Wer hat schon Gott erlebt?

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e-noon
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Sa 17. Sep 2005, 12:36 - Beitrag #61

Du glaubst also an ein Gespenst? Ich würde als erstes an "Verstehen Sie Spaß?" denken oder an einen Halloween-Streich. Vielleicht auch jemand, der mich nicht mag und mich erschrecken will.
Und danach würde ich denken, ich wäre übermüdet oder krank; jedenfalls würde ich nicht einfach so an Gespenster glauben. Ich kenne auch sonst in meinem Umfeld keinen, der an Gespenster glaubt, nur mein Vater glaubt an Geister, und der pumpt sich seit Jahren regelmäßig mit Betäubungsmitteln voll :rolleyes:

Marc Effendi
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Sa 17. Sep 2005, 13:17 - Beitrag #62

Tja, Milena, das ist das Problem, wenn man versucht, einem Blinden eine Farbe zu erklären. Das geht nur über Analogien, die selbst den Punkt nicht 100%ig treffen. Deshalb habe ich mich aus dieser Diskussion lange rausgehalten.

Ein kluger Mann hat mal den Satz gesprochen: das Schwierigste am Glauben ist, einem Ungläubigen das Erlebte zu erklären. Ein Ungläubiger wird die Erklärungen nicht akzeptieren und glaubt man dann gibt es auf einmal keine Fragen mehr....

@Maurice: Dein Versuch sich dem Reden und den Wundern Gottes auf rationaler Ebene zu nähern ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Das haben schon schlauere Menschen als Du und ich veruscht. Sie sind gescheitert. Warum? Weil ein existentieller Punkt fehlt: Glaube. Wobei Glaube nicht Nichtwissen oder Fastwissen heißt. Glaube kann man am Besten am Gegenteil definieren: Zweifel.

Nur durch den Glauben erschliesst sich das Reden Gottes. Nur wer glaubt, wird die Wunder in seiner Faszination erleben.

Wenn Du wirklich wissen willst, wie sich Gott zeigt, dann kann ich Dir nur eines raten: Glaube!

Padreic
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Sa 17. Sep 2005, 18:13 - Beitrag #63

@Maurice: Gesetzt den Fall, dass eine Person, die du gut kennst, die sich bisher immer als vernünftig und zuverlässig erwiesen hat, dir im Details von Wahrnehmungen erzählt, die der einer Entführung von Aliens entsprechen. Du kannst keine Anzeichen von Geistesverwirrtheit ausmachen, weder du noch die Person können Gründe für eine solch extensive und intensive Halluszination finden und die Person ward im fraglichen Zeitpunkt auf Erden nicht gesehen (auch wenn dies eine andere Erklärung haben mag). Was findest du dann abwegiger: der Person auf Vorbehalt zu glauben oder zu sagen, dass die Person aller Wahrscheinlichkeit nach Unrecht hat, weil es dem "modernen Weltbild" widerspricht? Wenn ich mich an Hume recht erinnere, schreibt er, dass man einem "Wunder" nicht glauben soll, egal wieviele und wie zuverlässige Zeugen es gibt.

e-noon
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Sa 17. Sep 2005, 18:31 - Beitrag #64

@Padreic: Ich zum Beispiel würde hier eher zunächst an irgendeine Filmsendung denken, die den Bekannten aufs Glatteis führen wollte, oder dass der Bekannte selbst mich aufs Glatteis führen wollte. Im schlimmeren Fall auch eher noch an eine Verschwörung, aber wenn es irgendwann Beweise gibt, würde ich ihm vermutlich glauben. Immerhin ist es aber etwas anderes, sich von bisher ungekannten Tatsachen überzeugen zu lassen oder aber an etwas zu glauben, dass man nur persönlich wahrnehmen kann, dessen Existenz man nicht beweisen kann.

Sai
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So 18. Sep 2005, 19:55 - Beitrag #65

Der Satz [Gegen diesen Ausdruck [fundamentalistisches Chistentum] habe ich übrigens nichts, solange du dir über die Bedeutung bewusst bist – das nämlich nur das durch das christliche Fundament (Wort Gottes) begründetes Christsein echt und relevant sein kann.] ist insofern Blödsinn, als er behauptet, es gäbe nur eine den Sachverhalten entsprechende Auffassung, wie mit den Inhalten der Bibel umzugehen sei - natürlich die Auffassung, welche in der Gruppierung des Produzenten des Satzes vertreten wird -; die Behauptung ignoriert vollkommen den Sachverhalt, daß die Geschichte des Christentums charakterisiert ist durch die Glaubenskämpfe aufgrund unterschiedlicher Auslegungen.

Dieser Satz ist weder blödsinnig noch albern. Ich versuchs noch mal: Ein Lebensstil, der sich christlich nennt, ist nur solange christlich, wie er durch die Bibel begründet werden kann, also einer Prüfung durch das Wort Gottes standhält. Das leitet sich aus der Tatsache ab, dass die Bibel das Fundament des Christentums und als solches auch dessen Maßstab ist.
Daraus folgt: Ein Lebensstil, der in seiner Grundhaltung, seiner Zielsetzung und Ausrichtung der Bibel wiederspricht kann nicht als „christlich“ bezeichnet werden.
Natürlich gibt es jetzt immer die Frage der Grauzonen. Ich behaupte nicht, dass ich alles richtig interpretiere was geschrieben ist, aber ich behaupte, dass die meisten Aussagen der Bibel unmissverständlich sind.

Unangemessene Modellbildung

Was ist denn deiner Meinung nach eine angemessene Modellbildung? Und wenn du eine benennen kannst, worauf läuft sie dann hinaus? Fick dich durch die Weltgeschichte und übernimm keine Verantwortung für dein Handeln? Wer oder was setzt denn bei deiner Moralvorstellung die Maßstäbe? Dein eigenes Wohlergehen?
Und um noch mal zur „Verkrüppelung der Vielfalt des Lebens“ zurückzukommen: Du maßt dir an, über etwas zu urteilen, dass du nicht im Mindesten kennst, daher auch gar nicht verstehst. Ich versuche, nach den Maßstäben der Bibel zu leben und kann unterm Strich sagen, dass mein Leben vielfältiger und reicher ist, als das vieler meiner Freunde. Leben für das Besäufnis am Wochenende. Im Grunde ist das eigentlich nur traurig.

Wie soll er, die beleidigte Leberwurst, deren Beleidigtheit seinen Kinder erst diesem ganzen Schlamassel bescherte, sich nun als liebender gütiger Allvater darstellen. Jeder halbwegs vernünftige Mensch, der auch nur minimale Einsicht in die Komplexität des Geschehens hat, würde gesagt haben "Schwamm drüber" und damit ein Mindestmaß an Vernunft bewiesen haben. Aber unser Mega-Alpha hat etwas zu verlieren, sein Image nämlich. Also inszeniert er ein rührseliges Räuberstück und bindet seine angebliche Vergebung daran, daß alle begeistert Beifall klatschen und die Schmierenkomödie für wirkliches Leben halten.

Hey, vergiss eines nicht: Gott ist heilig. – Sofern du mit diesem Begriff überhaupt etwas anfangen kannst. Wie weit soll seine Toleranz gehen? Nein, Gott ist nicht tolerant. Das ist Teil seiner Heiligkeit.
Sünde bedeutet Zielverfehlung und trennt von Gott. Daher der Ausschluss aus dem Paradies. Du kennst das ja: Reiche dem Mensch den kleinen Finger und er nimmt die ganze Hand.

[...] daß die Bibel ein Machwerk ist, das zur Durchsetzung politischer Absichten verfaßt wurde

Falsch. Das zur Durchsetzung politischer Absichten benutzt wurde.

warum sollte ich eine Bemerkung verteidigen, die in diesem Thread von mir gar nicht vorgelegt wurde bisher?^^

Das ging eigentlich an die allgemeine Runde, deshalb auch „kommt“

ach so^^ NEIN^^ ich lästere nicht einen etwaigen real existenten Gott^^ ich nehme nur alberne Gottesvorstellungen fundamentalistisch gesonnener Elitechristen aufs Korn

keine Sorge, ich bin kritikfähig ;) ich hoffe nur, du auch.


@Maurice: Ja, ich bin in einer Freikirche und nein, das ist nicht gleichzusetzen mit Sekte. So definiert sich Freikirche: „Eine Freikirche ist eine vom Staat unabhängige christliche Kirche. Sie ist gewöhnlich als Freiwilligkeitskirche organisiert und erwartet in der Regel eine persönliche Entscheidung für die Mitgliedschaft im religionsmündigen Alter. Meist sind es Kirchen und Gemeinschaften, die aus dem Bemühen um die Erneuerung urchristlichen Gemeindelebens entstanden sind und zu denen (im Unterschied zu Sekten) ökumenische Beziehungen bestehen oder möglich sind.“

Zum Beispiel lehnt meine Gemeinde („freie evangelische Gemeinde“, FeG) Kindstaufe ab, da sie in der Bibel nur von eigenen Entscheidungen zur Taufe liest, usw. Wir finanzieren uns durch Spenden, die so freiwillig sind wie es das Wort „freiwillig“ schon sagt, haben statt einer Orgel eher eine Band mit Percussion und Co. und sitzen nicht auf harten Holzbänken, was uns als Kirche einfach lebensnäher macht. http://www.feg.de

Nichtsdestotrotz gibt es natürlich Freikirchen mit sektenähnlichen Strukturen, daran besteht kein Zweifel.

Wenn Du wirklich wissen willst, wie sich Gott zeigt, dann kann ich Dir nur eines raten: Glaube!

oder: lerne Leute persönlich kenne, die glauben und hör dir an, was sie zu sagen haben.

Maurice
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So 18. Sep 2005, 21:05 - Beitrag #66

@Sekte/Freikirche: Sorry, wenn das so rüber kam, als ob für mich Sekte und Freikirche dasselbe wäre. Da gibt es, wie du richtig betonst, Unterschiede.

@Kindstaufe: Na in dem Punkt finde ich euch dann schon mal symphatischer, als die katholische Kirche. ;)

@Glauben: Ich frage die Personen, die allen Anschein nach den Glauben vor das Argument stellen und nicht umgekehrt, wie sie zu dem Glauben gekommen sind. Ich meine, wenn die Forderung einfach nur "glaube!" heißt, dann sehe ich da kein Argument, was daran hängt. Ich glaube doch nicht einfach etwas ohne Grund, aber es wird gesagt, dass man erst glauben müsste, um die Gründe zu verstehen (wenn ich richtig verstanden habe). Ich kann mir in dem Zusammenhang nicht vorstellen, wie man grundlos ein Weltbild übernehmen kann, außer die naive Übernahme von Meinungen des sozialen Umfeldes. Dass das Umfeld etwas vorlebt und man einfach nachplappert und nicht in Frage stellt, was man erzählt bekommt, das ist zwar ein kausaler Grund, warum jemand etwas glaubt, aber in dem Sinne unbegründet, als das die Meinung in Frage gestellt wurde, um dann nach Abwägung von Argumenten möglich distanziert zu der bisherigen Meinung ein Urteil fällt.
Ich weiß, dass das schwer ist, aber ich behaupte von mir, dass ich dazu in der Lage bin. Wie das hier andere sehen, spielt für mich keine Rolle, aber wer aufmerksam ist, wird mir zustimmen.

Sai
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So 18. Sep 2005, 21:50 - Beitrag #67

Ich verstehe dein Problem. Du siehst für dich persönlich keinen Grund, an einen Gott zu glauben, also glaubst du nicht.

Vielleicht gebe ich dir einfach mal in dieser Hinsicht einen Einblick in mein Leben: Mein Vater hat sich als 17-jähriger Berliner bekehrt, meine Mutter ist in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Wie gesagt bin ich eigentlich schon seit der Muttermilch mit dem christlichen Glauben erzogen worden. Klar kommt man dann irgendwann in das Alter, wo man für sich selbst alles prüft, ich sage nicht, dass ich da als 18-jähriger schon raus bin. Aber ich hab eigentlich immer an Gott festgehalten, die Frage ist, warum?
Jetzt im Nachhinein kann ich eigentlich nur eine Antwort darauf geben: In meinem Umfeld hab ich ganz klar gemerkt, dass das was meine Eltern und später auch Jugendleiter und Freunde erzählt haben, authentisch gelebt wurde und immer noch wird. Ich sehe diese Personen zum Teil echt ungeschminkt und kann erkennen, dass sie die Bibel ernst nehmen, danach leben - auch wenn es für sie persönliche Nachteile hat - und im Endeffekt besser damit fahren als andere.
Ein anderes Beispiel: Jesus hat sinngemäß gesagt, dass die Welt (also Außenstehende) die Christen an ihrer Liebe zueinander, also im Umgang miteinander erkennen. Ich bin zwar in dem Sinne kein Außenstehender, kam aber vor nem halben Jahr neu in den Jugendkreis meiner Gemeinde. Und ich persönlich kann bestätigen: In dem Jugendkreis, in dem ich bin (ca. 50 - 60 Jugendliche) herrscht eine total anderer Umgangsathmosphäre wie z.B. in dem Jahrgang meiner Schule. Die Leute begegnen sich mit Respekt, gehen offen und ehrlich miteinander um, beziehen auch stillere und nicht ganz so "coole" Personen mit ein - und haben trotzdem irre viel Spaß mit allen möglichen verrückten Aktionen. Planungen von Jugendgottesdiensten, Zusammenstellung der Lobpreisband,... wenn du Lust hast klick dich mal durch unsere Jugendkreispage - http://www.der-jugendkreis.de

Ich kann dich im Endeffekt nur herausfordern: wenn du wirklich Interesse daran hast dir - wie du selbst sagst - ein durch distanziertes Abwägen von Argumenten zustande kommendes Urteil zu bilden, dann sei so frei und such einfach mal ne christliche Jugendgruppe in deiner Umgebung auf - von mir aus auch die einer FeG - und bild dir deine Meinung, indem du Christen kennenlernst. Das ist mit Sicherheit die ehrlichste Methode um dir ein Bild zu machen.

Maurice
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So 18. Sep 2005, 22:22 - Beitrag #68

Ich kann dich im Endeffekt nur herausfordern: wenn du wirklich Interesse daran hast dir - wie du selbst sagst - ein durch distanziertes Abwägen von Argumenten zustande kommendes Urteil zu bilden, dann sei so frei und such einfach mal ne christliche Jugendgruppe in deiner Umgebung auf - von mir aus auch die einer FeG - und bild dir deine Meinung, indem du Christen kennenlernst. Das ist mit Sicherheit die ehrlichste Methode um dir ein Bild zu machen.

Ich bezweifle ja nicht, dass religöse Menschen einen sozialen Charakter haben können. Ich bezweifle aber Teile ihres Weltbildes an und habe meine Probleme mit der Argumentation, mit der sie dieses Weltbild stützen wollen.
Ich verstehe leider nicht, wie der Einblick in eine solche Gruppe die Argumentation für mich nachvollziehbarer machen sollte. Was ich ja ablehne sind ja Teile des Weltbildes und einige der damit verbundenen ethischen Gebote. Ich bestimmt nichts dagegen, dass sie in der Gemeinschaft viel Spaß miteinander haben. ;)
Und ist ja nicht so, dass mein kompletter Bekanntenkreis atheistisch wäre (auch wenn dieser nicht groß ist). Meine beiden besten Freunde sind katholisch, wobei ich aber nicht viel über ihren persönlichen Glauben weiß. Religion kann ein heißes Thema sein, weshalb wir es bisher vermieden haben, darüber zu diskutieren. Mir selbst ist die Freundschaft auch einfach zu wichtig, um mit ihnen darüber zu streiten. Ich gehe aber davon aus, dass sie ihren eigenen Glauben haben, der nicht an irgendwelche Institutionen gebunden ist. Sie bezeichnen sich nämlich selbst asl katholisch... und sind gleichzeitig schwul. Entweder halten sie aber beides für vereinbar oder haben ständig Gewissensbisse. Ich gehe vom ersten aus. Da das Thema Religion zwischen uns nie eine Rolle gespielt hat, habe ich auch kein Problem mit ihrem Glauben.
Nun ist es aber so, dass viele Menschen ihre Religion eben auch nach außen tragen und anderen Vorschriften machen, wie sie zu leben hätten, und das geht mir eben gewaltig gegen den Strich.

Oh war jetzt vielleicht schon etwas ot... also btt:
Man sollte wie gesagt imo seine Meinungen auch mal in Frage stellen und sogar versuchen, gegen sie zu argumentieren. Dafür braucht man idR nur sich selbst und einen entsprechend kritischen Blick. Wichtig halte ich dabei, sich von der Geschichtlichkeit der Meinung zu distanzieren (also wie man zu dieser gekommen ist), sondern einfach die Pro- und Contra-Argumente gegenüber zu stellen und gegeneinander abzuwägen. Natürlich ist völlige Neutralität nicht möglich.

Nun frage ich mich, ob du dich schon mal um so einen Zweifel gegenüber deiner Meinung bemüht hast. Welche Gründe bleiben dir, wenn du deine Sozialisation und dein soziales Umfeld weg lässt, die dich dazu bewegen, deine Meinung zu vertreten?

Ipsissimus
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Mo 19. Sep 2005, 10:32 - Beitrag #69

Ein Lebensstil, der sich christlich nennt, ist nur solange christlich, wie er durch die Bibel begründet werden kann, also einer Prüfung durch das Wort Gottes standhält.

Sai, selbst wenn ich darüber hinweggehe, daß du keinerlei Darlegung deiner Prämissen unternimmst (was eine ernsthafte Diskussion schon etwas schwierig macht) impliziert dein Satz etliche - zu viele - Vorannahmen hinsichtlich des Stellenwertes der Bibel. Als ehemaligem Mitglied einer Pfingstkirche mußt du mir dazu nicht allzuviel erklären, ich weiß nur zu gut, welcher Tanz in Freikirchen um "das Wort Gottes" aufgeführt wird.

Daher: ein Lebensstil ist dann als "christlich" zu charakterisieren, wenn eine große Anzahl sich selbst als "Christen" empfindender Menschen die in ihrer Community gepflegten Vorstellungen als christlich empfinden. Da es viele solcher Communities gibt, gibt es mithin viele derartige Stile, die miteinander wetteifern, der "Christlichste" oder gar der "wirklich Christliche" zu sein, wie die Geschichte der Glaubenskriege des Christentums und die wechselseitigen Desavouierungen der einzelnen Communities belegen.


Eine angemessene Modellbildung basiert auf der Erkenntnis, daß in jedem einzelnen Menschen von Natur aus das Total aller Möglichkeiten angelegt ist, von äußerster Bestialität bis zu äußerster Selbstaufopferung. Ein angemessenes Modell verzichtet auf die Diffamierung eines Teils dieses Totals (in christlicher Terminologie als "sündig"), sondern stellt Methoden zur Verfügung, die zu einer Integration der "Schatten" und des "Lichts" führen, in der imo korrekten Annahme, daß die Symbiose beider mehr und anderes ist als die finite Summe beider.

Diese Kritik ist allerdings keine, die nur spezifisch für religiöse Vorstellungen gilt, sie betrifft Moral- und Normvorstellungen allgemein.



Heiligkeit. In der Tat, ich vermag nicht ohne weiteres zu sagen, auf welche Inhalte das Wort "Heiligkeit" verweist. Ich habe allerdings schon ziemlich häufig erlebt, daß der Begriff offenbar als gut geeignet empfunden wird, Angriffe gegen die Erhabenheitsgefühle - von Menschen abzuwehren.


Daß die Bibel zur Durchsetzung politischer Absichten benutzt wurde, hast du also schon selbst erkannt. Auch wenn es dein Geheimnis bleiben mag, warum du dann keinerlei Rückschlüsse auf das Opus ziehst, das sich derart missbrauchen läßt (wie du es wohl zurecht bei jedem anderen Buch machen würdest), muss dringend ergänzt werden: sie wurde auch dazu gemacht, ihr ursprünglicher Zweck war politische Propaganda, nach außen und nach innen würde man heute sagen.^^ Die Ausrottung der phönizischen Urbevölkerung während der Landnahme durch die jüdischen Stämme nach dem Auszug aus Ägypten mit der Begründung, daß Amalek usw. dem Herrn ein Greuel sei. Die Absicherung patriarchaler Gesellschaftsstrukturen durch göttliches Gebot. Die Sicherung der Vesorgung des Priesterstandes. Um nur ein paar zu nennen. GANZ zu schweigen von der Geschichte der Kanonisierung des NT, als aus ein paar tausend damals kursierender, heute als apokryph eingestufter Evangelien und Briefen der Apostel und Kirchenväter ein paar Politiker die für ihre Zwecke geigneten ausgewählt und zum Kanon erhoben hatten.

e-noon
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Mo 19. Sep 2005, 19:58 - Beitrag #70

@Sai: Was du beschreibst, klingt ziemlich gut - nach Gottes Wort dem Mitmenschen freundlich und hilfsbereit gegenübertreten.
Wenn Jesus das gesagt hat, gibt es keinen Grund, warum ihr nicht danach handeln solltet, wenn euer Leben und das anderer Menschen davon bereichert wird. Aber warum besteht die Notwendigkeit, dass Gott das gesagt haben muss?

Ihr habt kluge, ich würde fast sagen weise Ratschläge zur Lebensführung auf den Weg bekommen, von einem Menschenfreund, der sich eine bessere Welt gewünscht habt. Ihr befolgt die Ratschläge so gut es geht in eurer Gemeinschaft und darüber hinaus, was das Leben für euch alle angenehmer macht.
Das reicht doch! Ihr habt eine gute Art gefunden, zu leben und miteinander umzugehen. Warum nun den Versuch unternehmen, dies alles auf Gott zurückzuführen, an den viele nicht glauben und allein deswegen nicht auf ihn hören würden? Einen Gott, der sich nicht meldet (zumindest seit 2000 Jahren nicht mehr), und dem deswegen jeder alles in den Mund legen kann? Einen Gott, ohne den euer Leben genauso gut verlaufen würde, ohne dass ihr euch hinter einem höheren Grund für eure Freundlichkeit verstecken müsst?

Ihr handelt doch sicher nicht nur aus Angst vor der Hölle freundlich oder um euch bei Gott einzuschleimen; es macht einfach Spaß und tut gut, zu anderen nett zu sein und von anderen nett behandelt zu werden. Den Gottesbegriff in dieses Konzept mitzubringen, ist imo nicht nur überflüssig, sondern erweckt auch den Anschein, als würdet ihr alle nur aus Furcht oder meinetwegen aus Liebe zu Gott so handeln, und nicht aus Liebe zu den Menschen. Dabei ist es der Mensch, der im Vordergrund stehen sollte, denn es ist der Mensch, der euch nett behandelt und der sich freut, wenn ihr ihn nett behandelt.

Lykurg
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Mo 19. Sep 2005, 22:28 - Beitrag #71

Manchmal hilft der Gedanke an Gott darüber hinweg, wenn die Freundlichkeit im Umgang mit anderen nicht erwidert wird. Eine gewisse Verankerung im Glauben kann den eigenen Umgang mit schwierigen Menschen erleichtern, vor allem die Geduld vergrößern. Die Anmut einer solchen Lebensführung wird durch den Gott des Neuen Testaments erhöht: Ein fester Glaube daran, daß Freundlichkeit und Nächstenliebe gut vor den Menschen und gut vor Gott sind, vereinfacht die Dinge. Es ist der Mensch, als der Gott sich dem Menschen gezeigt hat, und damit der Mensch, um den sich der Mensch auch um des Menschensohnes willen kümmert. Er, der in der Frühzeit des Christentums die einzig denkbare Erklärung der Welt war, ist heute eher Sammelpunkt gemeinsamen Denkens, Fühlens und Handelns im Glauben. Und all diese Empfindungen können eben als Gotteserlebnisse verstanden werden - oder auch nicht. Beweise dafür zu suchen, scheint mir fruchtlos.

Milena
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Di 20. Sep 2005, 06:52 - Beitrag #72

ja Lykurg, das erinnert mich ein wenig an die Einteilung der Seelenpflegebedürftigen in kalte und warme Menschen, als ich in der Kerzenwerkstatt für geistig-behinderten gearbeitet habe......da war es so, dass z.B. die mit Morbus Down erkrankten Menschen die Einteilung in herzliche und ganz allerliebste oder aber in abweisende, kalte und ständig an etwas auszusetzende Menschen abbekamen.....
und wenn ich Gott nahe bin, dann auch in dem Moment, wenn ich mit Menschen zusammenkomme, die dieselbe Herzlichkeit und einen ausgeprägten Liebreiz in sich tragen, dieser auch zum Vorschein getragen wird, mit mir selbst sogleich im Einklang steht, so eine emotionale Vereinigung dieses Reizes, dieser harmonischen Austrahlung stattfindet und ich eine Glückseligkeit verspüre, die bei kalten Menschen bzw. bei deren Begegnung so nicht stattfinden wird....

Rosalie
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Di 20. Sep 2005, 09:55 - Beitrag #73

e-noon:
meinetwegen aus Liebe zu Gott so handeln, und nicht aus Liebe zu den Menschen.
aus einer richtig verstandenen Gottesliebe ergibt sich automatisch die Liebe zu seinen Geschöpfen: sprich den Pflanzen, den Tieren und eben auch den Menschen. Leute die vorgeben, Gott zu lieben, aber egoistisch, machtgeil, herzlos ... sind, sind einfach nur bigott. (Ich weiß, da gibt es jede Menge davon!)

Maurice
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Di 20. Sep 2005, 19:00 - Beitrag #74

und wenn ich Gott nahe bin, dann auch in dem Moment, wenn ich mit Menschen zusammenkomme, die dieselbe Herzlichkeit und einen ausgeprägten Liebreiz in sich tragen, dieser auch zum Vorschein getragen wird, mit mir selbst sogleich im Einklang steht, so eine emotionale Vereinigung dieses Reizes, dieser harmonischen Austrahlung stattfindet und ich eine Glückseligkeit verspüre, die bei kalten Menschen bzw. bei deren Begegnung so nicht stattfinden wird...

Hmm irgendwie hätte ich nicht übel Lust, mich deinem "Test" zu unterziehen. ;)

Milena
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Mi 21. Sep 2005, 06:40 - Beitrag #75

ach Maurice...warum solltest du kein lieber, warmherziger Mensch sein...^^
es gilt nur irgendwann seine Masken fallen zu lassen....ich selbst habe mir auch eine so dicke Mauer um mich herum aufgebaut, eine Schutzmauer, die auch notwendig war für mein leben.....und der Glaube zu Gott meist stärker war,
als der Glaube an die Liebe irgendeines Menschen....
und wenn dir die Worte von Charles C. Finn etwas nahe gegangen sein sollten, so wie sie auch mich sehr berührten, dann glaube ich....dass auch du im innersten deines Wesens ein sehr verletzlicher und ein sehr herzlicher Mensch bist..^^

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Mi 21. Sep 2005, 18:53 - Beitrag #76

Er ist nicht nur tief in seinem Innersten ein sehr herzlicher Mensch :)
Ich glaube im übrigen mehr an das gute im Menschen als an das Gute in Gott, wiewohl natürlich kein oder kaum an Mensch an die Verabsolutierung aller menschlichen Tugenden heranreichen kann. Der gewöhnliche Menschen neben dem allliebenden, allmächtigen, allgütigen und allwissenden Gott muss natürlich im Vergleich schlecht da stehen; mir ist jedoch ein liebevoller Mensch wichtiger als eine perfekte Projektion meiner Wünsche.

Ich habe auch heute mit einer Freundin über Gott gesprochen; sie möchte Religionslehrerin werden (evangelisch). Bei ihr klang Gott wie eine Mischung aus Vater, Tagebuch und Freundin, was den Eindruck verstärkt, dass Gott eben da herhalten muss, wo im tatsächlichen Leben ein Mangel, eine Lücke besteht. Auch viele Gottesbilder aus diesem thread bestätigen es: Gott hat immer dann da zu sein, wenn die bösen Menschen wieder einmal nicht ausreichen. Natürlich gibt es auch Gelegenheiten, wo man Gott dankt; aber meistens ist er doch Stärke und Trostspender.

Meine These ist, dass Menschen Gott generell für Mängel in ihren Leben benutzen; früher hatte man weniger Wissen, wusste nicht, wie die Welt funktioniert, also brauchte man Götter für zb. verschiedene Witterungsverhältnisse, um sie zu erklären. Heute ist das Wissen da (und idT versucht kaum einer noch ernsthaft, mit Gott die Welt zu erklären), aber menschliche Zuneigung in ausreichendem Maße fehlt noch häufig in unserer Leistungsgesellschaft, also braucht man Gott, um eben diesen Mangel auszugleichen.
In einer perfekten Welt bräuchte man also vielleicht keinen Gott...

@Rosalie: Der Umkehrschluss muss aber nicht gelten; ich kann die Menschen lieben, ohne Gott zu lieben oder zu kennen.
Und aus Gottesliebe (vielleicht nicht aus "richtiger" Gottesliebe) ergaben sich auch schon mal Glaubenskriege oder grausamste Selbstkasteiung um schneller in den Himmel zu kommen.

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Mi 21. Sep 2005, 19:35 - Beitrag #77

In einer perfekten Welt bräuchte man also vielleicht keinen Gott...

Erlaubt das den Schluß, daß eine Welt ohne Gott so unwahrscheinlich ist wie eine perfekte Welt?

Rosalie
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Mi 21. Sep 2005, 19:37 - Beitrag #78

Der Umkehrschluss muss aber nicht gelten; ich kann die Menschen lieben, ohne Gott zu lieben oder zu kennen.Und aus Gottesliebe ergaben sich auch schon mal Glaubenskriege oder grausamste Selbstkasteiung um schneller in den Himmel zu kommen.
kein Widerspruch :pro: siehe meinen zweiten Satz! Nur Deine These, das Gott generell (und wie immer, gibt es viele Ausnahmen) für ein unerfülltes Leben herhalten muß, stimmt nicht. Ich würde es so formulieren: der Glaube bereichert das Leben in vielerlei Hinsicht.
Eine perfekte Welt wird es in unsrer gefallenen Welt wohl nicht geben ;)

Maurice
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Mi 21. Sep 2005, 20:07 - Beitrag #79

@Perfekte Welt: Gut oder schlecht ist immer nur etwas für ein Subjekt. Es gibt nichts an sich gutes oder schlechtes. Somit gibt es auch keine objektiv perfekte Welt. Perfekt kann eine Welt nur für ein Subjekt sein.
Deshalb macht es auch keinen Sinn über die Wahrscheinlichkeit einer objektiv perfekten Welt zu fragen, weil es eine sinnlose Frage ist. Man kann aber ein Konzept einer Welt aufstellen, von dem man meint, dass sie eine perfekte Welt beschreibt und sich dann fragen, wie wahrscheinlich die Realisierung dieses Konzeptes ist.
Da es nun rein subjektiv ist, ob eine Welt perfekt ist oder nicht, besteht die Möglichkeit, dass die Welt, wie sie momentan ist oder einmal war, für ein Subjekt perfekt ist oder war.
Ob es in einer perfekten Welt Religion gibt oder nicht, ist ein analytischer Schluss, der allein von den Prämissen abhängt. ;)

ann glaube ich....dass auch du im innersten deines Wesens ein sehr verletzlicher und ein sehr herzlicher Mensch bist

In wie weit das zutrifft, kann ich selbst nicht sicher beurteilen. Ich möchte es mal so sagen: Ich kann ein herzlicher Mensch sein. Bin es aber nach eigenen Einschätzungen nicht immer.

Die Maschine
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Mi 21. Sep 2005, 20:10 - Beitrag #80

Ich bisher hab mich zunächst aus der Diskussion rausgehalten. Nun möchte ich aber auch mal das Wort ergreifen:

Meine Meinung: Gott zu suchen bzw. zu verstehen halte ich für schwierig. Denn in der christlichen Geschichtsschreibung geht man im Alten Testament davon aus, dass Gott eine Art "Rachegott" ist. Er ist nicht gütig, sondern bestraft und vergibt nicht.
Im Neuen Testament, wo Jesus auftritt, wird zum ersten Mal überliefert, dass Gott durchaus gütig ist und Sünden vergibt und Krankheiten (des Teufels ?) heilen kann...

Warum aber tut er es nicht in dieser Welt? Ich meine jetzt nicht, der 72-jährige Mann, der seit 55 Jahren geraucht hat und mit dessen Lunge man neue Straßen pflastern kann. Ich meine das 5-jährige Kind, welches nur Freude und Lachen erfahren sollte und (wohlmöglich unheilbar) an Blutkrebs erkrankt ist. Was hat dieses Kind für Sünden gemacht, dass es so bestraft wird? Und warum ist Gott dann nicht so gütig wie im neueren Teil der Bibel vorgegeben wird und heilt das Kind?
Oder ist der gegenwärtige Gott ein Gott, der "die Sünden bis ins 3. und 4. Glied einer Familie" rächt? Also quasi das Kind für die Sünden seiner Vorfahren herhält. (in etwa vgl. mit Hiroshima+Nagasaki, wo heute noch Enkel und Urenkel darunter leiden, woran ihr Opa schon erkrankt ist)).
Entspricht das nicht eher dem Gott, der die Menschen nicht liebt, sondern eher diktiert, weil sie andere Denkrichtungen entwickeln, entgegen der Moral die er haben möchte??

Falls ihr hier jetzt Teile nicht verstanden habt, fragt ruhig nach!

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