Inzest

Erlebnisse und Erfahrungen aus den schönsten und den traurigsten Stunden des Lebens. Träume von der perfekten Liebe und ein Kummerkasten für ihr Scheitern.
Ipsissimus
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Mi 2. Nov 2005, 22:13 - Beitrag #1

Inzest

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,382269,00.html

was haltet ihr davon?

[font=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][size=-1][size=+1]Da hat es halt ausgehakt"
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Von [email="spon_panorama@spiegel.de"]Gisela Friedrichsen[/email]

Sex zwischen Bruder und Schwester wird in Deutschland bestraft. Nun steht ein Geschwisterpaar mit vier gemeinsamen Kindern erneut vor Gericht.
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Es ist verboten. Warum? Es ist eben so, überall. Fast überall. Bei den Ptolemäern - Kleopatra soll die Schwester ihres Ehemanns gewesen sein - und den alten Persern und den Griechen der Antike vor Solon sah man die Sache anders, verboten jedenfalls war die Geschwisterliebe nicht. Bei den Römern, die in den ersten zwei Jahrhunderten ihrer Herrschaft in Ägypten die Geschwisterehe noch erlaubten, ging später nichts mehr. Priester allerdings gerieten zunehmend in Verruf. Papst Johannes XII., der 963 abgesetzt wurde, soll es mit seiner Mutter und seinen Schwestern getrieben haben. Aber das war Sünde und Sittenverfall und Ausschweifung und hat nichts mit Patrick und Susan aus Zwenkau bei Leipzig zu tun.

Bei den meisten Völkern gilt Inzest seit je als abscheulich und oft auch als strafwürdig. In den Ländern allerdings, die dem aufklärerischen französischen Code Pénal folgten, ist Inzest heute straflos, so in Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Portugal, der Türkei, Japan, Argentinien, Brasilien und anderen lateinamerikanischen Staaten. Der italienische Codice Penale bestraft Inzest nur, wenn öffentliches Ärgernis entsteht.

Patrick und Susan aber sind ein deutsches Geschwisterpaar und dürfen daher nicht ungestraft miteinander schlafen. Der "Beischlaf zwischen Verwandten" (Paragraf 173 Strafgesetzbuch) wird hierzulande mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe belegt. Leibliche Geschwister müssen mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe rechnen. Straflos bleiben sie nur, solange sie nicht 18 sind (oder wenn es etwa Brüder miteinander tun, denn das ist nicht Beischlaf, sondern strafloser Analverkehr). Wer das zu verstehen versucht, scheitert.

"Blutschande" - allein das Wort ist so fürchterlich wie "Rassenschande" - ist ein Tabu, eines der allerletzten wahrscheinlich. Wie ist es entstanden? Keine Wissenschaft gibt überzeugende Antworten. Man weiß mittlerweile, dass Abscheu vor sexuellen Beziehungen Blutsverwandter nicht Instinkt ist, sondern als kulturelle Norm erlernt wird. Und man weiß seit Ödipus, der unwissentlich seinen Vater erschlug und die Mutter heiratete, dass die Weltliteratur über mehr als 2000 Jahre von dem düsteren Thema fasziniert ist, zu dem als heitere Variante die Verwirrspiele verliebter Paare gehören, die nicht wissen, dass sie Geschwister sind.

Patrick und Susan entstammen derselben Familie. Doch was heißt hier Familie? Der Vater soll die Mutter misshandelt und Patrick ein Messer an den Hals gehalten haben. Längst hat er sich verdrückt, ist nicht sesshaft. Keiner weiß, wo er ist.

Die Mutter gebar ein Kind nach dem anderen. Wie viele? "Achte waren es wohl", sagt Susans Tante, "keine Ahnung." Sven, der Älteste, ist tot, ebenso Johann. Nicole und Katja, gestorben offenbar an einem Herzfehler oder gleich nach der Geburt. Patrick, der jetzt 28 ist, kam zusammen mit Sven einst ins Kinderheim, weil die Mutter es nicht mehr schaffte mit den vielen Geburten. Nach drei oder vier Jahren kamen fremde Leute und holten Patrick. "Weil ich als kleiner Bengel ganz süß aussah, haben die gesagt, wir nehmen den und adoptieren ihn", erzählte Patrick dem Erfurter Journalisten Henry Bernhard, der ein Radiofeature über den Fall produzierte.

Patrick hat daher einen anderen Nachnamen als Susan, heute 21, und als Jan, der der Jüngste und ein Halbbruder ist. Dazwischen gab es noch den schwerbehinderten André, der an Heiligabend 1998 "an Schläuchen erstickt" sein soll.

Patrick wuchs als Einziger in geordneten Verhältnissen bei seinen kinderlosen Adoptiveltern in Potsdam auf. Mit 18 wollte der Junge zum Missfallen der Adoptivmutter wissen, wer seine leiblichen Eltern sind. Das Jugendamt teilte ihm mit, dass zumindest die Mutter noch lebt. Im Mai 2000 rief sie ihn an, er fuhr gleich zu ihr: "Da haben wir uns halt kennen gelernt, wieder, nach 20 Jahren."

Susan machte große Augen. Die Mutter hatte nie erzählt, dass es da noch einen großen Bruder gibt.

Für Susan war er ein Fremder, ein netter allerdings. Auch Patrick staunte: "Na, ich wusste am Anfang gar nicht, wer das ist. Dass du noch soundsoviele Geschwister hast, dass du 'ne Schwester hast, dass das dein Halbbruder ist." Er zieht dorthin, wo er meint, seine Wurzeln zu haben, "zu unserer richtigen Mutter".

Wenig später der Schock: Die Mutter stirbt, noch nicht mal 50 Jahre alt. "Ein halbes Jahr bloß hab ich Kontakt zu ihr gehabt", sagt Patrick. Was nun? Wie soll es weitergehen?

[/size][/font][font=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][size=-1] Patrick ist plötzlich eine Art Familienoberhaupt. Kein Geld, kein Beruf, Arbeit sowieso nicht, dazu die jüngeren Geschwister. Susan, damals 16, ein zartes, einfältiges Blümchen, macht keinen Schritt ohne ihn, den sieben Jahre älteren Bruder, auch wenn sie ihn kaum kennt. Er ist für sie der einzige Halt. Und sie wohl auch für ihn.

Mit dem Lesen und Schreiben hat sie es nicht, mit dem Verstehen noch viel weniger. An einer Fördermaßnahme der Agentur für Arbeit ("Jump plus") nahm sie nur sporadisch teil, gut gemeint, aber vergebens.

Susan und Patrick haben vier Kinder miteinander. 2001 kam Erik, dann 2003 Sahra, 2004 Nancy und 2005 Sofia. Er liebe Susan halt, sagte Patrick unbeholfen, als er erstmals vor Gericht stand. Der Rundfunkreporter Bernhard lockte mehr aus ihm heraus: "Anscheinend bin ich selber nervlich nicht klargekommen, und dann hat es irgendwo ausgehakt bei mir, dass es dann halt dazu gekommen ist. Weil ich halt selber nicht so direkt wusste, was ich da mache. Es ist ja, wie wenn jemand betrunken ist und am nächsten Morgen nicht mehr weiß, was Phase war. Ich wusste nicht, dass es strafbar ist. Ich wusste zwar, dass es verboten ist, dass man aber dafür ins Gefängnis muss, habe ich nicht gewusst." Er wollte, nachdem er seine Wurzeln gefunden hatte, auch Wurzeln schlagen.

2002 wurde er in Borna wegen 16 Fällen des Beischlafs mit seiner Schwester zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Da ihm kein Anwalt beigeordnet war, hatte er viel zu viel dahingeredet. Susan, noch nicht volljährig, blieb straffrei. Das Baby Erik kam in eine Pflegefamilie. Patrick: "Da wird dir irgendetwas aus dem Leben gerissen, was man halt irgendwo lieben tut. Das ist so, als wenn man einem ein Bein abhackt. So ist das."

Zwei Jahre und zwei weitere Kinder später standen Patrick und Susan 2004 erneut vor dem Bornaer Amtsgericht. Das Urteil brandmarkte ihn nun als besonders gewissenlos: "Nur am Anfang der sexuellen Beziehung zwischen dem Angeklagten und seiner Schwester achtete der Angeklagte auf die Verhütung mittels Kondomen. Als die Kondome ,ausgegangen' waren, vollzog er mit seiner Schwester stets den ungeschützten Geschlechtsverkehr." (Dabei kommt es dem Gesetzgeber darauf gar nicht an, der ungeschützte Verkehr ist nicht verbotener als der mit Kondomen.) Diesmal wurde die Strafe für Patrick - zehn Monate - nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt, weil er sich das erste Urteil ja nicht zur Warnung hatte dienen lassen.

Bei Susan wandte das Gericht Jugendstrafrecht an, "weil bei der Angeklagten zum Tatzeitpunkt erhebliche Retardierungen im sittlichen und geistigen Bereich vorlagen", und stellte sie für sechs Monate unter die Aufsicht eines Betreuungshelfers, "mit dem Ziel, die Angeklagte in ihrer Persönlichkeit zu stärken und gegenüber ihrem Bruder zu einer autarken Lebensweise anzuhalten". Schön gesagt, bravo. Kurz bevor Patrick die Haft antrat (und sich sterilisieren ließ), zeugte er Sofia.

Dieses letzte Kind durfte Susan auf Betreiben der Anwälte Joachim Frömling und Sven Kuhne behalten. Frömling: "Sie will nur eines - Mutter sein. Deshalb war es grundfalsch, ihr die Babys nach der Geburt gleich wegzunehmen. Dadurch wurde der Kinderwunsch ja nicht beseitigt, sondern sie wurde sofort wieder schwanger."

Zurzeit sitzt Patrick im Gefängnis. Am 10. November steht der dritte Prozess an, diesmal vor dem Amtsgericht Leipzig. Wegen Sofia. Die Verteidiger machen sich und ihren Mandanten nichts vor.

Es ist ein Extremfall, der nicht besorgen lässt, dass in jeder zweiten Familie Ähnliches geschieht. Denn Geschwister, die zusammen aufwachsen, haben in der Regel keinerlei sexuelles Interesse aneinander. Verfolgt man die Kommentierung des Paragrafen 173, stößt man auf allerlei Merkwürdigkeiten. Im Leipziger Kommentar bezweifelt Karlhans Dippel, "was eigentlich die Strafvorschrift rechtfertigt", und plädiert dafür, sie zu streichen. Bei Tröndle/Fischer heißt es: "Eine Legitimation der Strafdrohung fällt schwer." Vor allem die Frage, welches Rechtsgut durch die Vorschrift eigentlich geschützt werden soll, plagt fast alle Kommentatoren.

Sex zwischen Bruder und Schwester mag der eine für unmoralisch, degoutant oder unappetitlich halten. Der andere stößt sich an Partnertausch oder Sodomie oder einer anderen Geschmacksverirrung. Homosexualität, auch mal ein Tabu und bis 1969 noch mit Strafe belegt, ist längst gesellschaftsfähig.

Selbst die im Volksglauben wurzelnde Furcht vor genetisch-biologischer Schädigung der Nachkommenschaft hat die naturwissenschaftliche Forschung schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts relativiert. Einen Beweis dafür, dass Inzest-Kinder von Eltern, deren Erbanlagen gesund sind, kränker seien oder eher geistig behindert als Kinder Nicht-Verwandter, gibt es nicht. Zwei der Kinder von Patrick und Susan sind völlig gesund, eines ist in der Entwicklung noch etwas hintendran. Der Erstgeborene soll an Epilepsie leiden. Doch ob das daran liegt, dass seine Eltern Geschwister sind, oder ob das Kind dessen ungeachtet an Epilepsie leidet, steht dahin.

Am deutlichsten wird der große Rechtslehrer Claus Roxin: "Der ,Verwandtenbeischlaf' verstößt zwar gegen ein in unserem Kulturkreis seit unvordenklichen Zeiten überliefertes Tabu, aber wer oder was dadurch geschädigt wird, ist unklar." Ehebrecherisches Verhalten, so Roxin, könne ebenso familienzerstörende Wirkung haben wie Inzest und sei doch nicht strafbar. Auch der Hinweis auf mögliche Erbschädigungen liefere kein tragfähiges Argument, da "ein solches Kind im Regelfall genetisch nicht geschädigt ist und weil die Verhinderung erbkranken Nachwuchses auch im Übrigen von unserer Rechtsordnung nicht mit strafrechtlichen Mitteln erstrebt wird".

Wie ist das Problem Patricks und Susans also zu lösen? Gewiss nicht durch eine starre Haltung von Amtsrichtern, denen der Mut fehlt, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. "Die große Liebe", sagt Verteidiger Frömling, "ist es wohl nicht. Mit Hilfe lässt sich vermutlich was erreichen, aber gewiss nicht mit Strafe."[/size][/font]

Lykurg
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Mi 2. Nov 2005, 23:40 - Beitrag #2

Hmm... sehr interessant, daß die Annahmen über verstärkt auftretende genetische Fehlbildungen dem Artikel zufolge falsch sind. Ich dachte, dafür gäbe es genügend Beispiele (etwa die Bluterkrankheit unter den Nachkommen von Königin Victoria, die mW zum Teil mehrfach verwandt waren). Ich fand es auch eigentlich ganz einleuchtend, daß etwa rezessive Erbkrankheiten dadurch verstärkt werden. Haben wir irgendwelche Biologen hier?

Einen offenen Widerspruch sehe ich zwischen[size=-1]
[/size][size=-1]Man weiß mittlerweile, dass Abscheu vor sexuellen Beziehungen Blutsverwandter nicht Instinkt ist, sondern als kulturelle Norm erlernt wird.
[/size][size=-1]und[/size]
[size=-1]Denn Geschwister, die zusammen aufwachsen, haben in der Regel keinerlei sexuelles Interesse aneinander.
[/size][size=-1] - ich habe irgendwo mal gehört, daß bei Menschen, die sich im Alter von unter 3 (oder 5?) Jahren kennengelernt haben[/size], ein sexuelles Desinteresse programmiert ist - als Selbstschutzmaßnahme der Natur, um die genetische Streuung zu erhöhen. Ich erinnere dunkel, daß das sogar in Einzelfällen wegen der fürstlichen Kinderheiraten des Mittelalters ein Problem war.

Ansonsten: Kinder braucht das Land... aber wenn wir annehmen, daß Inzestkinder meist in so degenerierten, verwahrlosten Zuständen gezeugt werden und aufwachsen, ist das Verbot dieser Beziehungen mE gesellschaftlich sinnvoll.

Ipsissimus
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Do 3. Nov 2005, 00:25 - Beitrag #3

was mich besonders interessierte daran: daß der Bruch des Inzest-Tabus in einer erklecklichen Anzahl von Ländern - europäischen Ländern, und sogar Italien - gar nicht mit Strafandrohung versehen ist ...

aleanjre
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Do 3. Nov 2005, 01:58 - Beitrag #4

Bin zwar kein Biologe, aber:
Die Betonung liegt hier auf "gesunde" Elternteile.
Nehmen wir an, die Mutter hat eine starke Heuschnupfenallergie, der Vater eine Disposition für Prostatakrebs. Die Kinder erben also eine 25% Gefahr für Allergieneigung und männliche Nachkommen ebenfalls eine erhöhte Neigung zu Prostatakrebs.
Nun kommen die Geschwister zusammen und zeugen eigene Kinder. Die Allergieneigung würde sich auf imho 33 % erhöhen, ein männliches Kind hätte eine wesentlich höhere Krebsgefahr.
Alles gut erträglich. Wenn die Krebsneigung des Großvaters nun von dessem Vater stammen würde, und ein Sohn des inzestuösem Geschwisterpaares sich eine Cousine angelt, die aus dieser väterlichen Linie stammt, dann wird's langsam kritisch!

Problematisch wird Inzest also nur über mehrere Generationen, wie man es in Dorfgemeinschaften, die völlig von der Außenwelt abgeschnitten sind, früher leicht beobachten konnte. In heutigen Zeiten kommt das in unseren Breiten kaum noch vor. Man hat zwar festgestellt, dass die meisten Menschen in ihrer Geburtsheimat verwurzelt sind und sich Partner suchen, die aus 30 km im Umkreis stammen, aber mit steigender Mobilität löst sich das immer mehr auf.

In diesem speziellen Fall:
Die Richter sollte man klatschen! Es schreit doch förmlich zwischen den Zeilen, das hier Psychiater und nicht Gefängniswärter gefragt sind! Egal, was die von der Liebe der Pflegeeltern des jungen Mannes schreiben, sooo weit kann es damit nicht hergewesen sein! Würde er sonst zu einer Mutter zurückziehen, die ihm nie eine Mutter gewesen ist, weder ihn noch seine Geschwister beschützt hat?

Ganz allgemein: Ich lehne Inzest genauso ab wie Sodomie, denke aber auch, dass dies kulturell gewachsene Gründe hat. Gefängnis oder Geldbußen halte ich allerdings für Unsinn. Man sollte flexibler im Einzelfall entscheiden, ob es sich um krankhafte Auswüchse handelt (welcher normal gesunde Mensch wünscht sich eine sex. Beziehung zu beispielweise seiner Mutter/Vater?) oder um ein Verwirrungsdrama der Unwissenheit (als Kinder getrennt, warum auch immer). Im letzteren Fall sollte es keine Strafen geben.

janw
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Do 3. Nov 2005, 02:11 - Beitrag #5

Hier Biologe-online, Ihre Frage? *g*

Also, es ist ein sehr verbreitetes Phänomen bei sehr vielen Lebewesen praktisch aller Gruppen, daß Fortpflanzung zwischen nahen Verwandten mit allen erdenklichen Tricks verhindert wird. Seien es genetisch programmierte Verhaltensmuster beim Erkennen eines nahen Verwandten, chemische Substanzen, die genetisch verwandte Keimzellen aufhalten,...

Den Grund dafür bekommt man täglich zu sehen, wenn man sich mit seltenen Arten in isolierten Lebensräumen beschäftigt, kurz gesagt, die Individuen der Populationen, bei denen verbreitet Inzucht stattfindet, sind weniger vital, produzieren weniger keimfähige Samen oder weniger lebensfähige Nachkommen und sind genetisch einheitlicher als Populationen mit größerem Austausch mit Nachbarpopulationen. Genetische Einheitlichkeit ist insofern problematisch, als solche Populationen weniger flexibel auf Umweltveränderungen reagieren können.
Diese Prozesse finden schleichend statt, innerhalb weniger Generationen, und es geht dabei nichtmal um große genetische Defekte, die gefördert werden. Diese Problematik kommt hinzu, beim Menschen die Bluterkrankheit zum Beispiel.
Letztlich sind wir Menschen auch nur eine Art, die biologischen Gesetzen gehorcht, und so haben auch wir genetisch festgelegte Mechanismen, die einer Paarung von Nahe Verwandten nicht förderlich sind, sei dies, daß bei der Partnersuche Menschen mit unähnlichen Gesichtszügen bevorzugt werden, das gemeinsame Aufwachsen späteren Paarbildungen entgegen wirkt, chemische Mechanismen usw.

So gesehen, wenn man im Sinne einer "Volksgesundheit" regulativ tätig werden will als Staat, dann verhindere man weiter das, was man "Inzest" nennt.
Viele Völker haben die Geschwisterliebe tabuisiert, oder doch Mechanismen gesucht, mit ihren Folgen fertig zu werden. Indiostämme haben, so habe ich mal gelesen, Nachbarstämme überfallen, um deren Mädchen zu rauben. Denkbar, daß auch die Griechen und die Perser ähnliches trieben.

Vor dem biologischen Hintergrund ist Geschwisterliebe nicht harmlos zu nennen. Und man muß klar sehen, daß im Falle von Nachwuchs, dieser ein Risiko einer Schädigung hat, das Risiko, damit leben zu müssen. Allerdings frage ich mich auch, ob die Strafbewehrung nicht ein wenig zu weit geht, ob nicht eher Aufklärung not täte.
Interessant ist es schon, daß eine Reihe von Ländern, die einem liberalen Rechtscode folgen, den Inzest straflos stellen. Rechtlich erwähnen aber schon, oder nicht?
Die in dem Fall dargestellte Praxis ist in jedem Falle fragwürdig, denn die ihren Eltern entzogenen Kinder erleiden dadurch selber Schaden.
Ein Fall für Karlsruhe vielleicht, oder den Europäischen Gerichtshof.

Noriko
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Do 3. Nov 2005, 02:56 - Beitrag #6

Jan hat den Nagel auf den Kopf getroffen (hatte ja immerhin Bio-LK, stammbaumanalyse, juhu ^^)
Aufklärerisch sollte imho Geschwisterliebe enttabuisiert werden, "jeder soll nach seienr eigenen facon leben" jedoch sind Kinder aus solchen beziehungen einduetig Biologisch unsinnvoll (üble fprmuleirung, ich weis) aufgrund genannter Risiken, das Problem ist also nicht die Liebe ansich, sondern die Wünsche die daraus enstethen.

Feuerkopf
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Do 3. Nov 2005, 08:29 - Beitrag #7

Interessantes Thema. Spontan haben sich mir sämtliche Nackenhaare gesträubt, vor allem, als ich las, wie schlicht das betroffene Mädchen ist. Das alles klingt mir mehr nach sexuellem Missbrauch als nach bewusstem, dramatischem Inzest.

Das Verbot, Sex mit nahen Angehörigen zu haben, ist bestimmt nicht aus verquasten Moralgründen entstanden, sondern aus alltäglicher Erfahrung. In Eritrea z. B. dürfen die koptischen Christen niemanden heiraten, der weniger als 6 Verwandtschaftstufen von ihnen entfernt ist. Dort kennt jeder genau seinen Stammbaum, damit es nicht vorkommt.

Jans Erklärung scheint mir ein plausibler wissenschaftlicher Grund zu sein. Es ist im Sinne der Vielfalt und des gesunden Erbgutes einfach nicht wünschenswert, zu nah verwandt zu sein. Selbst bei hierzulande erlaubten Ehen unter Cousins/Cousinen wird geraten, sich auf Erbkrankheiten untersuchen zu lassen.

Der moralische Aspekt ist nochmal ein anderer. Es könnten sehr gut Abhängigkeiten innerhalb einer Familie genutzt werden, um Beziehungen zu erzwingen. Die raren Fälle, in denen sich Geschwister in einander verliebten, die getrennt aufwuchsen, klammere ich mal aus, weil sie für mich auf der Ebene "normaler" Beziehungen sind.

Maurice
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Fr 4. Nov 2005, 12:55 - Beitrag #8

Ich finde es sollte wie immer der Grundsatz gelten: Solange es niemand anderen schadet, kann jemand machen, was er will.
Solange also Bruder und Schwester keine kranken Kinder zeugen, die mir als Steuerzahler auf der Tasche liegen, können die beiden privat im Bett machen, was sie wollen. Was spielt es denn auch für eine Rolle?
Daraus folgt für mich, dass ungezwungener Sex unter Verwandten auf jeden Fall straffrei sein sollte, solange keine Kinder gezeugt werden. Imo steht nur letzteres zur Diskussion.

So gesehen, wenn man im Sinne einer "Volksgesundheit" regulativ tätig werden will als Staat, dann verhindere man weiter das, was man "Inzest" nennt.

Das halte ich für das einzige schlagkräftige Argument gegen Inzest. Ich sehe bei dieser Argumentation aber folgendes Problem: Wenn nun Bruder und Schwester gesetzlich keine Kinder zeugen dürfen, weil ein erhöhtes Risiko auf Erbkrankheiten besteht, dann müsste man jedem Paar verbieten kinder zu zeugen, wo eine solche Gefahr besteht. Ist eine solche Einschränkung also nun sinnvoll oder nicht? Auf der einen Seite sind gesunde Menschen besser für eine Gesellschaft, als kranke. Auf der einen Seite würde es die Rechte mancher Individuen deutlich einschränken. Und wenn man nun Risko-Paaren verbieten wollen würde, Kinder zu zeugen, ab wann ist ein Paar ein Risikofall?

Maglor
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Fr 4. Nov 2005, 14:38 - Beitrag #9

Inzest unter Menschen war und ist zu allen Seiten tabuisiert. In Ägypten war der inzest Privileg oder besser Pflicht der Pharaonen. Und angemerkt sei, die Pharaonen sind quasi Götter und Inzest unter Göttern war bei den meisten Religionen Praxis.
Inzest-Schäden sind nachgewiesen. Die Verbreitung der Bluter-Krankheit im europäischen Adel wurde ja schon genannt, ähnliches fand sich auch beim Echnaton-Klan in Ägypten. Interessant ist an dieser Stelle natürlich der Zusammenhang zwischen schleichenden Inzest-Schäden und Machtverlust. Man betrachte hier die Romanows; die Krankheit des Zarewitsch war für ihre Ende nicht unbedeutend.
Als langjähriger Geflügelzüchter muss ich das negative Urteil über Inzest bestätigen. Durch langjährige Linienzucht schleichen sich erbliche Schwächen. Verpaart man nun zwei Tiere unterschiedliche Rasse, so erhält man einen leistungsstarken Hybriden. Solche Hybriden bilden das Gros der lanfwirtschaftlichen Nutztiere! Sind sind größer, stärker, leistungsfähiger....
Was eine Strafverfolgung des Inzest anbetrifft, so halte ich sie für unangepassen. Therapeutischer Behandlungen gebe ich eindeutig den Vorzug. Auch wenn Italien den Inzest nicht weiter verfolgt, so ist es dort auch nicht zur allgemeinen Geschwisterliebe gekommen.
Aber wenn man Inzest erlaubt, warum nur unter Geschwistern. Warum nicht auch Väter mit Töchter und Mütter mit Söhnen?
Wie gesagt Inzest ist keineswegs nur eine weitere harmlose Spielart der Sexualität. Sie schadet den aus ihr entstandenen Kindern und ist auch unter Umständen für den Liebespartner gefährlich.

MfG Maglor :rolleyes:

e-noon
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Fr 4. Nov 2005, 16:05 - Beitrag #10

Iirc habe ich diesen Fall letztens auch im Fernsehen gesehen. Mir kam nicht nur die Frau, sondern auch ihr Bruder leicht zurückgeblieben vor, womit bei diesem Fall noch die Frage hinzukommt, inwieweit sie überhaupt in der Lage sind, für ihre Kinder zu sorgen.
Mit der Sterilisation hat imo der Bruder das Problem schon gelöst, denn anscheinend gibt es außer einigen Moralvorstellungen keine anderen Gründe gegen diese Form des Inzest als die Gesundheitsgefährdung der Nachkommen.
Wenn also beide bereit sind, zu verhüten (und beide auch deutlich reif sind, also nicht 14 und 16, 15 und 17...), sollte auch einer solchen Beziehung nichts im Wege stehen. Es wird schon nicht ausarten, denn es ist einfach kein hohes Interesse an Inzest vorhanden, denke ich.

Bei anderen Formen des Inzest würde ich aber weiterhin auf einem Verbot bestehen, nämlich was Eltern/Kinder angeht. Das hieße eigentlich, jedem perversen und rücksichtlosen Vater Tür und Tor zu öffnen, was sicher nicht in irgendjemandes Sinne ist.

Ist tatsächlich auch diese Art des Inzest in Italien usw straffrei!?

Ipsissimus
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Fr 4. Nov 2005, 16:54 - Beitrag #11

Maglor, das würde bestenfalls gegen institutionalisierten Inzest sprechen, und diesbezüglich stimme ich dir zu.
Hühnchenzucht und Fortpflanzungspraktiken des Adels zwecks Sicherung der familiären Macht haben allerdings recht wenig mit dem möglichen Empfinden 2er erwachsener Menschen füreinander zu tun; und der Umstand, daß Inzest schon seid Ewigkeiten tabuisiert ist, läßt mich wiederum völlig kalt.

Sicher werfen inzestöse Verbindungen zwischen Geschwistern besondere ethische Probleme auf - es werden allerdings gesellschaftsweit Sachverhalte nicht nur geduldet, sondern gefordert, die wesentlich größere ethische moralische Probleme bergen.

Feuerkopf
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Fr 4. Nov 2005, 20:00 - Beitrag #12

Mir ist wichtig, dass der Aspekt der sexuellen Selbstbestimmung nicht vergessen wird.
Inzest finde ich wegen der familiären Abhängigkeiten problematisch.

e-noon,
ich dehne den Missbraucher-Aspekt ganz bewusst auch auf Schwestern und Mütter aus. Frauen sind wahrhaftig keine Engel und diese Form des Inzest ist ungleich schlimmer tabuisiert als jener, der von männlichen Familienmitgliedern ausgeht.

janw
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Fr 4. Nov 2005, 22:13 - Beitrag #13

Maurice, Gendefekte für richtige Erbkrankheiten (Bluter,...) sind relativ selten, und die Träger wissen im allgemeinen darüber bescheid und über die damit verbundenen Risiken.
Das wirkliche Problem bei verwandtschaftlichen sexuellen Beziehungen sind kleine Gendefekte, die von den Eltern auf die Kinder weitergegeben worden und für sich genommen harmlos sind. Sie summieren sich in der nächsten Generation und können dann gefährlich werden.
Was die Erbkrankheiten betrifft, ist es besser, und auch erheblich wirkungsvoller, an die Verantwortung jedes potentiellen Anlagenträgers zu appellieren, indem man darüber aufklärt, als hier mit strafbewehrten Regeln zu agieren. Letztlich ist die genetische Selbstbestimmung ein Recht jedes Einzelnen, das nicht mal so eben durch staatliche Regelungen gebrochen werden darf.

Beziehungen zwischen Eltern und Kindern halte ich für sehr gefährlich, weil sie ganz erheblich in die Entwicklung der Kinder eingreifen.
Es gehört zur Persönlichkeitsentwicklung eines jungen Menschen, Distanz zu den Eltern zu gewinnen. Nur in der achtungsvollen Distanz zu den Eltern kann auch achtungsvolle Nähe zu sich selbst wachsen, so gesagt...
Für beide Seiten nicht einfach, sowohl los zu lassen, Vertrauen in sich selbst zu finden als auch auf eine Weise liebevoll verbunden zu bleiben.
Sexuelle Beziehungen stören dies aber erheblich.

Maurice
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Sa 5. Nov 2005, 14:08 - Beitrag #14

Damit ich nicht von jemanden missverstanden werde, sage ich nochmal explizit, dass sich meine Ausfürung nur auf Sex zwischen Geschwistern bezog. Ich hatte das vorausgesetzt, weil es ursprünglich auch nur darum ging.
Sex zwischen Eltern und Kindern halte aus den von anderen genannten Gründen für generell schlecht.

C.G.B. Spender
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Sa 5. Nov 2005, 14:46 - Beitrag #15

Zitat von janw:Beziehungen zwischen Eltern und Kindern halte ich für sehr gefährlich, weil sie ganz erheblich in die Entwicklung der Kinder eingreifen.
Es gehört zur Persönlichkeitsentwicklung eines jungen Menschen, Distanz zu den Eltern zu gewinnen. Nur in der achtungsvollen Distanz zu den Eltern kann auch achtungsvolle Nähe zu sich selbst wachsen, so gesagt...
Für beide Seiten nicht einfach, sowohl los zu lassen, Vertrauen in sich selbst zu finden als auch auf eine Weise liebevoll verbunden zu bleiben.
Sexuelle Beziehungen stören dies aber erheblich.
Jan, ich merke dich vor, als Derjenige, der die größte Untertreibung des Jahres 2005 fabriziert hat.

Im Bezug auf sexuellen Mißbrauch, und dies ist eine jegliche sexuelle Beziehung zwischen Eltern und Kindern, solltet ihr euch vielleicht einmal fragen, was passiert, wenn die Seele eines Menschen Liebe mit Zerstörung verbindet. Das Hass und Liebe manchmal nahe beieinander liegen können, ist bekannt, aber was passiert, wenn es ein und dasselbe ist?

Möglicherweise wird diese mißbrauchte Person vieles oder alles von den Geschehnissen verdrängen und bei engen körperlichen Kontakten im späteren Leben, auf eine für den Partner unerklärliche Weise, ausrasten. Sexueller Mißbrauch kann einen Menschen in den schlimmsten Fällen zu einem Psychopathen machen, oder anderweitig auf gravierenste und oft unumkehrbare Weise seelisch zerstören.

Das Obige meine ich im Bezug auf sexuelle "Beziehungen" zwischen Kindern und Erwachsenen.

Sexuelle Beziehungen zwischen Geschwistern halte ich ebenfalls für sehr problematisch, selbst wenn die Teilhaber an dieser Beziehung gleichaltrig sind und somit ungefähr auf dem gleichen geistigen Stand. Die Probleme sind hierbei sicher nicht nur die Tabuisierung durch die Gesellschaft und somit unter Umständen fortwährende Schuldgefühle, sondern auch die Folgen bei einer Schwangerschaft, wie schon angesprochen.

Klar ist auch, dass im Allgemeinen jede Beziehung anders zu beurteilen ist, somit auch Beziehungen, die von der Gesellschaft tabuisiert werden. Das Alter ist selten alleine ein Zeichen für geistige oder seelische Reife.

e-noon
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Sa 5. Nov 2005, 15:23 - Beitrag #16

@Feuerkopf: Ich habe Mütter da gar nicht ausgeschlossen, "Eltern/Kinder" statt "Väter/Töchter" geschrieben. Dass ich als Beispiel den perversen Vater genannt habe, liegt daran, dass ich von solchen Fällen sehr viel öfter höre als den Fall des (sexuellen) Missbrauchs durch die Mutter.

Schwestern/Brüder sollte ab einem gewissen Alter erlaubt sein, bzw. wie in diesem Fall ab einer gewissen geistigen Reife. Hier in diesem Fall scheint es sich jedoch um die beste Lösung zu handeln, denn außer ihrem Bruder kümmert sich anscheinend niemand ernsthaft um die Frau.

janw
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Sa 5. Nov 2005, 16:00 - Beitrag #17

Spender, Du kennst doch meine diplomatische Ader ;)

Du hast recht, und Maurice habe ich explizit auch so verstanden, wie er es nochmal betont hat.

Lykurg
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Sa 5. Nov 2005, 16:48 - Beitrag #18

Zitat von e-noon:Hier in diesem Fall scheint es sich jedoch um die beste Lösung zu handeln, denn außer ihrem Bruder kümmert sich anscheinend niemand ernsthaft um die Frau.
Wie bitte? Sicher wirkt das, was man aus dem Artikel über ihre Lebensverhältnisse erfährt, bedrückend, und die Rolle einer geistig Zurückgebliebenen in unserer Gesellschaft ist schwierig. Aber 'die beste Lösung' wäre mE ein Mann für sie, der sie und den sie 'aus freiem Willen' liebt, nicht, weil er und sie mehr oder weniger das einzige sind, was sie auf der Welt haben, sondern weil sie sich gefunden haben. Wie auch immer, jedenfalls ist es mit meinen Vorstellungen unvereinbar, daß eine Frau sich nur als Mutter verstehen will, völlig hilflos und willenlos vor sich hin lebt und noch nicht einmal durch Liebe ein noch so kleines bißchen Selbständigkeit beweist. Man kann die Beziehung der beiden auch als vollkommenes Scheitern begreifen, Scheitern an und in der Gesellschaft, in die sie keinen Weg gefunden haben.

Übrigens: Auch etwa beim Verhältnis zur Arbeit, dem Interesse an Bildung etc. ist ja hinreichend bekannt, daß das Beispiel der Eltern eine entscheidende Vorbildfunktion für die Kinder hat. Ich nehme also an, daß die Wahrscheinlichkeit, daß die Kinder einer Beziehung, die ein Scheitern manifestiert, sich wieder inzestuös verhalten, ziemlich groß ist. Und damit sind die biologischen Schäden vorprogrammiert.

janw
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Sa 5. Nov 2005, 18:27 - Beitrag #19

Be-Ziehung im Wortsinne...

Es mag sicher für die Frau gut sein, daß er sich überhaupt um sie kümmert.
Aber von ihm, denn doch halbwegs geordnet aufgewachsen, sollte man schon erwarten, daß er sich seiner Verantwortung bewußt ist. Zumindest nach der ersten Gerichtsverhandlung hätte soetwas einsetzen müssen.
Verantwortung in dem Sinne, für die noch nicht mal volljährige Schwester da zu sein und ihr wenigstens zu mindester Fähigkeit zur Selbständigkeit und Beziehungsfähigkeit zu verhelfen. Auch in dem Sinne, ggf. seine eigenen Grenzen hierbei zu erkennen und sich um Hilfe zu bemühen.

Für die Zeit nach dem Tod der Mutter kann man sicher auch für ihn soetwas wie einen geistigen Ausnahmezustand annehmen, vielleicht bis zur ersten Gerichtsverhandlung.
Deren Urteil halte ich indes für zwar sachlich gerechtfertigt, aber juristisch zweifelhaft. Es widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien, wenn Angeklagten kein Anwalt an die Seite gestellt wird, wie aus dem Artikel hervorgeht.
Auch hätte die psychische Situation als strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
Im Falle nachgewiesener geistiger Zurückgebliebenheit sogar auch in den Folgeprozessen.

Insofern, auch ein Fall des Versagens des Rechtsstaats.

Maglor
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Di 8. Nov 2005, 18:09 - Beitrag #20

Zitat von janw:Gendefekte für richtige Erbkrankheiten (Bluter,...) sind relativ selten, und die Träger wissen im allgemeinen darüber bescheid und über die damit verbundenen Risiken.
Das wirkliche Problem bei verwandtschaftlichen sexuellen Beziehungen sind kleine Gendefekte, die von den Eltern auf die Kinder weitergegeben worden und für sich genommen harmlos sind. Sie summieren sich in der nächsten Generation und können dann gefährlich werden.

Und eben diese kleineren rezessiven Gen-Deffekte haben den Effekt einer geringfügig verkürzten Lebenserwartung und einer geringfügig beeinträchtigten Gesundheit.

Was sexuelle Selbstbestimmung betrifft, so zweifle ich daran, dass diese unter Geschwister gegeben ist. Geschwister sind einander keineswegs ebenbürtig, allein schon des Alters wegen. (Oh, welch merkwürdiger Schein-Wiederspruch...)
MfG Maglor

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