Evolution und Teleologie

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maglor
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Mi 19. Okt 2005, 13:28 - Beitrag #1

Evolution und Teleologie

Zitat von Maglor:Wenn das natürliche gut ist, impiliziert das zumindest in diesem Fall, dass die Evolution teleologisch ausgerichtet ist.

Zitat von Maurice:Eben! Es handelt sich hier eine zusätzliche These, die gerne implizit behauptet wird, aber idR nicht begründet wird. Ich für meinen Teil lehne es ab eine Natur-Teleologie anzunehmen. Deshalb kritisiere ich Aussagen, die eine solche zu implizieren scheinen.

nach der Evolutionstheorie Darwins verändern sich die Arten auf Grund der natürlichen Auslese.
Sprich schlecht angepasste Individuen pflanzen sich nicht fort bzw überleben nicht, während gut angepasste Individuen sich fortpflanzen und so die Eigenschaftschaften an ihre Nachkommen weitergeben.
Meine Bio-Lehrerin legte damals immer großen Wert darauf: Dass die Tiere sich nicht anpassen sondern angepasst werden.

MfG Maglor

Maurice
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Mi 19. Okt 2005, 14:00 - Beitrag #2

ei Bio-Lehrerin legte damals immer großen Wert darauf: Das die Tiere sich nicht anpassen sondern angepasst.

Und das soll bedeuten, dass es eine Natur-Teleologie gibt?

Präzise ausgedrückt, würde ich weder sagen, dass die Tiere sich anpassen, noch dass sie angepasst sind. "Angepasst sein" scheint mir nämlich zu implizieren, dass jemand etwas anpasst, den es in der Natur aber nicht gibt. Die Natur passt kein Lebewesen an, weil die Natur weder Verhalten noch Handlungen vollzieht.
Mir kommt darüber hinaus auch noch die Frage in den Sinn, ob es "die Natur" überhaupt gibt, oder ob sich hinter dem Wort nur eine abstrakte Idee einer Verdinglichung steckt, der kein Objekt in der Welt so entspricht. Wenn das der Fall ist, dann kann es nicht mal theoretisch eine Natur-Teleologie geben, denn damit "die Natur" etwas nach Zwecken ausrichten kann, muss sie erstmal existieren. Eine abstrakte Idee hat keinen direkten Einfluss auf den Lauf der Evolution (wobei letztere wieder kein Ding ist).

Maglor
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Mi 19. Okt 2005, 14:14 - Beitrag #3

Es ist dann die Frage, ob ein Kiesel an den Fluss angepasst ist. Und ob der Stein von der Strömung angepasst wird.
Die Sache mit dem "angepasst werden" ist, dass Evolution kein von den Tieren selbst augehender Prozess ist (wie in den Theorien Lamarcks) sondern ein passiver. Sprich der Evolutionsdruck kommt von Außen.
MfG Maglor :rolleyes:

Maurice
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Mi 19. Okt 2005, 14:37 - Beitrag #4

@Stein: Wir stimmen wohl überein, dass der Fluss den Stein verändert und sich der Stein nicht anpasst.

Sprich der Evolutionsdruck kommt von Außen.

Ich würde sagen, dass die Lebewesen untereinander im Wettbewerb stehen und mit äußeren Umständen (z.B. Klima) zurechtkommen müssen. Der "Evolutionsdruck" ist eine Eigenschaft des Systems und kommt demnach nicht von außerhalb des Systems. Der "Evolutionsdruck" wird durch den Wettbewerb der Lebewesen und den äußeren Umständen konstituiert und somit im geringen Maße von jedem einzelnen Lebewesen, da dieses im Wettbewerb zu anderen steht.

@Teleologie: Entschuldige, aber ich konnte aus deinen bisherigen Posts nicht eindeutig herauslesen, ob eine Natur-Teleologie annimst oder nicht.

Maurice
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Mi 19. Okt 2005, 16:41 - Beitrag #5

Ich bin gerade über einen alten Aphorismus von mir gestolpert, der hier rein passt:
Die Evolution hat keine Augen.
Die Evolution selektiert nicht, sondern ist als Begriff die Umschreibung der biologisch-dialektischen Rivalität von Spezies, die zu Selektion führt.


(PS: Habe den Spruch einfach mal gepostet, ohne zu überprüfen, ob er völlig präzise in der Ausdrucksweise ist. Die Aussage sollte aber klar sein.)

Ipsissimus
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Mi 19. Okt 2005, 17:47 - Beitrag #6

Evolution besagt: wenn beim Würfeln mit einem 1000seitigen Würfel NUR und AUSCHLIEßlich NUR der Wurf mit der Zahl 666 OPTIMAL dafür geeignet ist, die Herausforderung XYZ zu bestehen gehen alle anderen Würfe verloren und nur der eine Wurf 666 setzt sich durch.

Ich weiß nicht, wie ich da eine Teleologie hineindeuten soll

Maurice
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Mi 19. Okt 2005, 18:20 - Beitrag #7

Ich auch nicht... aber es gibt Leute, die sehen das anders. Frag mal einen Kreationisten. ;)

ThomasM
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Fr 21. Okt 2005, 23:27 - Beitrag #8

Hallo Maurice

Da fragst Du die Falschen, die glauben nämlich an die Unwirksamkeit der Evolution. Da musst Du schon die Anhänger der theistischen Evolution fragen, wie mich zum Beispiel.

Aber wieso sollte Evolution NICHT zielgerichtet sein?. Nur weil der Fundamentalprozess keine Richtung hat? Nun, alle physikalischen Gesetze sind symmetrisch in der Zeit, trotzdem hat die Zeit eine Richtung. Das ist also kein Argument.

Nur weil etwas mit statistischen Mitteln beschrieben wird, heisst das noch lange nicht, dass dieses Etwas keine Richtung hätte. Es kommt doch auf die statistische Funktion an, die zu Grunde liegt. Eine Gaussverteilung hat z.B. mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis in einem eng begrenzten Ergebnisbereich.

Nu ist die statistische Verteilung für Evolution nicht einfach hinzumalen, weil es viel zu viele Parameter gibt, die Einfluß nehmen. Aber sicher ist: Die Verteilung ist nicht flach, sondern sie hat Minima und Maxima und wird vermutlich auch ein globales Maximum haben. Wer bestimmt das? Das wird durch die Umweltverhältnisse bestimmt. Wer bestimmt diese? Die Antwort geht im Chaos der Wechselwirkungen unter.

Gruß
Thomas

Maurice
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Fr 21. Okt 2005, 23:41 - Beitrag #9

Nur kurz, weil ich gleich ins Bett gehe.

Aber wieso sollte Evolution NICHT zielgerichtet sein?

Die wichtigere Frage ist: Warum sollte die Evolution zielgerichtet sein?
Ich sehe keine Gründe warum ich das annehmen sollte, deshalb nehme ich das nicht an.

Nun, alle physikalischen Gesetze sind symmetrisch in der Zeit, trotzdem hat die Zeit eine Richtung.

Scuba sagt, dass es laut der Quantentheorie kein vorher und nachher gibt. :crazy:
Aber mal im Ernst: Daraus, dass die Zeit* eine Richtung hat, folgt noch keine Zweckmäßigkeit. Ebenso kann man aus einer möglichen Gerichtetheit der Evolution noch keine Zweckmäßigkeit ihrer ableiten.

*Ich drücke mich hier umgangssprachlich aus. Eigentlich gehe ich nicht davon aus, dass es "die Zeit" gibt.

Ipsissimus
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Sa 22. Okt 2005, 12:02 - Beitrag #10

Zeit ist laut Hawkins definiert als die Richtung des Entropie-Vektors. Völlig unabhängig von einer "zeitlichen Dimension" der Zeit und unserer Empfindung von Zeitabläufen findet Entropie statt, deren Maß sich beständig erhöht. Das "vorher" und "nachher" sind also einfach nur ein geringeres oder ein höheres Maß an Gesamt-Entropie.

insofern bleibt es möglicherweise eine reine Geschmacksfrage (und natürlich eine Frage der Praktikabilität), ob von Kausalität oder von Finalität gesprochen wird. Das Universum wird nach gegenwärtigem Wissen den Entropietod sterben, so oder so - das kann als Ziel und Sinn aller daran enthaltenen Vorgänge aufgefaßt werden, die damit durch ihre Finalität von vornherein bestimmt sind. Der Blick kann aber auch auf die "Methoden" fokussieren, die in der Natur benutzt werden, um diese Finalität herbeizuführen - das wäre Kausalität.

Damit wäre es nur eine Frage der Perspektive und des Interesses.

Maglor
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Mo 24. Okt 2005, 10:15 - Beitrag #11

Um die Diskussion mal wieder in biologische Bahnen zu lenken:
Bei der Zuchtwahl (auch mehr der natürlichen) werden die Sexualpartner der Tiere von mehr oder minder klar denkenden Menschen ausgewählt. Hierbei sind ja wohl gewisse Ziele der Lebewesen von belang.
MfG Maglor :rolleyes:

e-noon
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Mo 24. Okt 2005, 20:07 - Beitrag #12

Wobei Zucht aber nur wenig mit Evolution zu tun hat, da imo Teleologie genau das ist, was Zucht von Evolution unterscheidet.
Wenn ein Tier einen längeren Hals hat und somit Blätter erreicht, die sein Rivale nicht erreicht, wodurch dieser stirbt bevor er sich fortpflanzen kann, hat das Tier durch sein Äußeres erreicht, dass seine Gene (der lange Hals) weitergegeben werden und sich als Merkmal durchsetzen.
Teleologie sehe ich hier keine, nur mehrere Komponenten in einem notwendig ablaufenden Prozess: Das Äußere des Tieres (langer Hals) und die Umstände (einzige Nahrungsquelle sind hochhängende Blätter) haben den Verlauf der Evolution bestimmt.

ThomasM
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Mo 24. Okt 2005, 22:35 - Beitrag #13

Hallo
Zitat von Maurice:Die wichtigere Frage ist: Warum sollte die Evolution zielgerichtet sein?
Ich sehe keine Gründe warum ich das annehmen sollte, deshalb nehme ich das nicht an.

Liegt das daran, dass Du blind bist oder dass keine da sind?
Ich sehe durchaus Gründe, wie z.B. unsere Anwesenheit und die Tatsache, dass die Evolution immer komplexere Wesen hervorgebracht hat. Offensichtlich ist unser Universum so "gemacht", dass bei bestimmten Umweltbedingungen eine Entwicklung komplexer Wesen wahrscheinlich (zwingend?) ist. Das wäre doch schon ein Grund zu vermuten, dass das mit einer Absicht geschehen ist.
Aber mal im Ernst: Daraus, dass die Zeit* eine Richtung hat, folgt noch keine Zweckmäßigkeit. Ebenso kann man aus einer möglichen Gerichtetheit der Evolution noch keine Zweckmäßigkeit ihrer ableiten.

Ich meinte eigentlich die Zeit als ein Beispiel, wo aus einem ungerichteten Grundvorgang etwas Gerichtetes entstehen kann.

Allerdings bewegen wir uns mit der Frage nach der Zweckmässigkeit aus dem Herrschaftsgebiet der Naturwissenschaft heraus. Es ist also eigentlich verboten zu sagen: Evolution hat keinen Zweck, weil man da Äpfel mit Birnen vergleicht.

Evolution ist erst einmal ein naturwissenwschaftlich beschreibbarer Vorgang. Das hat genauso viel Zweck oder Nicht-Zweck wie ein fallender Apfel. Aber wenn wir beobachten, dass der fallende Apfel eine Genie-Idee auslöst, dann kommt die Frage nach dem Zweck ins Spiel.

Gruß
Thomas

e-noon
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Di 25. Okt 2005, 12:00 - Beitrag #14

Du würdest also einem fallenden Apfel, der eine geniale Idee auslöst, eine Zielgerichtetheit unterstellen?
Fraglich, ob wir uns mit dieser Frage aus dem Bereich der Naturwissenschaft herausbewegen, oder nur teilweise.

Man könnte meiner Meinung nach davon sprechen, dass aufgrund der Beschaffenheit unseres Universums der Mensch entstehen musste.
Nicht nur die nötigen Bedingungen waren gegeben, sondern diese Bedingungen sorgten auch notwendig dafür, dass die Evolution so verlief, wie sie eben verlief (s. Beispiel im post vorher).
Jetzt ist es eigentlich Spekulation, ob der Anfangszustand des Universums absichtlich so gewählt wurde, dass wir uns entwickeln konnten, oder ob er zufällig entstand. Dabei könnte man bedenken, dass wir nicht unbedingt das erste und letzte Universum sein müssen: wenn es zB. vor unserem Universum 100000000 andere gegeben hat, die kein Leben hervorbrachten, ist es vielleicht nicht mehr so unwahrscheinlich, dass es auch ein Universum gibt, das Leben hervorbringt.

Die einzigen Fakten sind: Das Universum ist so entstanden, dass sich (komplexes) Leben entwickelte. Die naturwissenschaftliche Theorie müsste mangels anderer Ausgangspunkte imo lauten, dass das Universum nicht zielgerichtet ist; denn einen Schöpfer heranzuziehen, um diesen Vorgang zu erklären, hieße willkürlich die Existenz von Wesen zu behaupten, die für eine Erklärung nicht notwendig sind.

Maglor
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Di 25. Okt 2005, 12:30 - Beitrag #15

@ThomasM
Dein Argument ist quasi, dass alles eine Teleologie hat. So sprengst du natürlich den Rahmen des Threads. ;)
Zitat von e-noon:Wobei Zucht aber nur wenig mit Evolution zu tun hat, da imo Teleologie genau das ist, was Zucht von Evolution unterscheidet.

Keineswegs, Zucht ist Evolution. Und Zucht wird nicht nur vom Menschen betrieben.
Wenn sich eine Pfauenhenne nur mit einem besonders schillernden, langschwänzigen Pfau paaren möchte, ist das Teil der Evolution und Teleologie, denn die Henne hat die Ziele gesteckt.
Der Mensch ist meiner Ansicht nach Teil der Natur und übt Selektionsdruck aus. Es gab und gibt eine vom Menschen gelenkte Evolution der Haustiere. Charles Darwin selbst entwickelte seine Theorie von der Entstehung der Arten auch auf Grund seiner Erfahrungen in der Tierzucht.
MfG Maglor :rolleyes:

e-noon
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Di 25. Okt 2005, 12:47 - Beitrag #16

Tja, wenn du es so siehst, steckt natürlich immer ein Teil Teleologie drin - die Tiere haben den instinktiven Drang, sich mit den stärksten zu paaren, das beste Futter zu bekommen. Wenn du das als Zielgerichtetheit verstehst, ist diese in der Evolution enthalten bzw. wichtiger Bestandteil davon.
Ich habe Teleologie in der Evolution allerdings so verstanden, dass etwas außerhalb der Evolution dafür sorgt, dass die Evolution in gewünschter Weise verläuft.
Wenn ein Bakterium zum Futterplatz strebt, könnte man dies dann auch zielgerichtet nennen, und somit wäre wieder die Evolution zielgerichtet.
Ich denke aber nicht, dass das der Streitpunkt ist, denn dass diese Art Zielgerichtetheit in der Evolution enthalten ist, bestreiten wohl die wenigsten.

Allerdings ist diese Zielgerichtetheit ja nur wieder Ergebnis von vorausgegangenen Entwicklungen, und in der unbelebten Natur z.B. wird man wohl in deinem Sinne nicht von Teleologie sprechen können. Die Teilchen streben ja nicht danach, sich zu treffen, sondern tun es einfach.
Irgendwann, mit den Lebewesen, hat sich dann ein Verhalten herausgebildet, das zielgerichtet auf irgendetwas zusteuerte, und es hat sich durchgesetzt.

Ich denke nicht, dass dein Begriff so wie du ihn verwendest von Darwin vertreten werden würde. Wenn sich etwas kausal erklären lässt, so wie das Entstehen besonders schöner Pfauen, das sich natürlich durch die Zielgerichtetheit der Pfauendamen zurückführen lässt, so spricht man eigentlich nicht mehr von Teleologie, es sei denn, man will sagen, dass Evolution einen bestimmten Endzweck, zb. den schönen Pfau oder den Menschen, gehabt hätte.
Verhaltensmuster, die sich notwendig aus den Bedingungen ergeben haben, Zielgerichtetheit der Lebewesen inbegriffen, fallen normalerweise nicht unter Teleologie.

Ipsissimus
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Di 25. Okt 2005, 15:22 - Beitrag #17

Maglor, bist du zufällig Jesuit?^^

Das Universum ist.

Nichts, was wir wissen, zwingt uns zu der Annahme, daß das Universum so sein muss, wie es ist. c könnte genausogut bei 10 m/min liegen oder unendlich sein, die Baryonenzahl könnte verschieden von der tatsächlichen sein, der erste Hauptsatz müßte nicht gelten usw.

Anders gesagt: das explizite Sosein des Universums, d.h. sein spezifischer Set von Eigenschaften, ist kontingent

Aber: das intrinsische und inhärente Sosein von allem, was innerhalb dieses Universums existiert, muss so sein, daß seine Existenz mit den Rahmenbedingungen, die in diesem Universum herrschen, kompatibel ist - andernfalls wäre die Existenz von diesem Existierenden in dem Augenblick genichtet worden, in dem es aus dem Nichts auftauchte.

Also: nichts zwingt uns zu der Annahme, DASS etwas in diesem Universum existieren muss; aber WENN etwas existiert, existiert es in Einklang mit den Rahmenparametern.

Das führt uns zu folgendem Gedankengang:

Atome können interagieren. Wenn sie interagieren, wird es eines Tages Elefanten und dergleichen geben. Beweis: es gibt uns.

Aber auch hier wieder: nichts zwingt uns zu der Annahme, daß Elefanten einen Rüssel haben MÜSSEN. Aber: WENN sie einen Rüssel haben, wird dieser in Einklang mit den lokalen Rahmenparametern stehen.

Etwas anders gesagt: interagierende Atome führen zu Bewußtheit, zu jeder Form von Leben also, die unter den Bedingungen der - kontingenten - universellen UND lokalen Rahmenparameter möglich ist.

DASS Interaktion von Atomen möglich ist, bleibt kontingent; WIE sie interagieren ist durch die - kontingenten - Parameter geregelt.


In diesem Spiel gibt es keinen Platz für Finalität, wenn wir sie nicht außeruniversell oder lokal ansiedeln. Außeruniversell hieße, ein Gott hat den Parametersatz so gesetzt, daß genau dieses Universum mit seinem spezifischen Innenleben inklusive aller menschlichen Vorgänge entsteht. Lokal hieße, es erfolgen seitens einer Untereinheit des Universums steuerende Eingriffe in die Interaktion von Atomen, mit dem Ziel, bestimmte andere Untereinheiten zu einer definierten Zustandsänderung zu bewegen.

Für eine außeruniverselle Finalität haben wir keinen Beleg, noch nicht mal den Ansatz eines Beleges.
Lokale Finalität ist eine Selbstverständlichkeit jedes Menschen.
Für die Evolution reicht, daß die Rahmenparameter Bewußtsein zulassen, was offensichtlich gegeben ist; hier ist Finalität als Erklärung schlicht überflüssig.

Für uns heißt das: wir sind so, daß es uns in diesem Universum geben kann. Dass es uns SO gibt, wie es uns gibt, ist Folge des kontingenten Parametersatzes. Wir sind weder Ziel einer Entwicklung, noch deren Höhepunkt, wir sind lediglich ein Durchgangsaugenblick. Und schon gar nicht sind wir irgendetwas, um dessentwillen das Universum gemacht worden wäre.

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Di 25. Okt 2005, 16:05 - Beitrag #18

...Naturwissenschaftlich betrachtet.
Zustimmung, Ipsi! ;)

Eine Frage:
Lokale Finalität ist eine Selbstverständlichkeit jedes Menschen.

Heißt das für dich, Finalität wäre an Bewusstsein geknüpft? Damit wären Maglors Einwände, Tiere hätten die Evolution zielgerichtet beeinflusst, ja hinfällig.

Ipsissimus
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Di 25. Okt 2005, 16:41 - Beitrag #19

ersteres ja, letzteres nicht unbedingt, e-noon; ich mache jedenfalls keinen großen Unterschied zwischen Menschen und Tieren was die Grundlagen anbelangt. Leben grundsätzlich ist für mich die Rahmenparameter-kompatible Manifestationsform von Bewußtheit.
jedes Bewußtsein agiert im Finalitätsmodus, indem von seinem Willen her bestimmt wird, was Sinn und Zweck der Wirkungen ist, die es in die Welt setzt - das ist kein Exklusivum des Menschen

e-noon
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Di 25. Okt 2005, 17:16 - Beitrag #20

Stimmt ^^ das war auch ungenau gefragt. Du sagtest ja, "Selbstverständlichkeit jedes Menschen" - und ich wollte eigentlich fragen, ob für dich mit Teleologie dieses menschentypische Selbst-bewusstsein verbunden ist. Die Antwort hab ich ja jetzt trotzdem ^^

Nur zum Verständnis: Du behauptest, es gebe keine außeruniverselle Teleologie, jedoch die auch von Maglor erwähnte lokale Teleologie durch Lebewesen innerhalb der Evolution?

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