Zitat von MartinR:Sie nehmen aber einfache in der Natur in genau dieser Form vorkommende Äste, die nur marginal bearbeitet werden vor der Nutzung. Und wenn kein Baum für Äste in der Nähe ist, sind die Affen aufgeschmissen.
Ich benutze z.B. Messer ausschließlich in der Form, wie sie in Haushaltswarengeschäften natürlich vorkommen. Vor der Nutzung entferne ich allenfalls evtl. vorhandene Aufkleber und andere Verunreinigungen.
Die Definitionen von natürlich/unnatürlich kranken daran, daß sie auf einer klaren Trennung Mensch/Tier aufbauen, die es so nicht gibt, weil Menschen nun einmal auch Tiere sind.
Sehr viele Tiere verändern ihre Umgebung zielgerichtet, indem sie ein Nest o.ä. bauen. Diese Handlungen sind i.d.R. instinktbestimmt. Kann man deswegen sagen, daß Nester "in der Natur vorkommen"? Ich möchte das in Frage stellen, obwohl es vielleicht als allgemein akzeptiert gilt.
Die erwähnten Affen handeln planvoll, indem sie Aktionen, die in ihrem instinktiven Repertoire nicht vorkommen, wegen der nach ihrer individuellen Erfahrung zu erwartenden Folgen durchführen. Dazu gehören übrigens auch Handlungen, die andere Arten instinktiv ausführen. Sind diese erlernten Handlungen "natürlich"?
Was uns davon unterscheidet, ist der Umfang unseres indirekt zielgerichteten Handelns, bedingt durch unsere besonderen Fähigkeiten:
Die Fähigkeit zur Planung großer Projekte mit zahlreichen unterschiedlichen Vorbereitungsarbeiten, deren Wert sich erst aus dem Ergebnis des Gesamtprojekts ergibt.
Ausgefeilte Kommunikation und Kooperation, die es ermöglicht, einerseits auf die Erfahrungen anderer zurückzugreifen (somit das für die Vorausplanung erforderliche Wissen zusammenzutragen) und andererseits die anstehenden Arbeiten auf viele Helfer zu verteilen.
Die extrem ausgeprägte Lernfähigkeit, die es uns erlaubt, diese Möglichkeiten zu nutzen und auch von individueller Spezialisierung in hohem Maße zu profitieren.
Wir Menschen haben unsere Umgebung offensichtlich in stärkerem Maße absichtlich verändert als jede andere Art von Lebewesen. Wir haben sie aber nicht stärker verändert als jedes andere Lebewesen - die Vorläufer der heutigen Grünpflanzen (den Blaualgen ähnlicher) haben beispielsweise die Zusammensetzung der Atmosphäre so verändert, daß sich die Voraussetzungen für Leben auf zellchemischer Ebene fast im gesamten bewohnbaren Bereich unserer Erde praktisch umkehrten. Eine solche Veränderung können wir uns kaum vorstellen.
Das, was uns zum Menschen macht, ist aus meiner Sicht wunderbar beschrieben in Terry Pratchett, Ian Stewart & Jack Cohens "The Science of Discworld II: The Globe" (auf deutsch sowohl "Rettet die Rundwelt!" als auch "Die Philosophen der Rundwelt" (ja, es gibt auch Teil 1 und 3, die befassen sich mit anderen interessanten Themen;))). Es geht dort um Geschichten, in jeder denkbaren Hinsicht, also insbesondere auch "wenn ich dieses tue, kann ich jenes Ergebnis erwarten".
Zurück zum Thema: Ob "natürlich" oder nicht, sowohl Homosexualität als auch S/M-Spiele sind zweifellos menschlich. Immer vorausgesetzt, daß alle beteiligten Personen freiwillig dabei sind (davon geht man meistens aus, wenn sie erwachsen sind und nicht protestieren), gibt es keinen Grund, solche Handlungen zu verurteilen.
Kritisch wird es natürlich, wenn eine Entscheidung aus freiem Willen unter Kenntnis der relevanten Umstände nicht stattfindet, nicht eindeutig genug feststellbar ist (daher auch Minderjährigenschutz) oder nicht respektiert wird (z.B. Mädchenhandel und andere Formen der Vergewaltigung).