Welche Aufgaben sollte der Staat haben?

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Maurice
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Mo 26. Sep 2005, 19:48 - Beitrag #1

Welche Aufgaben sollte der Staat haben?

Dieser Thread ist durch von den über Demokratie motiviert. Hier sollen, wie der Titel schon sagt, diskutiert werden, welche Aufgaben ein Staat haben sollte und eventuell auch, wie er diese erfüllen sollte.

Dem Wort "Staat" kommen vom Kontext abhängig verschiedene Bedeutungen bei. Die hier verwendete Bedeutung würde ich wie folgt umschreiben: Der Staat ist die Summe der politischen Einrichtungen, die das gesellschaftliche Zusammenleben regeln sollen.
Wer es für nötig hält, möge meinen Versuch inhaltlich präzisieren. :)

In dieser Bestimmung des Begriffs wird als übergeordnete Aufgabe des Staates festgelegt, dass er das Zusammenleben regeln soll. Wie sollte nun diese Regelung aussehen? Was sollte der Staat erreichen?
Hier meine spontanen Einfälle:
- Schutz der Allgemeinheit vor inneren und äußeren Gefahren
- Aufstellung von allgemeingültigen Gesetzen und Versuch deren Einhaltung zu gewährleisten
- Schutz des Wohls und der Freiheit des Einzelnen
- Schaffung einer für Wirtschaft und Wissenschaft förderlichen Atmosphäre
- reguliernder Einfluss auf die gesellschaftlichen Kräfte, um Missbrauch zu verhindern

Ich denke fürs erste sollten diese Punkte wenn nötig diskutiert und ergänzt werden und dann erst die Mittel und Wege diskutiert werden, wie die Ziele erreicht werden können.

Buddha
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Mo 26. Sep 2005, 21:41 - Beitrag #2

Das wären auch meine ersten Ideen gewesen. Hm, mal sehen, was mir noch so einfällt....:|

Du hast eigentlich schon meine wesentlichen Punkte genannt. Was meinst du denn mit regullierender Einfluss auf die gesellschaftlichen Kräfte um Missbrauch zu verhindern?

Maurice
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Mo 26. Sep 2005, 22:06 - Beitrag #3

Doppelposts sind böse. ;)

@Regulation: Damit meine ich, dass der Staat dafür sorgen sollte, dass keine Institution zu stark werden sollte. Er soll z.B. in der Wirtschaft durch Regeln Monopolbildung verhindern oder der Wissenschaft Grenzen setzen (z.B. keine Menschenversuche).

Lykurg
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Mo 26. Sep 2005, 22:52 - Beitrag #4

- Schaffung einer für Wirtschaft und Wissenschaft förderlichen Atmosphäre
Ich würde hier als dritten Teilbereich die Kultur einfügen. - Deine Punkte sind sehr offen gefaßt. Verstehst du als Teil der wirtschaftsfördernden Atmosphäre auch etwa ein gutes Verkehrsnetz? Und für die Wissenschaft ein staatliches Bildungssystem? Gehört zum Schutz des Wohls des Einzelnen auch eine Gesundheits- und eine Rentenversorgung? (Entschuldige, wenn ich hier zu konkret werde, aber ich meine, sonst sind wir beide zu sehr einer Meinung.^^)

Maurice
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Mo 26. Sep 2005, 23:53 - Beitrag #5

Ich wollte die Punkte fürs Erste möglichst allgemein fassen, um erstmal sicher zu gehen, ob hier Konsens herrscht. Wenn dies der Fall ist, kann man sich den Details zuwenden.

Gesundheits- und Rentenversorgung würde ich unter Punkt drei einrechnen. Man kann diese Punkte aber trotzdem nochmal explizit nennen. Und um damit gleich in die Diskussion mehr einzusteigen:
Ich finde nicht, dass der Staat eine gesetzliche Gesundheits- oder Rentenversicherung anbieten muss. Was er aber dann aber unbedingt tun sollte, ist zu gewährleisten, dass jedem Bürger die Möglichkeit zukommt solche Versicherungen abzuschließen. Der Staat kann also entweder staatliche Versicherungen anbieten oder soll mindestens dafür sorgen, dass die privaten Unternehmen den gewünschten Schutz anbieten.

@Bildung: Ja das ist ein Punkt den ich zu Beginn wohl nicht genug bedacht hatte. Bildung würde ich nämlich nicht unter Wissenschaft einordnen, sondern als eignen Punkt anführen. So kann man wohl sagen, dass ein Staat für eine Grundbildung aller Bürger sorgen sollte und entsprechend Talentierten, die Chance geben, ihre Anlagen zu verwirklichen (sprich verschiedene Schulzweige, Hochschulen etc.) Dabei sollte gewährleistet werden, dass auch finanziell schwächere Bürger die Möglichkeit haben, sich ihren Fähigkeiten entsprechend bilden zu können.

@Verkehrsnetz: Das würde ich auch in einem neuen Punkt "Schaffung einer ausreichenden Infrastruktur" zusammenfassen.

Buddha
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Di 27. Sep 2005, 06:37 - Beitrag #6

Ich würde vor allem mal die Steuergesetzte ändern. Die stehen ja schon so, seit Bismarck!!! Wann hat der nochmal gelebt? Zu Zeiten des 1. Weltkrieges.
Wird Zeit für ne Veränderung:). nein, im Ernst, die Steuergesetzte sind total überholt, zum Beispiel zahlt Mercedes benz keine steuern, weil sie, wenn der Saat sagen würde, das sie von Mercedes Benz steuern vrlangen würde, in's Ausland ziehen würden. Das ist eine Frechheit.

Lykurg
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Di 27. Sep 2005, 09:58 - Beitrag #7

Bismarck ist 1898 gestorben, das endgültige Scheitern seiner Außenpolitik im ersten Weltkrieg (1914-18) mußte er daher nicht mehr miterleben. - Detailfragen ändern sich am Steuersystem ständig. Einen amüsanten Überblick gibt dieser Link. Die Umsatzsteuer jedenfalls gibt es in ihrer heutigen Form erst seit 1967. Und etwa die von dir kritisierten Abschreibungsmöglichkeiten von Verlusten (so einfach darfst du es dir allerdings mit ihrer Erklärung nicht machen) sind in gewissen Grenzen sinnvoll. Wenn ein Unternehmen tatsächlich Verluste erwirtschaftet, sehe ich nicht, worauf es dabei Steuern zahlen soll. Einen gesellschaftlichen Beitrag leistet das Unternehmen durch die Einkommenssteuern und Sozialabgaben der Mitarbeiter ohnehin.

Ich bin ebenfalls nicht der Ansicht, daß unser derzeitiges Steuersystem gerecht ist, und ich meine auch nicht, daß man es einen Tag länger erhalten sollte als nötig. Transparenz sollte mE das erste Kriterium eines neuen Systems sein. Der jetzige Zustand ist die Folge eines langen Verschmelzungs- und Anpassungsprozesses, der zur Folge hat, daß nur erschreckend wenige Fachleute die Materie tatsächlich beherrschen. Und (platt gesagt: ) wenn man etwas nicht versteht, das einen Geld kostet, fühlt man sich übervorteilt.

Dringenden Veränderungsbedarf eines seit Bismarck kaum veränderten Prinzips gibt es aber im Rentensystem. Als 1889 die Altersrente eingeführt wurde, setzte man das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre fest. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Arbeitern lag damals bei unter 45 Jahren - kein Wunder, daß das System gut funktionierte... Die doppelte Verschiebung - Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung auf jetzt 75 bzw. 81 Jahre bei gleichzeitiger Absenkung des Renteneintrittsalters auf offiziell 65, tatsächlich ca. 61 Jahre - bedeutet da eine völlig veränderte Situation, und dazu kommt noch der Geburtenmangel.

Maurice
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Di 27. Sep 2005, 10:44 - Beitrag #8

Das geht jetzt zu sehr in reale Details und darum soll es hier in dem Thread nicht gehen. Als erstes sollen die Aufgaben des Staates aufgezählt werden und dann wie er das machen kann. Eine Diskussion über das deutsche Steuersystem gehört in die Politik-Sektion.

Maglor
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Di 27. Sep 2005, 13:53 - Beitrag #9

Die Aufgabe des Staates sollte ganz im Sinne der französischen Revolution die Erreichung bzw Erhaltung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sein.
Das sagt eigentlich schon alles, oder?
Jedem Mensch wird das freie Dasein möglich gemacht, was durch Gesetze und deren Durchsetzung erreicht wird.
Die Gleichheit beinhaltet auch die Rechtsstaatlichkeit und die quasi Ständelosigkeit der Bevölkerung.
Und die Brüderlichkeit umfasst die gesamte soziale Idee.

MfG Maglor

Maurice
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Di 27. Sep 2005, 14:14 - Beitrag #10

Das hast du toll gesagt Maglor. :pro:
Schon komisch, dass man an diese simple Formel, nicht auf Anhieb gedacht hat.
Bleibt jetzt die Frage, was dies im Detail bedeutet.

Maglor
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Di 27. Sep 2005, 14:58 - Beitrag #11

Interessant ist an dieser Stelle, dass die Formel die Idee der Demokratie im Sinne von Mitbestimmung bzw Volksherrschaft nicht impliziert.
Es ist dann auch die Frage, ob ein Staat wirklich tun muss, was seine Bürger wollen, oder ob er nur einfach tun muss, was gut für seine Bürger ist, egal was sie davon halten. (Man spricht da ja gern auch vom zum Glück zwingen.)

MfG Maglor

Kiwaiti
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Mi 28. Sep 2005, 10:46 - Beitrag #12

Demokratie ist auch kein Selbstzweck, sondern ein Versuch, die Macht über lange Zeiträume hinweg zu kontrollieren, damit sie eben nicht von denen ausgeübt wird, die das meiste Interesse daran haben, weil sie die meisten persönlichen Vorteile auf Kosten der Gemeinschaft daraus ziehen.


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