Verständnis für Suizid

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Aydee
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Mi 5. Okt 2005, 10:56 - Beitrag #41

Zitat von ex-suender:Dazu muss ich aber noch eins sagen: Fast alle behaupten unschuldig zu sein, die Schuld haben immer die andren. Biegen sich ihre Storys so hin wie es ihnen passt.


Ich kenne eigentlich niemanden der/die von sich behaupten unschuldig zu sein.
(zu-recht-biegen machen wir imo alledings alle, zugegeben)


Zitat von ex-suender:Wer austeilt muss auch einstecken können, eventuell ein wenig mehr weil man angefangen hat (oder es aus dem Vorleben angesammelt war)


Und was ist mit jenen die nicht austeilen aber dennoch einstecken "dürfen"?
Hat dein liebender GottBuddha die übersehen....? Oder ist er tatsächlich so nachtragend dass er ihnen ihre "Vergehen" aus anno dazumal immer und immer weiter vorrechnet? Dann wird wohl kein Mensch je deine/diese Erlösung erfahren :-)

ex-suender
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Do 6. Okt 2005, 08:05 - Beitrag #42

Beispiel

Die Menschen sind so das sie sich wegen einen vertauschten Buchstaben lustig machen, aber wenn sich jemand über sie lustig macht finden sie das gar nicht lustig. Es ist ihnen egal ob sie andre damit verletzen aber wenn sie verletzt werden, werden sie böse.

Wenn man an Gott glaubt, dann ist es nicht möglich das jemand der unschuldig ist, wirklich leiden durchleben muss. Es muss so sein das derjenige die „Schuld“ aus denn Vorleben mitgenommen hat.

Das hat mit Buddha (Erleuchteten) nicht zu tun, die machen keine Schlechten Sachen, die sind unschuldig und wollen uns helfen.

Gott und Buddha kann man beschimpfen aber nicht die andren Menschen, das kann Gott nicht verzeihen.

Wenn jemand an Gott nicht glaubt, soll er sich doch gar nicht Kultivieren, er denkt nur an seine Situation und seine Vorteile.

Aydee
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Do 6. Okt 2005, 08:33 - Beitrag #43

Das sind - imo - alles Pauschalurteile, die du da postulierst, ex-suender.
Du sprichst nicht wirklich über Menschen (einzelne), du sprichst nur in Allgemeinheiten. Wie willst du da je (einzelne) Menschen erkennen/sehen können...?

ex-suender
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Do 6. Okt 2005, 14:59 - Beitrag #44

Habe nicht vor denn Moralapostel zu spielen und die einzelnen Menschen anzusprechen, es ist ja auch unhöflich.

Ich spreche hier zu allen und es kommt leider vor das sich jemand persönlich angesprochen füllt und verärgert ist.

So meine ich das aber nicht, ich versuche hier was Allgemein zu erklären und will keinen „verletzen“.
Muss aber sagen: „Du bist wegen deinen Egoismus zu Tode verurteilt“.
Wie soll man so was jemand erzählen ohne das es so klingt wie es hat ist?

Und ich glaube Dir nicht das Du nur Schuldbewusste Menschen kennst, unmöglich.

Aydee
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Do 6. Okt 2005, 15:10 - Beitrag #45

Ich bin mir nicht sicher inwieweit das einen Unterschied macht (für mich jedenfalls einen großen), aber ich meinte nicht schuldbewusst, sondern nicht-unschuldig :-))

nils.ri
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Do 6. Okt 2005, 19:27 - Beitrag #46

Also heute ist etwas passiert, das mir doch schon zu denken gibt:
Der Vater einer ehemaligen Klassenkameradin hat sich umgebracht.
Er war vor kurzem arbeitslos geworden und musste vom ALG-II leben. Es war abzusehen, dass das erst vor kurzer Zeit fertig gebaute Haus verkauft werden müsste (was der Vater auf jeden Fall verhindern wollte), und es finanziell eng werden würde. Er hat mit der Agentur für Arbeit und der Zeitung gesprochen, was aber wohl zu keinem großen Ergebnis geführt hat. Danach brachte er sich um. Er hinterlässt vir Kinder, eine Frau, die Gewissheit, dass diese nun aus dem Haus ausziehen müssen und jede Menge Trauer und Verzweiflung.

Ich habe ja schon geschrieben, dass ich grundsätzlich jeden, der sich umbringen will, verstehen kann. Aber das hier hat meine Meinung etwas geändert.
War der Mann sich seiner Verantwortung nicht bewusst? So hat er es für die Hinterbliebenen tausendmal schwerer gemacht, und für seine Familie rein gar nichts erreicht.
In diesem Fall finde ich sein Verhalten tatsächlich feige und verantwortungslos. Besonders in solchen Situationen muss man durchhalten und eine vernünftige Lösung suchen.

Ipsissimus
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Do 6. Okt 2005, 19:35 - Beitrag #47

In Gefolgschaft der Mauriceschen Argumentation könnte mensch "Schwäche" für etwas sehr Verwerfliches halten ... tatsächlich ist sie einfach nur menschlich

habt "ihr" noch nie bemerkt, daß in unzähligen Fällen, wenn "ihr" korrekt handeln müßtet - korrekt nach welchen Maßstäben auch immer, jedoch fast nie nach euren eigenen - ihr nur so handelt, wie es euch oder jemensch anderem mit genügend Einfluss auf euch genehm ist? Überwindet ihr euch immer und immer wieder gegen jede Kraft dazu, das Richtige zu tun, selbst wenn ihr nicht wißt, was das Richtige ist? Habt ihr jeden Tag abgrundtiefe Verzweiflung als konkrete Versuchung - nicht eures Intellekts sondern eurer Kraft und Gefühle - erfahren, immer wieder überwunden und euch immer und immer wieder für das ethisch Höchstwertigste in eurem realen Handeln entschieden?

Ja? Ich verneige mein Haupt vor euch, ihr Götter, ich vermag das nicht. Anbeten kann ich euch, zu lieben vermag ich euch nicht, denn ihr seit unmenschlich.

Nein? Was verurteilt ihr diese arme gequälte Seele? Ihr Theoretiker.

Aydee
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Do 6. Okt 2005, 19:38 - Beitrag #48

Muss man?
Wer sagt das?
Wer bestimmt über dein Leben?

Wenn DU dich in einer solchen Situation ENTSCHEIDEST, dass DU durchhalten MUSST, so ist das deine Entscheidung. Dieser Mann hat - in deinen Augen feige und verantwortungslos (in seinen vielleicht auch, aber hat ihn das abgehalten?) - anders entschieden.

"Jedem seine eigene Hölle..."
(Zitat eines Freundes)




Edit.
Und es braucht so unendlich viel Mut zum Selbstmord.
Mut, Kraft und tiefste Verzweiflung...

LadysSlave
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So 9. Okt 2005, 18:13 - Beitrag #49

Zitat von nils.ri:Also heute ist etwas passiert, das mir doch schon zu denken gibt:
Der Vater einer ehemaligen Klassenkameradin hat sich umgebracht.
Er war vor kurzem arbeitslos geworden und musste vom ALG-II leben. Es war abzusehen, dass das erst vor kurzer Zeit fertig gebaute Haus verkauft werden müsste (was der Vater auf jeden Fall verhindern wollte), und es finanziell eng werden würde. Er hat mit der Agentur für Arbeit und der Zeitung gesprochen, was aber wohl zu keinem großen Ergebnis geführt hat. Danach brachte er sich um. Er hinterlässt vir Kinder, eine Frau, die Gewissheit, dass diese nun aus dem Haus ausziehen müssen und jede Menge Trauer und Verzweiflung.

Ich habe ja schon geschrieben, dass ich grundsätzlich jeden, der sich umbringen will, verstehen kann. Aber das hier hat meine Meinung etwas geändert.
War der Mann sich seiner Verantwortung nicht bewusst? So hat er es für die Hinterbliebenen tausendmal schwerer gemacht, und für seine Familie rein gar nichts erreicht.
In diesem Fall finde ich sein Verhalten tatsächlich feige und verantwortungslos. Besonders in solchen Situationen muss man durchhalten und eine vernünftige Lösung suchen.

Nils, er war sich seiner Verantwortung sehr wohl bewusst.
Er hat sich ja gerade dafür bestraft, weil er seine Verantwortung nicht erfüllen konnte.
Das ist ein ganz schlimmer Teil unserer Gesellschaft.
Nur Leistung zählt. Der Mensch ist unwichtig.
Abgesehen davon, dass die Angehörigen jetzt neben dem Schmerz des Verlustes auch materiell geschädigt sind, fragt sich doch jeder: Was hätte ich machen können um zu helfen.
So brutal es klingt: nichts hätte man machen können..
Denn für die Meisten unter uns zählt doch nur noch der Erfolg. Und der dann auch nur, wenn er in Mark und Pfennig (oder eben in Euro oder Cent) zu bewerten ist.
Den blöden Spruch: "Dafür kann ich mir auch nichts kaufen", kennt jeder von uns. Das ist meines Erachtens der Ausdruck für die Verschiebung der Werte.
Weg von Ideellen und Menschlichen zum Materiellen. Denn früher wurde dieser Spruch als Joke gebracht. Heute ist er bitter Ernst gemeint.
Auch dieser Mensch wollte Leben, aber in Ehren. er meinte sich bestrafen zu müssen. Er hat also nicht den Tod gesucht, sondern als Strafe angenommen. Er hat sich zum Tode verurteilt.

Ich halte diese Sichtweise für Krank. Für genauso krank, das Leben beenden zu wollen, weil man so nicht mehr leben will.
Doch über eine Krankheit urteile ich nicht, ich verdamme ja auch keinen wegen einer Darmentzündung oder eines Beinbruches.
Es ist einfach krank.
Und ich bin immer noch überzeugt, dass eine menschliche Gemeinschaft dem Mitmenschen helfen sollte, zu gesunden. Unabhängig, was es kostet. Denn was ist schon Geld, gegenüber einem Menschenleben.
Mag veraltet sein , dann bin ich eben in dieser Ansicht veraltet. doch ich ändere diese Einstellung nicht. Das wäre nämlich mit meiner ethischen Einstellung nicht verteinbar:boah:

C.G.B. Spender
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Mi 26. Okt 2005, 11:49 - Beitrag #50

Ladyslave, ich kann dir eigentlich nur zustimmen. Vor allem das mit den materiellen Werten, halte ich für sehr zutreffend.

Man darf auch nicht vergessen, dass die Gesellschaft die Armen braucht, damit sie den eigenen Status an ihnen definieren kann. Je ärmer die Armen sind, desto besser geht das. Man kann sich großzügig zeigen, in Spenden und damit umso mehr den eigenen Status hervorheben.

Teuflisch, diese lieben Menschen, nicht?

Eigentlich sind sie doch nicht so weit von der Affenbande im Urwald entfernt. Bevor man sich versieht, trampeln sie die Außenseiter tot, um sich daraufhin auf die Brust zu schlagen und in die Nacht zu brüllen, wie stark sie sind.


Zum Selbstmord dieses Familienvaters und zum Selbstmord allgemein fällt mir das Zitat eines Philosophen ein, (wobei ich mich leider nicht mehr an den Namen erinnern kann):

"Der Moment der Entscheidung ist Wahnsinn."

SenioraEscarnio
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Mo 31. Okt 2005, 13:27 - Beitrag #51

Räusper

Äh, ich weiß zwar, dass es kein so geschmeidiger Einstieg in ein neues Forum ist, als Besserwisserin aufzufallen, aber ich kann es jetzt doch nicht lassen. ;)

Das von Spender genannte Zitat stammt von dem Philosophen Soren Kierkegaard. :)

e-noon
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Mo 31. Okt 2005, 14:22 - Beitrag #52

Selbstmord halte ich nicht immer für legitim, auch wenn Legitimität für den Betroffenen keine Rolle spielen wird.
Ich halte ihn dann für legitim, wenn man sich tatsächlich in einer ausweglosen Situation befindet (wenn man eine sehr schwere Krankheit hat, unter der man starke Schmerzen leidet, wenn man weiß, dass man gefoltert würde), und dann für verständlich, wenn das Opfer in dem Moment krank ist (manisch depressiv, psychisch krank durch ständiges Mobbing + Einsamkeit + Stress zB.,). Außerdem ist es immer dann sinnvoll, wenn dadurch der eigene Nutzen (die Leidminimierung) genauso stark oder stärker ist als das dadurch verursachte Leid der Hinterbliebenen.

Das heißt,
ein einsamer, depressiver Mensch ohne nahe Verwandte/Freunde darf sich umbringen,
jemand, dem Folter oder ähnliches bevorstehen, darf sich umbringen,
oder jemand, dem sein Leben einfach nicht mehr gefällt, der aber nicht viele trauernde hinterlässt.

Niemand darf sich jedoch imo umbringen, der große Verantwortung trägt: Staatsoberhäupter in Krisen, in denen sie hilfreich sein könnten, Ärzte, die eine wichtige Op vor sich haben, generell Eltern (wenn keines der legitimierenden Merkmale auf sie zutrifft) und Menschen mit Angehörigen, bevor sie nicht versucht haben, bei jedem der ihnen verbundenen Menschen Hilfe zu suchen und damit gescheitert sind.

Dh. auch, niemand, den ich liebe, darf sich umbringen. Ich habe für diesen Fall zwar kaum angemessene Sanktionen, könnte aber bei einigen zB. damit drohen, dass ich dann nicht für sie beten oder gegen sie beten würde ;)
Jedenfalls würde ich (wenn ich davon erführe, was ich mir erwarte) alles versuchen, um zu helfen und den Selbstmord zu verhindern.

Als Zeichen besonderer Schwäche würde ich Selbstmord nicht bezeichnen. Man erweist sich damit zwar als zu schwach, den eigenen Zustand zu verbessern, aber andererseits als stark genug, schlimmere Zustände zu verhindern.
Konsequenterweise müsste man dann jedem Menschen Schwäche vorwerfen, weil er nicht in der Lage ist, seinen Zustand noch mehr zu verbessern (egal wie gut es einem geht, irgendwann ist ja einmal Schluss). Damit verliert der Begriff jedoch seine Besonderheit und es ist nicht mehr sinnvoll, ihn speziell im Zusammenhang mit Selbstmord zu verwenden. Man kann natürlich bei manchen Selbstmorden von ungewöhnlich großer Schwäche sprechen (wenn sich eine 18-jährige wegen einer 5 in Mathe umbringt etwa), aber nicht bei Selbstmord im Allgemeinen, denke ich.
Schwäche vorzuwerfen, weil man nicht alles ertragen will und nicht alles tut, um sich anzupassen und weiterzuleben, hieße in meinen Augen, Leben über Glück zu stellen, was ich nicht tun würde.

Stärke ist imo etwas in sich gutes (so wie das Glück in sich gut ist), also in jeden Fall erstrebenswert.

Hier fehlt imo die Gewichtung. Stellst du Stärke über Glück? Stellst du es gleich? Falls nicht (was ich eher für wahrscheinlich halte) kann man Stärke nicht als in jedem Fall erstrebenswert bezeichnen, weil sie nämlich genau dann, wenn sie glücksreduzierend bzw. leidsteigernd wirkt, nicht mehr erstrebenswert sein dürfte.

mathew
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Mo 31. Okt 2005, 14:31 - Beitrag #53

Verständnis für Suizid

Hallo,


@ e-noon



wie denkst Du dann über den Suizid von Hannelore Kohl im Juli 2001, wenn Du schon behauptest, bekannte Leute sollten das nicht tun??

Maurice
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Mo 31. Okt 2005, 14:32 - Beitrag #54

Glück ist für mich das höchste Gut. Es steht damit über der Stärke. Mir fällt aber spontan kein Fall ein, wo sich Stärke und Glück beißen.

Konsequenterweise müsste man dann jedem Menschen Schwäche vorwerfen, weil er nicht in der Lage ist, seinen Zustand noch mehr zu verbessern

Ein Mensch ohne jegliche Schwäche hätte uendlich viel Stärke und wäre damit allmächtig. Da das aber nicht möglich ist, ist ein Mensch immer ein Wesen mit Schwächen. Das spricht aber nicht dagegen, nicht Schwäche zu verringern und Stärke zu erhöhen.

@Dürfen: Du verwendest "dürfen" in diesem Zusammenhang als "sollen", oder?
Wie willst du den Leuten verbieten, sich umzubringen? Du wirst ja nur mit deinem eigenen Interesse argumentieren können und das wird wohl nur unwahrscheinlich jemanden interessieren, der sich umbringen will.

e-noon
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Mo 31. Okt 2005, 15:14 - Beitrag #55

Der erste Abschnitt ist ausschlaggebend, das weitere sind nur nähere Ausführungen und Erklärungen.

Zum Arzt: Wenn sein Leiden stark gemildert würde, bei der OP jedoch leicht ein anderer für ihn einspringen könnte, sollte er sich umbringen dürfen.
Wenn er der einzige ist, der diese OP durchführen kann (Spezialist auf dem Gebiet oder wai), sollte er auf jeden Fall bis nach der OP warten. Während der OP muss er sich ohnehin so stark konzentrieren, dass sein seelischer Schmerz wahrscheinlich nicht überwältigend ist, und nach der OP kann er sich ja immer noch umbringen (die paar Stunden...).

zum 2. Fall: Nur, wenn sein Leben ihm so wenig gefällt (so unerträglich ist), dass die Erleichterung durch den Wegfall negativer Emotionen (den Tod) das Leiden der Angehörigen aufwiegt. Wenn sich eh keiner für den Typ interessiert und er selber sein Leben auch nicht mag, kann er sich natürlich umbringen.

Niemand, den ich liebe, darf sich umbringen, weil momentan zumindest keiner der legitimierenden Gründe zutrifft. Keiner wird gefoltert, keiner hat so starke Schmerzen, dass sie erlauben würden, dass er/sie sich der Verantwortung entzieht und Schmerz hinterlässt, keiner ist dermaßen depressiv oder gestört, dass das sein Verhalten rechtfertigen würde. Ergo darf sich niemand umbringen. Wenn jemand, den ich liebe, sehr stark leidet, darf er sich natürlich umbringen. Wenn es keine Möglichkeit gibt, es mit starken Schmerzmitteln erst mal durchzustehen (dh. wenn man unheilbar krank ist zB.), ist es denke ich liebevoller, demjenigen dann einfach beizustehen.

@Maurice: Stärke und Glück beißen sich imo genau hier ;) Wenn jemand nur noch starke Schmerzen hat, dient es seinem Glück mehr, schwach genug zu sein, nicht um das Leben zu kämpfen, wenn er nicht gewinnen kann. Es mindert sein Leid, auf die 10 Tage permanenten Schmerzes, die er vielleicht noch hätte, zu verzichten.

Dürfen kann man nicht einfach mit sollen übersetzen; nicht jeder in der Situation SOLL sich umbringen ;) im Gegenteil, aber dann halte ich es für legitim. Natürlich kann ich wohl die wenigsten dazu bringen, sich an meiner Vorstellung von richtigem Verhalten zu orientieren, ich habe sie nur beschrieben ^^

@Schwäche: Warum sollte aber speziell Selbstmord Zeichen von Schwäche sein? Orientiert am Glücksbegriff kann es imo zuweilen auch ein Zeichen von Stärke sein, sich durch Selbstmord einer schlechteren Situation als dem Tod zu entziehen.

@Hannelore Kohl: Wann habe ich etwas über bekannte Leute gesagt? (kann meinen Beitrag grad nicht sehen^^). Leute, die eine (öffentliche, politische oder private) sehr verantwortungsträchtige Position innehaben, sollten sich nicht umbringen... Daniel Küblböck zum Beispiel darf gerne jederzeit das weite suchen. Es geht nicht um bekannt, sondern darum, ob Menschen mit ihrem Selbstmord anderen schaden.

e-noon
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Mo 31. Okt 2005, 16:31 - Beitrag #56

Ich gehe bei den Statements, die meine Familie betreffen, von deren momentanen Zuständen aus ^^
Der Rest ist meine allgemeine Meinung, wann ich einen Selbstmord für legitim halte und wann nicht. Da muss ich allgemein sprechen, weil ich ja nicht den jeweiligen Zustand des/der betroffenen kenne.

Wenn ich also Hannelore Kohls Selbstmord beurteilen soll, kann ich nur sagen, dass er legitim ist (da sie keine dringende Verantwortung hatte), wenn das Leid ihrer Angehörigen nicht größer war als ihres, wenn sie weitergelebt hätte.
Wenn ihr Schmerz groß genug war, war der Suizid legitim, ebenso wenn sie psychisch krank war. Wenn sie einfach keine Lust mehr hatte, sie damit aber viele sehr verletzt hat, war es nicht legitim.

LadysSlave
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Mo 31. Okt 2005, 17:21 - Beitrag #57

[quote="SenioraEscarnio"]Äh, ich weiß zwar, dass es kein so geschmeidiger Einstieg in ein neues Forum ist, als Besserwisserin aufzufallen, aber ich kann es jetzt doch nicht lassen. ]
Ist doch nicht besserwisserisch, ist eher ergänzend und da hat ganz sicher niemand was dagegen
@all
Ich habe mit Menschen gesprochen, die sich einmal umbringen wollten, dann aber später wieder ins Leben fanden.
Der erste Spruch war, ich hab damals keinen Ausweg gefunden.
Ja das ist es ,zu über 90% bei denen, die sich umbringen. Aber der Ausweg ist fast immer da.
Der Kranke (für mich ist Suizidalität einfach eine Krankheit) erkennt diesen Ausweg nicht.
Ihm fehlt in diesem Moment der Blick dafür. Es ist alles schrecklich und unerträglich.
Doch würde jeder, der dann sagt, mach doch, bring dich doch um, diesen Menschen wegen eines fehlenden Blickfeldes zum Tode verurteilen.
Da hätt ich Probleme mit.
Ich habe auch gesehen, wie Polizisten einen, der einem Suizidalen sagte: Spring doch. festnahmen. Und das war richtig! Das ist meine feste Überzeugung. Für mich gibt es kein höheres Gut, als das Leben eines Menschen, jedes Menschen!

C.G.B. Spender
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Mo 31. Okt 2005, 17:38 - Beitrag #58

Selbstmord ist eines dieser extremen Dinge, an denen man sieht, inwieweit Theorie und Praxis auseinander klaffen können. Vieles erscheint dem Betrachter von Außen als unlogisch, unvernünftig, als zu wenig begründet, usw., während der Selbstmörder einen anscheinend unumkehrbaren Entschluß gefaßt hat. Einen Entschluß, der mit Vernunft unter Umständen wenig gemein hat.

Ein Dankschön an Seniora, denn das Zitat von Soren Kierkegaard fiel mir gerade deswegen ein, und weil ich mich an eine Diskussion in einem anderen Forum bezüglich des Freitodes von Möllemann erinnert fühlte. Dort erwähnte jemand das Zitat im Bezug auf diesen bekannten Selbstmord. Möllemann verhinderte damit sicherlich einige tiefergehende Untersuchungen, die wohl auch seiner Familie geschadet hätten, vor allem aber der FDP, denke ich.

Trotzdem, egal wieviel Vernunft auch in der Überlegung liegen mag, durch Selbstmord Schlimmeres zu verhindern, man muß erst einmal den stärksten Urinstinkt überwinden, den es auf der Erde gibt: Den Instinkt überleben zu wollen. Geht das überhaupt anders, als durch eine Prise Wahnsinn? Der Wahnsinn, jenseits der verständlichen genetisch verankerten Norm, des unbedingten Überlebens, zu denken?

Desweiteren wird es ein wenig philosophisch, wenn man überlegt, dass sehr viele Entscheidungen durch eine Prise Wahnsinn zustande kommen. Ich kenne leider Soren Kierkegaard nicht gut genug, um den Hintergrund zu jener These, welche in diesem Aphorismus mündet, vollends zu verstehen. Eine Vermutung meinerseits: Viele Entscheidungen schließen Dinge aus, die auch gut sein können und Gutes verursachen können. Um alle Möglichkeiten zu erfahren, müßte man sich für beides entscheiden, aber da dies nicht geht, entscheidet man sich nur für eines. Die Entscheidung selbst ist jenseits der Vernunft, wenn alle Möglichkeiten als gleichwertig angesehen werden. Sind alle Möglichkeiten vor der Entscheidung gleichwertig, ist die Entscheidung willkürlich. Willkür ist eine Art Wahnsinn. Alle Möglichkeiten des Schicksals kennen zu wollen, oder sie für gleichwertig zu halten, wenn sie es nicht sind, ist allerdings auch etwas wahnsinnig. :D

Zudem soll Kierkegaard regelmäßig seine Zuhörer in den Wahnsinn getrieben haben... ;)

Es gibt zuviele Menschen auf der Erde...hatte ich das schon erwähnt?! :cool:


Über dürfen und nicht dürfen im Bezug auf Selbstmord nachzudenken ist sicherlich ethisch wichtig, irgendwie kommt es mir jedoch etwas vermessen vor. Jeder Fall ist anders, jeder Mensch, jedes Umfeld ist anders. Da allgemeine Regeln aufzustellen, ist sicher sehr schwierig.

Padreic
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Mo 31. Okt 2005, 18:22 - Beitrag #59

@LadySlave
für mich ist Suizidalität einfach eine Krankheit

Dem würde ich doch deutlich widersprechen. Ich halte es für fraglich genug, überhaupt einen Menschen geistig für krank zu erklären, aber wer gibt dir das Recht, eine Handlung an sich für krankhaft motiviert abzustempeln?
Ich halte es nicht wirklich für angebracht, den Selbstmörder aus finanziellem Ruin, der seiner Familie über die Lebensversicherung noch etwas Geld bringen will, den Familienvater aus dem Beispiel, den Selbstmörder, der sich dadurch der Folter entzieht und den Samurai, der Sepukku begeht, über einen Kamm zu scheren.
Es gibt Leute, die im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte Selbstmord begehen.

@e-noon
Man erweist sich damit zwar als zu schwach, den eigenen Zustand zu verbessern, aber andererseits als stark genug, schlimmere Zustände zu verhindern.

Ich finde es etwas schwer, utilitaristisch Glück, Leiden und Nichtsein zu vergleichen. Hieße das konsequent weitergedacht nicht auch, dass ich Leute, die ich für zu schwach zum Selbstmord halte, von ihrem Leiden erlösen darf bzw. sogar dazu verpflichtet bin?

e-noon
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Mo 31. Okt 2005, 19:20 - Beitrag #60

In einigen Fällen halte ich es tatsächlich für angebracht, im Sinne von Sterbehilfe den Menschen, die Leiden, aber keine Möglichkeit zum Selbstmord haben, das Leiden abzunehmen, sie zu töten.

Ebenso halte ich es für moralisch richtig, jemandem Gift zu geben, der an eine Wand gekettet auf die Folter wartet, wenn er damit einverstanden ist (bisschen weit hergeholt, aber imo ein gutes Beispiel). Andernfalls würde ich den Menschen ja der Folter ausliefern, was ich viel schlimmer fände als jemanden mit seinem Einverständnis zu töten.
Wenn für jemanden also Selbstmord die beste Lösung ist (und er das auch selbst finden und die oben genannten Kriterien da sind, dh. sein Tod für den Rest der Menschheit verwindbar wäre), er sich aber nicht umbringen kann, bin ich (konsequenterweise) moralisch verpflichtet, ihn zu töten. Wenn mir das nicht selber wieder mehr schadet als es ihm nützt.

Es muss aber immer die eigene Entscheidung sein. Und Leute, die zu viel Angst vor dem Selbstmord haben, stehen idR nicht unter einem genügend hohen Leidensdruck. Anders gesagt, solange man freiwillig lebt, kanns nicht so schlimm sein ^^

Das stimmt natürlich nicht ganz, bzw. das "so" müsste ziemlich viele "o"s bekommen damit es stimmt ;)

Allerdings verstehe ich nicht so ganz, wie du deine Frage mit meinem Zitat in Verbindung bringst?

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