Verständnis für Suizid

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janw
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Mo 3. Okt 2005, 10:29 - Beitrag #21

Zitat von Da-Fe:
Nein, du bist dann nicht frei von Sorgen, du hast sie auf die Menschen, die dich vll mochten, übertragen...

Zitat von Maurice:Ähh was ist denn das für eine Logik? Wenn ich mein Vermögen komplett auf jemand anderes übertrage, dann habe ich trotzdem noch Vermögen?
Wenn du tot bist (und angenommen, die Existenz der Persönlichkeit ist beendet und es geht nicht im Jehnseits weiter), dann kannst du keine Sorgen mehr haben, weil du ja nicht mehr bist. Ein nicht-existentes Subjekt kann nicht existente Gefühle haben.

Da-Fe hat völlig recht, wer sich selbst umbringt, läßt seine Mitmenschen mit einem Berg an Fragen zurück. Auch wenn die Mitmenschen vielleicht zu den Sorgend des Selbstmörders beigetragen haben, das ist finde ich eine ziemlich harte Keule.

Maurice, den Vermögenseinwand verstehe ich da nicht...
Was die Sorgenfreiheit nach dem Tod betrifft, mag das Deine Meinung sein. Es ist nicht meine, auch wenn ich es nicht beweisen kann. Aber schon die Vorstellung, festzustellen, "mist, das hätten wir doch alles klären und lösen können, aber nun komme ich nicht mehr zurück!" ist für mich abschreckend genug.

zum Thema "Leben als Kampf":
Objektiv betrachtet ist das Leben oft ein Kampf, um Macht, Chancen, gegen eigene Schwächen vielleicht auch.
Aber in meinen Augen ist das eher ein Phänomen unserer Gesellschaft, die Macht, Geld und Einfluß als höchste Werte statuiert.
Selbstmord wegen Versagens in dieser Gesellschaft ist daher für mich ein Zeichen für die Krankheit unseres Systems, sozusagen.

zum Thema Schwäche:
Es ist menschlich, schwach zu sein, mal mehr, mal weniger. Und jeder sollte Mitmenschen haben, die einen in Momenten der Schwäche auffangen. Wer solche nicht hat, dem sollte geholfen werden.
Nein, Maurice, Dein Denken von immerwährender Stärke und Unnahbarkeit passt nicht zum Menschen. Wir sind keine einzelgängerischen Löwenmännchen, sondern konnten nur durch eine Existenz in Gruppen überhaupt zu den Menschen werden, die heute die Erde bevölkern. Und nur durch ein aufwachsen in Gruppen - Familie, peer-group, Schulklasse,... kann der Mensch überhaupt gesund aufwachsen.

Maurice
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Mo 3. Okt 2005, 11:00 - Beitrag #22

Aber in meinen Augen ist das eher ein Phänomen unserer Gesellschaft, die Macht, Geld und Einfluß als höchste Werte statuiert.

Nenn mir eine Gesellschaft wo es überhaupt keinen Wettbewerb und damit Kampf gibt!
Und selbst wenn du eine erfinden könntest, dann würden da die Menschen immer noch gegen sich selbst, gegen ihre Ängste, ihre Aggressionen usw. kämpfen.

Da-Fe hat völlig recht, wer sich selbst umbringt, läßt seine Mitmenschen mit einem Berg an Fragen zurück.

Das war mir natürlich klar, ich habe ja auch die Form seiner Aussage kritisiert. Das Wort "übertragen" machte einfach keinen Sinn. Wenn man etwas überträgt, dann hat man etwas nicht mehr (siehe Vermögen-Beispie), was zum einen bei Sorgen nicht geht und selbst wenn es so wäre man dann keine Sorgn mehr hätte. Hier hat sich Da-Fe einfach widersprüchlich ausgedrückt und darauf habe ich hingewiesen.

Es ist menschlich, schwach zu sein, mal mehr, mal weniger.

Das macht Schwäche nicht besser. Wenn du es so ausdrückst bin ich geneigt zu sagen "dann sollte man nicht menschlich sein".

Nein, Maurice, Dein Denken von immerwährender Stärke und Unnahbarkeit passt nicht zum Menschen.

Nein niemand kann allmächtig sein, aber es ist möglich, dass man seine Probleme selbst bewältigt. Das bedeutet nicht, dass man jegliche Hilfe prinzipell ablehnen muss. Aber etwas nur mit Hilfe anderer zu schaffen, das man ohne diese nicht geschafft hätte, ist ein Zeichen von Schwäche. Wenn man etwas auch alleine schaffen könnte, aber die Hilfe anderer die Chancen auf Erfolg verbessern, dann ist es klug, sich anderer zu bedienen.

Wir sind keine einzelgängerischen Löwenmännchen, sondern konnten nur durch eine Existenz in Gruppen überhaupt zu den Menschen werden, die heute die Erde bevölkern.

Klingt ja fast so, als ob die momentene Lage als ideal betrachten würdest.

Und nur durch ein aufwachsen in Gruppen - Familie, peer-group, Schulklasse,... kann der Mensch überhaupt gesund aufwachsen.

Dann bedank dich mal bei den Gruppen denen ich ausgesetzt wurde, bin ich doch ein Produkt ihres Verhaltens.
Natürlich muss ein Mensch in einer Gruppe aufwachsen, allein schon weil er als Baby sonst ruck-zuck sterben würde. Sein Selbstverständnis macht aber ein Unterschied. Es macht einen Unterschied, ob er kriechend um Hilfe fleht, oder aufrecht die Last erträgt. Letzterer muss deshalb nicht automatisch ein Egoist sein.

C.G.B. Spender
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Mo 3. Okt 2005, 19:12 - Beitrag #23

Jan, du bist und bleibst ein Optimist. ;) Die Ideale, die aus deinen Worten sprechen, sind wertvoll genug, um dafür zu kämpfen.

Maurice, deine Haltung erschreckt mich, aber da ich weiß, wie bestimmte Gruppen von Menschen sich Einzelnen gegenüber verhalten können, kann ich sie doch irgendwo verstehen.


Mein Hass gegenüber bestimmten Gruppen, die einen ausschließen, weil man anders ist, war zu meiner Schulzeit am größten. Glücklicherweise bin ich irgendwann darauf gekommen, dass es nicht nur an mir liegt, dass ich ausgeschlossen werde. Demnach wurde wohl mein Selbsthass nicht so groß, dass er mich umgebracht hätte. Ich lernte ihn zu kanalisieren. Es ist gut jene zu hassen, die einen terrorisieren, statt sich selbst; allerdings nur dann, wenn man auch ein gesundes Ventil für die eigene Wut finden kann. Das Letztere ist nicht einfach, wenn das Herz nach Apokalypse jetzt schreit, und die hat ihre eigene wunderbare Erfurt-eske Poesie.

Noch heute, wenn auch sehr selten, erwische ich mich manchmal bei der sinnlichen Vorstellung, meinen ehemaligen Peinigern den Garaus zu machen. Zu spüren wie das Leben langsam aus ihnen herausfließt.

Diese Wut ist ungenutzte ungebändigte Energie, sie ist wie ein Kraftwerk, dass einen am Leben erhält.

Wenn ich von der Gesellschaft angegriffen werde, bringe ich mich doch nicht mich selbst um..., wenn, dann muß diese Menschheit mich bis zu meinem letzten Tag ertragen, mit all meinen Idealen und Träumen.
[size=-1]Halte dir deine Freunde nah, aber deine Feinde noch näher.[/size] :evil:

janw
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Mo 3. Okt 2005, 19:59 - Beitrag #24

Spender, wenn das mein alter Direx lesen würde...
Er nannte mich einen "Moralisten und Idealisten", iirc gar einen Feind der Gesellschaft. Und doch ist er einer der Konservativen in meinem Leben, die mich an das Gute im Konservativismus glauben lassen nach wie vor.
Auch wenn ich ein Linker bin. Aber schon geläutert mit den Jahren.;)

Deine Hassgefühle manchen gegenüber kann ich gut verstehen, ich hatte sie auch bis vor nicht allzu langer Zeit. Bis ich merkte, daß die Wut Energie kostet, meine Energie, mich lähmt, hart macht, verschlossen gegenüber dem Genuß, den das Leben bieten kann, auch wenn es kein leichtes ist.
Ich würde heute eher Fragen stellen, warum jemand so gehandelt hat, wie es ihm erging danach. Versuchen zu verstehen - denn nichts kommt von nichts.

Zitat von Maurice:Dann bedank dich mal bei den Gruppen, denen ich ausgesetzt haben, bin ich doch ein Produkt ihres Verhaltens.
Natürlich muss ein Mensch in einer Gruppe aufwachsen, allein schon weil er als Baby sonst ruck-zuck sterben würde. Sein Selbstverständnis macht aber ein Unterschied. Es macht einen Unterschied, ob er kriechend um Hilfe fleht, oder aufrecht die Last erträgt. Letzterer muss deshalb nicht automatisch ein Egoist sein.

Nun, diese Gruppen haben den Grundstein gelegt dafür, daß Du jetzt selbst bestimmen kannst, wie Du werden möchtest.
Mögen Dir Lagen erspart bleiben, die Dich hilflos lassen. Du darfst Dich aber gerne bei mir melden dann.;)

nils.ri
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Mo 3. Okt 2005, 22:23 - Beitrag #25

Ich kann Selbstnörder grundsätzlich verstehen.
Denn jeder Mensch empfindet anders, jeder Mensch hat seine eigenen Probleme, die jedem Menschen unterschiedlich schwerwiegend erscheinen. Und wenn ihm ein Problem eben so gravierend erscheint, dass er keinen Ausweg mehr sieht, verstehe ich das. Auch wenn es ihm hinterher womöglich Leid täte - wenn er denn noch lebte - weil er wahrscheinlich erkannt hätte, dass die Probleme doch irgendwie lösbar sind.

Maurice, du machst mir Angst. Für mich hört sich deine Haltung gegenüber Schwäche fast ein bisschen nach Hitler an (das ist nicht böse gemeint!).
Ich glaube, es ist ein Fehler, immer stark sein zu wollen oder zu müssen.
Man muss auch mal stark genug sein, zuzugeben, dass man für etwas zu schwach ist und Hilfe braucht.
Man kann einfach nicht immer stark sein. Wer behauptet das zu können, ist zu schwach, seine eigene Schwäche zu akzeptieren.

Maurice
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Mo 3. Okt 2005, 23:55 - Beitrag #26

@nils.ri

@erster Abschnitt: Sehe ich auch so.

ür mich hört sich deine Haltung gegenüber Schwäche fast ein bisschen nach Hitler an (das ist nicht böse gemeint!).

Es wird schwer werden einen Vergleich mit Hitler nicht als eine Art Beleidigung hinzustellen. Ich sehe aber trotzdem über diese Tatsache hinweg. ;)
Ich finde aber nicht, dass der Vergleich meinen Äußerungen gerecht wird. Ob ein Mensch gut oder schlecht ist hängt bei mir weder von der Hautfarbe, der Nationalität, vom Geschlecht oder von seiner angeblichen krummen Nase ab. Für die Nazis war ein Jude automatisch schlecht, nur weil er Jude war. Ich sehe das keinen Falls so. Niemand ist durchwegs schlecht, nur weil er Jude ist und unter den Juden gab (und gibt es) genug starke Menschen. Den Holocaust, ein KZ zu überleben zeugt von einer Stärke, vor der man Respekt haben sollte.
Ich habe mich hier offen Zustimmung mit bestimmten Gedanken von Nietzsche bekundigt. Dieser wird gerne mit den Nazis in Verbindung gebracht, was aber weitgehenst Quatsch ist. Natürlich gibt es bestimmte Überschneidungen in der Philosphie Nietzsche und der der Nazis, aber es gibt auch genug Unterschiede, die die Gemeinsamkeiten weit überwiegen. Die Nazis sprachen von "Herrenrasse", Nietzsche dagegen von "Herrenmenschen". Soweit ich ihn kenne und einschätze gab es für Nietzsche sowas wie eine "Herrenrasse" nicht, denn ob jemand ein Herrenmensch war, hing nicht von seiner "Rasse" ab. Was Nietzsche wollte waren Menschen mit starker Individualität und Willen. Was die Nazis wollten waren Herdenmenschen, die dem Ruf eines einzelnen folgen sollten und priesen dies unter dem Deckmantel der "Herrenrasse" an. Aber gerade Herdenmenschen lehnte Nietzsche strickt ab. Das ist ein Erheblicher Unterschied, der vielen leider nicht bewusst zu sein scheint. Nietzsche wäre meiner Einschätzung nach garantiert kein Freund der Nazis gewesen.
Ich merke nochmal an, dass ich Nietzsche nicht in allen Punkten zustimme, die ich von ihm kenne, sondern nur in manchen Punkten in seiner Tendenz.

Ich glaube, es ist ein Fehler, immer stark sein zu wollen oder zu müssen.

Stärke ist imo etwas in sich gutes (so wie das Glück in sich gut ist), also in jeden Fall erstrebenswert. Das ergibt sich aus meinen Vorstellung des Begriffs. Wenn der Begriff anders definiert wird, dann kann das natürlich andere Konsequenzen auf die daraus resultierenden Folgerungen haben.

Man muss auch mal stark genug sein, zuzugeben, dass man für etwas zu schwach ist und Hilfe braucht. Man kann einfach nicht immer stark sein. Wer behauptet das zu können, ist zu schwach, seine eigene Schwäche zu akzeptieren.

Das widerspricht ja nicht meinen Ausführungen. Ich habe ja selbst gesagt, dass kein Mensch allmächtig (=unendlich stark) ist. Es gehört Überwindung dazu Schwäche einzugestehen. Man erkennt so zwar, dass man in gewisser Hinsicht schwach ist, aber die vorangegangene Überwindung ist ein Zeichen von Stärke. Das jemand sowohl Schwäche, als auch Stärke besitzt ist kein logischer Widerspruch. Es sind zwei Begriffe die sich nicht notwendig ausschließen, so wie jemand auch z.T. vernünftig und z.T. unvernünftig sein kann. Hilfe dann nicht anzunehmen, wenn sie notwendig ist, ist unvernünftig. Dies kann man auch als eine Art von Schwäche beurteilen. Das Ideal möglichst stark zu sein, wird dadurch nicht widerlegt, sondern reiht sich in das Konzept ein.

C.G.B. Spender
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Di 4. Okt 2005, 02:05 - Beitrag #27

Zitat von janw:Spender, wenn das mein alter Direx lesen würde...
Er nannte mich einen "Moralisten und Idealisten", iirc gar einen Feind der Gesellschaft. Und doch ist er einer der Konservativen in meinem Leben, die mich an das Gute im Konservativismus glauben lassen nach wie vor.
Auch wenn ich ein Linker bin. Aber schon geläutert mit den Jahren.] Nun, bei manchen meiner poetischen Exkursionen, wäre dein Direx dann sicher grün im Gesicht geworden. (z.B.: Ein Leben lang auf der Suche nach Liebe, Post #130) [size=84]Sicher sind Ideale schöne Wegweiser, aber leider oft nicht eins zu eins in die Wirklichkeit übertragbar. Das heißt jedoch nicht, dass man nicht wenigstens einen Raum schaffen kann, in dem sie atmen dürfen, die Träume und Ideale.

[/size]
Deine Hassgefühle manchen gegenüber kann ich gut verstehen, ich hatte sie auch bis vor nicht allzu langer Zeit. Bis ich merkte, daß die Wut Energie kostet, meine Energie, mich lähmt, hart macht, verschlossen gegenüber dem Genuß, den das Leben bieten kann, auch wenn es kein leichtes ist.
Ich würde heute eher Fragen stellen, warum jemand so gehandelt hat, wie es ihm erging danach. Versuchen zu verstehen - denn nichts kommt von nichts.
Glücklicherweise ist die Zeit vorüber, in der diese ohnmächtigen Gefühle viel bestimmten und wie du sagst, einem sehr die Energie nehmen können. Man ist nicht nur in den Idealen geläutert, sondern auch in den negativen Dingen, die einen jedoch zu dem machten, das man ist. Angst und Hass und die Überwindung davon sind prägend für jeden Menschen, wahrscheinlich mehr als wir es uns eingestehen wollen.

Die Fragen, warum manche Menschen z.B. ein Spaß daran haben, andere zu quälen, habe ich mir schon gestellt, während es passierte. Die Antworten darauf liegen teilweise innerhalb dieser Menschen selbst vergraben, bei ihren Ängsten, Hassgefühlen, Gruppenzwängen, usw. Es gibt immer eine gewisse Hierarchie und die "Stärksten der Halbstarken" definieren sich oft am vermeintlich Schwächsten. Dieses Muster wiederholt sich in der Gesellschaft gleich mehrfach und betrifft sicher nicht nur Teenager.

Ich weiß genug von den Menschen, um beim näheren Betrachten dieser Wesen jederzeit in eine innige Hassliebe zu verfallen,

denn ändern kann ich sie nicht, diese lieblichen Barbaren vom 3. Planeten. :)

Anaeyon
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Di 4. Okt 2005, 06:28 - Beitrag #28

Maurice: Du sagtest das Leben sei ein Kampf (oder viele aneinander gereihte Kämpfe). Muss man sie deswegen alle bestreiten? Nur weil diese Kämpfe existieren? Was ist mit den Pazifisten?

Was ist, wenn man unter gegebenen Umständen mit Glücksmaximierung nichts mehr anfange kann?..

Ipsissimus
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Di 4. Okt 2005, 10:17 - Beitrag #29

grundsätzlich plädiere ich für ein "Menschenrecht auf Selbstmord" - ich empfinde es als eine unverschämte Anmaßung seitens der Gesellschaft(en), Menschen diese intimste aller Entscheidungen vorenthalten zu wollen - eine Anmaßung, der ich eines Tages, sollte es bei mir zur dieser Notwendigkeit kommen, sicher nicht nachgeben werde.

Diese grundsätzliche Feststellung erfährt Modifikationen - das Problem seelisch-geistig kranker Menschen mit eingeschränkter Befähigung, sich selbst über ihr tatsächliches Wollen klar zu werden, ist kein triviales. Ich gehe jedoch davon aus, daß durch geeignete Beratung/Therapie/HILFE dieses Problem prinzipiell lösbar ist - und aus der Schwierigkeit/Frage, daß Ärzte, Pflegepersonal, Therapeuten sich nicht in jedem Fall genügend Sicherheit verschaffen können, ob ein Mensch wirklich sterben will, folgt imo nicht, daß allen Menschen, die sterben wollen, dieses Recht verweigert werden muss.

Schon gar nicht akzeptiere ich, daß geistig gesunden, reifen Menschen, die eine Güterabwägung betreiben, ihre Entscheidung untersagt wird. Menschen können leben wollen, sich jedoch außerstande sehen, die Bedingungen, unter denen sie leben müssen, erträglich zu gestalten - wobei AUSSCHLIESSLICH sie selbst entscheiden, ob ihre Bedingungen erträglich sind - und können daher zu dem Schluss kommen, den Freitod vorzuziehen. Wenn die Gesellschaft solchen Menschen als "Hilfe" nicht mehr als Hartz IV oder entsprechende Albernheiten anzubieten hat, hat sie auch das Recht verwirkt, gegen den Selbstmord vorzugehen.

Letztlich bleibt noch der Selbstmord à la Maude aus dem Film "Harold and Maude", wenn den noch jemand kennt. Die Begründung der Maude, die sich an ihrem 80ten Geburtstag bei völliger körperlicher und geistiger Gesundheit und guten Lebensbedingungen selbst tötete, ist für mich absolut nachvollziehbar und stellt eine starke Option für einen würdigen Lebensabschluss dar, die auch ich in Erwägung ziehen werde^^

janw
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Di 4. Okt 2005, 10:24 - Beitrag #30

zum Hitler-Vergleich: Mit dem "fast ein bisschen" und dem Klammer-Zusatz) hat Nils sich schon selbst davon distanziert. Maurice, in dem Punkt hast Du auch recht.
Nietzsche wurde vereinnahmt. Wobei mir allerdings Nietzsches Gedankenwelt insofern nicht so zusagt, als dem idealisierten Menschen mit starkem Willen und Individualität in diesem Sinne die Liebe fehlt.

Stärke ist für mich nicht per se gut, sondern Mittel um gut zu sein. Es kommt darauf an, was man mit seiner physischen und psychischen Kraft anstellt, sozusagen.
Selbstbestimmt zu leben, ist z.B. eine der Sachen, die man anstreben sollte. Ob ich dies als Kampf bezeichnen würde, eher nicht.
Man muß sich aber in jeder Minute klar sein, daß man unversehens in eine Situation geraten kann, in der man Hilfe benötigt, Beistand oder wie auch immer. Es kann schon an der nächsten Kreuzung passieren...

Anaeyon, es ist ein Trugbild, daß Pazifisten nicht kämpfen. Sie kämpfen nur anders. Bzw. reden vom Leben nicht wie von einem Kampf.

Spender, das eben ist der Fehler, den solche Direxe begehen: Sie glauben, Leute wie wir meinten, all unsere Träume seien sofort und vollständig umsetzbar. Daß auch wir von der Begrenztheit unserer Fähigkeiten und jenen der Welt wissen, will ihnen oft nicht in den Kopf.
Das spezielle Exemplar würde hier grün anlaufen, weil sein Lieblingsthema noch nicht angerissen wurde, die Bevölkerungsexplosion :rolleyes:

Was die Quälgeister betrifft, es gehören einfach ein paar Jahre Distanz dazu, zu erkennen, daß man selbst auch Teil des Systems war, vielleicht ungewollt zur Eskalation beigetragen hat, als Kind.
Hier kann ich mittlerweile verstehen, suche aber noch nach dem ganzen Bild.

EDIT:Das hat sich mit Ipsis Beitrag überschnitten.
Interessante These, Ipsi. Muß ich mal drüber nachdenken...

nils.ri
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Di 4. Okt 2005, 11:51 - Beitrag #31

@Maurice: Ich habe dich nicht mit Hitler verglichen. Ich habe nur gesagt, dass deine Einstellung mich etwas an Hitlers erinnert. Und damit meinte ich auf keinen Fall Rassenideologie etc, sondern nur diesen Punkt hier:
Was Selbstmord angeht, so denke ich ähnlich wie Anaeyon, nämlich in Richtung Nietzsche ("Die Schwachen und Missratenen mögen zu Grunde gehen.") Ich übernehme einfach mal einen Abschnitt einer PN; die vor kurzen an Lykurg ging:
Wer sich selbst umbringt, um den soll es nicht schade sein, weil er es dann einfach nicht wert war weiter zu leben. Es ist nur ein weiteres fehlgeschlagenes Expermient der Gesellschaft, ein weiteres unbrauchbares Produkt, das in den Müll wandert.

Das hat mich an "nicht lebenswerter Leben" erinnert: Wer zu schwach ist ("Die Schwachen und Missratenen" mit Nietzsches Worten), um den ist es nicht schade, um den braucht man nicht zu trauern.
Damit will ich dir auf gar keinen Fall eine nationalsozialistische Haltung vorwerfen, sondern nur aufzeigen, dass dieser eine Aspekt mir etwas ähnlich erscheint.

janw
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Di 4. Okt 2005, 12:52 - Beitrag #32

Ipsi, ich kann Dir folgen, was die Vorenthaltung der Entscheidung betrifft. Nur sehe ich es nicht so dramatisch, was die Faktizität dessen betrifft - niemand könnte und würde mich hindern, wenn ich den Entschluß fassen würde, meine Lebensumstände für derart schlecht und perspektivlos zu halten, daß der Tod da als Ausweg erschiene. Ich würde ganz einfach nicht jenen von meiner Notlage berichten, die mich erwartungsgemäß von meinem Gedanken abzubringen versuchen würden. Sondern eben tun, was zu tun wäre...

Allerdings müßte da schon einiges zusammen kommen an Schlimmem, dies nur zur Beruhigung...

Davor gibt es ein breites Band an Notlagen, die einem im Moment als aussichtslos erscheinen mögen, wo aber andere Wege aufzeigen können. Und ich denke, Menschen, die einem Wege aufzeigen, wenn man selber nicht mehr klar sieht, sollte jeder haben oder finden können. Notfalls bei der Telefonseelsorge. Ob man den Weg für sich als gangbar annimmt, die Entscheidung kann einem keiner nehmen. Erst recht nicht das Messer im Badezimmer...

Maurice
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Di 4. Okt 2005, 12:57 - Beitrag #33

Zitat von Anaeyon:Maurice: Du sagtest das Leben sei ein Kampf (oder viele aneinander gereihte Kämpfe). Muss man sie deswegen alle bestreiten? Nur weil diese Kämpfe existieren? Was ist mit den Pazifisten?

Selbst ein Pazifist wird sich dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb oder inneren Konflikten nicht entziehen können. Es wäre denkbar, dass man den Kämpfen, die von außen kommen irgendwie entfliehen könnte (z.B. indem man Einsiedler wird), aber wie willst du denn deinen inneren Konflikten aus dem Weg gehen, ohne dich dabei völlig selbst aufzugeben?
Was ist, wenn man unter gegebenen Umständen mit Glücksmaximierung nichts mehr anfange kann?..

Das sollte doch in meinem letzten Post deutlich geworden sein. Du scheinst mir hier leider nicht aufmerksam genug gelesen zu haben.
Nun gut, dann nochmal mit eigenen Worten: Von mir aus darf sich jeder umbringen, wer will, solange er für mich nicht von spezieller Bedeutung ist. Sich selbst wird nur jemand umbringen, der entweder keinen Ausweg aus den ihn belastenden Problemen sieht oder dem der Wille fehlt, diese Probleme zu lösen. Beide Fälle sind Zeichen von Schwächen. Selbstmord kann man nicht als wirkliches Mittel der Glücksmaximierung betrachten, sondern nur als eines der Leidminimierung. Durch Selbstmord wird Leid minimiert, aber kein Glück maximiert. Selbstmord ist kein vernünftiges Mittel der Leidminimierung, wenn es noch andere Wege gibt, dieses Leid zu minimieren und sogar wieder zu einem positiven Wert in der Glücksskala zu kommen. Wenn es aber keine solche Möglichkeit gibt, dann halte ich Selbstmord für vernünftig. Ein Zeichen der Schwäche bleibt es dann aber trotzdem.

@nils.ri: Ich bin auch nicht davon ausgegangen, dass du mich als Nazi betrachtest, ich wollte aber dennoch etwas ausführlicher auf das Thema (Nietzsche und die Nazis) eingehen.
Ich glaube, dass man möglichst wenig mit Namen "argumentieren" sollte. Meine Nennung Nietzsches soll nur deskriptiv (=beschreibend) nicht normativ (=wertend) sein. Bei Nietzsche ist das wohl schon nicht ganz so einfach, weil die Meinungen über ihn idR sehr auseinandergehen. Bei einem Vergleich mit Hitler drückt sich einem eine implizite Normativität des Vergleichs schon quasi auf. Ich gehe davon aus, dass niemand ein Anhänger Hitlers ist (mich eingeschlossen), weshalb die Aussage, dass eine Meinung der von Hitler ähnelt, diese automatisch in ein schlechteres Licht rücken wird, weil mit diesem Diktator viele Negatives verbunden wird und sich auf die Meinung übertragen kann, die mit diesem Menschen in Verbindung gebracht wird. Wird dagegen eine Meinung mit einer allgemein angesehen Person in Verbindung gebracht, wird diese von vielen gleich höher geschätzt. Dabei wird oft vergessen, dass die Person nichts über die Qualität einer Meinung sagt, von der sie stammt. Leider denken viele Menschen in der Art, dass sie meinen, dass eine Aussage X richtig ist, weil sie die Person X gesagt hat und eine Aussage Y falsch ist, weil sie die Person Y gesagt hat. Das ist natürlich keine gültige Schlussfolgerung, aber dennoch recht verbreitet.
Ich will damit klar machen, dass du (zumindest für einige) meine Aussagen automatisch in ein schlechteres Licht gerückt hast, als du sie mit Hitler verglichen hast. Dass dies von dir nicht gewollt ist, glaube ich dir aber trotzdem. ;)

Maglor
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Di 4. Okt 2005, 13:05 - Beitrag #34

Zitat von Maurice:Nun gut, dann nochmal mit eigenen Worten: Von mir aus darf sich jeder umbringen, wer will, solange er für mich nicht von spezieller Bedeutung ist. Sich selbst wird nur jemand umbringen, der entweder keinen Ausweg aus den ihn belastenden Problemen sieht oder dem der Wille fehlt, diese Probleme zu lösen. Beide Fälle sind Zeichen von Schwächen. Selbstmord kann man nicht als wirkliches Mittel der Glücksmaximierung betrachten, sondern nur als eines der Leidminimierung. Durch Selbstmord wird Leid minimiert, aber kein Glück maximiert. Selbstmord ist kein vernünftiges Mittel der Leidminimierung, wenn es noch andere Wege gibt, dieses Leid zu minimieren und sogar wieder zu einem positiven Wert in der Glücksskala zu kommen. Wenn es aber keine solche Möglichkeit gibt, dann halte ich Selbstmord für vernünftig. Ein Zeichen der Schwäche bleibt es dann aber trotzdem.

Meinst jetzt eigentlich, dass du unvernünftiges, aber nachhaltiges wirkendes Handeln in tendeziell krankhaften Zuständen prinizipiell zulassen würdest?

MfG Maglor

Maurice
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Di 4. Okt 2005, 13:44 - Beitrag #35

Warum sollte ich was dagegen haben, dass sich jemand umbringt, wenn sein Leben für mich keine Rolle spielt?

Maglor
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Di 4. Okt 2005, 13:45 - Beitrag #36

Und wenn es für dich eine Rolle spielt?
Es gibt ja durchaus Zeitgenossen, die man schätzt. Oder etwa nicht?
Läßt du ihnen dann auch ihre persönliche Freiheit, wenn sie denn eine haben?

MfG Maglor

Maurice
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Di 4. Okt 2005, 14:09 - Beitrag #37

Wenn mir viel an einer Person liegt und diese sich umbringen will, dann will ich natürlich versuchen sie davon abzubringen. Der Wunsch nach Selbstmord rechne ich der Person in dem Moment dennoch als Schwäche an.
Personen hingegen die mir egal sind und sich umbringen wollen, können das gerne tun.

Ich nehme es dir nicht übel, wenn du Widersprüche in meinen Ausführungen vermutet hast, aber ich denke nicht, dass ich mich in solche verwickelt habe. Dem Verständnis könnte abträglich gewesen sein, dass ich gewisse Prämissen nicht von Anfang an genannt habe. Zu meiner Verteidigung sei diesbezüglich aber angemerkt, dass keiner von uns all seine Prämissen nennt. ;)

ex-suender
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Mi 5. Okt 2005, 07:23 - Beitrag #38

Würde Euch gern sagen was ein Buddha über den Selbstmord sagt: Das Schlimmste was ein Mensch mit sich machen kann. Man wird Mensch und soll seine „Straffe“ absitzen. Alle Probleme die man im Leben hat sind Ursache eigene Sünden, eventuell im Vorleben. Wenn man Schmerzen hat und Leiden muss zahlt man das Karma ab und kann es im nächsten Leben besser haben. Beim Selbstmord nimmt man die „Schulden“ mit sich und wir eben im nächsten Leben leiden. Dazu kommt noch das man in der Zeit in der man hier noch leben müsste, bis man wieder im den Lauf der Wiedergeburt kommt, in einer sehr unangenehme Situation kommt - dann Leidet man erst recht und noch mehr.

Von andre Quelle habe ich gehört das man als Behinderter geboren wird (in der Zeit bis man Wiedergeboren wird).

Im laufe meiner Kultivierung habe ich verstanden das wir hier gefangen sind und es keinen Ausweg gibt, man muss durch das Leben durch egal wie Schrecklich es sein mag. Nur Gute Taten und die Vermeidung der Schlechten Taten können die Schlechte lange wieder verbessern.

Leider sind viele Menschen durch ihre Schlechten Taten in eine Sackgasse gekommen sind und finden wirklich keinen Ausweg, werden aber dabei immer schrecklicher zu denn Mitmenschen und verschlechtern ihre Situation immer mehr.

Dazu muss ich aber noch eins sagen: Fast alle behaupten unschuldig zu sein, die Schuld haben immer die andren. Biegen sich ihre Storys so hin wie es ihnen passt.

Wer austeilt muss auch einstecken können, eventuell ein wenig mehr weil man angefangen hat (oder es aus dem Vorleben angesammelt war)

Ipsissimus
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Mi 5. Okt 2005, 09:08 - Beitrag #39

ich habe noch einen weiteren verständlichen Grund für Selbstmord vergessen ... Menschen, die einen durch ihre Ignoranz in den Wahnsinn treiben wollen ...

Maurice
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Mi 5. Okt 2005, 10:42 - Beitrag #40

Würde Euch gern sagen was ein Buddha über den Selbstmord sagt(...]

Klingt schon schlimm, was du da erzählst... zum Glück ist mir egal, was Buddha sagt, weil ich daran nicht glaube. ^^


PS:
Von andre Qualle habe ich gehört(...)

Du Sprichst mit Quallen? Vielleicht solltest du doch mal einen Arzt aufsuchen... oder gehört das zu deiner Religion? ;)

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