstzweck ist eine Spielerei, die ich nicht betreibe).

Abgesehen davon halte ich das Ökonomieprinzip für den Aspekt "Wahrheitsfindung" für derart vollkommen gegenstandslos, daß es mir gar nicht notwendig erscheint, es zu widerlegen. Es ist prinzipiell nicht widerlegbar, da es eine Möglichkeit des Denkens darstellt, eine Möglichkeit wie viele andere, Folge einer Wahl durch ein Individuum. Nur eben eine, die mich kalt läßt, auch wenn ich sie als Werkzeug - nicht jedoch als Selbstzweck - gelegentlich nutze, da wo es mir angemessen erscheint.

Maurice
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Do 21. Jul 2005, 12:36 - Beitrag #23

Sorry Ipsi aber du verwechselst nämlich zwei grundlegende Begriffe, nämlich Wahrheit und Wissen. Ich empfehle dir eine Einführung in die Philosophie, z.B. "Philosophische Grundbegriffe" (siehe Einführungsthread) in dem die Begriffe auch gut erklärt werden.

Und nein Ipsi du hast mir mit deiner Ausführung nicht gezeigt, dass das Schöpfungsprinzip ontologisch sparsamer ist, als die Evolutionstheorie. Es stimmt, dass beide Modelle von unbeweisbaren Prämissen ausgehen. Aber wie ich schon gesagt habe, bedarf die Evolutionstheorie einer kleineren ontologischen Basis, weil für sie ein Monismus reicht, während das Schöpfungsprinzip idR von einem Dualismus ausgeht (wenn man nicht gerade ein idealistischer Monist ist). Ein Monismus ist per Definition ontologisch sparsamer, als ein Dualismus und wenn die Evolutionstheorie nur ersteres braucht, ein Schöpfungsprinzip idR aber letzteres benötigt, ist die Evolutionstheorie ontologisch sparsamer.
Also: Voraussetzungen für Evolutionstheorie = Materie
Voraussetzungen für Schöpfungsprinzip = Materie + Gott (Ausnahme idealistischer Monismus, da nur Gott)
Ich hoffe du verstehst, wenn ich eine Prämisse im Vergleich zu zwei Prämissen als weniger verstehe und ein Modell das weniger Prämissen hat als sparsamer bezeichne.

Ob ich deine Posts lese? Immer und vollständig. Vielleicht drückst du dich einfach nur nicht verständlich genug aus. Ich bin nicht der einzige hier, der sich manches Mal über deine Äußerungen wundert.

Abgesehen davon halte ich das Ökonomieprinzip für den Aspekt "Wahrheitsfindung" für derart vollkommen gegenstandslos

Sprach ich irgendwann von Wahrheitsfindung? Nein dafür ist das Ökonmieprinzip kein sicheres Hilfsmittel, das habe ich auch nie behauptet. Ich habe behauptet, dass das Ökonomieprinzip ein Denkgesetz ist (wie z.B. die Induktion) und sich die Leute nur darüber streiten können, ob eine Entität nun angenommen werden sollte oder nicht, nicht aber das Prinzip als solches in Frage gestellt wird.
Wenn nun zur Debatte steht, ob man von der Existenz von X ausgehen sollte und man keinen Grund dazu hat, dann wird man nicht davon ausgehen. Oder verfährst du anders? o.O
Wenn du nun sagst, dass du die Existenz von X annimmst, aus ästhetischen Gründen, dann ist das kein Widerspruch zum Ökonmieprinzip, weil du einen Grund hast die Entität anzunehmen. Wenn du aber eben keinen Grund hättest, so würdest du diese Entität nicht annehmen. Ansonsten würde ich dich nicht für geistig gesund bezeichnen, genauso wenig wie wenn jemand grundsätzlich das Prinzip der Induktion verneinen würde.

Ipsissimus
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Do 21. Jul 2005, 13:20 - Beitrag #24

der materialistische Monismus bedarf ebenfalls zweier Prämissen, um etwas zu erklären, übersieh das nicht: der Annahme der aus sich selbst heraus schon immer existenten Materie und der Annahme der Fähigkeit oder wenigstens der Tendenz der Materie zur Selbstorganisation (wenn du nicht die zeitliche Ewigkeit von Materie annimmst, mußt du sogar zusätzlich noch die Existenz von etwas annehmen, aus dem heraus Materie zur Existenz gelangen konnte, viel Freude bei der Abgrenzung dieses "Etwas" gegen den Gottesbegriff). Das ist die analoge Prämissenkonstellation wie im religiösen nichtidealistischen Dualismus, bei der Materie durch Gott ersetzt wird, und die Fähigkeit zur Selbstorganisation durch die Fähigkeit zur Schöpfung (das dualistische Gegenüber Gott-Materie ist ja sekundär, da Gott die Materie aus seiner eigenen Wesenhaftigkeit gebiert, der den Dualismus gebärende "Abfall" kommt später). Und ehe du denkst, ich sehe es nicht: beide Annahmen bedürfen selbstverständlich weiterer tiefergreifender Auflösung, ehe sie überhaupt etwas erklären würden, womit sich in beiden Fällen die These von der einfachen Prämissenbasis ohnehin als Humbug erweist.

Und nein, ich verwechsle nicht Wissen mit Wahrheit; darf ich diesbezüglich auf unsere ähnlichen Schwierigkeiten aus der Willensdiskussion verweisen, bei der ich auch den Eindruck habe, daß du gar nicht verstehst, worauf ich mit "Gestalthaftigkeit" hinaus will.


Der Kern des Ökonomiepostulats liegt nicht im Vorliegen von Gründen für die Postulierung einer Entität, sondern im Vorliegen von Notwendigkeit, mitsamt dem Abbruch der Postulierung, wenn keine Notwendigkeit mehr besteht, selbst wenn noch Gründe vorhanden sein sollten. Ich weise lediglich den Reduzierungsimperativ der Notwendigkeit zurück.

Das Postulat von "Denkgesetzen" ist ganz nett, für mich aber eindeutig ein Beispiel für das von mir aufgezeigte Prinzip, gemäß dem ein Systemtheoretiker nach einer absoluten Setzung vergißt, daß er überhaupt etwas gesetzt hat, und sich hinterher freut, daß er überall das findet, was er doch vorher schon in das System eingespeist hat. Sprich: wenn du apriori "weißt", daß es Denkgesetze gibt (z.B. weil dein Denken nicht ohne das Postulat solcher Gesetze auskommt), dann findest du sie natürlich überall. Jemand, dem dein System fremd ist, weiß oft noch nicht mal, wovon du überhaupt sprichst.

Ansonsten warte ich nach wie vor auf eine Stellungnahme zum Problem der Zirkularität.

/edit ach so, und Einführungen in die Philosophie habe ich zur Genüge absolviert^^ ich vermute, das Problem unserer Kommunikation liegt eher darin, daß ich daraus Elemente entnehme, wenn sie mir in den Kram passen, während du komplette Systeme verinnerlichst

/editedit ja? warum fragen die Betreffenden nicht nach?

janw
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Do 21. Jul 2005, 16:58 - Beitrag #25

Hm, nun ja...zuerst mal etwas zur allgemeinen Sachentwirrung ;)

Die Evolutionstheorie ist wirklich nicht geeignet, um die Entstehung des Lebens zu erklären - sie liefert lediglich ein mögliches Erklärungsmuster für die Entstehung der Vielfalt an Lebensformen bei gleichzeitiger relativer Ähnlichkeit von Formen und Eigenschaften in verschiedenen Regionen - nachdem das Leben entstanden war.
Für die Entstehung des Lebens muß man auf andere Ansätze zurück greifen, auf die Experimente von Miller z.B., der in einer postulierten Ur-Umwelt aus den dort hypothetisch vorhandenen anorganischen Molekülen wichtige Bausteine von Lebewesen wie Aminosäuren, Fette und Zucker synthetisieren konnte in einer zellartigen Anordnung, die sich aufgrund der Eigenschaften der Bausteine einstellte.
Und auf die darauf aufbauende Theorie von Manfred Eigen über den Hyperzyklus.

Die Evolutionstheorie ist durch viele Funde bestätigt worden, die ganz natürlicherweise überwiegend nicht C14-datiert sein können, weil sie dafür zu alt sind. Hier wurde auf andere Datierungsverfahren zurückgegriffen, die zwar alle - Ipsi hat hier recht - auf Grundannahmen aufbauen, die eben nur anzunehmen, aber nicht zu beweisen sind. Verfahren, die aber alles zusammen genommen, also Isotopendatierung + Schichtenzählung usw., eine verlässliche Alterseinstufung zulassen.
Die Evolutionstheorie wird außerdem täglich vor unseren Augen bestätigt, wenn wir die Resistenzbildung bei Bakterien verfolgen oder die Artendifferenzierung bei neu eingewanderten Arten. Aus eingewanderten Arten entstehen vor unseren Augen neue Arten, mit neuen Eigenschaften, durch Selektion zufälliger Mutationen, die besser an hiesige Verhältnisse angepasst sind, als die Mutterpflanze aus Südafrika.
Die Evolutionstheorie kann daher im naturwissenschtlichen Kontext als gültig angesehen werden - solange sich keine gravierenden Widersprüche ergeben, eine Widerlegung der Datierungen oder eine komplett neue Theorie auf wissenschaftlicher Grundlage.

Die Evolutionstheorie steht für mich nicht im grundlegenden Widerspruch zu einem religiösen Erklärungsmuster - denn, wie gesagt, das Davor erklärt sie nicht, Raum für göttliches Wirken, und sie bezieht den Zufall als wesentlichen Aspekt mit ein, Raum für diskretes göttliches Wirken. Auch die Naturgesetze könnten auf göttliches Wirken zurück gehen. Das Wirken einer transzendentalen Entität wäre also möglich, hinreichend, jedoch nicht notwendig.
Frappant ist immerhin auch die Abfolge in der Schöpfungsgeschichte, die gewisse Grundzüge der Evolutionstheorie nachzeichnet.

Um aber mal zur Sache zu kommen...
Der Gegensatz zwischen dem Ökonomieprinzip und dem Schöpferprinzip erschließt sich mir nicht recht. Ich halte die Annahme eines an der Evolution mitwirkenden Schöpfers für nicht aufwendiger, als alle unlösbare Fragen auf den Zufall zu schieben.
Der Mensch hat das Göttliche gefunden, ja. Materialistisch könnte ich sagen, er hat nach Erklärungen für das Unerklärliche gesucht und als in-die - Welt-Geworfener Halt in dieser Welt, eine externe Referenzstelle. Die Geister, später die Götter waren nützlich, bzw. das Transzendente war nützlich und wohl sogar notwendig. Es wäre unökonomisch gewesen, auf die Götter zu verzichten. (Die Annahme nur eines Göttlichen, das durchaus vielgestaltig auftreten kann, verunmöglicht überflüssige Götter ;))
Aus theistischer Sicht könnte ich sagen, das Göttliche hat sich den Menschen offenbart, in der Form, die für die Menschen fassbar war.
Man suche sich das jeweils Passende heraus ;)

Ich würde gar noch einen Schritt weiter gehen und behaupten, daß man nicht nicht glauben kann. Hierzu ein kleiner Exkurs:

Die Mauer
Ich möchte eine Mauer bauen. Ich nehme Ziegel, Sand, Zement und Wasser, mische Sand, Zement und Wasser im richtigen altbewährten Verhältnis und mauere los. am Ende des tages ist die Mauer 2m hoch und fertig. Sie steht.
Sie steht auch noch am nächsten Tag. Und nach einem Monat. Und nach 10 Jahren.
Warum?
Ich kann behaupten, daß ihre Schwerkraftwirkungen nach beiden Seiten etwa gleich sind. Ich kann behaupten, daß der Boden gleichmäßig tragfähig ist und nicht beeinflusst worden ist. Ich kann behaupten, daß der Mörtel eine Zusammensetzung und Stabilitätswirkung hat, durch die alle etwaigen bisher aufgetretenen Kraftwirkungen kompensiert wurden.
Das kann alles sein. Allein, es muss nicht die richtige Erklärung sein. Es kann nämlich sein, daß diese Stabilitätswirkung usw. nur eine Koinzidenz ist, daß der wirkliche Grund ist, daß im Wald von Borneo die Riesenapollofalter flattern, daß die Mauer steht, weil dies nach dem morphogenetischen Feld begünstigt ist, daß eine transzendentale Entität meine Mauerei mit Wohlwollen begleitet hat, oder daß/weil an der Stelle der Mauer mal jemand eine Katze begraben hat.

Wahrheit anzunehmen, heißt, die mit einer Sache verbundenen Korrelationen als ursächlich mit dieser Sache verbunden anzunehmen. ;)

Alle anderen Faktoren auszuschließen, ist ein Glaubensakt, da primär unbeweisbar.
Im übrigen, was wäre so unökonomisch daran, wenn da eine göttliche Instanz über die Mauer wacht? Da kann ich eh nix gegen tun, ebenso wenig wie gegen die dumme Gewitterböe, die zufällig die Mauer plättet.

ökonomi, entität in polytheismus weg
Es muss aber dennoch auch direkt gesagt werden, daß Ipsi recht hat mit seiner Betonung der Bedeutung der Prämissen.
Immerhin, in den Sozialwissenschaften hat dieser Aspekt unter dem Begriff des "Erkenntnisinteresses" Eingang gefunden, wenn auch in etwas unterstellender Form.
Die Naturwissenschaften täten gut daran, ihren Erkenntnisse öfter die Prämissen voranzustellen, auf denen sie beruhen.

Maurice schrieb:
Ich lehne eine solche Argumentation allein deswegen schon ab, weil derjenige behauptet, eine priviligierte Sicht auf die Welt zu haben und damit alles begründen kann.

Nun, wenn Du soetwas wie eine objektive Wahrheit postulierst, dann mußt auch dem Inhaber dieser objektiven Wahrheit diese privilegierte Sicht zubilligen. ;)
Im übrigen wird imho kein wahrhaft Gläubiger für einen Weltkrieg plädieren, denn dieser bedeutet zwangsläufig einen Angriff auf die göttliche Schöpfung...

@Gesunder Menschenverstand von Maurice:
Wie Ipsi schrieb, ein sehr zirkulärer Ansatz bei Dir...

Zwischen Genie und Wahnsinn ist es bekanntlich bisweilen nur ein kleiner Schritt. Aber sei getrost, ich schätze Dich für recht gesund ein ;)

Padreic
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Do 21. Jul 2005, 18:05 - Beitrag #26

@Maurice:
Wenn du dein Ökonomieprinzip so weit fasst, wie du es in deinen letzten Postings getan hast (wenn ich dich recht verstehe, sinngemäß: man soll keine Entitäten annehmen, für die es keinerlei Gründe gibt, sie anzunehmen), dann wird es sehr leer. Ich kann dir dann wohl zustimmen, dass das zu dem gehört, was man gemeinhin gesunden Menschenverstand gehört. Aber warum redest du dann so viel darüber, über diese Trivialität? Leute, die einen Gott annehmen, haben ihre Gründe, Leute, die Materie annehmen haben ihre Gründe, vermutlich sogar Leute, die einen Weihnachtsmann annehmen. Das Ökonomieprinzip verliert somit in jeder üblichen Diskussion (wo eben nicht jemand *völlig* willkürlich Dinge postuliert) seine Wirkung.
Manchmal habe ich übrigens den Eindruck, dass du das Prinzip von Ökonomie und ontoligscher Sparsamkeit, sehr weit fasst, sobald du es begründen musst (so weit, dass es wirklich unter 'gesunden Menschenverstand' fällt), so bald du aber etwas damit begründen willst, ist vor allem enger, wodurch dann plötzlich Dualismus und alles mögliche andere rausfliegt ;).

Ich vertrete die Korrespondenztheorie, nach der eine Aussage dann wahr ist, wenn sie mit der Realität übereinstimmt. Das ist kein idealistischer Wahrheitsbegriff, sondern der allgemein praktizierte, sowohl im Alltag als auch in der Philosophie.

Fraglich. Die Realität spielt doch im Alltag gar keine Rolle (denke, dass sie eigentlich nur in der Ethik entscheidend ist). Es spielt eine Rolle, was für Realität gehalten wird, und so kann es dann doch erstmal nur Wahrheit für eine bestimmte Person geben. Somit hat auch der Satz "Wahr ist, was in den Zeitungen steht." seinen Sinn und Verstand, denn es für sehr viel mehr Leute Wahrheit dann als für die wenigen Leute, die es vielleicht besser wissen. Und wird es dann Wahrheit, wenn rauskommt, dass die sensationelle Schlagzeile falsch war, und die "Wahrheit" ans Licht kommt? Fraglich. Es wird vermutlich vergessen. Ist nicht im Alltag auch das Wahrheit, was Wirkmacht hat?
Und in der Philosophie gibt es auch genügend Beispiele von Leuten, die keine Korrespondenztheorie der Wahrheit vertraten und vertreten. Prominent würde mir da z. B. Sören Kierkegaard einfallen. Und es gibt sicher auch noch viele weitere. Ich habe mich mit dieser Thematik niemals intensiver philosophiegeschichtlich auseinandergesetzt.

Ich will nur nochmal am Rande anmerken, dass es mir darum geht, ob ein solches Argument allgemein überzeugen sollte. Das heißt nicht, dass ein mystisches Erlebnis nicht für den Betroffenen selbst überzeugend sein soll, sondern dass eine Behauptung dessen als Argument in einer Diskussion gültig ist.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass ein solche Argument nicht überzeugen wird. Es ist nur wirksam, wenn das Gegenüber schon überzeugt ist.
Und was meinst du mit 'gültig' für ein Argument in einer Diskussion? Als Spielregel, wann man überzeugt zu sein hat?
Allgemein halte ich Diskussionen für überschätzt. Wichtig ist erstmal Wahrheit für einen selbst. Wobei sich dann natürlich die Frage stellt, warum ich überhaupt noch hier schreibe ;).

@janw
Gewiss, wenn man den Begriff des Glaubens geeignet definiert, dann kann man nicht nicht glauben. Aber den spezifisch religiösen Glauben unterscheidet doch noch einiges von der Masse des anderen Glaubens, der vom nicht nicht glauben können abfällt.

janw
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Fr 22. Jul 2005, 15:38 - Beitrag #27

Maurice, es ist so, wie Ipsi sagt, auch die Evolutionstheorie kommt nicht ohne zwingende Prämissen aus. Bezieht man die Entstehung des Lebens mit ein, dann muß mit Ipsi von der Präexistenz der Materie ausgegangen werden und von ihrer Fähigkeit zur Selbstorganisation.
Fasst man den Betrachtungsraum der Evolutionstheorie enger, wie es mir sinnvoll erscheint, dann muß als Prämissen von der Existenz des Zufalls ausgegangen werden - was spricht eigentlich dagegen, ihn als eigenständige Entität zu begreifen? - und von der beständigen Änderung der Umwelten. Umweltveränderungen scheinen eine sehr wichtige treibende Kraft zu sein für die Differenzierung neuer Sippen.

Du hälst Wahrheit dann für gegeben, wenn sie mit der Realität übereinstimmt, bzw. diese beschreibt.
Dünnes Eis, wie ich finde, denn Realität ist nichts als eine Fiktion von der Wirklichkeit, eine Arbeitshypothese, mit der man die meiste Zeit über gut arbeiten kann. Realität absolut zu setzen, erscheint mir fast gewagter, als eine im Hintergrund recht gleichmäßig und verlässlich wirkende transzendente Entität anzunehmen. Die täuscht nämlich weniger. ;)

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