Hochrechnungen / Endergebnis

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Mi 21. Sep 2005, 17:36 - Beitrag #81

"Deutschland geht es nicht schlecht. Wir leben immer noch über unseren Verhältnissen." *LOL* Sehr schöne Zusammenstellung! Bist du dir sicher, daß da keine vier Sätze dazwischen fehlten? ^^ Klingt irgendwie so, als wäre er für mehrere Parteien zugleich angetreten - insofern höchst überraschend, daß er das Rennen nicht gemacht hat, schließlich entsprach sein Spruch ja dann genau dem, was bei der Wahl rausgekommen ist...

Eben, aufgeben will niemand etwas, das er für sein gutes Recht erachtet (wie sich in der Elefantenrunde und im Machtpoker genauso zeigt wie bei Einschnitten in Sozial-, Renten- und Gesundheitssystem. Oftmals ist ja auch durch eine tiefgehende Verfilzung von im Kern begründeten Ansprüchen nicht mehr klar zu erkennen, wo eigentlich das Notwendige aufhört und wo das Angenehme ins Überflüssige übergeht.


Ipsissimus, Bowu, die Synthese aus euren Aussagen
"Hat das Wort Reform nicht insgesamt schon einen sehr starken neoliberalen Beigeschmack?"
und
"Reform" erweckte in mir bisher immer die Vorstellung "mach, daß es besser wird, als es ist", unabhängig von der Richtung, in der das Bessere vermutet wird
könnte ja darin liegen, daß die meisten und erfolgversprechendsten Vorschläge, etwas besser zu machen, derzeit von denen kommen, die von manchen als 'neoliberal' bezeichnet werden (ob nun wertungsfrei oder nicht). :)

LadysSlave
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Mi 21. Sep 2005, 19:57 - Beitrag #82

könnte ja darin liegen, daß die meisten und erfolgversprechendsten Vorschläge, etwas besser zu machen, derzeit von denen kommen, die von manchen als 'neoliberal' bezeichnet werden (ob nun wertungsfrei oder nicht). :)

Da kannst du wohl Recht haben. Aber die Zielrichtung ist dabei nicht zu vergessen. Ausschliesslich für die Grosskonzerne besser und gegen die eigene Bevölkerung gerichtet. Damit ist dann die Bezeichnung komplett. :(

Die Maschine
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Mi 21. Sep 2005, 19:59 - Beitrag #83

Zitat von Lykurg:"Deutschland geht es nicht schlecht. Wir leben immer noch über unseren Verhältnissen." *LOL* Sehr schöne Zusammenstellung! Bist du dir sicher, daß da keine vier Sätze dazwischen fehlten? ^^ Klingt irgendwie so, als wäre er für mehrere Parteien zugleich angetreten - insofern höchst überraschend, daß er das Rennen nicht gemacht hat, schließlich entsprach sein Spruch ja dann genau dem, was bei der Wahl rausgekommen ist...


Es ist schwierig für einen Grüne-Politiker in einer äußerst "schwarzen" Hochburg anzutreten, vor allem weil man in unserem Kreis, oder speziell in unserer Stadt damit rechnen muss, dass die CDU über 60 % der Wählerstimmen erreicht; auch wenn er mit den beiden Sätzen die Wahrheit spricht. (zugegeben, er hat es auch nicht bei den Kommunalwahlen vor einem Jahr gesagt, sondern letzten Sonntag und das nicht öffentlich, sondern direkt zu mir!)

Ipsissimus
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Mi 21. Sep 2005, 20:15 - Beitrag #84

Lykurg, die meisten Vorschläge - ja - soweit sie intensiver in den Medien behandelt werden, die Gehirnwäsche ist ja schon nahezu perfekt organisiert^^

erfolgversprechend - siehe LadySlave

was eigentlich ALLE Neoliberalen vergessen - es ist nicht die ARBEIT, die uns leben läßt^^ es ist, seit den Zeiten der Erfindung jener Symbolkonvertierung von Arbeitsleistung, die mit dem Begriff "Geld" verbunden ist, die BEZAHLUNG der Arbeit, die uns leben läßt. Für "sie" arbeiten würden "sie" uns alle gerne lassen - am besten 16 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, und würden es unsere "Flexibilität" oder "Mobilität" nennen, die uns legitim abverlangbar sei.

Nur bezahlen, im Sinne von ANGEMESSEN bezahlen, würden sie es nicht. NEBEN all den anderen Kleinigkeiten, die uns legitim abverlangt werden können, solange DIE, die neoliberalen Kapitalistensäcke, die Macht haben, in Gestalt welcher Partei auch immer.

Die Maschine
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Mi 21. Sep 2005, 21:00 - Beitrag #85

Deswegen bin ich ja auf Kriegsfuß mit meiner Partei!! Du sprichst mir aus der Seele (mit deinem letzten Satz).

Elbereth
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Mi 21. Sep 2005, 22:29 - Beitrag #86

Es ist aber auch traurig, dass in Deutschland GELD der einzige Sinn, das einzige Ziel des Lebens ist. Und das ist das Problem, denn Geld kann man nie genug haben, das heisst egal wieviel man verdient/bekommt, man ist unzufrieden und will mehr, so kann man ja auch nicht glücklich werden. Warum haben die Menschen keinen Spass an ihrer Arbeit? Bzw. warum geben sie sich keine Mühe Spass an ihrer Arbeit zu haben, warum wollen sie sich nicht verbessern, warum sind viele so unmotiviert bei ihrer Arbeit und nur am meckern?

P.S.: Es ist mir schon klar, dass das nicht für alle gilt...

Bowu
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Do 22. Sep 2005, 09:39 - Beitrag #87

Nun muss man sich aber schon fragen, was man vom Staat erwartet, Und vor allem was die Möglichkeiten des Staates sind. Hat der Staat denn Möglichkeiten Menschen das Glück zu bringen? Kann er machen das die Arbeit Spaß macht? Ich meine Nein. Der Staat ist Richter und Umverteilungsmaschine, wo jeder sein Glück, fern von Gerechtigkeit und materiellem Wohlstand) findet muss er selber wissen - da kann der Staat kaum helfen.

Ich glaube, dass es ganz davon abgesehen Arbeiten gibt die nicht glücklich machen können - die also ihrer Art nach nicht die Möglichkeit bieten, dass jemand sie tun will. Bei diesen bleibt als einziger Faktor, die Zerstreuung - das Arbeiten nur um sein Leid zu betäuben... .

Ein schönes Ziel für den Staat wäre es, dafür zu sorgen das allen die Arbeit Spaß macht!

Ipsissimus
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Do 22. Sep 2005, 10:10 - Beitrag #88

es würde als ein erster Schritt vielleicht schon genügen, wenn der Staat effektive Maßnahmen gegen Privilegienbildung treffen würde - und diese NICHT gegen diejenigen anwendet, die ohnehin keine Privilegien haben, sondern gegen die tatsächlichen Privilegienträger

LadysSlave
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Do 22. Sep 2005, 11:22 - Beitrag #89

Ich frage mich jedoch, warum, um alles in der Welt, jetzt hier und anderswo, so auf eine Koalition gedrängt wird, obwohl die Wahl noch gar nicht gelaufen ist.
Da steht noch das Wahlergebnis von Dresden 1 aus , der über 3 Mandate Ausschlag gibt, und anscheinend interessierte Leute faseln schon über zu lange Gespräche für die Koalitionsverhandlungen.
Leute, lasst uns erstmal die Wahlergebnisse sehen, bis über die Aufteilung der Ergebnisse gesprochen wird. Kann nämlich sein, dass aus den 54 Abgeordneten der Linkspartei bis zu 56 werden und die FDP Sitze werden mit ziemlicher Sicherheit noch wenoger. Weil eben die Leute dort nicht so oft die 5% Sekte in Gelb wählen, wie auch die Grünen in Dresden keinen Blumentopf zu erwarten haben.
Ich frage mich deshalb wirklich: Warum wird in den Medien so sehr auf das Tempo gedrückt, warum wird eine Koalitonsentscheidung als überfällig bezeichnet, bevor die Wahl gelaufen ist.
Sind unsere Medien noch neutral?

Lykurg
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Do 22. Sep 2005, 11:30 - Beitrag #90

@ Die Maschine: Du stehst mit deiner Partei auf Kriegsfuß? Und beläßt es dabei? Ist hier nicht geboten, die Eigentumsverhältnisse zu überdenken?
Gehört sie dir, ändere die Richtung, gehörst du ihr, befreie dich! ^^

@Elbereth: Ja, die Fixierung auf Geld ist bedauerlich. Es wäre wirklich gesund, wenn mehr Menschen sich stattdessen Ziele etwa ihrer Lebensgestaltung setzen und das Geld als Mittel dazu begreifen würden. Ein glückliches Leben könnte sich auch über eine Arbeit definieren, die vor allem Erfüllung und paßgenaue Nutzung der individuellen Begabungen bedeutet - und aus der das Geld praktisch nebenbei kommt. Das kann wohl kaum allgemein funktionieren, wenn es für eine möglichst große Mehrheit möglichst weitgehend gälte, wäre es auch schon reizvoll.

@Ipsissimus: Ja, Privilegien aller abzuschaffen, ist die gebotene Forderung - ich freue mich, den Standpunkt auch bei dir zu finden (- nur schade, daß sich die Form bei weiterer Erörterung unterschiedlich füllen dürfte^^). Im Sinne von Gerechtigkeit müßten aber die Maßnahmen gegen Privilegienbildung für alle gelten (und selbstverständlich so ausgelegt sein, daß sie niemandem schaden, der ohnehin nicht davon betroffen ist - womit dein Wunsch hinreichend berücksichtigt sein sollte).

@Bowu: Ich bin doch sehr erstaunt über die plötzliche Wende in deinem Posting (von "Kann er machen das die Arbeit Spaß macht? Ich meine Nein." zu "Ein schönes Ziel für den Staat wäre es, dafür zu sorgen das allen die Arbeit Spaß macht!"). Ich stimme deinem ersten Absatz weitestgehend zu. Der letzte Satz geht für mich dann doch allzuweit über das Ziel hinaus. Ein Staat, in dem alle mit ihrer Arbeit glücklich sind, wird in Brave New World beschrieben. Und diese Maßnahmen sind dann doch etwas jenseits meiner Wunschvorstellung. Allerdings kann der Staat Maßnahmen treffen, die materiellen Grundlagen des Glücks seiner Bürger zu sichern, etwa in Form einer Grundversorgung oder dem Rechtswesen.

Ob es wirklich Arbeiten gibt, die niemandem Spaß machen können? Keiner weiß - allerdings gibt es ja auch alle möglichen merkwürdigen Fetische und Hobbies... Wenn wirklich niemand eine bestimmte Aufgabe erledigen will, findet sich entweder eine Möglichkeit, sie zu umgehen und anderweitig zu lösen, oder sie bleibt liegen und verfault. Nur ist der Fall eher unwahrscheinlich, weil das Problem meist durch motivationssteigernde Anreize (höherer Lohn, Arbeitsplatzgarantie, "wir nehmen jeden") oder einfach durch die große Zahl von Arbeitsuchenden kompensiert werden kann. Letzteres bedeutet dann wohl eher nicht, daß die Person mit dem Job wirklich glücklich ist. Allerdings ist unser Glücksempfinden ja auch stark vergleichsbezogen. Überhaupt Arbeit gefunden zu haben, wäre zur Zeit sicher für viele eine starke Verbesserung ihres Wohlbefindens, verglichen sowohl mit dem jeweiligen Vorzustand als auch dem gleichzeitigen Zustand der anderen. Macht Gleichheit glücklich? (womit ich mich endgültig vom Thema Hochrechnung verabschiedet haben dürfte...^^ - Nein: )

Die allzu gleichmäßige Verteilung der Wählergunst auf unsere fünf (6 ^^) Parteien hat jedenfalls die wenigsten Bürger wirklich glücklich gemacht. :cool:

@ LadysSlave: Rechne doch einfach mal nach. Die drei Dresdner Mandate spielen für das Wahlergebnis nur dann eine Rolle, wenn sie alle an die SPD gehen - was nicht wahrscheinlich ist. Dann wären Union und SPD gleichstark - für die große Koalition noch verzwickter. In jedem anderen Fall ist das Dresdner Ergebnis eine Randerscheinung.

Ipsissimus
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Do 22. Sep 2005, 11:31 - Beitrag #91

Sind unsere Medien noch neutral?
waren sie das je, real-faktisch, jenseits der Proklamation?

Bowu
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Do 22. Sep 2005, 12:36 - Beitrag #92

Es war wohl nur schlecht verständliche Ironie.

Das konjunktivische "wäre" im Zweiten Satz sollte eher die Irrealität des Wunsches als den Wunsch selbst kennzeichnen.

LadysSlave
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Do 22. Sep 2005, 16:10 - Beitrag #93



LadysSlave: Rechne doch einfach mal nach. Die drei Dresdner Mandate spielen für das Wahlergebnis nur dann eine Rolle, wenn sie alle an die SPD gehen - was nicht wahrscheinlich ist. Dann wären Union und SPD gleichstark - für die große Koalition noch verzwickter. In jedem anderen Fall ist das Dresdner Ergebnis eine Randerscheinung.



Da hast du wohl Recht.
Doch darum geht es mir eigentlich nicht, denn worum es mir geht ist die gezeigte Eile, noch bevor die Wahl zuende ist.
Es existiert noch kein amtliches Endergebnis (wie auch?) und die Felle weden verteilt.
Kann denn keiner von diesen Politikern mal Ruhe walten lassen, das amtliche Ergebnis abwarten und dann mit einem möglichen Koalitionspartner in Verbindung treten?
Warum müssen die Medien auf jeden Pups, den irgendein Politiker lässt, sei es noch so ein Hinterbänkler, hinstürmen und so tun, als verkünden sie hiermit die 10 Gebote aus Gottes Hand.
Unsere Politiker werden doch im Volk zu Hanswürste verbraten, mit dieser Art von Berichtserstattung.
Sollte man abschalten und erst nach den Wahlen in Dresden wieder anschalten.:rolleyes:

Lykurg
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Do 22. Sep 2005, 16:33 - Beitrag #94

Einerseits ist Politik selten spannender als direkt vor und nach einer Wahl. Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß die Medien sich intensiv dem Thema widmen und auf jede Äußerung eine Deutung anbieten - vermutlich der größte Teil der Wähler interessiert sich auch (in gewissem Maße) dafür.

Daß die Verkündung der Wahlergebnisse vor der Dresdner Wahl ein kritischer Punkt ist, hatte ich auch schon empfunden und so geäußert (der "Ungleichzeitige Wahl - was tun?"-Thread stammte ja auch von mir) - aber das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat mich in der Hinsicht beruhigt. Und - wie gesagt, spielt das Dresdner Ergebnis keine große Rolle.

Ziemlich wichtig dagegen ist, wohin es jetzt mit Deutschland weitergeht. Und dabei sollte möglichst wenig Zeit verloren werden, es stehen Entscheidungen von großer Tragweite an, und je später sie getroffen werden, desto härter müssen sie leider ausfallen. Außerdem hat der Wähler ein Anrecht darauf, zu erfahren, worauf er sich einstellen muß. Die Verhandlungen, die nach einer Wahl geführt werden, streng geheimzuhalten, würde dem Bürger die Möglichkeit nehmen, durch öffentlichen Druck unliebsame Entwicklungen zu verhindern.

Daß Politiker in den Medien oft als Hanswürste erscheinen, liegt unter anderem an den Medien. ^^

Elbereth
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Do 22. Sep 2005, 18:41 - Beitrag #95

Außerdem hat der Wähler ein Anrecht darauf, zu erfahren, worauf er sich einstellen muß.


Na ja, die Wähler selbst sind dafür doch verantwortlich, sie haben ja gewählt ;)

Die Verhandlungen, die nach einer Wahl geführt werden, streng geheimzuhalten, würde dem Bürger die Möglichkeit nehmen, durch öffentlichen Druck unliebsame Entwicklungen zu verhindern.


Ich frage mich wie die Bürger das machen sollen... Sollen die Grünen-Wähler mit Protestplakaten auf die Strasse gehen wenn sich die Grünen an die CDU verkaufen? Oder sollen die Schröder bzw Merkel - "Anhänger" protestieren wenn der jeweils andere Kanzler wird? Das würde doch kaum etwas ändern. Solange eine Koalition aus den gewählten Parteien (egal welche) regieren kann, entspricht sie dem Willen der Mehrheit, denn sie haben sie immerhin gewählt.

Ich finde übrigens auch, dass man kein Panik machen sollte nur weil die Koalitionsverhandlungen einige Wochen dauern könnten/werden. Aber alles über diese Verhandlungen mitzubekommen ist doch interessant und unterhaltsam, da können die Medien doch ruhig weiter darüber berichten.

Lykurg
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Do 22. Sep 2005, 23:05 - Beitrag #96

Zitat: "Außerdem hat der Wähler ein Anrecht darauf, zu erfahren, worauf er sich einstellen muß."

Na ja, die Wähler selbst sind dafür doch verantwortlich, sie haben ja gewählt ;)

Zitat: "Die Verhandlungen, die nach einer Wahl geführt werden, streng geheimzuhalten, würde dem Bürger die Möglichkeit nehmen, durch öffentlichen Druck unliebsame Entwicklungen zu verhindern."

Ich frage mich wie die Bürger das machen sollen... Sollen die Grünen-Wähler mit Protestplakaten auf die Strasse gehen wenn sich die Grünen an die CDU verkaufen?
Die Wähler sind zwar in begrenztem Maße selbst verantwortlich, aber etwa eine Jamaika-Koalition hat kaum jemand gewählt.^^ Und es gibt tatsächlich sehr deutlichen öffentlichen Druck, etwa Leserbriefschreiber, die sagen, sie würden nie wieder grün wählen, wenn die Grünen sich so "verkauften". Natürlich können die Parteien sich darüber hinwegsetzen, sie können es schließlich nicht allen recht machen, und wer sie gewählt hat, wollte sie ja auch an der Macht sehen. Aber diese Ansichten der Wähler werden ja oft auch von Parteimitgliedern geteilt, deren Position innerhalb ihrer Partei dann durch 'Volkes Stimme' gestärkt wird.

Wenn es wirklich große Demonstrationen gegen eine bestimmte Koalition gäbe, bezweifle ich, daß sie letztlich zustandekäme. Die Parteien würden ja ihre Legitimation aufs Spiel setzen - und könnten nur verlieren, egal, wie sie mit der Situation weiter umgingen.

Und ich stimme dir zu, daß die Koalitionsverhandlungen nicht überhastet geführt werden sollten - lieber konkrete Vorhaben und stabile Mehrheiten als ein Auseinanderbrechen nach ein paar Monaten, weil man eine wichtige Frage offengelassen hatte.

Bowu
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Fr 23. Sep 2005, 09:01 - Beitrag #97

Nicht umsonst gibt es so ein schönes Wort, welches sofort nach der Wahl seine Bedeutung wiederfindet... Realpolitik.
Und ist es nicht auch den Grünen Wählern verkaufbar, dass sie als kleinster Partner in der Regierung durchaus mehr bewirken können als kleinste Partei in der Opposition? Ist nicht jeder Preis ein höherer als der Verlust des Einflusses auf die Regierungsgeschäfte?

Feuerkopf
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Fr 23. Sep 2005, 09:21 - Beitrag #98

Gestern abend, bei Maybritt Illner, ging es auch wieder um Koalitionen.
Vielleicht bin ich inzwischen zu sehr Realistin, aber ich finde die Haltung von Herrn Gerhardt und damit der FDP sehr befremdlich, Koalitionsverhandlungen mit Rot/Grün von vornherein abzulehnen.
Das Wahlvolk hat nun mal alle Möglichkeiten eröffnet, und sich auf eine rigide Haltung zurückzuziehen, empfinde ich als falsch.

Selbst mein ganz spezieller Liebling Jürgen Trittin ist inzwischen so bodennah, dass er auch fordert, alle Varianten ernsthaft zu prüfen.
Sein spektakulärer Streit mit Schäuble war Wahlkampf und hat mit Alltagspolitik überhaupt nichts zu tun. Die Bundestagsparteien sind es längst gewohnt, im Parlament den dicken Max zu mimen und in den Arbeitskreisen mit einander zu arbeiten.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Gerd Schröder sich Angie Merkel gegenüber im kleinen Kreis so aufspielt wie in der Elefantenrunde. Dann wäre er nämlich höchst unprofessionell.

Koalitionsverhandlungen sind sicherlich nicht einfach und die Feindbilder müssen bis zum nächsten Wahlkampf eingemottet werden. Aber weder die Grünen noch die Gelben sollten sich allzu sehr zieren, denn wenn sie nicht zur Bedeutungslosigkeit während einer Großen Koalition verdammt sein wollen, müssen sie kompromissfähig sein.

LadysSlave
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Fr 23. Sep 2005, 09:45 - Beitrag #99

Zitat von Lykurg:Einerseits ist Politik selten spannender als direkt vor und nach einer Wahl. Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß die Medien sich intensiv dem Thema widmen und auf jede Äußerung eine Deutung anbieten - vermutlich der größte Teil der Wähler interessiert sich auch (in gewissem Maße) dafür.

Daß die Verkündung der Wahlergebnisse vor der Dresdner Wahl ein kritischer Punkt ist, hatte ich auch schon empfunden und so geäußert (der "Ungleichzeitige Wahl - was tun?"-Thread stammte ja auch von mir) - aber das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat mich in der Hinsicht beruhigt. Und - wie gesagt, spielt das Dresdner Ergebnis keine große Rolle.

Ziemlich wichtig dagegen ist, wohin es jetzt mit Deutschland weitergeht. Und dabei sollte möglichst wenig Zeit verloren werden, es stehen Entscheidungen von großer Tragweite an, und je später sie getroffen werden, desto härter müssen sie leider ausfallen. Außerdem hat der Wähler ein Anrecht darauf, zu erfahren, worauf er sich einstellen muß. Die Verhandlungen, die nach einer Wahl geführt werden, streng geheimzuhalten, würde dem Bürger die Möglichkeit nehmen, durch öffentlichen Druck unliebsame Entwicklungen zu verhindern.

Daß Politiker in den Medien oft als Hanswürste erscheinen, liegt unter anderem an den Medien. ^^

Aber jeder weiss doch, dass gerade Entscheidungen mit grosser Tragweite besonders genau überlegt werden sollen und nicht schnell über´s Knie gebrochen werden dürfen.
du sagst nämlich mit deiner Aussage genau das Gegenteil von dem, was jeder gite Berater sagt.
Das gute Sprichwort Gut Ding will Weile haben ist nicht meine Erfindung.
bei allen weittragenden Entscheidungen wird genaue Prüfung für wichtiger gesehen als schnelle Entscheidung.
Schnelle unausgegorene Gesetze haben wir schon genug:boah:

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Fr 23. Sep 2005, 10:47 - Beitrag #100

Das habe ich zwei Postings später ja auch anders ausgedrückt - Elbereth hatte mich ebenfalls darauf aufmerksam gemacht: Selbstverständlich sollten alle strittigen Fragen vor einer Koalitionsbildung geklärt sein, um eine stabile Regierung zu erhalten. (Davon ging ich allerdings schon vorher aus.) Nur ist es mE in unserer derzeitigen Lage nicht 'aus Prinzip' zu empfehlen, die Vorhaben zögerlich anzupacken. Es gibt recht konkrete Pläne, die Wähler haben sich dazu geäußert ('entschieden' nenne ich das jetzt mal nicht^^) und jetzt sollten die Pläne umgesetzt werden. Es kommt nicht auf eine Woche an, vielleicht auch nicht auf einen Monat. Aber die Entscheidungen unnötig hinauszuzögern, etwa aus taktischen Gründen hinter die nächste Landtagswahl, wäre schlimm. Nachbesserungen kann man später immer noch machen. Aber die Richtungsentscheidungen sind parteiintern ja längst getroffen worden, es geht jetzt doch 'nur noch' darum, wessen Modell zum Zuge kommen soll - das hängt aber eher von einem Machtpoker zwischen den Parteien ab als von den Inhalten selbst. (Wenn es dann doch um Inhaltsfragen geht, dann ist die Kompromißtauglichkeit wohl wichtiger als andere Qualitäten.) Insofern ist die damit verbrauchte Zeit wenig produktiv.

@Feuerkopf: Heute las ich, die FDP hätte sich eindeutig kooperativ geäußert - sie meinen nur, daß die Verhandlung (mit den Grünen) CDU-Aufgabe wäre. Ein bißchen umständlich, das sehe ich auch so, aber keine völlige Verweigerungshaltung. Klar ist jedenfalls: Wenn CDU und Grüne sich nicht einigen können, hat die FDP keinen Grund zu Verhandlungen.

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