Ver-rückte Worte.....?

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Aydee
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Fr 4. Nov 2005, 10:29 - Beitrag #1

Ver-rückte Worte.....?

(das schwirrt mir schon seit Montag im Kopf herum, aber dann brach der Arbeitsstress über mich herein ;-)) und ich vergass all die Worte, die ich hier rein bringen wollte :-( Aber vielleicht fallen euch ja auch welche ein :-))


ver-lieben
- so wie verirren, verlaufen...? "Ich habe mich verliebt" - "Oh, tut mir leid, pass das nächste mal einfach besser auf" ;-)

ent-täuschen
- dieses finde ich besonders interessant, weil: "Du hast mich enttäuscht" - "Gern geschehen"



OT:
Wofür steht eigentlich die Vorsilbe "ver-..."?
Und in welches Forum gehört so ein thread....? :-(

Edit. **ge-googlet**
Die Vorsilbe "ver-" impliziert:
• Betonung der Handlung: schlecht - verschlechtern
• Extrem der semantischen Bedeutung: klingen - verklingen
• Abweichung zum Negativen: lesen - verlesen

Feuerkopf
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Fr 4. Nov 2005, 10:45 - Beitrag #2

Da hab ich mir doch gleich mal mein Herkunftswörterbuch (Duden) geschnappt und bin zumindest für die Vorsilbe "ent-" fündig geworden.

ent..., Ent...:

Die Vorsilbe mhd. ent-, ahd. int bezeichnet Gegensatz oder Trennung und steht vor Verben und Ableiungen aus Verben (z. B. führen- entführen- Entführung);
sie ist das Gegenstück zu dem betonten ant- der nominalen Zus., von dem sie sich als stets unbetonte Partikel lautlich geschieden hat.
Voraus liegt germ. *and[a]- "entgegen; von etwas weg".
Der Begriff des Trennens hat sich aus dem des Dagegenwirkens entwickelt.

Nicht hierzu gehören Wörter wie entbehren, entgegen, entlang, entzwei und Verben des Beginnens wie entflammen, entstehen: bei ihnen hat sich altes in- mit ent-, int- vermischt, deren -t- im Ahd. und Mhd. oft abfiel, wie umgekehrt -t- als Gleitlaut an in-, ent- antreten konnte.
Vor f ist ent- zu emp- angeglichen worden, s. empfangen, empfehlen, empfinden.


Mit der Vorsilbe "ver-" ist es etwas komplizierter. Sie hat gotische und indogermanische Wurzeln und auch unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen.
Ich fand eine Kurzdefinition, dass "ver-" meisten eine Modifikation des Grundverbs bildet, und zwar grammatisch/semantisch oder stilistisch/pragmatisch. So würde sich auch "ver-lieben" erklären, das nur eine Variante von "lieben" beschreibt.

Aydee
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Fr 4. Nov 2005, 11:10 - Beitrag #3

merk-würdig hat mir grad ein Freund zugeflüstert.

LadysSlave
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Fr 4. Nov 2005, 11:12 - Beitrag #4

Dennoch finde ich Wortspiele äusserst amüsant.
Hab damit schon manchen in der Firma ins zweifeln gebracht.
Weshalb sie doch ruhig weiter mit den Worten Spilelen soll, vielleicht wird sie ja mal eine große Wortspielerin draus, ähnlich wie Günter Grass uns Marcel Reich-Ranici, die auch mit Wortspielen anfingen und dabei einen engeren Kontakt zum geschriebenen Wort aufbauten:boah:

Feuerkopf
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Fr 4. Nov 2005, 11:17 - Beitrag #5

*Schlaupissmodus an*
merk-würdig ist ein Kompositum aus "merken" und "würdig".
Es stammt aus dem 17. Jahrhundert und bedeutet soviel wie "seltsam", älter "bemerkenswert, bedeutend"
*Schlaupissmodus aus*

Hat also nix mit Vorsilben zu tun. ;)

Aydee
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Fr 4. Nov 2005, 11:41 - Beitrag #6

@Feuerkopf
Danke, aber es geht mir nicht nur um Vorsilben, sondern um Worte die mehr oder anders bedeuten als gemeinhin im Schnelldurchlauf gedacht. Sry, hätte das vielleicht vorher sagen/schreiben sollen, aber ich hatte extra nix weiter dazugeschrieben, weil ich keine Einschränkung hierin im Sinn habe. Mir sind zu Anfang eben "nur" vorsilbige Verben eingefallen.

Feuerkopf
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Fr 4. Nov 2005, 13:39 - Beitrag #7

Och, schon okay. :)
Ein bisschen Hintergrundwissen hat noch niemandem geschadet.;)

Da fällt mir ein Wort ein, das zwar ganz harmlos aussieht, aber durch falsche Übersetzung dazu führte, dass Nachkriegsdeutschland quietschegelbes, schweres Brot essen musste:

Korn

Maglor
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Fr 4. Nov 2005, 14:19 - Beitrag #8

Nun ja, die Worte haben die Bedeutung, die wir ihnen geben. Der heutige Sprachgebrauch benutzt natürlich die heutige Bedeutung.
Bedeutungsverschiebungen gab und gibt es immer und bei genaueren Untersuchungen offenbaren sich ursprüngliche, ältere (Man kann auch veraltet sagen.) Bedeutungen.
MfG Maglor :rolleyes:

aleanjre
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Fr 4. Nov 2005, 15:11 - Beitrag #9

Was genau hat es denn mit dem Brot auf sich, Feuerkopf?

Gerade die Bedeutungsverschiebungen finde ich so interessant. Wie z.B. das Wort "Zeitung", dass in Schillers Tagen schlicht "Neuigkeit" hieß. Sätze wie:
"Welche Zeitung hast du mir zu berichten?" irritieren heute geringfügig.

janw
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Fr 4. Nov 2005, 15:28 - Beitrag #10

alea, unter "corn" versteht der Ami große gelbe Körner, die in Kolben stehen, die an etwa 4 m hohen Pflanzen wachsen.
"Wheat" ergibt schon besseres Brot...*g*

Maglor
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Fr 4. Nov 2005, 15:36 - Beitrag #11

Viel dämlicher:
Von corny müsste man meinen, es würde Mais enthalten, nicht etwa Hafeflocken. (Naja eigentlich ist ja vor allem Zucker drin.)
Unter handy versteht der Amerikaner so viel wie Händchen.
Und not really bitte mit "eigentlich nicht" und nicht mit "nicht wirklich" übersetzen.

Und nun ein besonderer Leckerbissen:
Im deutschen gibt das schon Wort Gift. Gift kommt von geben wie Gruft von graben.
Gift bezeichnet nun im Deutschen nun bekanntlich Gift; im englischen ein Geschenk, das wird ja auch gegeben.

MfG Maglor

Feuerkopf
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Fr 4. Nov 2005, 19:55 - Beitrag #12

"handy" heißt so viel wie "griffbereit" oder "nützlich, praktisch". Insofern ist unser deutsches "Handy" ein ganz treffender Begriff und außerdem wirkt es wie ein deutsch/englisches Wortspiel. Finde ich auch schöner als Cellular (Phone).

Die Geschichte mit dem Korn

Deutschland brauchte nach dem Krieg Getreide, um Brot backen zu können. Also bat man speziell die Amerikaner darum. Dummerweise übersetzte jemand das bedeutungsneutale "Korn" = "Getreide" mit "corn", was im Englischen dummerweise aber "Mais" bedeutet.
Natürlich wunderten sich die Amerikaner darüber, dass die Deutschen unbedingt Maismehl haben wollten, aber lieferten brav.
Und so kam es, dass die Deutschen bis zur Aufdeckung des Irrtums backsteinschweres und quiekegelbes Maisbrot essen mussten.

Lykurg
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Sa 5. Nov 2005, 01:20 - Beitrag #13

Die Vorsilbe "ver-" impliziert:
• Betonung der Handlung: schlecht - verschlechtern
• Extrem der semantischen Bedeutung: klingen - verklingen
• Abweichung zum Negativen: lesen - verlesen

Wenn ich darüber nachdenke, erscheint mir "ver-" als Anzeichen, daß etwas gewissermaßen von selbst geschieht oder doch nicht vermieden werden konnte - etwa vergessen oder verlieren. Dagegen steht aber das moderne vernichten, das (wenn es nicht um eine Naturkatastrophe geht) bewußtes Handeln voraussetzt. Insofern ist es erstaunlich, daß die alte und in diesem Zusammenhang viel besser passende Variante zernichten untergegangen ist, die doch zerstören, zertrampeln, zerreißen, zerbrechen etc. so nahe steht...

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Sa 5. Nov 2005, 02:37 - Beitrag #14

Soeben lernte ich, daß auch die Silbe "Über" eine interessante Entwicklung genommen hat.
Im Duden 1973 trat neben anderen aus heutiger Sicht Kuriositäten zum ersten mal das Wort "überfischen" auf. Es bedeutet, den Fischbestand so stark zu befischen, daß keine Fische mehr da sind, die Fische aussterben.

Im Vergleich dazu bedeutet das etymologisch ältere "übermannen" nichts derart katastrophisches, zumindest wenn die Müdigkeit es ist, die einen übermannt.

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Sa 5. Nov 2005, 11:47 - Beitrag #15

Ich finde schon, dass "übermannen" grundsätzlich einen negativen Klang hat: obwohl man wach bleiben will, ist die Müdigkeit stärker.

"versprechen" ist für Kinder übrigens ein kompliziertes Konzept. Einerseits ist es so positiv, wenn ich ihnen ein Stück Schokolade ver - spreche, also in Aussicht stelle.
Habe ich mich aber ver - sprochen, und meinte eigentlich einen großen Löffel voll Lebertran, dann ist das Geschrei groß.

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Sa 5. Nov 2005, 19:05 - Beitrag #16

Wünschen und verwünschen

Was ist mit ver-wünschen?
1. Ich habe mich verwunschen!
- Ich habe mir den/das falsche gewünscht.

2. Ich habe mich verwunschen!
- Ich habe etwas falsch gemacht und mir einen Ausdruck an den Kopf geworfen. ("Ich Dummkopf")

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Sa 5. Nov 2005, 19:35 - Beitrag #17

Na, "verwunschen" drückt dann doch aus, daß die Verwünschung in einer abgeschlossenen Vergangenheit liegt - kondensiert in einem Adjektiv. (ein verwunschenes Haus /Garten /Schloß). Wir haben hier also noch eine dritte Form.

"Ich habe mich verwünscht. Jetzt habe ich drei Warzen auf der Nase."
a) Zuerst war es nur eine, die wollte ich entfernen.
b) Ich sollte wohl nicht so viel fluchen, denn das macht mich nicht hübscher. ;)
und eben c) Ich ziehe mich in meinen verwunschenen Wald zurück, um am Spiegelteich meine neuerworbenen Warzen zu bewundern.

*ürgs*

Aydee
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Mo 7. Nov 2005, 10:06 - Beitrag #18

mit-teil-bar
(zum) Aus-druck (bringen) (können)


Edit.
neu-gierig ^^


Edit.2
wert-los

Noriko
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Mo 7. Nov 2005, 11:30 - Beitrag #19

Also zumindest Ent-tauschen ist recht logisch:
Die Tauschung wurde aufgehoben und man ist negativ ueber die realitaet ueberrascht, enttaeuscht ist man ja, wenn man herausfidnet das etwas anders ist als erwartet ^^

Feuerkopf
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Mo 7. Nov 2005, 15:47 - Beitrag #20

Das Wort "Schmetterling" ist ein, wie ich finde, geradezu absurdes Wort für ein so filigranes Wesen.;)

Edit:
Jetzt bin ich aber platt! Ich hab mal die Wortherkunft nachgelesen:
Schmetterling
Das urspr. obersächs. Wort (16. Jahrh.) hat sich erst seit dem 18. Jh. in der Schriftsprache verbreitet, in der es heute neben "Falter" steht. Es gehört wohl zu ostmitteld. "Schmetten" "Milchrahm", einem Lehnwort aus gleichbed. tschech. smetana.
Nach altem Volksglauben fliegen Hexen in Schmetterlingsgestalt, um Milch und Rahm zu stehlen (daher auch mdal. Namen des Schmetterlings wie Molkendieb, Buttervogel und aengl. butorflege, engl. butterfly).

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