München - Geboren in Kanada, angestellt in Bayern und nun vor dem großen Durchbruch in England: Jungstar Owen Hargreaves hat als Fußballer einen wahrhaft kometenhaften Aufstieg hinter sich.
Nach nur sieben Partien seit dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Real Madrid, als der 20-jährige Mittelfeldspieler des FC Bayern München als Ersatzmann für Kapitän Stefan Effenberg mit einer couragierten Leistung gegen den portugiesischen Weltstar Luis Figo aufgetrumpft hatte, zählte er an diesem Mittwoch in London erstmals zum Aufgebot der englischen Nationalmannschaft beim Länderspiel gegen die Niederlande.
Von Null auf Hundert
Champions-League-Sieger und deutscher Meister wurde der Lockenschopf in einer Saison, die er bei den Bayern-Amateuren in der Regionalliga begonnen hatte. Der Anruf von Englands Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson war der vorläufige Höhepunkt, zumal das Fußball-Herz von Hargreaves für das Mutterland des Fußballs schlägt.
"Ich habe drei Länder, wo ich zuhause bin. Aber als der Ruf kam, für England zu spielen, konnte ich dem nicht widerstehen", verriet der Jung-Profi. Schon zuvor hatte er für Englands "U 21" gespielt. Mittlerweile gehört er fest zum Kader des FC Bayern, hat in der neuen Saison neben nur fünf weiteren Spielern alle 270 Bundesliga-Minuten absolviert.
Nächste Etappe in der Karriere
Nun also die Berufung in die Nationalelf. "Ich bin neugierig, ihn näher kennen zu lernen", sagte Eriksson über den gebürtigen Kanadier mit britischem Pass. Kapitän David Beckham lobte den Neuling nach den ersten gemeinsamen Trainingseinheiten: "Er spielt für Bayern München und hat in einem Europacup-Finale gespielt, das sagt alles. Wir alle wissen, dass er ein großartiger Spieler ist."
Medienprofi Hargreaves
Hargreaves, der an der White Hart Lane gegen die Niederlande zumindest auf einen Kurzeinsatz hoffen durfte, meisterte derweil routiniert seinen ersten Auftritt vor der neugierigen englischen Presse. Dabei machte er deutlich, dass sein Herz für England schlägt, sein Fußballverstand allerdings von seiner Wahlheimat geprägt worden ist: "Meine Mentalität ist deutsch. Alles, was ich gelernt habe, habe ich von deutschen Trainern gelernt."
Ein Traum wäre es darum für ihn, am 1. September mit England gegen Deutschland ausgerechnet im Münchner Olympiastadion anzutreten. Wie beim FC Bayern zeigte er auch beim Training mit Beckham und Co. keinen großen Respekt.
Selbstbewusster Youngster
"Ich war ein bisschen nervös, aber nicht eingeschüchtert. Wenn ich gut genug für Bayern bin, bin ich auch gut genug, hier zu spielen", stellte Hargreaves selbstbewusst heraus.
Vor vier Jahren war er als 16-Jähriger nach München gekommen. Er lebte im Fußball-Internat des FC Bayern und ist nach etlichen Jahren wieder ein Talent aus der eigenen Jugend, das es bis in die Profi-Mannschaft schaffte. Bälle erobern und sie zurückgewinnen, "das kann ich, aber ich bin kein Spielmacher", beschreibt sich der Shooting-Star selbst. Als kommender Nachfolger von Stefan Effenberg sieht er sich auf dem Platz nicht, zumal er eher ein ruhiger Typ sei.
Hoeneß bremst
Dieses Image kommt bei den Fans offensichtlich an. Hargreaves ist längst zum neuen Teenie-Schwarm im Bayern-Kader geworden. Dass der junge Mann nicht abhebt, dafür sorgte Uli Hoeneß mit seiner Kritik nach dem jüngsten Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen (1:1).
"Er spielte vor einem halben Jahr noch in der Regionalliga - jetzt wird er in die englische Nationalmannschaft berufen und ist plötzlich ein Weltstar. Und siehe da, in Leverkusen ist er plötzlich weniger gelaufen. Das muss so ein junger Spieler erst einmal verkraften", kritisierte der Bayern-Manager.
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