Zitat von Joan Eric Tanat:Demokratie macht die Menschen nicht besser. Demokratie ist nur eine Staatsform, der Inhalt jedoch - die Menschen - sind die gleichen, wie in anderen Staatsformen bzw. Staaten. Und aus diesem Grunde bringt es nichts, an der Staatsform herumzubasteln oder sich einzubilden, man lebte in der besten Staatsform. Die Menschen sind in der Mehrheit egoistisch, und von Zeit zu Zeit geht es ihnen in ihren Staaten schlechter, damit sie besser werden können.
Die Menschen sind zwar insgesamt tatsächlich nicht anders, aber die Macht ist anders - mE fast grundsätzlich besser - verteilt. Du hast dich bisher nicht für eine bestimmte Staatsform geäußert, daher kann ich, um dem zu begegnen, nur oberflächlich die der Demokratie entferntesten Gegenpole behandeln, Diktatur und Anarchie. Tatsächlich anarchische Systeme hat es meines Wissens seit der Frühzeit nie mehr über längere Zeiträume hinweg gegeben - das liegt einfach daran, daß ein Machtvakuum per definitionem extrem instabil ist. Daher kann sich die folgende Darstellung nur auf Vermutungen stützen: Eine anarchische Gesellschaft setzt sich weder gegen innere noch gegen äußere Feinde zur Wehr, daher bilden sich zwangsläufig binnen kürzester Zeit neue Machtstrukturen, die aber, wären alle positiven Kräfte von der Anarchie überzeugt (davon ausgehend, daß sie gut ist), krimineller Natur sein müssen. Um das zu verhindern (oder aus direktem Machtstreben) wird ein Nachbarstaat eingreifen. - Eine Argumentation gegen die Diktatur kann etwa berücksichtigen, daß in den seltensten Fällen jemand, der "weise" ist, an die Macht kommen dürfte (weil es dafür eben anderer Fähigkeiten bedarf), daß kaum jemand "weise" genug sein dürfte, um eine Gesellschaft in jeder Hinsicht positiv zu beeinflussen und überall die richtigen Entscheidungen zu treffen, und daß sie zwangsläufig die Freiheit des Einzelnen beschneidet, sich politisch zu betätigen.
Diktaturen neigen dazu, die Menschen unterwürfig und unselbständig zu machen, außerdem müssen aufgrund der eingeschränkten Freiheiten große Geheimdienstapparate eingerichtet und unterhalten werden, die zu einer Spitzelmentalität, jedenfalls aber zu ständigem Mißtrauen führen. - Das anarchische Gegenbild wäre eine Selbstverteidigungsgesellschaft, in der jeder jedem Unbekannten das Schlimmste zutraut und nicht unbewaffnet aus dem Haus geht. In beiden Fällen wäre das Ergebnis jedenfalls langfristig eine charakterliche Verschlechterung der Menschen. Insofern ist die Staatsform absolut nicht unerheblich für das Wesen ihrer Staatsbürger. Die moralische Verbesserung, die du daraus erhoffst, sehe ich nicht - sie besteht für mich in der Abkehr von ihrer Staatsform - und daß es ihnen schlecht gehen muß, "damit sie besser werden können", halte ich für ein Gerücht. Kulturelle Leistungen werden mE eher in Blütezeiten erbracht als im ständigen Auf und Ab einer instabilen Gesellschaftsform - aber was genau du damit meintest, wäre vielleicht noch auszuführen, damit wir hier nicht aneinander vorbeireden.
Zitat von janw: Stellvertreter-Demokratie. Stellvertreter auf griechisch??
Ein Wort dafür hatten die Griechen nicht - sie benutzten "ho antí tinos tetagménos" oder "... ôn" (verzeih die Umsetzung ^^). Die Wörter für "Statthalter" (satrapês oder hyparchos) wären wohl weniger passend - verweisen sie doch auf ganz andere Herrschaftsformen... (
Hyparchie könnte man
vielleicht noch gelten lassen). Die wohl ähnlichste Bedeutung haben wir im lateinischen vicarius.
Wünschenswert...wäre diejenige Demokratieform, die vor allem den Benachteiligten zu einer Gleichrangigkeit verhelfen würde.
"vor allem"... Ich weiß, daß du das nicht so meintest, aber ich mußte plötzlich so an "... but some are more equal" denken...